Fanfic: Tháleia

Kapitel: Kapitel 01

Sie lief die lange, schmale Gasse entlang, ihre dürftige Beute fest an den Körper gepresst. Während sie ihre kleinen Schritte beschleunigte, schaute sie immer wieder nervös über ihre Schulter zurück.
Sie bog in eine weitere kleine Gasse ab und verschwand schließlich hinter einer alten, rostigen Tür.
Die Straßen von Nimm waren zu dieser Jahreszeit sehr unsicher. Im Frühling kamen all die Diebe aus dem ganzen Land an diesem Ort zusammen, um sich auf eine neue "Jagdsaison" vorzubereiten. Das, was sie taten als jagen zu bezeichnen, war an sich sehr schmeichelhaft, denn in Wahrheit beraubten sie alles und jeden, den sie auf ihren Reisen durch das Land begegneten.
Nimm war ihre Stadt, die Stadt der Diebe. Hier beklaute jeder jeden und keiner dachte sich etwas dabei.
Auch ihre Mutter war eine von ihnen. Eine Junge Elfin, die ihr Handwerk sehr gut verstand, doch auch sie war nur ein Wesen dieser Welt und wurde eines Tages schwach. Diese Schwäche war der Grund ihrer Existenz. Sie hasste ihre Mutter dafür, für die Tatsache, dass sie nicht mehr war als ein Unfall, das Ergebnis eines schwachen Momentes.
Sie bekam es auch immer wieder von ihr zu spüren. Eine Belastung, das war und ist sie immer noch.
An sich war es doch nur eine Erleichterung für beide Parteien, als ihre Mutter sie hier zurückließ. Ohne Zweifel war es unverantwortlich ein so kleines Mädchen in gerade solch einer Stadt alleine zu lassen, doch wäre es ihr in einer anderen Stadt anders ergangen?
Sie war eine Missgeburt, ein Mix aus zwei Spezien. Wo würde sie nicht am ehesten akzeptiert werden als hier. Einem Ort, wo jeder einzelne auf seine Art verrucht und widerlich war.

Sie hörte schnelle Schritte vor der Tür und zog sich verängstigt unter einen alten, hölzernen Tisch zurück. Hatten sie sie wirklich so schnell gefunden?
Und das alles nur wegen eines kleinen Beutels.
Sie wusste nicht einmal, was drin war, sie hatte nur ein paar alte Männer sagen hören, dass es sehr wertvoll sein sollte.
Wenn es stimmte, was sie sagten, dann würde sie wieder ein paar Monate überleben können. In der großen Tauschhalle am Rande der Stadt konnte man fast alles gegen Geld eintauschen, aber wenn man etwas Wertvolles brachte, dann hatte man die Garantie, dass man genug bekam, um davon viel Essen und Trinken zu kaufen.

Es wurde wieder still draussen auf der Straße.
Erleichtert atmete sie auf. Endlich lockerte sie ihren Griff um das Säckchen, das sie die ganze Zeit fieberhaft an sich gedrückt hatte.
Was mochte da nur so Wertvolles drin sein, wenn es den Dieben ausnahmsweise nicht mal egal war, dass sie bestohlen wurden? Diamanten? Edelsteine? Ein wertvolles Medalion?
Behutsam löste sie das schmierige Band, das das Säckchen verschlossen gehalten hatte und lugte vorsichtig hinein.
Sie sah nichts blitzen oder blinken, nichts funkeln oder ähnliches. Sie sah gar nichts. Vorsichtig griff sie in den Beutel und versuchte den Inhalt zu ertasten, doch sie spürte nichts ausser Sand oder irgendetwas in der Art.
Das war es also. All die Mühe umsonst! Wie sollte sie nun überleben können? Mit ein bisschen Pulver konnte sie wohl kaum ein Stück Brot bezahlen.
Sie verstaute das Säckchen in ihrer verschleisten Tasche, die ihre einzige Erinnerung an ihre Mutter war, stand auf und klopfte sich den Dreck von ihren Kleidern.
Sie musste etwas finden, mit dem sie sich etwas zu Essen kaufen konnte.
Leise öffnete sie die verrostete Tür und verschwand in den Schatten der kleinen, dunklen Gasse...

***

Lustlos zog sie ihre alte lederne Tasche hinter sich her. Sie war verdammt schwer.
Der letzte Auftrag hatte ihr eine vernünftige Summe an Geld eingebracht, die sie auch weitesgehend gleich in Lebensmittel umgesetzt hatte. Immerhin war es eine Drei-Tages-Reise bis Ara, da würde sie ein bisschen brauchen, um zu überleben.
Bei so einer längeren Reise hatte man nie die Garantie, dass man an einem Bach vorbeikam, oder dass man irgendwo auf irgendwelche Kleintiere stossen würde, die man sich zubereiten konnte.
Sie war nun schon seit Stunden unterwegs und entschied, dass es an der Zeit war, eine kleine Pause zu machen. Sie suchte sich eine kleine ruhige Waldlichtung, ließ ihre Tasche fallen und setzte sich an einen alten, morschen Baum. Müde lehnte sie sich gegen ihn und schloss ihre Augen, während sie orientierungslos nach dem Verschluss ihrer Tasche tastete.
Ihr Magen knurrte unnatürlich laut. Sie musste unbedingt etwas essen.
Endlich spürten sie den kleinen silbernen Knopf und öffnete ihn irgendwie.
Sie holte etwas Brot aus ihrer Tasche hervor und brach sich ein Stück ab. Sie musste sparsam sein. Sie hatte zwar Einiges eingekauft, aber wenn sie so oft wie heute was essen würde, dann hätte sie in zwei Tagen nichts mehr.
Während ihres Auftrages in Nahan ist sie kaum dazu gekommen irgendetwas zu sich zu nehmen. Das machte sich jetzt bemerkbar.
Plötzlich gab es einen lauten Platscher direkt neben ihrem linken Ohr. Verwirrt blickte sie auf ihre Schulter.
"Verdammt, das fehlte mir jetzt gerade noch", wütend kramte sie nach einem Tuch in ihrer Tasche. Ein Vogel hatte von einem Baum aus direkt auf ihre Schulter sein Geschäft verrichtet.
"Das passiert, wenn man unaufmerksam in einem Wald wie diesem ist", hörte sie eine amüsierte Stimme hinter sich.
Sie drehte sich ruckartig um und blickte empor. Vor ihr stand ein junger, gutaussehender Mann, mit ebenso langen und spitzen Ohren wie sie.
"Ach, halt die Klappe", beleidigt wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder ihrer Schulter zu, "wer bist du überhaupt, dass Du meinst mich einfach so ansprechen zu müssen?"
Das letzte murmelte sie nur so grimmig vor sich hin, doch er hatte es gehört.
Er sah zu ihr hinunter und musste ein wenig schmunzeln.
"Sei ehrlich, das interessiert dich doch kein bisschen."
"In der Tat, es hat dich nämlich niemand hier um Deine Meinung gebeten."
Sie beschäftigte sich noch immer eingehend mit ihrer Schulter, doch nun ging sie dazu über sich wieder auf ihr Brot zu konzentrieren und sah dabei angestrengt nach unten, in der Hoffnung, dass er ihren grimmigen Blick nicht weiter beobachtete.
Sie wusste, dass sie wieder einmal mehr als übertrieben reagierte, doch nun hatte sie so dieses Gespräch angefangen, also würde sie es jetzt auch weiter durchziehen.
"Pah", murmelte sie leise vor sich hin, "so ein Idiot".
"Idiot vielleicht", lachend ließ er sich neben ihr nieder, "aber nicht schwerhörig, meine Liebe, also warum sagst du mir nicht einfach direkt ins Gesicht, was du über mich denkst?"
Jetzt war sie wirklich wütend. So etwas Dreistes hatte sie noch nie in ihrem kurzen Leben erlebt. Das war echt die Höhe.
Genervt blickte sie ihm nun direkt ins Gesicht.
"Ok, Mister Neunmalklug, wenn sie es gerne so möchten!"
Sie stand ruckartig auf und ließ ihren Blick einige Sekunden ohne jeglicher Worte auf ihm ruhen, dann sagte sie:
"Pass genau auf! Ich sitze hier, weil ich ein paar anstrengende Tage hinter mir habe und mir nun mein wohlverdientes Stück Brot gönnen möchte. Vor allem sitze ich hier mitten im Wald an einer ruhigen Lichtung, weil ich eben gerade diese Ruhe haben will und nicht darauf aus war, mich hier mit einem dreisten, jungen und gutaussehenden Mann darüber zu unterhalten, was richtig ist und was nicht!"
Sie holte tief Luft.
"Und nun lass mich endlich mein verdammtes Brot essen!"
"Gutaussehend?", fragte er und musterte sie dabei offensichtlich amüsiert.
Sie schlug sich die Hand vor den Mund und schaute dabei sehr erschrocken.
Er hörte sie darunter nuscheln: "Hab ich das etwa laut gesagt?"
Sie griff schnell nach ihrer Tasche und rannte davon, tief in den Wald.
"Hey, warte, nicht da lang, dort ist....", doch zu mehr kam er nicht, denn sie war schon längst ausser Hörweite.

Sie lief und lief und blieb keine Sekunde lang stehen. Sie hatte das Tatsache laut gesagt, wie peinlich. Was würde der jetzt von ihr denken.
Ganz in Gedanken versunken und verbissen darauf konzentriert, dass sie den Abstand zwischen sich und diesem Kerl auch ja immer mehr vergrößerte, merkte sie nicht, wie sich die Umgebung um sie herum immer mehr veränderte.
Sie war extrem wütend. Wütend auf diesen Idioten und vor allem wütend auf sich sich selber, weil sie sich so schnell hatte provozieren lassen und dabei wollte er ihr nicht mal irgendetwas Böses.
Es war wahrscheinlich seine gute Laune, die ihn für sie so unerträglich gemacht hatte.
Sie kam aus der Puste und blieb endlich stehen. Sie musste eine ganze halbe Stunde durchgehend gerannt sein. Sie stütze sich auf ihren Knien ab und schnappte nach Luft. Dabei schaute sie an ihren Beinen vorbei hinter sich, doch wie es aussah, hatte er sie nicht weiter verfolgt. Kein wunder, so unfreundlich, wie sie zu ihm gewesen war, aber so war sie nun mal.
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