Fanfic: Elysium
Kapitel: Meine Wärme, Deine Wärme
<center> With her first hello
She gave a meaning to this empty world of mine
There`d never be another love another time
She came into my life and made the living fine
She fills my heart </center>
<center> *** </center>
Wütend liefen die beiden jungen Menschen unter einen Baum, um im Schutze seiner dichtgewachsenen Äste das herabfallende Wasser von sich fern zu halten. Ein lauter Donner ertönte und ließ die feuchten Zweige erbeben. Das nasse Laub raschelte laut auf.
"So ein Mist!!" schrie der Junge zornig ohne seine Weggefährtin anzuschauen. Sein langer, dunkler Pferdeschwanz flog ihm bei seinen hastigen Bewegungen wild die Ohren. "Schlimm genug, dass mein Alter mich ausgerechnet mit dir hier her geschickt hat wegen dieses blöden Trainings. Jetzt muss es auch noch anfangen zu regnen!!" Außer sich stampfte er in die mittlerweile aufgeweichte Erde.
"Ranma..." entgegnete das Mädchen in einer Mischung aus Trotz und Besonnenheit. "Hier können wir nicht stehen bleiben. Hast du nicht gehört, dass es blitzt?"
Entnervt rollte er mit den Augen und hob aufgebracht seine Arme. "Was schlägst du vor?? Soll ich vielleicht einfach weiterlaufen und das Training als Mädchen fortsetzen? Dann war doch alles umsonst! Frauen haben im Kampfsport nichts zu suchen, das habe ich doch schon oft genug gesa--"
Noch eher er weiter sprechen konnte, traf ihn plötzlich ein harter Gegenstand im Gesicht. "Verstehe..." gab sie daraufhin mit vor Wut bebender Stimme zurück und zog den kleinen Schirm, mit dem sie Ranma soeben gewaltsam zum Schweigen gebracht hatte, wieder an sich heran. "Aber alles, was ich im Moment sehe, ist, dass du als Mann wirklich noch viel an deiner Deckung arbeiten solltest!" Mit erhobener Nase betätigte sie ein kleines Knöpfchen, um den Schirm weit auf zu spannen. "Jedenfalls habe ich im Gegensatz zu dir natürlich an solche Situationen im Voraus gedacht und diesen Klappschirm eingepackt."
Verdutzt schaute Ranma auf seine Begleitperson, während er sich den Kiefer rieb.
"Na was denn? Kommst du nun oder nicht? Ich weiß ja nicht wie du das siehst, aber ich bin dafür, dass wir uns schleunigst einen besseren und vor allem sichereren Unterschlupf als diesen alten Baum suchen sollten!" Noch immer beleidigt wandte sie ihr Gesicht von ihm ab und schielte nur kurz zu ihm herüber. Dennoch bot sie ihm gleichzeitig fürsorglich Platz neben sich unter dem Schirm an.
Einen Moment noch zögerte er. Einen Moment, den er brauchte, um in seinem Kopf Klarheit über die tatsächlich sehr freundliche Geste, die ihm soeben entgegen gebracht wurde, zu verschaffen. Mit einem dankenden Nicken trat er sodann zu ihr und schwieg für die nächsten Minuten. Wie er so neben seiner oft so geheimnisvollen Verlobten wider Willen herschritt, erkannte er, dass es wohl doch nicht so schlimm gewesen war, von ihren Vätern gemeinsam auf diese Trainingsreise geschickt worden zu sein. Denn wenn man außer Acht ließ, dass sie hin und wieder zu brutalen Ausbrüchen neigte und sehr ziemlich verletzt war, steckte in ihr doch eine sehr hilfsbereite Person. So verärgert er in den vergangenen Stunden auch über ihre Anwesenheit, ihr ständiges Unzufriedensein, schlichtweg über ihr Geschlecht, das auf einer Männerreise seiner Meinung nach nicht das Geringste zu suchen hatte, war, desto wohler fühlte er sich ganz plötzlich. Erst glaubte er, dieses mysteriöse `wohlige Etwas` sei einfach der Tatsache entsprungen, dass er ein weiteres Mal der Verwandlung zum Mädchen entkommen war, denn nun konnte er bequem und gemütlich unter dem sicheren Schirm nach einem trockenen Unterschlupf Ausschau halten. Doch schon bald wurde ihm klar, dass da irgendwie noch mehr sein musste. Erleichterung macht sich meistens in der Lunge bemerkbar. In etwa in Brusthöhe. Vielleicht sogar noch ein Stückchen darüber. Ganz plötzlich aber empfand er anstelle des frischen kühlen Windes in seiner Brust eher eine aufsteigende, knisternde Wärme in seinem Bauch. Die Welt um sich herum vollkommen vergessend, gab er sich einfach diesem Gefühl hin, ohne weiter den Grund erforschen zu wollen. Unausgesprochen übergab er sein Vertrauen in Akanes Hände, die den Schirm trug und somit Richtung und Tempo ihres ungeplanten Regenmarsches bestimmte. Manchmal konnte sie wirklich wie ausgewechselt sein und scheinbar gar nichts mehr mit dem üblichen aggressiven Machoweib zu tun haben.
Nach langer Zeit musste er nun erstmals wieder an jenen Tag zurückdenken, als er in ihr Leben trat. Damals brach ein genau solcher Platzregen aus. Aber nicht nur diese Gemeinsamkeit sollte diese beiden Tage prägen. Auch ihre freundliche Begrüßung mit dem Angebot eine Freundschaft zu schließen bereiteten ihm ewige Wärme in seinem sonst so kalten Herzen. Zumindest glaubte er, es sei kalt. Als er noch ein Kind war, hatte sein Vater ihm stets einzuprägen versucht, niemals große Gefühlsausbrüche zuzulassen, denn die Ehre eines Kampfsportlers ließe dies nicht zu. Ranma wuchs im Widerspruch auf. Einerseits lernte er erbittert und zielstrebig zu kämpfen, andererseits beobachtete er seinen Vater, wenn er manchmal ganz plötzlich anfing zu weinen und zu betteln. Seit dem ersten Hallo, das seine `Verlobte` ihm geschenkt hatte, wuchs die Wärme, die sie in ihm auslöste. Doch gleichzeitig hatte er sich stets gezwungen, eben diese zurückzuhalten. Je größer und stärker die innere Wärme wurde, desto härter kämpfte er dagegen an, redete sich ein, sie nicht einmal zu kennen. Und so vergaß er sie mit der Zeit. Er hatte sie verdrängt, indem er sich immer neuen Streitereien aussetzte, sie unbewusst provozierte. Aber nun, da diese Situation auf unerklärliche Weise so viele Erinnerungen wieder wach rief, erinnerte er sich. Sie beide waren ganz allein. Und obwohl er in den letzten drei Tagen kaum etwas anderes getan hatte, als sie zu beleidigen und sie ihm bei diesem verhexten Spiel immer wieder unwissend in die Falle tappte und wütend konterte oder schmollte, war sie in einer für sie selbst nicht allzu großen Not dazu bereit, über all dies hinweg zu sehen und ihm als Freund zur Seite zu stehen, der sie vom ersten Tag an für ihn sein wollte. Wie bloß schaffte sie es, in bestimmten Situationen einfach so nett zu sein? Ganz sicher hätten andere Mädchen, die bedauernswerter Weise nur schwer aus seinem Leben wegzudenken wären, in einem solchen Moment das selbe für ihn getan. Vielleicht hätten sie sogar einen viel schöneren Schirm gehabt und ihn ihm ganz alleine überlassen. Doch jene Mädchen verfolgten stets ein bestimmtes Ziel bei ihren Aktionen. Dieses hier handelte ganz einfach selbstlos. Sie tat es aus Freundlichkeit, nicht um eine bestimmte Gegenleistung zu erhalten. Ließ sie sich denn durch nichts abschrecken? Wahrlich hatte er sein Bestmöglichstes getan, um sie vor ihm selbst zu schützen, doch noch immer gab sie ihr erstes Versprechen an ihn nicht auf. Entweder hatte er bisher eine sehr schlechte Leistung vollbracht, indem er sie nicht weit genug von sich selbst wegdrängte oder... sie war ein Engel.
"Eine Höhle!" rief sie plötzlich in einem hellen Ton. "Schau doch, Ranma. Wir sind gerettet!" Erfreut wandte sie ihr Gesicht zu ihm, um seinen Blickkontakt einzufangen.
Noch immer sprach er nicht. Es war nicht so, dass er nicht wusste, was er sagen sollte. Er wollte ganz einfach nicht sprechen, denn er hatte schlichtweg zu viel zu sagen. In ihm brodelte die Angst, dass diese in seinem Bauch schlummernden Worte unaufhaltsam zum Ausbruch kommen würden, sobald er seinen Mund öffnete. Zu bedeutend war die Geste, welche sie ihm entgegen gebracht hatte. Kaum einer hätte dies je verstanden. Aber sie tat es allem Anschein nach. Sie schluckte alle Gedanken eines Streits herunter, um ihm zu helfen. Denn er hasste es, sich in ein Mädchen zu verwandeln. Er hasste es abgrundtief, Wölbungen an seinem Körper zu spüren, die plötzlich an Hüfte und Brust, statt an den Oberarmen lagen. Er verabscheute es, klein und niedlich zu sein, hatte er doch sein Leben lang nur darauf hingearbeitet, stark zu sein. Egal, wie lange er den Fluch schon mit sich herumgetragen hatte und wie oft er sich seitdem verwandeln musste, es änderte nichts daran, dass jedes einzelne Mal mit einem großen Schrecken verbunden war. Denn ebenso bedeutete jedes Mal einen weiteren Verlust, einen weiteren Beweis von Schwäche. Und obgleich sie es vom ersten Tag an gehasst hatte, ihm im Kampf zu unterliegen, respektierte sie diese seiner `Ängste` und behandelte sie meist mit großer Behutsamkeit, statt sie auszunutzen. So war eben nur sie: Akane.
Vorsichtig wrang sie ihre Jacke aus. Scheinbar spürte sie seinen schuldbewussten Blick im Rücken, denn nach einiger Zeit, die er kein Wort herausgebracht hatte, drehte sie sich schließlich zu ihm um. "Was ist los?" Ihre Frage klang nicht so, als wäre sie ganz nebenbei gestellt worden.
Zögerlich öffnete er seinen Mund und zog seine Schultern an. "Du... du bist nass geworden", lautete seine Feststellung, doch seine Worte ertönten fast schon als Frage.
Akane nickte. "Das macht mir nichts", sprach sie sodann weiter und widmete sich wieder dem Trocknen ihrer Kleider. "Ich habe den Schirm sowieso hauptsächlich deinetwegen mitgenommen. Auch wenn du es eigentlich..."
"Auch, wenn ich es eigentlich gar nicht verdient habe", fiel er ihr ins Wort. Etwas erschrocken drehte sie sich zu ihm um und erkannte seinen ernsten, aber dennoch warmen Blick. Dieser sollte jedoch nicht lange andauern, denn sobald ihn ihre Augen trafen, wandte er