Fanfic: Das Drachenreich
Untertitel: 1. Teil: Die Gefahr
Kapitel: Der Geruch der Ferne
„Hmpf...“ Alec wich zurück. Er hatte nicht erwartet, dass Ryoe von links angreifen würde.
„Na, gibst du auf?“ fragte sein Gegner mit einem Grinsen.
„Nie im Leben, was erwartest du?!“ gab Alec kühl zurück und machte einen Schritt nach vorne. Er fühlte sich noch ein wenig müde. Sie waren aufgestanden, als die Sonne noch nicht einmal zu sehen war. Jetzt erhob sie sich langsam über den Horizont, war aber hinter den Hügeln noch nicht zu erkennen. Alec und Ryoe wollten ungestört trainieren, so mussten sie früh aufstehen, wenn noch keiner auf dem Trainingsplatz hinter dem Schloss war. Die mächtige Festung ragte hinter ihnen, wie ein riesiger Felsen auf und ihre dicken Mauern wurden nun sanft von der aufgehenden Sonne erwärmt. Zwei Wachtürme hoben sich auf der Westseite des Schlosses hinter der Außenmauer empor und überblickten das gesamte Gebiet was jenseits der Festung war. An der östlichen Seite waren ebenfalls noch zwei Türme, jeweils an den Ecken. Dieses mächtige Schloss schien uneinnehmbar und wurde auch in der Geschichte des 13. Königreiches noch nie erstürmt. Sie war die erste und würde auch die letzte Festung der Menschen sein. So sagte es der Meister zumindest.
Die Stadt Caen Aigion war die größte Stadt der Menschen und wurde in ihrer Schönheit nur von der Hautstadt des Elfenreiches El Ghor übertroffen.
Alec blickte hinter sich auf das mächtige Schloss in dem er lebte. Sein Vater war der König. König Etenor war der mächtigste Mann im ganzen Menschenreich. Zusammen mit der Elfen-Königin Tamana und dem Zwerges-Führer Calva regierte er das 13. Königreich. Und man konnte nicht sagen dass es durch sie schlecht geführt wurde. Seit über 2000 Jahren gab es keinen Krieg mehr im Land, zusammen mit den Drachen hatten sie das Land von Terror und Zerstörung befreit, aber die Drachen hatten die Herrschaft über das Land den Menschen, Elfen und Zwergen überlassen und hielten sich aus der Politik der Monarchen heraus. Trotzdem waren sie immer gute Partner und hatten die Menschen schon oft vor Übergriffen der Orks bewahrt, die in letzter Zeit immer häufiger in das Land kamen und den Frieden bedrohten. Warum die Drachen nicht mit den anderen Völkern zusammen über das Land herrschen wollten, blieb unklar. Die Ziele der Drachen kannte niemand. Sie waren nach wie vor rätselhaft.
Alec bemerkte dass er mit seinen Gedanken woanders war und versuchte sich wieder auf den Kampf zu konzentrieren, er blickte seinem Gegner in die Augen, der ebenfalls einen Schritt näher gekommen war. Ryoes blondes Haar wehte sanft im Wind. Es stand nach hinten ab und vorne fielen ihm einig Strähnen ins Gesicht. Er hatte dunkle entschlossene Augen und scharf geschnittene Züge, welche ihm ein wildes fast tierisches Aussehen verliehen. Er wirkte nicht besonders kräftig, aber in seinen jungen Muskeln steckten Bären-Kräfte die keiner vermutet hätte.
Sein Aussehen glich seinem Charakter: wild, entschlossen und sehr aufbrausend. Mit seinen immer ausgefalleneren Plänen, brachte er sich und Alec immer wieder in Schwierigkeiten und sagte jedem seine Meinung, egal ob einfacher Bauer oder Edelmann. Trotzdem war Ryoe Alecs bester Freund, sie waren schon seit Kindheitstagen zusammen und ergänzten sich perfekt. Man hätte sie auch für Brüder halten können, denn sie waren unzertrennlich und teilten sich sogar ein Zimmer.
Alec war aber völlig anders als Ryoe: Er hatte braunes Haar und grüne leuchtende Augen. Seine Züge waren feiner als die seines Freundes und Alec wirkte nicht so wild, wie er und konnte sich besser beherrschen, war aber genauso entschlossen wie Ryoe.
Alec spürte eine leichte Anspannung, als er sich seinem Freund näherte, etwas hatte sich verändert. Es schien als würde die Welt aus den Fuge gerissen und er konnte nichts dagegen tun. Ab morgen würde sich sein ganzes Leben verändern.
„Wie du willst!“ sagte Ryoe und trat noch einen Schritt näher.
Alec schüttelte den absurden Gedanken ab und versuchte sich wieder auf den Kampf zu konzentrieren. Seine Hände zitterten und er musste seine ganzen Gedanken auf sein Schwert richten um nicht wieder abzuschweifen.
Ryoe griff an. Das Schwert locker in der Hand rannte er auf seinen Gegner zu. Alec schloss seine Hände noch fester um den Griff seiner Waffe. Ein Schweißtropfen rann ihm die Stirn hinunter. Er spürte die kalte Spur in seinem Gesicht und warf alle Gedanken von sich die in seinem Kopf herumschwirrten. Langsam konnte er sich wieder auf den Kampf konzentrieren. Er dachte daran, dass er jetzt nicht verlieren durfte und trat entschlossen einen Schritt nach vorn, auf Ryoe zu. Dieser kam immer näher und erhob sein Schwert zum Angriff. Sie waren nur noch wenige Schritte voneinander entfernt. Alec schloss die Augen. Ryoe ließ seine Waffe in einem silbernen Blitz auf den Gegner hinabfahren.
Jetzt öffnete Alec seine Augen und riss im selben Moment noch sein Schwert nach oben um den Schlag seines Freundes zu parieren. Funken sprühten, als die beiden Schwerter aufeinandertrafen. Alecs Schlag kam fulminanter und so wurde Ryoes Schwert in einem weiten Bogen davongeschleudert, wie ein goldenes Schmuckstück glänzte es in der Sonne. Ryoe taumelte nach hinten, benommen von dem harten Schlag. Er blickte auf und spürte kalten Stahl an seiner Kehle.
„Gewonnen!“ Alec grinste.
„Hrmpf...“ meinte sein Gegner nur und drehte sich um. Die Sonne war nun endlich hinter den Hügeln hervorgekommen und tauchte alles in sanftes rot.
„Wir sollten gehen, mein Vater wird uns sonst umbringen...“ sagte Alec.
Ryoe gähnte und blickte nach vorn. Wahrscheinlich war es besser den Platz jetzt zu verlassen, schließlich war es verboten sich hier vor Sonnenaufgang aufzuhalten. Und der König war in dieser Hinsicht sehr streng.
„Mh... beeilen wir uns...“ In schnellen Schritten verließen sie das Trainingsfeld und liefen Richtung Schloss.
Die Festung schlief noch, als sie in den Innenhof kamen. Sie schlichen sich an den Pferdeställen vorbei und rannte die kalten Steintreppen zum Ostflügel empor: Dort herrschte Stille, noch nicht einmal die Köche waren an diesem Tag wach. Sie liefen einen schmalen Gang entlang und blieben vor ihrem Zimmer stehen, als...
„Dachte ich’s mir doch, dass ich jemanden auf dem Hof gesehen habe!“ Ein großer Mann erschien hinter ihnen. Seine stämmigen Beine trugen ihn aus dem Dunkel. Die pechschwarzen, schulterlangen Haare hatte er zu einem Zopf gebunden und er schaute sie mit grimmigem Blick an.
„Gaan!“ sagte Ryoe und versuchte erstaunt zu wirken. „Was machst du denn hier? Du solltest schlafen es ist noch nicht einmal sechs Uhr.“
„Pah, und ihr? Ihr seid doch wieder trainieren gewesen! Ihr wisst das eure Majestät das nicht erlaubt!“ wies Gaan ihn zurecht
„Hey, du kannst uns gar nichts sagen, ich-„
„Hör auf Ryoe!“ Alec trat vor. Es tut mir leid, es wird auch nie wieder vorkommen!“ sagte er und verbeugte sich vor Gaan.
„Das will ich auch hoffen!“ Der Riese schickte sich an zu gehen, doch dann hielt er inne. „Ach ja, dein Vater hat für heute eine Sitzung angesetzt und mochte, dass ihr beiden ihr beiwohnt!“
„Was soll das für eine Sitzung sein?“ fragte Ryoe neugierig.
Gaan überlegte. “Nun ja, ich weiß auch nicht viel darüber. Nur, dass er einige seiner besten Ritter und viele junge Krieger aus der Drachenschule eingeladen hat.“
„Hm scheint wichtig zu sein, diese Sitzung...“ sagte Alec nachdenklich. Er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Er erinnerte sich an das Training.
„Ja, ja, aber jetzt zurück auf euer Zimmer!“ Gaan riss die Tür vor ihnen auf. „Rein mit euch!“
Alec und Ryoe betraten widerwillig ihr Zimmer. Der Raum lag noch im Schatten. Beide Seiten des Zimmers waren mit einem Bett flankiert, der harte Steinboden mit einem Teppich bedeckt.
Ein Drache hockte am Fenster und betrachtete den Sonnenaufgang. Seine grünen Schuppen schimmerten im spärlichen Licht. Den mehr als 4 Meter großen Körper hatte er in seine Flügel gehüllt.
„Neo! Wolltest du nicht ein paar Vögel jagen gehen?“ fragte Ryoe spöttisch.
„Vögel!“ sagte der Drache in seiner eigenen Sprache und erhob sich. Seine Stimme klang wie ein heiseres Grollen. „Ich verschwende doch nicht meinen Atem für Vögel!!“
„Pffh, für was willst du ihn dann verschwenden?“ Ryoe blickte ihn grinsend an.
„Ich rieche etwas, die Ferne und das Abenteuer rufen uns...“ sagte Neo geheimnisvoll und legte eine seiner Pranken ans Fenster. Ryoe schwieg, weil er jetzt gar nichts mehr verstand. Alec blickte den Drachen erwartungsvoll an, er hatte dasselbe Gefühl wie Neo.
Er schaute zum Fenster hinaus. „Ja, der Geruch der Ferne.“