Fanfic: Punk werden ist nicht schwer...
Untertitel: ...einer zu sein dagegen sehr...
Kapitel: Prolog: Die Entscheidung
Ich hatte einen standfesten und durchsetzungsfähigen Entschluss gefasst „Ich werde mein außerordentlich langweiliges Leben ändern und mich zu einer Ich hab immer was zu erzählen Bestie entwickeln“.
Mein Schlachtplan scheiterte jedoch schon beim zweiten Punkt, der sich unglücklicherweise als gar nicht so unwichtig herausstellte. Dadurch, dass ich allein ein halbes Jahr gebraucht hatte diesen Entschluss zu fassen, war ich schlicht und ergreifend nicht dazu gekommen darüber nachzudenken, dass es nach einem A noch ein B, nach einer 1 noch eine 2, nach einem Hallo auch ein Tschüss oder nach der Geburt noch den Tod gab… naja beiseite damit. Somit stand ich da, mit einem überaus klugen etwas von Entscheidung die nicht nur vollkommen undurchdacht war, sondern mich auch noch so in den Wahnsinn trieb, dass ich nicht darüber hinweg kam mich zu fragen, wie ich verdammt noch mal, das ganze auf die Reihe bekommen sollte.
Ich hatte mich letztlich in meiner vollkommenen Intelligenz dazu entschlossen eine Liste zu machen, die die krönende Überschrift „Was wirst du“ trug. Ich muss schon zugeben es hörte sich in etwa nach einer typischen Überschrift irgendeines Jugendmagazins für Jobberatung an, was mir in dem Moment eigentlich recht schnuppe war, da ich immer noch in den Überfluss meiner Intelligenz und Kreativität schwamm… sprich ich hatte unter der Unterschrift einen Gedankenstrich gesetzt. Da saß ich, hatte ein meiner Meinung nach filmreifes Zahnpastalächeln aufs Gesicht getackert, im Hintergrund lief eine flippige Teeniemusik und in meiner Fantasie müssten jetzt tausende von unglaublichen Ideen aus mir heraus sprudeln, doch ich wurde von der Realität förmlich erschlagen. Ich war irgendein 17 jähriges lahmes Weibchen mit mausblonden Haare, lahmen durchschnittlichen Klamotten, durchschnittlichen Noten und hatte verdammt noch mal keinen Peil was ich machen wollte um DAS zu ändern.
Noch irgendwelche Einwände?? Die Teeniemusik entwickelte sich zu einem ätzenden Gequäke, sodass ich mir meinen knautschigen Stoffpantoffel nahm und vollkommen entnervt quer durch das Zimmer schmiss. Gut Musik aus, Pantoffel weg und immer noch keine Spur einer Idee… ich musste das ganze einfach von einer anderen Perspektive sehen… wieder vollkommen in meine „Das wird schon“ Rolle schlüpfend schnappte ich mir einen rosa Filzer um ihn neben dem lavendel farbenden Gedankenstrich anzusetzen „ich werde ein beliebter Typ“… stille…finito… nix da… völlig unmöglich, ich konnte in meiner absoluten Intelligenz einfach nicht den Grund finden, wie man sich jeden Morgen mit einem Bussi auf den Mund begrüßte, danach elegant durch die Schule glitt und jeden mit dem abfälligsten Grinsen musterte. ich muss jetzt nicht erwähnen, dass ich erstrecht keine Ahnung hatte wie ich mit meinem hundsmiserablen Aussehen auch nur annähernd an irgend so eine Tussi geschweige denn einen Typen heran kommen sollte. Nix da, mal eben als unmöglich abgestempelt. Wenigstens konnte ich mein imaginäres Ego damit aufbauen, dass ich wenigstens eine Idee gehabt hatte.
Gut erstmal einen Kakao holen, machte das ganze Bild noch einmal besser und ich hatte zumindest die Möglichkeit meine Ideenmangel auf die künstlerische Pause während des trinkens zu schieben. Das ganze dauerte jedoch nicht lange, sodass ich in etwa 10 Minuten später wieder vor meinen fast lehren Blatt (wir wollen bedenken eine Überschrift und einen durchgestrichenen Punkt hatte es immerhin) saß und alle Möglichkeiten die in Betracht zu ziehen waren aufzuschreiben begann.
Mit stolz geschwellter Brust saß ich dort und musterte mein Prachtexemplar von Liste. Was war ich doch…ok die Suche des passenden beziehungsweise am meisten auf mich zutreffenden Begriffs verschob ich besser auf wann anders. Insgesamt 7 Vorschläge zierten meine Liste und da mein ruhmreicher IQ einfach kein Ende hatte, kam mir letztlich die Idee, die Sachen die ich für VOLLKOMMEN unrealistisch hielt zu streichen, was dazu führte, dass binnen weniger Minuten alles außer 2 Dinge von meiner Liste gestrichen wurde. Dank meines minimalen (im schulischen Sinne natürlich) Wissens war es absolut suspekt anzunehmen ich könnte Klassenbeste geschweige denn Schulbeste werden, ebenfalls waren die letzten sportlichen Aktivitäten Treppe laufen gewesen, was dazu führte, dass ich mir NICHT vorstellen konnte zum Sportass zu mutieren. Das nächste was recht rasant von meiner potenziellen „Mein neues Ich“ Liste gestrichen wurde war Schülersprecher und Grufti. Ich konnte mir weder vorstellen irgendeinen Lehrer seine Tasche hinterher zu tragen und kleinen Bälgern zu helfen, noch bei dieser Gruftifraktion mit umgekehrten Kreuzen zu stehen, die waren mir einfach zu…freaky.
Flennend schmiss ich das nervige etwas von Schwester das sich dazu entschlossen hatte mein Zimmer zu betreten raus und ließ mich wieder mit einem Hoffnungsschildchen hochhaltend auf den Stuhl fallen. Zugegeben die beiden Punkte, die immer noch auf meinen Blatt prankten, waren nicht unbedingt Hoffnungstragend oder gar vorstellbar durchzusetzen, aber ich brauchte noch ein paar Minuten in meiner perfekten Intelligenz baden, ehe ich die beiden Punkte von meiner Liste strich, die darauf hinwiesen, dass sie - die Intelligenz- zumindest einmal vorhanden war. Ich konnte mir nicht vorstellen zu einer potenziellen Barbiepuppe zu werden, da meine Taille nicht unbedingt den entsprechenden Maßen nahe kam und auch mein sonstiges Erscheinungsbild eher einer verkrüppelten Shelly glich. Gut nächster Punkt gestrichen und der letzte leuchtete munter vor sich her und schien mir scheinbar entgegen zu springen und „Nimm mich!“ zu brüllen. Vielleicht war er ja doch nicht so abwegig… wobei… nicht dass ich irgendwelche Vorurteile gegen sie hegte, aber ihr auftreten war nicht unbedingt das, was man unter zivilisiert fassen konnte. Das war es… ich hatte meine Lebensbestimmung gefunden… ich wollte ein Punk werden!
…Wiederkehrende Stille… ok ich muss jetzt nicht anmerken, dass ich abermals immer noch den Stift in der Hand vor meinem Blatt saß einen mir am abcheasen und das verdrängend, dass ich keine Ahnung hatte was ein Punk genau war. Sicher ich wusste, dass es eine Gruppe von irgendwelchen… interessant gekleideten Leuten war die Lieder wie „Du kannst mich mal“ „Wir sind doch alle gleich scheiße“ und so hörten, aber das war auch das einzige was meine übermäßige Intelligenz zustande brachte. Nein ich brauche sicher nicht auf die Idee kommen, dass ich auf Grund nicht genügendem Allgemein Wissens nichts über sie wusste… selbst eine Bestie fast nur aus Gehirn bestehend kann nicht alles wissen.
Doch unsere moderne Technik ermöglichte es mir natürlich meine Wissenslücke augenblicklich zu füllen… sprich ich saß 5 Minuten später vor meinem PC und tippte bei Google Punk in den weißen Kasten. Vollkommen in meiner Friede Freude Eierkuchen Welt versunken, wanderte die Maus zu der erst möglichen Seite „Fette Punk Bräute zeigen dir ihre Tit****“. Einsturz meines ganzen Weltbildes… Was war denn, wenn ein kleines unschuldiges, reines, süßes, niedliches, nichts ahnendes und vor allem unverdorbenes Kindchen als Hausaufgabe etwas über Punks heraus zu suchen hat und auf so einer… Tittenseite landete???
Die nächste Seite offenbarte mir, dass Punk scheinbar so etwas wie Dreck, Abfall und Müll hieß und sie meistens keine Zukunft besaßen. Zweites Bild am Tag zerstört, wird ich halt Halbpunk mir doch egal. Trotzig die Oberlippe nach vorne schiebend platzierte ich meine Füße auf dem Tisch und surfte weiter durch das Internet. Welch geniale Erfindung, früher musste ich immer meinen faulen Hintern in Bewegung setzen und zur Bücherei fahren und jetzt war es schon eine Zumutung wenn man sich für den On Knopf bücken musste. Punk, Punkrock, Punk'n'Roll, Poppunk, Skapunk, Politpunk, Funpunk, Melodic Punk, Skatepunk, Hardcore Punk, Deutschpunk??? Ok heute war das Limit von übermäßigen Informationen eindeutig überschritten. Mein Hirn besaß zwar eine unnatürliche Größe und ich wunderte mich von Tag zu Tag, dass mein Kopf nicht immer unmenschlichere Maße annahm, aber was zu viel war, war zu viel.