Fanfic: Der Traum

Kapitel: Der Traum


Prolog - Der Traum

Jede Nacht... Jede Nacht das gleiche, derselbe Traum. Ich träumte ihn schon seit Jahren, eigentlich konnte ich mich nicht einmal daran erinnern, wann ich damit angefangen hatte. Er lief immer gleich ab, und wenn ich aufwachte, konnte ich mich nur noch an Kleinigkeiten erinnern, ohne den gesamten Inhalt fassen zu können. Wir gerne würde ich den Grund erfahren, wie gerne würde ich wissen, warum ich jedes Mal nachts mit wie wild klopfendem Herzen aufwachte und Bilder vor Augen hatten, die aber verschwanden, bevor ich sie wirklich sehen konnte. Manchmal meinte ich, mich vage an ein Gesicht erinnern zu können... Aber zeichnen oder beschreiben konnte ich es nicht. Ich wusste nur, das musste jemand sein, der mir in meinen Träumen sehr nahe stand.
Wie immer, wenn ich Den Traum - so nannte ich ihn nur - geträumt hatte, konnte ich danach nicht einschlafen. Ich fühlte mich so rastlos, als wäre ich gerannt.
Im Zimmer herrschte Dunkelheit. Langsam stand ich auf und zog die Jalousien vor meinen Fenstern hoch. Draußen dämmerte es schon und ein paar Lichtflecken tanzten auf und ab, obwohl die Sonne noch nicht aufgegangen war. Ich setze mich vor meinen kleinen Tisch. Da ich eh nicht mehr einschlafen konnte, das wusste ich aus Erfahrung, konnte ich genauso gut aufstehen und mich schon auf die Schule vorbereiten. Mein langes, rotgoldenes Haar leuchtete in der Dunkelheit. Meine graugrünen Augen blickten mir aus dem Spiegel entgegen, als ich anfing, mit langsamen Bürstenstrichen mein allmorgendliches Ritual auszuführen. So paradox es klingt, wenn ich mir die Haare kämmte, schien alles wieder gut zu sein, und ich kehrte quasi von meiner Traum- in die reale Welt zurück. Diese Tageszeit, der Übergang von der Nacht in den Morgen, war meine liebste. Die Vögel fingen an, zu singen, und in diesem wunderbaren, reinen Land, in das wir vor gar nicht langer Zeit gezogen waren, erschien mir die Sonne viel näher, als in Europa, das mir im Vergleich sehr duster vorkam, und irgendwie farblos, obwohl ich schon viele wunderschöne Ecken und Gegenden dort gesehen hatte. Ich musste lächeln. Meine Eltern waren einfach ruhelos, nichts schien sie halten zu können. Seit ich klein war, waren wir durch sämtliche Länder der Welt gezogen, und ich war mittlerweile genauso fasziniert von den einzelnen Kulturen wie meine Eltern. Es machte mir nicht einmal viel aus, dass wir meist nur ein paar Monate an einem Wohnsitz blieben. Ich liebte dieses Vagabundenleben, hatte es von klein auf an geführt und ich würde es auch um nichts missen wollen. Allerdings war ich bald 18 - nur noch 2 Monate! - und ich würde auch nicht ewig bei meinen Eltern bleiben wollen, obwohl ich sie abgöttisch liebte. Jedes Mal, wenn ich Vater und Mutter zusammen sah, war ich wieder verwundert. Nie hatte ich zwei Menschen gesehen, die sich so innig liebten wie die beiden. Als ich noch jünger und gerade in der Pubertät war, war ich manchmal sogar eifersüchtig auf die Beziehung der beiden, aber mittlerweile hatte ich verstanden, dass ihnen etwas ganz besonderes geschenkt worden war, etwas, das nur sehr wenigen Menschen zuteil wurde. Ob ich jemals so etwas erleben würde? Ich bezweifelte es. Kritisch betrachtete ich mich im Spiegel. Nun ja, ich war bestimmt nicht hässlich, aber ich wollte lieber frei und unabhängig bleiben, jedenfalls im Moment. Für Beziehungen war ich einfach noch nicht reif genug, und vielleicht war das nicht einmal schlecht. Ich drehte mich leicht um, als mein Blick auf eine kleine Kiste fiel, die mit hellblauem Papier umwickelt war. Was war das? Dann erinnerte ich mich. Meine Eltern brachten mir öfters Geschenke mit, Kleinigkeiten, antike Dinge, die nicht sehr viel wert waren, die ich aber sammelte, weil ich sie so schön fand. Ich lächelte. Mama machte mir häufig eine Freude mit so was, und sie wusste genau, dass ich über die Geschichte des kleinen Gegenstandes rätseln würde, ohne sie jemals herauszufinden. Ich liebte es aber dennoch, denn gerade das war für mich das Besondere daran. Ich griff nach der Kiste. Als meine Finger sie berührten, durchzuckte mich ein Blitz, und rasend schnelle Bilder entstanden in meinem Kopf, ohne, dass ich sie erkennen konnte. Ich zog meine Finger schnell weg. Mein Körper zitterte, und Schweiß stand mir auf der Stirn. Was war passiert? Mein Herz schlug so schnell, dass ich keuchen musste. Ich starrte auf die so unschuldig aussehende verpackte Kiste. Trotz der nicht gerade angenehmen Erfahrung wusste ich, ich musste das Papier abreißen und hinter das Geheimnis dieses Gegenstandes kommen. Hier lag der Schlüssel und instinktiv - oder war es Wissen? - wusste ich, dass das sich in der Kiste befindliche mit meinem Traum zu tun hatte. Mit immer noch zitternden Fingerspitzen packte ich das hellblaue Papier und obwohl mich wiederum so etwas wie ein elektrischer Stoß durchfuhr, riss ich es ab. Zum Vorschein kam ein kleines Kästchen, nicht größer als ein Taschenbuch vielleicht, etwas angestaubt vielleicht, aber von einem seltsamen Zauber umgeben. Und ich wusste sofort, dass ich mit meinen Vermutungen Recht gehabt hatte: Ich kannte dieses Kleinod! In meinem Kopf drehte sich alles, als 1000 Bilder gleichzeitig aufzutauchen schienen. Aus weiter Ferne hörte ich, wie ein Mensch schrie, gellend und wie in Todesangst. Vor meinen Augen sah ich schreckliche Bilder und als ich sie in Angst und Schmerz schloss, wurden sie nur noch deutlicher. Zerstörung. Blut. Tote. Der Schrei hörte und hörte einfach nicht auf. Ich schlug mir die Hände vor den Kopf, wollte die Menschenstimme ausschließen. Kurz bevor mir ganz schwarz vor Augen wurde, bevor ich endgültig ins Schwarze fiel, wurde mir noch bewusst, dass dieser schon fast unmenschlich klingende Schrei nicht weit weg war: Ich war es, die schrie.
Suche
Profil
Gast
Style