Fanfic: Eine Geschichte / Die Sprache des Auges

Untertitel: Es passiert nie mehr als einmal im Leben und lässt uns nie wieder los

Kapitel: Unergründlicher Herbst

Ein blauer Himmel, das war genau was ich mir wünschte. Durch Stress und Schlafmangel langsam aber sicher ermüdet, schaute ich aus dem Fenster zum fernen, unendlichen Himmel hinauf. Es war Sonntag, an den beiden letzten Tagen hatte ich wie eine Verrückte gefeiert, getanzt und gesungen. Jemand aus meiner Verwandtschaft hatte Geburtstag und alle nutzten die Gelegenheit, um daraus einen langen, ausgelassenen Feier zu machen. Ich hatte eine ganze Flasche Sekt ausgetrunken, obwohl ich es nicht gut vertragen konnte und hatte die ganze Zeit über Mühe, mich auf den Beinen zu halten.

Das war genau das, was ich wollte. (War das wirklich das, was ich wollte?) Meine Denk- und Konzentrationsfähigkeit lösten sich in Nichts auf, die störenden Gedanken waren nun blass und leer, ich hörte nur noch die Musik und spürte, wie ich mich im Taktschlag aufgelöst hin- und herschwang. Es gab keine Sorgen, keine Schmerzen, keine Trauer, nur noch jetzt, dieser Moment, in dem die unendliche Ewigkeit ruhte. Darin fand ich meinen Frieden. Ein unmerkliches, eigensinniges, fast bitteres Lächeln umspielte meine Lippen. So verbrachte ich die ganze Nacht, bis ich früh morgens, als die Vögel anfingen im schwachen Lichte zu zwitschern, vor Müdigkeit ohnmächtig auf das Sofa fiel.

Den Rest des Tages verbrachten wir mit Aufräumen. Alle Anwesenden waren völlig erschöpft. Man verabschiedete sich und fuhr nach Hause. Zuhause schlief ich so lange, bis die Mittagssonne durch mein Fenster schien. Aber trotzdem fühlte ich mich mies. Mein Kopf tat weh und meine Augenlider waren schwer. Am ganzen Körper spürte ich Schmerzen. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis ich im Stande war, mich aus dem Bett zu erheben.

Ich konnte aber nichts essen, denn ich hatte überhaupt keinen Appetit. Um mich zu beschäftigen, ging ich in den Park spazieren. Es waren die letzten sonnigen Tage des Herbstes. Ich liebte die goldene Blätter und all diese warmen Farben, die sich nur einmal im Jahr in voller Schönheit entfalteten. Ich liebte das Vergängliche, das Zerbrechliche, die stille Trauer um das Unwiederbringliche.

An einem kleinen Teich im Park ließ ich mich auf eine Bank nieder. Ich beobachtete das schimmernde Wasser, mit den darin gefallene Herbstblätter. Das Wasser war sicherlich nicht tief, aber trotzdem konnte ich den Grund nicht erkennen. Unergründlich und geheimnisvoll. Wie das Leben. Wie Yamis Augen.

„Was? Wie YAMIS AUGEN?“

Ich schreckte bei diesem Gedanken auf. Wie kam ich denn darauf?

Was ich wieder für einen Unsinn im Kopf hatte. Aber irgendwie fürchtete ich mich davor, dass es vielleicht doch kein Unsinn war. Mir lief es eiskalt den Rücken hinunter.

Plötzlich fürchtete ich mich davor, Yami ins Auge zu sehen.

In den nächsten Tagen ging ich Yami aus dem Weg, als hätte ich irgendetwas Schlimmes verbrochen. Ich vermied es absichtlich, ihm auf dem Schulweg oder auch in der Pause zu begegnen. Im Unterricht wich ich seinem Blick aus. Wir hatten kaum noch Gelegenheit, miteinander zu sprechen.

Wenn ich nicht mit den anderen zusammen war, ging ich meistens auf eine Terrasse des Schulgebäudes. Von dort aus hatte ich die halbe Stadt im Blickfeld. Ich schrieb kleine Geschichten und Gedichten, hörte Musik oder las. So konnte ich die Zeit in meinen Gedanken versunken verbringen und die Welt um mich herum eine Weile lang vergessen.

Ich wusste nicht, was Yami über meine plötzliche Wandel dachte. Eigentlich war es mir auch egal, so sagte ich es mir selbst vor. Ich konnte nicht auf die ganze Welt Rücksicht nehmen und mir dabei selbst schaden.

Aber war das denn wirklich schon alles?

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