Das Glück liegt in Hierakonpolis

Heroo 2

Heroo 2


„Ruhig…“, Atemu hielt die Zügel seines Pferdes fest. Er hatte es auf die Fähre geführt, aber das leichte Schwanken auf der Strömung des Nil, machte das weiße Ross scheu. Auch die Pferde von Mahado und Seth kündigten mit aufgeregtem Gewieher an, dass sie nicht auf das instabile Holz der Fähre wollten.
„Ist ja gut…“, Mahado seufzte und streichelte sein Pferd. Sie hatten noch nicht mal abgelegt, aber so war es immer. Erst wenn sich die Pferde an den beweglichen und leicht schwankenden Untergrund gewöhnt hatten, war es möglich überzusetzen.
Seths Pferd beruhigte sich eindeutig am schnellsten, da es solche Überfahrten gewohnt war. Seth ritt oft nach Hierakonpolis oder in andere Tempel, um seiner Ausbildung den letzten Schlief zu geben, auch wenn er jetzt erst einmal in der Residenz bleiben musste, wenn Atemu gekrönt war.
„Können wir?“, fragte der Fährmann, ein wettergegerbter, alter Ägypter.
„Ja“, nickte Mahado, der sein Pferd noch immer nicht losließ. Der braune Hengst hatte fürchterliche Angst vor dem Wasser, das wusste auch Atemu. Es war einmal fast ertrunken als es noch ein Fohlen gewesen war. Damit es nicht durchging nuschelte Mahado ihm immer wieder beruhigende Worte zu, was Seth nur noch lächerlich fand.
Die Fähre legte zügig ab und kämpfte sich durch die Strömung aber sehr ruhig über den Nil
Atemu ließ die Zügel seines Schimmels los und streichelte ihm über die Schnauze: „Brav mein Junge, es ist schnell geschafft und sicher.“
„Was ist das?“, unterbrach Seth nach einigen Minuten, da er im Wasser ein Kräuseln wahrnahm. Er hatte auf die Wasseroberfläche gesehen, um Krokodile oder Nilpferde, die sich in der Nähe befinden konnten, sofort auszumachen. Ein Krokodil konnte einer kleinen Fähre durchaus gefährlich werden, mal abgesehen von einem ausgewachsenen Nilpferd, das im schlimmsten Fall auch noch ein Kalb hatte.
„Seth?“, Atemu ging zu ihm an die niedrige Rehling.
„Da hinten… Es kommt auf uns zu“, stellte der Hohepriester besorgt fest.
„Vermutlich nur ein Krokodil oder ein großer Fisch“, winkte Mahado ab, der nichts sehen konnte, da er das Pferd nicht alleine lassen konnte. Atemu und Seth versperrten ihm die Sicht.
Seth hob eine Augenbraue: „Ist das dein Ernst? Ein großer Fisch, der immer näher kommt?“
„Ich bin kein Fischer!“, gab Mahado zurück.
Atemu hielt den Blick immer noch auf die Bewegung unterhalb der Wasseroberfläche gerichtet. Sie kam ihnen wirklich immer näher. Auch wenn er sich nicht allzu gut mit dem Nil auskannte, so wusste er, dass Fische eigentlich immer die Flucht ergriffen. Auch war der Schatten, den er sehen konnte zu groß. Ein riesiges Krokodil war am wahrscheinlichsten, da Nilpferde sich nicht anschlichen, sondern offensiv auf ihre Feinde losgingen.
„Wir sollten zusehen, dass wir das Ufer erreichen.“
„Ich kann nicht schneller fahren, wir fahren quer durch die Strömung…“, entgegnete der alte Mann, der alle Kraft brauchte um die Fähre mit einer langen Stange über den Nil zu bringen. Mit einem Seil waren sie auch noch gesichert um nicht abzutreiben. Der Nil war hier zum Glück nicht so breit wie anderen Stellen. Das Übersetzen dauerte nicht lange, aber im Moment zu lang.
„Mist…!“, Atemu hatte ein ungutes Gefühl gepackt.
„Bei Ra…!“, Seth schluckte, als die Augen des Schattens auftauchten. Zwei dunkle Augen, die in tiefen Augenhöhlen lagen, stierten die Barke an: „Das ist kein Krokodil…“
Mahados Pferd begann wieder zu scheuen, als es die Angst in Seths Stimme spürte und nur mit viel Kraft schaffte Mahado es, den brauen Hengst festzuhalten: „Ist gut, ist gut… Wir sind gleich drüben. Schaffen wir es noch rechtzeitig?“
„Hm…“, Atemu schätzte die Entfernung zum Ufer und zu dem Wesen im Wasser. Er musste gegen den Strom schwimmen, dass verschaffte ihnen ein wenig Zeit, aber er glaubte nicht, dass es reichen würde: „Kaum. Wir werden das Ufer nicht rechtzeitig erreichen, wenn es angreift.
„Diese Kreatur.. Was hat Sobek da in die Welt gewetzt…“, fluchte Seth und griff nach seinem Bogen und einem Köcher mit Pfeilen, die auf der Fähre waren. Der Fährmann hatte sie wohl hier um im Notfall jagen oder sich verteidigen zu können.
„Ich glaube nicht, dass der Gott Sobek uns so etwas schickt… Sieh es dir an, es könnte eine riesige Schlange sein…“, stellte Atemu mit großem Unbehagen fest.
Seth ließ den Pfeil vom Bogen schnellen und zuckte zurück, als der Pfeil von dem Kopf des Wesens einfach abprallte und irgendwo im Ufer stecken blieb.
„So was hab ich noch nie erlebt…“, schluckte Mahado: „Ist es ein Schatten…?“
Atemu konnte ihm nicht antworten, da sich ohne Vorwahrung der Körper des Wesens aus den Fluten erhob. Er riss die Augen auf: „Bei den Göttern!“
Durch das Auftauchen der Kreatur kam die Fähre so heftig ins Wanken, dass sie zu kippen drohte. Die Pferde wieherten laut und bäumten sich auf. Der Fährmann konnte sich gerade noch an Mahado, der sich seinerseits an der Rehling festhielt, festkrallen.
„Die Götter strafen uns!“, rief er aufgeregt.
„Das tun sie nicht!“, Seth verlor in der Aufruhr des Nils den Bogen, aber den brauchte er sowieso nicht mehr. Gegen dieses Wesen war ein Pfeil wirkungslos.
„Verdammt, ich komm nicht an mein Dia Diak!“, Mahado versuchte an seine Satteltasche zu kommen, doch da das Pferd verängstigt versuchte sich von ihm loszureißen, war das unmöglich.
Atemu und Seth hatten dasselbe Problem. Ihre Dia Diaks waren an ihren Pferden in den Taschen verstaut und ihre Pferde bäumten sich auf und schlugen mit den Hufen aus.
„Was machen wir jetzt?“, wollte Seth wissen, als sich die Fähre endlich wieder beruhigte.
Die Augen der Kreatur sahen auf die vier Männer und die drei Pferde herab. Aus seinem Maul ertönte ein ohrenbetäubendes Geräusch als es sich der Länge nach auf die Fähre fallen ließ die unter seinem Gewicht zerbarst.
Atemu verlor das Holz unter den Füssen und fand sich in der Tiefe des Nils wieder. Das Wasser um ihn herum war kalt und als er nach oben, dem Licht entgegen schwimmen wollte, merkte er, dass hinter sich die Augen der Kreatur aufflammten, als bestünden sie aus schwarzem Feuer.
Er riss sie Augen auf, als es sich im wie ihn Zeitlupe näherte und sein Maul öffnete, aus dem eine große Luftblase ausstieg.
Noch bevor es ihn ereichte, spürte Atemu einen dumpfen Schlag auf seinem Kopf und wie ihn etwas unter den Achseln packte und von dem Wesen wegzog. Ihm war als schreckte es zurück, dann driftete er in die Besinnungslosigkeit ab.

Atemu hörte gedämpfte Stimmen, konnte aber seine Augen nicht öffnen.
„Wie geht es ihm?“
„Soweit gut, er kommt wohl bald zu sich.“
„Danke, ich schick dir eine Ablösung. Kümmere dich solange noch um ihn.“
Eine bekannte Stimme, vermutlich Shada, aber warum ging er wieder? Und die andere musste einem Mädchen oder jungen Frau gehören. Doch Atemu kannte diese Stimme nicht. Er spürte wie sich jemand neben ihn auf das weiche Lager kniete und ihm die Stirn abtupfte.
„Du hast Glück gehabt, dass die Hohepriester gerade zur Anlegestelle wollten und euch helfen konnten. Ich weiß zwar nicht wer du bist, aber du wirst dich von dem Schock in der nächsten Stunde erholt haben“, meinte die freundliche und sanfte Stimme.
Atemu versuchte die Augen aufzuschlagen, konnte aber nur blinzeln. Er sah nur schemenhaft die langen schwarzen Haare und das Gesicht, das sich über ihn gebeugt hatte. Ohne Zweifel, das war ein Mädchen, kaum jünger als er selbst, aber wer?
„Ruh dich noch ein wenig aus, ja? Die Mittagsruhe ist noch nicht vorüber, also kein Grund zur Eile. Das Leben in Hierakonpolis steht noch still.“
„Hmm…“, war alles was Atemu herausbrachte, er spürte, dass ihm die Augen wieder zufielen, doch im letzten Moment nahm er noch die Augen des Mädchens wahr. Hellbraun, wie er es noch nie gesehen hatte. Er könnte schwören, dass sie in der Sonne golden gefunkelt hätten.

„Prinz!“, Manas Stimme drang durch Atemus Schlaf an seine Ohren.
„Mana?“, fragte er unsicher und richtete sich benommen auf.
„Mein Prinz!“, Mana viel ihm um den Hals und drücke ihm vor Freude fast die Luft ab: „Du bist gesund und nicht gefressen! Ich bin so froh! Mahado hat gesagt, dass Karim, Isis und Shada gerade noch rechtzeitig gekommen sind um euch zu helfen. Isis’ Ka hat Euch aus dem Nil gezogen und Shada und Karim haben diese Schlange in die Flucht geschlagen.“ Mana plapperte so schnell, das Atemu ein Problem hatte ihr zu folgen, aber am Ende schaffte er es dann doch.
„Lässt du mich bitte los?“, bat Atemu.
„Entschuldige!“, Mana kniete sich vor ihn und sah ihn an: „Geht es dir wieder gut?“
„Ja. Wie lange hab ich denn geschlafen?“, erkundigte sich Atemu.
„Nicht lang. Zwei Stunden, oder so. Die Mittagsruhe ist gerade zu Ende gegangen. Isis hat schon gesagt, dass es nur ein kleiner Ohnmachtsanfall war.“
„Nur?“, irritiert fuhr Atemu sich durchs Haar und hielt dann inne: „Wer war eigentlich bei mir?“
„Ich!“, lächelte Mana: „Ich bin immer noch da?“
„Nein, vor dir“, wandte Atemu ein.
„Nun… ich weiß nicht. Ich habe Isis vor zehn Minuten abgelöst und davor weiß ich es nicht. Sie war aber nicht lange hier, da sie gebraucht wurde. Trink doch was!“, schlug Mana vor und schnappte sich den Becher mit frischem Wasser, den sie ihrem Prinzen hinhielt.
„Danke Mana“, Atemu trank langsam und dachte nach. Konnte es sein, dass ihm sein Verstand einen Streich gespielt hatte? „Sag mal, gibt es …“ weiter kam er nicht da sich die Türe öffnete.
„Pharao!“, Mahado lächelte erleichtert: „Ein Glück Ihr seid wieder wach. Wie fühlt ihr Euch?“
„Soweit wieder fit“, nickte Atemu und stand auf: „Die Ruhe hat mir gereicht und gut getan.“
„Das freut mich, denn es ist leider nicht möglich die Termine heute
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