Fanfic: Ein ganzer normaler Tag (oder auch: Ameisenpisse)

Kapitel: Ein ganzer normaler Tag (oder auch: Ameisenpisse)

"5 Runden um den Sportplatz! Laufen, nicht gehen! Und das Ganze bitte flott!"


Die gebieterische, schlechtgelaunte Stimme des Sportlehrers durchdrang mühelos die kalte Morgenluft. Ein gemeintschaftliches Aufstöhnen ging durch die Reihen der Jungen, welche bibbernd und auf der Stelle tretend vor dem Sportplatz standen. Es war mittlerweile Oktober und nicht gerade warm. Und trotzdem mussten sie hier draußen zittern und frieren, weil ihr Sportlehrer Spaß dabei hatte, arme Oberschüler zu quälen. Noch rührte sich keiner. Die Laune des Lehrers wurde noch übler, so fern das überhaupt möglich war. Seine Mundwinkel sackten nach unten ab, die Augen wurden ganz klein und seine Nase begann zu vibrieren und zu Zittern. "Was ist denn los?! Muss ich euch erst Beine machen? Bewegung!!"


Der Junge zu Shinichis Rechten kicherte. "Wow, seht euch seine Nase an! Wenn wir hier noch länger stehen, explodiert er völlig!" Er konnte nur nicken, rieb weiter seine Hände aneinander. War ja wirklich schweinekalt. Mr. Zitternase hob nun den Zeigefinger und machte mit bedrohlichem Gesicht einige Schritte auf die Klasse zu. Plötzlich kam Leben in die Jungen, und halb fluchend, halb feixend setzten sie sich in Bewegung. Shinichi seufzte ergeben. Dabei hatte er gehofft, sie würden heute Fußball spielen. Er ordente sich ans Ende der Gruppe ein, trabte in einem gemütlichen Tempo. Eine Doppelstunde Sport am frühen Morgen sollte verboten werden, jawoll. Er warf einen giftigen Blick auf seinen Lehrer, der sich mittlerweile demonstrativ - breitbeinig in die Mitte des Platzes stellte und ihnen nur ein höhnsiches Grinsen schenkte. Shinichi zog missmutig eine Augenbraue nach oben. Da stand er nun, der fette Kerl, gekleidet in einen schönen warmen Pullover, während sie arme Schweine in kurzen Hosen und T-Shirts durch die Gegend eierten. Die Welt war unfair. Er war gerade erneut in Selbstmitleid versunken, als ihm plötzlich jemand genau ins Ohr brüllte.


"Haaaaliiihalloooo Kudooo! Naa, wie gehts? Alles fit im Schritt?"


Eine Hand wurde krachend in seinen Rücken geschlagen, und fast wäre er hingefallen. Wild mit den Armen rudernd kämpfte er um sein Gleichgewicht, während es in seinem Ohr noch immer Piepste und Summte, so dass Shinichi schon Angst bekam, er hätte einen Hörsturz erlitten. Endlich hatte er sich wieder gefangen. "Spinnst du?", giftete er und blickte dem Störenfried zum ersten Mal ins Gesicht. Ein Seufzter entfuhr ihm. Natürlich. Wer hätte es auch sonst sein sollen.


"Hallo Kuroba..."


"Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken." Shinichi grummelte nur als Antwort, joggte locker weiter. Aus dem Augenwinkel musterte er den Jungen. Seine zerstrubbelten, ungekämmten Haare deuteten darauf hin, dass er wiedereinmal verschlafen hatte. Die Zahnpasta in seinem Mundwinkel bestätigte Shinichis Verdacht. Was für ein Trottel. Mittlerweile waren die anderen Jungen schon ein ganzes Stück vorraus. Shinichi schüttelte genervt den Kopf.


"Und, wie läufts so bei dir?", wollte Kaito wissen.


"Ach, naja weißt du, alles wie immer. Nichts besonderes", gab er mehr oder weniger freundlich zurück. "Ahja, ich verstehe. So ist das." Kuroba setzte eine ernste Miene auf und nickte bekräftigend, doch Shinichi sah, wie seine blauen Augen übermütig blitzten. Die erste Runde neigte sich ihrem Ende zu.


"Heey, ihr zwei Labertaschen! Ihr sollt LAUFEN und nicht quasseln! Bewegt eure süßen Hintern!!!" Mr. Zitternase brüllte faustschwingend zu ihnen herüber. Shinichi lächelte säuerlich und beschleunigte das Tempo. Hatte er ihre Hintern gerade süß genannt?!


"Hat der unsere Hintern gerade süß genannt?", kam es von Kuroba. Er warf ihm einen Seitenblick zu. Kaito blickte ihn mit großen Augen an. "Ich meine, so ein Kompliment hört man zwar gerne, aber doch nicht von *so* einem...dann lieber von...ehrm..jaaa." Er räusperte sich verlegen. Shinichi runzelte die Stirn. Er ließ seinen Blick über Kaito Beine schweifen, bis hinauf zu seinem Hintern. Ja, der war wirklich nicht schlecht. Ziemlich knackig und...Mooomentmal. Stopp, Kudo. Er starrte gerade auf Kurobas Hintern. Oh mein Gott. Leichte Röte schlich sich in sein Gesicht. Das war wohl nicht sein Tag.


Shinichi begann zu rennen. Die nächsten zwei Runden raste er wie ein Irrer, nur um sich abzureagieren. Das Kuroba stets an seiner Seite blieb, machte die Sache nicht gerade besser. Erst als er keine Puste mehr hatte und sein Herz schmerzhaft in der Brust hämmerte, verfiel er wieder in ein menschliches Tempo.


"Wow, Kudo. Du hast ganz schön was drauf." Shinichi schielte ihn erschöpft aus den Augenwinkeln an. Die klaren blauen Augen Kaitos funkelten munter, er schien überhaupt nicht außer Atem zu sein. Man, hatte der eine Kondition. Leise Bewunderung machte sich in ihm breit. Er lächelte leise, nickte dem Jungen zu. Die restlichen Runden brachten sie stillschweigend und in einigermaßen normaler Geschwindigkeit hinter sich. Trotzdem warf sich Shinichi danach erst einmal der Länge nach ins Gras. Er hatte sich wohl doch leicht überanstrengt.


"Ist alles in Ordnung, Shinichi?"


Man, der Typ war ja wirklich eine Klette. Langsam drehte er sich auf den Rücken und öffnete ein Auge. Kaito stand direkt über ihm. Wirklich *genau* über ihm. Seine Füße hatte er je links und recht neben Shinichis Kopf plaziert. Die kurze Turnhose flatterte locker um seine Beine. Shinichi erstarrte. Eben *weil* sie so locker und flockig war, konnte er seehr weit und seeehr viel sehen. Er lag wie gelähmt da, spürte nur, wie er wieder rot wurde. "Alles Ok", würgte er irgendwie heraus, unfähig, den Blick abzuwenden. "Na dann ist ja gut." Kaito grinste heiter zu ihm herab und trollte sich dann. Sehr langsam setzte Shinichi sich auf. Großer Gott. Das war heute *definitiv* nicht sein Tag...


Verwirrt sank er zurück, streckte die Arme aus. Das kühle Gras prickelte angenehem auf der Haut. Mittlerweile blinzelte sogar -oh Wunder- die Sonne zwischen den dichten Wolken hervor und tauchte alles in freundliches Licht. Ihre Strahlen fuhren kitzelnd über Shinichis Hals. Er blickte nach oben, sah den Wolken bei ihrer Wanderung über den rauchblauen Himmel zu. Seine Gedanken schlichen erneut zu Kuroba. Man könnte ja direkt meinen, er habe die Aktion vorher bewusst und in voller Absicht getan. Aber weswegen? Um ihn, Shinichi, in Verlegenheit zu bringen? Nunja, falls er dieses Ziel beabsichtigt hatte, war es ihm jedenfalls gelungen. Er drehte den Kopf nach links, schielte das gepflegte Gras des Sportplatzes an, an dem noch immer vereinzelt Tau hing. Nun spürte er auch die Feuchtigkeit an seinem Rücken und seinem Hintern. Na Wunderbar. Jetzt musste er die restliche Zeit über in nassen Turnsachen verbringen. Eigentlich war dieser Kaito ja ganz nett. Und gutaussehend dazu. Das konnte Shinichi nicht leugnen. Er fühlte sich verdammt nochmal von ihm angezogen. Halbherzig schnippten er eine Ameise von seinem Arm. Tja...dann war er wohl schwul. Obwohl er so etwas schon länger geahnt hatte, wurde es ihm erst jetzt völlig bewusst. Shinichi musste kichern. Nicht zu glauben. Da lag er nun während einer Doppelstunde Sport völlig erledigt im Gras und erkannte, dass er schwul war. Und es war nicht einmal so schlimm. Shinichi hatte gedacht, wenn es ihm eines Tages doch klar werden würde, würde er in Tränen ausbrechen, sich verzweifelt in ein Zimmer einsperren und nicht mehr rauskommen. Dann würde er Frustessen, alles mögliche in sich hineinstopfen, so lange, bis ihm schlecht war. Und in kürzester Zeit wäre er dann eine wandelnde Tonne mit verquollenen, verheulten Augen und ständig schlechter Laune. Ob er dann noch in seine Schuluniform passen würde? Wohl kaum. Dann wäre er ein fetter, übelgelaunter Außenseiter, der noch dazu schwul war. Genau wie Mr. Zitternase. Shinichi erschauerte.


"KUDOOO!! Herkommen, SOFORT!"


Wenn man vom Teufel sprach. Grob aus seinen Tagträumen gerissen sprang Shinichi auf und blickte sich um. Der Lehrer stand samt versammelter Mannschaft am Rande des Sportplatzes. Alle Blicke waren auf ihn gerichtet. Ohje. Mit hochrotem Kopf trabte er auf sie zu. Spöttisches Gelächter empfing ihn.


"Na, sind wir auch schon da? Ich hoffe, ihre morgendlichen Phantasien waren recht angenehm." Shinichi riss sich zusammen, grinste seinen Lehrer nur entschuldigend an.


"Da jetzt alle versammelt sind, werden wir reingehen. Die restliche Zeit werden wir mit Geräteturnen verbringen!" Mr. Zitternase verkündete es in einem Tonfall, als hätten sie alle im Lotto gewonnen. Er rieb sich schadenfreudig die Hände, wohlwissend wie sehr seine Schüler das Herumgehampel in der Halle hassten. Erneut ertönte ein Chor gequälter Jungenstimmen. Das Grinsen des Lehrers wurde noch breiter, seine Mundwinkel waren fast auf Höhe seiner Nasenspitze, die Augen blitzten vergnügt und -wie sollte es anderst sein-, sein Riechorgan zitterte.


Frustriert schlichen die Oberschüler in die Halle, begannen die nötigen Geräte aufzubauen.


Kaito war fast ununterbrochen an Shinichis Seite, machte Witze und alberte herum. Mittlerweile fand Shinichis ihn richtig knuddelig und es fiel ihm immer schwerer, sich von den faszinierend blauen Augen des Jungen zu lösen. Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem unterdrückten seeligen Grinsen beobachtete er, wie Kaito geschmeidig wie eine Katze über einen Bock sprang und mit traumhafter Sicherheit landete. Shinichi dagegen fing sich einen Rüffel nach dem anderen ein. Er sprang zu lasch ab, streckte die Beine nicht weit genug, und machte sowieso alles falsch. Frustriert lehnte er sich schließlich an eine Wand und seufzte. Was für ein
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