Lady Oscar

Eine Eisblume schmilzt

Die Macht des Volkes

Auf dem Weg zur Bastille wurde die französische Garde von einer jubelnden Bevölkerung begleitet.
Aus dem Invaliden-Dom stahl die Menge noch 32.000 Pistolen und 12 Kanonen.
Immer mehr Frauen und Männer strömten zu den Soldaten und den ihnen bereits folgenden Bürgern und stürmten zur Bastille.
Dort angekommen wurden Oscar und ihre Soldaten jubelnd vom Volk empfangen.
„Soldaten der Bastille! Zieht die Kanonen zurück und ergebt euch!“
brüllte Bernard und schoss in die Luft.
Der Kommandant der Bastille war ein listiger Mann.
„Wir versprechen euch nicht anzugreifen, wenn ihr uns nicht angreift!“
Die Soldaten in seiner Nähe guckten ungläubig.
„Wir werden die Zugbrücke runterlassen und einige von ihnen reinlassen. Wenn wir die Brücke wieder verschlossen haben, können wir die Menschen in aller Ruhe töten. Das wird die anderen Bürger abschrecken.“
„Seht, sie lassen die Zugbrücke runter.“
Das Volk war irritiert.
„Da stimmt irgendwas nicht.“
Oscar war beunruhigt.
„Sie würden niemals aufgeben.“
Die Menschen strömten in die Bastille.
Nachdem einige drinnen verschwunden war, ging die Brücke wieder hoch.
Die Eingeschlossenen bemerkten die Falle zu spät.
Die Zugbrücke war verschlossen.
Es kam niemand mehr rein und ebenso keiner mehr raus.
Oscar bebte vor Wut.
„Das war eine Falle! Verdammt, jetzt können sie die Leute viel besser erschießen!“
Schon fielen die ersten Schüsse und die Todesschreie der Menschen schien durch Mark und Bein zu gehen.
Dieser heimtückische Hinterhalt ließ die Wut der Bevölkerung regelrecht explodieren.
„Zum Angriff!“
„Schießt!“
Bernard kam zu Oscar.
„So wird das nichts…“
„Wir brauchen die Kanonen.“
Überrascht schauten die Beiden auf den dritten Herangeeilten.
Es war Maximilian de Robespierre.
Von ihm sollte man noch viel hören.
Oscar stieg vom Pferd.
„Los Alain, die Kanonen! Stellt die Kanonen auf!
„Juchuuuu! Seht die Soldaten der französischen Garde stellen die Kanonen auf! Wir haben eine Chance!“
Das Volk ließ Oscar und ihre Truppe durch, damit sie die Kanonen in Position bringen konnten.
„Munition laden!“ Oscar zog ihr Schwert. „Zielt auf die Zugbrücke! Feuer!“
Jubelnd sah die Menge, wie nach und nach die Kugeln ihre Ziele trafen.
Die Soldaten richteten die Kanonen auf die Brücke und den oberen Teil der Bastille, in dem sich die Soldaten des Marquis de Launay verschanzten.
„Feuer!“
Alain stand hinter einer der Kanonen, die auf die Zugbrücke zielten.
„Kommandant, bitte, geht mehr in Deckung.“
Wie schön sie war.
André hatte solch ein Glück, von dieser Frau geliebt zu werden.
Ihr blondes Haar wehte im Wind.
Stolz stand sie dort…
„Zielt auf den Kommandeur.“
Launay wollte nicht aufgeben.
„Wenn sie tot ist, wird der Rest ein Durchmarsch.“
Sechs Gewehre richteten sich auf den ehemaligen Kommandanten des königlichen Garderegiments.
Alain blickte nach oben zum Turm.
Ein eisiger Schreck durchfuhr ihn, als er sah, worauf sich die Gewehre richteten.
„Oscar…“
Er sprang auf und rannte los.
Plötzlich peitschten sechs Schüsse unmittelbar hintereinander auf.
Zwei Kugeln verfehlten ihr Ziel…
Doch die Anderen trafen.
Oscar spürte den Schmerz, der sie zu zerreisen drohte.
Schwert und Pistole entglitten ihr.
Die Beine versagten ihren Dienst.
Der Platz vor der Bastille schien plötzlich menschenleer.
Die Kanonen waren still
Die Gewehre hielten inne.
Es war, als bliebe die Zeit stehen.
Langsam sackte Oscar zu Boden.
„Kommandeur…!“
Alain fing sie im letzten Moment auf.
Die Soldaten waren fassungslos.
„Kommandeur, bitte ihr…“
„Warum sind die Kanonen still?“ flüsterte Oscar.
„Ihr müsst weiter machen, richtet die Kanonen auf die Zugbrücke und greift an!“
Oscar zitterte vor Schmerzen.
„Das ist ein Befehl! Wollt ihr euch meinem Befehl widersetzen?“
Noch starr vor Trauer, staksten die Männer zu den Kanonen.
„Für unseren Kommandeur!“ Alain übernahm das Kommando.
Sie legten all ihre Wut in die folgenden Angriffe.
„Das werdet ihr bereuen da oben!“
Einige Soldaten weinten.
Während dessen trug Bernard Oscar an einen Platz, an dem die Verwundeten behandelt wurden.
„Bitte haltet durch. Dort hinten werden die Verletzten von Rosalie…“
Oscar hielt sich mit der Hand die blutenden Wunde am Bauch.
„Bernard, ich bitte dich…“
Krampfhaft versuchte sie Luft zu holen.
„Lass mich hier runter, ich möchte mich ausruhen.“
Bernard legte sie vorsichtig auf den Boden.
Rosalie entdeckte ihren Mann und lief sofort hin, um zu helfen.
Als sie ankam und sah, wen er in den Armen hielt, brach sie weinend zusammen.
„Oh, Lady Oscar, nicht ihr!“
Mein Gott, wie kann sie im Augenblick des Todes nur so wunderschön sein…
Bernard war verzweifelt.
„Rosalie, wir müssen ihre Blutungen stillen.“
Bernard hielt Oscars Kopf.
„Einen Arzt, hole einen Arzt!“
Beide sahen sich an.
Rosalie rannte los.
„Bernard, die Soldaten müssen weiter kämpfen.“
Oscar seufzte vor Schmerzen auf.
„Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichheit. Für diese edlen Ideale lohnt es sich zu kämpfen…“
Bernard sah auf.
„Seht nur, eine weiße Fahne auf der Bastille. Eure Soldaten haben die Bastille eingenommen!“
Eine Träne rollte ihre Wangen entlang.
„…Und zu sterben…“
Sie bekam immer schlechter Luft.
„Sag André, dass ich ihn liebe und auf ihn warten werde.“
Sie weinte.
„Ich habe ihm versprochen zurückzukommen und habe mein Versprechen nicht halten können.“
Blut lief ihr aus dem Mund.
„Gott wird mir vergeben.“
Bernard schluchzte.
„Ihr dürft nicht reden, Oscar.“
Ein letztes Mal blitzten ihre blauen Augen im Sonnenlicht.
Ihr blondes Haar fiel sanft über die Schulter.
„Es lebe die Macht des Volkes. Es lebe Frankreich.“
Sie spürte, dass ihr Herz keine Kraft mehr hatte weiter zu schlagen.
„Adieu.“
Weinend saß Bernard neben ihr.
Der Engel Frankreichs, welcher das Volk bis hierher geführt hatte, war gestorben.

„Ich finde keinen Arzt.“
Rosalie kam zurück.
„Es ist … zu … spät…“
Bernard hielt Rosalie fest in seinen Armen, hatte sie doch ihre erste große Liebe verloren. (Am Manga orientiert)
Wie aus dem Nichts tauchte ein Mann auf.
Er hatte lockiges weißes Haar und war von einem hellen Licht umgeben.
„Eine Kugel hat sie in die Schulter, eine in den Bauch getroffen. Doch zwei Kugeln trafen ihr Herz. Sie war stark, dass sie überhaupt noch so lange gelebt hat.“
Plötzlich richtete er sich auf.
„Ihre Zeit ist noch nicht gekommen! Gott! Du weißt es genauso wie ich, dein getreuer Diener.“
Er reckte seine Hände in den Himmel.
„Du hast mich geschickt, um dieses Unrecht zu verhindern. Ich kam zu spät. Doch werde ich meinen Fehler wieder gut machen.“
Er beugte sich über Oscar.
„Sie ist nicht das, wofür ihr sie haltet. Oscar Francois de Jarjaye ist kein Mensch, sondern eine Valinar. Ihr Vater ist nicht General de Jarjaye, sondern Henry d’Herblay, besser bekannt unter dem Namen Aramis.“ (Anlehnung an meine Fanfiction „Die vier Musketiere“)
Langsam öffnete er seine Hand.
In ihr lagen zwei Kugeln.
Unwillkürlich schaute Bernard zu Oscar.
„Mein Gott…“ er erschauderte.
„Sie lebt.“
Bedächtig sprach der Mann weiter.
„Nachdem Aramis von den Musketieren Abschied genommen hatte, zog er ruhelos durch Frankreich. Nacheinander starben seine Freunde und er war allein. Er wusste, dass sich seine Zeit nun langsam dem Ende näherte und suchte eine Frau, mit der er einen Nachkommen zeugen konnte. So lernte er Madame de Jarjaye kennen. Sie hatte schon fünf Kinder, konnte sich aber seinen Charme und Avancen nicht erwehren. Nach einer leidenschaftlichen Nacht 1759 (Oscar wird in meiner Geschichte vier Jahre später geboren, wird also mit 11 Jahren Beschützerin Marie Antoinettes) kam Oscar Francois de Jarjaye auf die Welt. Ihre Mutter beichtete General de Jarjaye alles. Da die Eltern wussten, was sie war erzogen sie das Mädchen als Junge. Den Rest wisst ihr ja selbst.“
Rosalie und Bernard waren erschlagen von dem, was sie gerade erfahren hatten.
„Es darf niemand erfahren, was heute geschehen ist. Nicht einmal Oscar selbst. Vielleicht wird sie ihre wahre Bestimmung erfahren, vielleicht auch nicht.“
Der Mann namens Gabriel stand auf.
„Und nun bringt sie zu euch nach Hause, Bernard. Ich werde den Soldaten berichten, dass die Kugeln wie durch ein Wunder ihr Herz verfehlt haben.“
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