Fanfic: Evie
Untertitel: Das Ritual
Kapitel: Das Ritual
Evie steht vor dem Spiegel in der Toilette. Sie hat sich eingesperrt, damit Rick, der wie wild auf die WC-Tür hämmert, nicht reinkommen kann. Sie hat Angst. „Ich... ich... ich will nicht“, stottert sie. Und als Ricks Hämmerein lauter geworden ist, kann sie es nicht mehr ertragen. Diese Schmerzen im Kopf. Sie kann den Puls schon hören, es dröhnt fast so, als wäre sie unter Wasser. Grausame Bilder drängen sich vor ihre Augen. Schmerzhaft. „Ich will nicht!“, schreit sie, während sie die Hände an den Schädel presst. „Du kannst nicht einfach so aufhören, Evie!“, klingt es hinter der Tür. Tränen rollen über ihre heisse, rote Wange, schwarze, verschmierte Streifen betonen ihre Augenringen. Des öfteren muss sie nach Luft schnappen, kalte Luft, welche Portionenweise über ihre trockne Lippe gleiten. „Ich... ich...“
Evie ist 15 Jahre alt. Sie und Brooke leben zusammen seit 2 Jahren in Frankfort. Eine Stadt, welche südlich von Indianapolis liegt. Immer noch denkt Brooke, Evie gerate nie in die Versuchung, Drogen oder dergleichen zu sich zu nehmen. Was Brooke aber vor dem Zwischenfall mit Tracy, Evies Ex-beste Freundin, nicht wusste, hat sie bis jetzt immer noch nichtherausgefunden. Immer noch raucht Evie, pierct, tätowiert sich und hat wilde Kusspartien mit fremden Menschen. Rick, ihren Exfreund. Hat sie im Piercingshop, bei ihrem fünften Besuch, kennen gelernt. Er ist die wohl am komischsten angezogene Person in Frankfort. Nicht düster und auch nicht bunt, kleidet er sich. Aber irgendwie anders, als die Menschen Frankforts. Seine Macht gefiel ihr so gut. Macht, die anderen dazu zwingt, seinen menschenleeren Kreis, mit ihm im Mittelpunkt und mit dem Radius von mindestens einem Meter, nicht zu betreten.
15 Versuche ihn anzusprechen, 15 Versuche mit ihm zu reden, 20 Versuche ihn per Handy zu erreichen und 4 Versuche ihn zu küssen später: Sie waren ein Paar. Aus fremder Sicht gesehen, ein eigentlich ziemlich glückliches Paar. Am dritten Tag, in der fünften Woche ihrer Beziehung, durfte Evie Rick zum wöchentlichen Treffen mit seinen Freunden begleiten. Was er und seine Freunde machten und wo die Versammlung statt fand, hat er ihr immer verschwiegen. Das war ihr aber auch gleicht. Sie dachte an einem schönen Tag am See, wo jedermann Spass hätte, wo sie in Ruhe rauchen könnten, ohne von einem alten Greis blöd angestarrt zu werden. Als dann die Wohnungstür aufging, verblassten langsam die schönen Bilder vom See. Eine Flut der Ängste überschwamm ihren Körper, ihre Augen weiten sich, fester klammerte sie sich an Rick, in der Hoffnung, er würde ihre Angst spüren und sich um 180° drehen und sie dann nach Hause bringen. Er, jedoch, tat es nicht. Wie gewohnt – als ob Evie gar nicht da wäre – betrat er die schwach beleuchtete Wohnung und grüsste seinen Freund, der, versteckt, hinter der Tür stand. Sie kamen in den mit Kerzen und silbernen Ketten dekorierten Raum. Die Höflichkeit sie seinen Freunden vorstellen, hatte er wohl nicht als nötig gefunden. Er ging rein, zog einen schwarzen Umhang über, setzte sich dann auf den Boden und schloss somit den Kreis, den seine Freunde auf den Teppichboden gesetzt hatten. Auch der Türöffner weilte jetzt unter ihnen, als Kreismitglied. So konnte Evie nicht mehr raus, was sie liebsten getan hätte, um diesen Moment in ihrem Kopf so schnell wie möglich zu vergessen. Schwarze Tücher wurden aufgehängt, um den Raum noch mehr zu verdunkeln. In der Mitte des Kreises lag einen Schädel, auf dem senkrecht eine rote Kerze anmontiert war. Neben der Kerze lag ein schwarzes Messer. „Ist sie es?“, fragte Ricks Freund ihn. „Ja“, antwortete er, „das ist sie.“ Alle starrten sie an. Sie konnte deren Gesichter nicht erkennen, da es zu dunkel war. Sie sah nur Schatten in deren Gesichter. Kalter Schweiss rann ihr den Rücken runter. Ihr Herz pochte wie wild. Was wollen die von mir, fragte sie sich. Plötzlich stand der Türöffner auf und ging dann langsam auf sie zu. Da stand er vor ihr. Immer noch konnte sie sein Gesicht nicht erkennen. Sie sah nur einen Schatten. Er sagte nichts. Ein Blick in den Kreis verriet ihr, dass er das Messer trug. Mit geweiteten Augen sprang sie einen Schritt zurück, wollte sich vom Türöffner entfernen, stolperte aber über die Kiste, die hinter ihr auf dem Boden lag. Rasch griff sie nach einem schwarzen Tuch, welches aufgehängt wurde. Doch das Tuch wurde nicht gut an der Decke befestigt. Es riss und so knallte sie mit dem Hinterkopf an die kahle Wand des Appartements. Träge verdunkelte sich alles, bis sie nur noch schwarz sah und ihre Augen nicht mehr offen halten konnte.
Sie kam wieder zu sich. Der Hinterkopf tat ihr höllisch weh. Als sie ihre Hand hob und sie langsam zum Kopf führte, um ihn abzutasten, erschrak sie plötzlich. Sie führte ihre Hand näher an das Kerzenlicht: Aus irgendeinem Grund hatten Rick und seine Freunde ihr ein Zeichen auf den Daumenhügel geschnitten. Blut strömte immer noch aus der Wunde. Komischerweise spürte sie den Schmerz gar nicht. Sicherheitshalber stoppte sie die Blutung, in dem sie mit der linken Hand auf die Arterien drückte. Dann bemerkte sie, dass sie nicht alleine war. Sie lag jetzt in der Mitte des Kreises. Alle Mitglieder waren da, die zu ihr herabschauten. Jetzt konnte sie deren Gesichter erkennen. Doch scheinen die alle irgendwie gleich auszusehen. Als sie ihnen in die Augen schaute, stellte sie fest, dass diese keinen Mitleid mit ihr hatten. Denen war es gleich, ob sie Angst oder Schmerzen hätte. „Du kannst nicht mehr raus, Mädchen. Jetzt gehörst du zu uns und wirst in Zukunft an jedem Ritual teilnehmen müssen. Solltest du nicht zum wöchentlichen Treffen kommen, so werden wir dich verfolgen und mit deinem Blut das Endritual für dich durchführen.“ Sobald er fertig war, standen alle auf und fingen mit ihrer eigentlichen Zeremonie an. Das Messer ging in die Runde. Jeder schnitt seine Haut auf, so dass sich ihr Blut vereinigen konnten...
An mehreren „Festen“ nahm sie teil, aus Angst. Sie wusste aber nicht, um was es eigentlich ging. Tatsache war, dass Rick und seine Freunde grosse Probleme hatten. Obwohl es äusserlich nicht so aussah. Sie wollten das Böse vergöttern. Alles, was mit Gott und die Welt zu tun hatte, verachteten sie und hassten sie. Das Zeichen war eine Art Mitgliederkarte. Evie hatte kurz darauf mit Rick Schluss gemacht. Sie dachte, es würde dann ein Ende nehmen, dieses an-jedem-Ritual-teilnehmen-müssen. Doch nichts geschah. Sie gehörte da zu.
Mit dem Finger fährt sie über das Zeichen. Seit 8 Wochen trägt sie dieses hässliche Ding. Sie kann nicht mehr, heute will sie nicht. Glücklicherweise hat sie die WC-Tür abgeschlossen, so kann Rick nicht rein. Er hat sie zu oft geschlagen. Sie hätte es Brooke sagen sollen, doch was hätte das genützt? Brooke arbeitet den ganzen Tag und noch mal wegziehen, das kommt für Brooke gar nicht in Frage, eine neue Stelle zu finden ist nicht einfach. Sie hält es nicht mehr aus! Im Spiegel sieht sie sich. Eine eine Marionette, die von anderen gesteuert wird. Sie will nicht mehr. Sie ist jetzt erledigt. Draussen klopft Rick Beulen an die Tür. Wieso können die sie nicht in Ruhe lassen? Sie hat keine Lust auf so etwas. Sie hat es ja auch nicht gewollt, dieses Zeichen. Aus der obersten Schrankschublade, gleich hinter ihr, holt sie ein Messer heraus. Ein kleines schwarzes Ding. „Ich... ich... ... ... ich will dieses Zeichen nicht!“, krächzt sie und fährt, mit voller Wut, mit der Spitze des Messer über das Zeichen. Tiefrote Tropfen quellen aus dem Schnitt. „Ich hasse es!“ Ein weiterer Schnitt. Schmerzen spürt sie. Aber irgendwie doch noch angenehm... Sie hält es wirklich nicht mehr aus. Ricks Hämmerein hört sie gar nicht mehr. Sie ist so sehr von dem Schmerz fasziniert, so dass sie tief Luft holt, dann ihre Adern mit der scharfen Seite des Messers trennt und kurze Zeit später auch daran stirbt.