Fanfic: All theses things I hate

Untertitel: was macht das Leben aus`?

Kapitel: 20:30

20:30 Uhr. Der weiße Anzug war gegen einen Neuen, Schwarzen gewechselt worden. Die Fliege saß akkurat am Hals. Gefasst betrat er das Lokal mit dem Namen „Beaucoup de Plaisir“ und ließ sich von einem der Kellner durch das Gebäude zu seinem Tisch führen.
Es war der letzte Termin, den er heute noch hatte- ein Gespräch mit einem Interessenten aus Deutschland, der sich mit ihm über seinen errichteten Freizeitpark unterhalten wollte- aus was für einem Grund auch immer – und eigentlich hatte er nicht im Geringsten Lust dazu.
Er hatte Mokuba den ganzen Tag noch nicht einmal zu Gesicht bekommen und konnte sich schon denken, was der Kleine für eine Schnute ziehen würde, wenn er wieder erst spät nach Hause käme.
Musternd schaute er sich um. Die Lampen schimmerten leicht rötlich auf einer sehr niedrigen Stufe und verhalfen dem Raum zu einer ruhigen und gesitteten Atmosphäre. Mehrere Pärchen saßen an den Tischen, warfen sich verliebte Blicke zu oder unterhielten sich angeregt. Einige von ihnen waren sogar in einen tiefen Kuss verwickelt. In was für eine Kaschemme hatte er sich da nur einladen lassen?
Er selbst hatte nichts mit diesem Thema, das die Leute gewöhnlich als „Liebe“ schimpften übrig. Liebe- das war für ihn nichts weiter als Enttäuschung und er hatte sich geschworen, niemals in seinem Leben so etwas zu empfinden- bis jetzt hatte es gut geklappt.
Je länger er hinter dem Mann vor sich herlief, desto ungeduldiger wurde er. Es wartete wieder einiges an Arbeit auf ihn, die er, zu seinem eigenen Ärger, tagsüber wieder mal nicht geschafft hatte abzuschütteln. Er brauchte jede Minute, die er bekommen konnte.
Umso besser war es, als der Kellner schließlich in Mitten des Raumes anhielt. Freundlich lächelte er ihn an und wies hinter sich.
„Monsieur- ihr Tisch“ sagte er mit leicht französischem Akzent „Sie werden schon erwartet.“
„Danke“ ohne den Mann auch nur eines Blickes zu würdigen ging Seto an ihm vorbei- und hielt plötzlich wie von der Tarantel gestochen an, als sein Blick auf den, ihm zugewiesenen, Platz fiel.
Lange, blonde Haare, durchzogen von einzelnen, schwarzen Strähnen. Giftgrüne Augen, zum Teil vom Pony verdeckt, schwarz geschminkt, mit einem Ausdruck, der durchdringender nicht sein konnte. Volle, roséfarbene Lippen- mit einem Lächeln, das so warm und sanft war, dass es ihm irgendwie Heimweh verschaffte.
Ohne ihn zu bemerken redete sie unbeirrt mit dem älteren Herrn, den er unschwer als seinen Geschäftspartner ausmachen konnte und sah dabei so umwerfend aus, dass ihm fast der Atem stockte.
Die dunkelrote Bluse passte perfekt zu ihren hellen Haaren und die schwarze, an den Beinen leicht ausgestellte Hose vollendete den Eindruck, dass sie wohl Stil zu haben schien und nicht das erste Mal in solch einem Lokal war.
Mit den Händen fuhr er sich leicht durch das Gesicht. Sie war es. Kein Zweifel. Und wenn er sich sicher war, dass er nicht halluzinierte- und er war sich sicher - dann saß da wirklich Jolina vor seinen Augen – seine Jugendfreundin.
Im jungen Alter von 5 Jahren war sie gemeinsam mit ihren Eltern- zwei bekannten Börsenmaklern
- neben sein Firmenanwesen- damals noch unter Leitung Gozaburus- gezogen und hatte sich mit ihrer frechen und heiteren Art langsam aber sicher in sein Leben geschmuggelt gehabt.
Neben Mokuba war sie die Einzige gewesen, die sich mit ihm abgegeben und sogar die, ihm aufgetragenen, Aufträge seines Stiefvaters gemeinsam mit ihm erledigt hatte. Er war gern bei ihr gewesen und sie mit Sicherheit auch bei ihm- zwar hatte er sie nie danach gefragt gehabt, aber es war niemals mehr als ein Tag vergangen, an dem sie nicht bei ihm gehockt hatte.
Er musst unwillkürlich leicht schmunzeln, wenn er daran dachte, wie sie immer vor dem großen Tor seines Anwesens gestanden und dem Butler mit ehrlicher Stimme berichtet hatte, zu wem sie denn wollte. Und wehe, man hatte sie nicht hinein gelassen- dann hatte sie so lange Stunk gemacht, bis sie passieren konnte.
Er warf ihr einen weiteren Blick zu. Von dem kleinen Sonnenschein von damals schien nicht wirklich viel übrig geblieben zu sein. Ihre Gesichtszüge waren hart- selbst wenn sie lachte, wirkte sie eher ernst, anstatt erfreut- wie eine typische Geschäftsfrau.
Mit 9 Jahren war sie wieder weggezogen. Ihre Mutter war an einem Brusttumor gestorben, wenige Monate später hatte ihr Vater bei einem Autounfall sein Leben lassen müssen. Sie hatte direkt daneben gestanden, als der grüne Truck den schwarzen Flitzer unter sich begraben hatte- zuerst hatte sie es nicht wahrhaben wollen, als man ihr erklärte, dass ihr Vormund tot sei- es war an ihm hängen geblieben, es ihr beizubringen und es war keine sehr angenehme Sache gewesen.
Er hatte es niemals akzeptiert, dass sie ihn so einfach im Stich gelassen hatte. Zu ihrem Bruder war sie gezogen- nach Deutschland- einem Land, das er seit jeher hasste, wie kein Zweites. Als sie sich hatte von ihm verabschieden wollen, hatte er ihr die Tür vor der Nase zugehauen und sie zum Teufel gejagt- er hatte ihre Entscheidung nicht akzeptieren können und instinktiv gewusst, dass er sie niemals wieder sehen würde, wenn sie ginge. Es war das letzte Mal, dass er geweint hatte - seitdem war sie aus seinem Gedächtnis gestrichen worden und er hatte sie nur noch gehasst- dafür, dass sie nicht besser war, als alle anderen auch- dafür, dass sie ihn enttäuscht hatte.
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