Fanfic: Tháleia
Kapitel: Kapitel 02
Sie liefen eine Weile schweigsam neben einander durch den Wald. Er hatte ihr die schwere Tasche abgenommen, die er locker über die Schulter zu hängen hatte.
Seit sie die düstere Lichtung verlassen hatten, hatten sie kein Wort mehr gewechselt.
Tháleia schaute die ganze Zeit schüchtern am Boden entlang, während er andauernd kritisch die Umgebung musterte und den Stimmen des Waldes lauschte.
Als sie endlich die Grenze zwischen dem düsteren zu dem hellen Teil überschritten, hielt sie es doch langsam für nötig, ein Gespräch anzufangen.
Sie schaute zu ihm hoch und fragte leise: "Bist du ein Elf?"
"Hm?", er löste seinen Blick von einem Busch ,den er gerade gemustert hatte und wandte ihr seine Aufmerksamkeit zu.
"Ob du ein Elf bist", sagte sie nun etwas lauter.
"Denkst du denn, dass ich einer bin", erwiderte er mit einem ernsten Gesichtsausdruck.
"Ich vermute ja."
"Dann werde ich wohl auch einer sein", nun schenkte er ihr wieder so ein scharmantes Lächeln, wie er es vorher schon öfters getan hatte, "genau wie du."
"Ja, das bin ich wohl", sie senkte ihren Blick wieder.
"Was ist denn? Habe ich etwas Falsches gesagt?"
"Nein, schon gut", sie spielte nervös an ihren Fingern rum, "alles in Ordnung."
Er musterte sie eingehend von der Seite.
"Komm schon, meinst du nicht, du solltest langsam anfangen mir zu vertrauen?"
"Ja, sicher, aber..."
Er blieb stehen und schaute sie durchdringend an: "Tháleia!"
"Du wirst nichts mehr mit mir zu tun haben wollen", sagte sie und löste ihren Blick dabei nicht von ihren Fingern. Eine kleine Träne löste sich aus einem ihrer Augen. Sie schniefte leise.
Er trat auf sie zu und packte sie an ihren Schultern.
"Erzähl es mir!"
Sie drehte sich zu ihn um und schaute ihm direkt in die Augen.
"Ich bin eine Elfe. Zum Teil zumindest."
"Was soll das heissen?"
"Nun, meine Mutter war eine", sie lief auf eine große alte Eiche zu und ließ sich neben ihr nieder. Er folgte ihr, legte die Tasche behutsam ab und setze sich neben sie.
Sie rupfte ein paar Grashalme heraus, während sie weiter sprach: "Mein Vater war ein Mensch. Sie trafen damals im Gebiet der Nach aufeinander, in einer der kleine, alten Gaststätten, die es dort gibt."
"Keine sehr schöne Gegend", sagte er.
"Wirklich nicht", erwiderte sie leise, "jedenfalls lernten sie sich dort kennen und verbrachten die Nacht miteinander. Mein Vater ein Verstoßener von Naarem und musste daher einen interessanten Eindruck auf meine Mutter gemacht haben. Sie war eine Diebin aus Nimm, musst Du wissen."
Sie atmete tief durch und erzählte dann weiter: "Es blieb für sie auch bei dieser einen Nacht, doch die hatte ausgereicht. In dieser Nacht wurde ich gezeugt, etwas, womit meine Mutter nicht gerechnet hatte. So bald ich alt genug war um alleine zu laufen und zu sprechen, setzte sie mich in Nimm ab und verschwand spurlos. Ich war damals vier Jahre alt. Seit dem bin ich hier alleine unterwegs."
Er schwieg nachdenklich. Sie warf ihm von der Seite einen zögernden Blick zu.
"Ich bin eine Missgeburt, etwas, was gar nicht sein dürfte. Halb Mensch, halb Elfe, wo gibt es so etwas sonst noch?"
Er sagte immer noch nichts.
"Ich sagte es dir doch", sie setzte ihre nervösen Spielereien mit ihren Fingern fort und wickelte die ausgerissenen Grashalme um sie, "keiner möchte etwas mit so einem Mischling wie mir zu tun haben."
Sie machte Anstalten aufzustehen, doch er hielt sie am Arm fest: "Ich denke, du schätzt mich völlig falsch ein, meine Liebe!"
Er sah ernst auf sie herunter.
"Hälst du mich wirklich für so oberflächlich?"
Sie ließ sich wieder neben im sinken und begann zu schluchzen. "Nein", sagte sie traurig.
"Na siehst du", er legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie zu sich heran, "zeig mir die, die dir deine Abstammung zur Schande gemacht haben und ich werde sie mir vorknöpfen."
Sie lachte leise: "Du bist verrückt."
Sie ließ den Kopf hängen und war sich nicht sicher, ob sie weinen oder lachen musste.
Sie war sehr erleichtert, dass sie das alles endlich mal hemmungslos rauslassen könnte. Vor allem ihre Ängste, die ihre Abstammung betrafen.
Während ihr die Tränen die geröteten Wangen entlangliefen, vergrub sie ihr Gesicht in seinem Hemd und ließ alle ihre Gefühle raus.
Er ließ es ohne ein Wort zu und streichelte ihr über die Haare.
Nach ein paar Minuten kam kein Ton mehr von ihr und er vermutete, dass sie eingeschlafen war.
Er ließ sein Blicke über die Umgebung schweifen, lehnte seine Kopf gegen den Baumstamm und schloss ebenfalls die Augen.
Als sie wieder zu sich kam, fand sie sich alleine, mit dem Kopf auf ihrer Tasche, mitten auf einer Lichtung wieder.
Leise stöhnend richtete sie sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Langsam aber sicher kamen die Erinnerungen wieder. Sie hatte es ihm erzählt und er hatte sie nicht von sich geschoben. Sie hätte nicht gedacht, dass ihr so etwas jemals in ihrem Leben passieren würde.
Sie mustere die kleine, von der Nachmittagssonne erhellten Lichtung und stellte fest, dass sie alleine war.
Er war doch gegangen und hatte sie ihr zurückgelassen. Sie hätte es wissen müssen, doch immerhin hatte sie sich für einen kurzen Moment akzeptiert fühlen dürfen. Sie erhob sich vom Boden und griff nach ihrer Tasche.
Jetzt, wo er sie wieder in den sicheren Teil des Waldes gebracht hatte, würde sie den Weg auch alleine nach Ara finden.
Sie schaute sich um und entschied sich für einen schmalen Weg, an dessen Rand ein paar Vergissmeinnicht standen und schländerte los, die Tasche wieder über den Boden schleifend.
Beim gehen bückte sie sich nach einer der kleinen blauen Blumen ,pflückte sich eine ab und steckte sie sich ins Haar.
"Ich wird' dich nicht vergessen", sagte sie leise mit einem Lächeln und setzte ihren Weg fort.
...Fortsetzung folgt...
©Sarah Jakobeit 2004