Fanfic: Eine Geschichte / Die Sprache des Auges

Untertitel: Es passiert nie mehr als einmal im Leben und lässt uns nie wieder los

Kapitel: Die Verwandlung

Es war unser letztes Schuljahr und wir bereiteten uns auf unseren Abschluss vor. In unserer gemeinsamen Zeit besprachen wir, was uns als nächstes bevorstehen könnte.

Yami wollte Rechtswissenschaft oder Medizin studieren. Sein Wunsch galt es, den Menschen zu helfen und die Welt lebenswerter zu machen. (Jura oder Medizin? O je...)

Ich tendierte zu Wirtschaftswissenschaft. Denn irgendwie interessierte ich mich dafür und wollte mein Horizont in diesem Aspekt erweitern. (Wie man Geld verdient usw.?)

Wir hatten vor, in der gleichen Stadt unser Studium aufzunehmen, am besten in der Stadt, wo wir lebten. Deshalb taten wir unser bestes, um die entsprechenden Noten zu bekommen.

Yami dürfte kein Problem damit haben, denn er war in der Schule eigentlich schon immer besser als ich. Ihm fiel das Lernen nicht schwer. Ich machte mir etwas Sorgen wegen meinen Leistungen, aber zum Glück waren die Anforderungen in meinem angestrebten Fach nicht sehr hoch gesetzt. Außerdem lernten wir oft zusammen, so dass Yami mir bei Bedarf Mut machen konnte und meinen Glauben an mich selbst stärkte.

Ohne größere Probleme schlossen wir unsere Schulzeit mit erfreulichen Ergebnissen ab. Bevor wir unsere Bescheide von den Universitäten erhielten, unternahmen wir zusammen noch eine Reise, um unseren erfolgreichen Abschluss zu feiern.

An der Reise gab es nichts auszusetzen. Es verlief alles so wie in einem schnulzigen Romantik-Liebesfilm. Wir grinsten uns einander ununterbrochen an und fühlten uns überglücklich.

Nach unserer Rückkehr erhielten wir nacheinander die Zulassungsbescheide. Yami konnte an der nächstgelegenen Uni Medizin studieren.

Aber mir wurde ein Studienplatz in einer entfernten Stadt zugeteilt. Ich wusste nicht, wie es mir bloß geschehen konnte. Wie versteinert blieb ich stehen und starrte nur auf das Zulassungsblatt.

Unsere Wege würden sich dann trennen. Nachdem wir so vieles miteinander überstanden hatten.

Am Abend rief Yami an und fragte mich, ob ich meinen Bescheid endlich erhalten hatte. Ich verneinte ruhig. Denn ich hatte bereits einen Entschluss gefasst.

In einem Monat würde das neue Semester beginnen. Ich musste mir eine Wohnung suchen. In meinem Zimmer packte ich die notwendigsten Sachen ein und fuhr mit dem nächsten Zug zu meiner Universitätsstadt. Für die ersten paar Tage wohnte ich in der Jugendherberge. Ich meldete mich beim Studentenwohnheim an und schaffte es glücklicherweise, noch ein kleines Zimmer zu bekommen. Meinen Eltern war es eigentlich egal, wo ich studierte und was ich studierte.

„Wenn sich jemand nach mir erkundigt, sag bitte, dass ich jetzt in einer anderen Stadt mein Studium aufnehmen werde.“

Manchmal fragte ich mich, warum ich so gehandelt hatte. Ich könnte noch ein paar Semester abwarten und versuchen, bei der nächsten Gelegenheit in der gewünschten Uni aufgenommen zu werden. Außerdem hätte ich die Chance, nach ein paar Semestern zu meiner alten Stadt zu wechseln.

Aber auf der anderen Seite wusste ich, dass so ein Wechsel von einer nicht sehr angesehenen zu einer berühmten Universitätsstadt sehr schwierig war. Man würde kaum einen Tauschwilligen finden. Und ich wollte meine Zeit nicht damit verschwenden, auf ein unsicheres Ereignis abzuwarten.

Ich dachte, ich müsste für Yamis Glück und mein Versagen Opfer bringen und fühlte mich bei diesem Gedanken schon fast wie eine Heilige. Außerdem war ich zu müde, um meine Entscheidung genauer zu überdenken.

Beim Semesterstart hatte ich dazu auch keine Zeit. Die Kurse waren umfangreich und ich hatte bisher noch kaum mit dem Lernstoff zu tun, deshalb musste ich viele Schwierigkeiten überwinden.

Yami würde sich jetzt auf sein Studium konzentrieren können und sich nicht mehr von Versagern wie mich herunterziehen lassen.

Versager, das war genau das richtige Wort für mich. Warum musste ich meine und Yamis Erwartungen so bitter enttäuschen?

Ich konnte es mir nicht verzeihen und gab mir selbst die Schuld für das Geschehene.

Mein kleines Zimmer im Studentenwohnheim war ungefähr so klein wie mein früheres Zimmer. Ich war noch einmal nach Hause gefahren und hatte meine restlichen Sachen geholt. Deshalb wehten meine mintgrünen Gardinen wieder im leichten Wind des halboffenen Fensters. Auf das hellbraune Holzparkett legte ich ein kleines blaugrünes Wollteppich. An den Wänden hing ich die mitgebrachten Bilder auf.

So fühlte ich mich fast wieder in meiner vertrauten Welt.

Ich kaufte mir ein Handy, damit ich mit meinen neuen Kommilitonen in Kontakt blieb. Außerdem konnten mich meine Eltern erreichen, falls es ihnen danach war.

Mein Leben nahm einen neuen Rhythmus an. Morgens ging ich zur Vorlesung, zur Mittagszeit aß ich in der Mensa und nachmittags verbrachte ich die Zeit in der Bibliothek oder ebenfalls im Vorlesungsraum. Wenn ich nach Hause kam, lernte ich noch ein Bisschen, ging dann ins Kino oder traf mich mit den anderen in Cafés, schaute manchmal auch bei den Studentenpartys vorbei. Eben alles, was die sehr überschaubare, kleine Stadt zu bieten hatte.

Mir war vieles ziemlich egal geworden. Tagelang lief ich in den gleichen dunkelfarbigen Kleider herum, machte auch nicht mehr aus meinen langen glatten Haaren als einen ordentlichen Pferdeschwanz, ohne Pony. Mit den anderen sprach ich nicht viel, wenn dann meistens nur über die Uni.

Alleine in einer fremden Stadt, in der kaum etwas los war. Was sollte aus meinem Leben werden? Wann fand man schon die Gelegenheit, um sich wirklich auszusprechen?

Ich führte manchmal wieder Tagebücher, hörte die ganze Nacht lang Musik. Ich hatte kaum Lust, das Zimmer ordentlich zu halten, die Wäsche zum Waschraum zu bringen, Essen in der Gemeinschaftsküche zu kochen oder einfach Staub zu saugen. Mit der Zeit lagen die Sachen ziemlich durcheinander und ich fand kaum noch saubere Kleider zum anziehen. Aber es interessierte mich nur wenig. Aus meinem Leben konnte nichts mehr werden, sagte ich mir. Es gab nichts mehr, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Wozu sollte mich denn bemühen, jeden Tag perfekt auszusehen und alles um mich herum in glänzender Sauberkeit zu halten?

Jedem kommenden Tag blickte ich gleichgültig entgegen. Über die vergangenen Tage dachte ich nicht mal erst nach. Auch wenn mich gleich ein Blitz vom Himmel töten würde, würde ich nichts dabei spüren.

In den Semesterferien fuhr ich zu meinen Eltern. Eigentlich hatte ich darauf keine Lust, aber da die Stadt nun fast wie ausgestorben war, hoffte ich auf etwas Abwechselung.

Ich traf mich mit ein paar der früheren Schulfreunden. Wir feierten ein Bisschen zusammen und sprachen über das, was wir in der Zwischenzeit gemacht hatten.

Ich sähe müde und abgespannt aus, sagte mir eine ehrliche Freundin. Außerdem traurig und lustlos...und dazu...

Allen ging es anscheinend gut, im Gegensatz zu mir. Sie hatten noch alle ihre Träume und Vorstellungen, was sie aus ihrem Leben machen wollten.

Mein Studium gefiel mir nicht besonders gut. Vorher hatte ich mich über dieses Fach nicht genau informiert und meine ursprüngliche Erwartungen trafen ins Leere.

Ich hatte keine Lust mehr. Ich wollte nicht mehr. Aber nun war ich sogar zu feige, dem alles ein Ende zu setzen. Scheiße, mein Leben war so eine verdammte Last, die ich auf unbestimmte Zeit tragen musste.

An so einem Tag traf ich wieder auf Yami. (Stimmt, du bist doch wieder in der Stadt...) Er hatte mich am Anfang kaum erkannt. Kein Wunder, ich lächelte bitter. (Das tust du irgendwie andauernd) Wie ich jetzt aussehe, war kein Vergleich zu dem Mensch, der ich früher war. Weil ich mich langfristig nur von Kuchen, Keksen, Schokoladen und was weiß ich noch ernährte, hatte ich etwa zehn Kilo zugenommen. (Krass...) Auf meinem Gesicht eroberten manche Pickeln ihren Lebensraum. Ich trug eine unpassende Brille. Meine Haare waren fettig und sahen ungepflegt aus. Ich hatte ziemlich schäbige, abgetragene Kleider an, die mir überhaupt nicht standen. (Übertreibst du da nicht ein wenig?!)

Die hübsche, gut gekleidete Mariko, die auf ihr Aussehen Acht gab, ist nun Vergangenheit, lieber Yami.

Yami riss seine schönen großen Augen weit auf.

„Mariko?“

„Welch eine Überraschung, Yami. Du siehst ja immer noch so gut aus wie früher.“, sprach ich und lächelte unwillkürlich ironisch. „Im Gegensatz zu mir, die du nun kaum wiedererkennst.“

„Wie die Zeit und das Leben alles um uns herum verändern, nicht wahr?“, fügte ich noch hinzu.

„Warum bist du einfach so weggegangen? Ich dachte du wolltest mit mir zusammen studieren!“

„Ich habe meine Meinung eben mal kurzfristig geändert. Außerdem, wie du siehst, findest du mit Leichtigkeit bessere Alternativen. Die Mariko, die du kanntest, ist nun Vergangenheit.“

Ich lachte ein ziemlich unverschämtes Lächeln. Über Yami, über mich und meine dämliche Scheinheiligkeit, über das Leben.

Yami war anscheinend auf so eine Situation nicht vorbereitet. Er schien verunsichert zu sein. Bestimmt hatte er es sich schöner vorgestellt, falls wir uns wiedersahen.

„Sorry, muss jetzt los. Schön dich wiedergesehen zu haben. Wünsche dir noch ein erfolgreiches Studium.“

Ich ließ ihn alleine stehen und ging weiter, ohne seine Antwort abzuwarten. Irgendwie wollte mir das Grinsen nicht aus dem Gesicht weichen. Meine große Liebe stand nun da und fand mich einfach abstoßend! Dabei hatte er mich angeblich so geliebt! Die Situation war aber auch nur zu komisch.

„Falls er mich vermisst hatte,“, dachte ich bei mir, „würde er jetzt bestimmt gerne all die Erinnerungen an mich löschen.“

Es war einfach herrlich. Kein romantisches Schnick-Schnack mehr. Keine dämlichen Liebessprüche. Einfach mal die nackte Wahrheit.

„Wie es dir nun gefällt, Yami? Hat's dir die Sprache verschlagen? Nicht mehr so die Frau deiner Träume? Nun hat es sich alles doch nicht so gelohnt?“

Mein breites Grinsen ließ die Passanten mich mit zweifelhaftem Blick mustern.

„Ja, ich gehöre in die
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