Das Glück liegt in Hierakonpolis
End - Heroo 4
Heroo 4
Atemu war eine ganze Weile durch den Garten gelaufen und hatte sich bei mehreren Tempeldienern und Priestern erkundigt, bis er sie endlich gefunden hatte. Man hatte ihm gesagt, dass Akunadin die angehende Priesterin mit dem Jäten der Rosen bestraft hatte. Eine relativ milde Strafe, wenn er bedachte, dass sie sich unerlaubt im Heiligtum aufgehalten und dann auch noch gegen die Order des Wesirs gehandelt hatte. Es war noch immer sehr heiß und es würde sich auch nicht wirklich ankühlen, das würde es sicher nicht einfacher machen, Rosen von Unkraut zu befreien.
Isahra kniete vor dem wohl dichtesten Rosenbüschen die Atemu je gesehen hatte. Neben ihr standen zwei Körbe, einer mit Unkraut, der Andere war mit weißen Rosen gefüllt und einer Roten. Ihre Hände waren unter einem der Büsche verschwunden und ihre Kleider voller Erde.
„Hier steckst du“, sprach Atemu sie lächelnd an.
Isahra sah verdutzt zu ihm auf: „Was machst du denn hier? Ich dachte du bist auf deinem Fest.“
„War ich!“, er ging in die Knie und hob ihr Gesicht an: „Wer verdammt noch mal bist du?“
„Niemand!“, war ihre Antwort, bevor sie sich wieder an das Unkraut machte.
„Das glaub ich dir nicht!“, Atemu seufzte und er sah die Kratzer auf ihren Armen und Beinen: „Was ist denn passiert? Wo hast du…“
„Atemu, lass es, ich bin niemand der dich interessieren muss!“, unterbrach sie ihn und kniff die Augen zusammen.
„Dafür nimmst du dir aber viel heraus!“, stellte Atemu fest: „Du weißt zwar wer ich bin, aber dennoch hast du nicht einmal Prinz, Pharao, Euch oder Ihr gesagt. Du sagst du zu mir. Irgendwie glaub ich nicht, dass du es nur wegen deiner angeborenen Frechheit ist.“
Isahra zuckte bei seinen Worten so heftig zusammen, das sie sich ungeschickt an den Dornen stach: „Mist!“ Sie sah sich den Finger an, aus dem das Blut quoll.
Atemu nahm ihre Hand und ihren blutenden Finger in den Mund. Das Blut schmeckte nicht anders wie seines und warum er so reagierte wusste er auch nicht, doch es fühlte sich richtig an.
Sie starrte ihn hochrot an, konnte sich weder rühren, noch etwas sagen.
„Jetzt sag schon, es macht mich verrückt, es nicht zu wissen.“
„Es sind deine Augen…“, nuschelte Isahra: „Sie… flössen mir Vertrauen ein, darum fehlt es meinen Worten an Respekt. Und das andere… Es liegt an meiner Mutter, an dem wer sie war, dass hab ich dir schon gesagt. Mehr kann ich dir nicht sagen.“
„Meine Augen?“, wiederholte Atemu und musste innerlich grinsen, das Gleiche wie bei ihm.
„Ja, ich hab noch nie solche freundlich und starken Augen gesehen“, entgegnete Isahra und entzog ihm ihre Hände: „Shada hat mir gesagt, dass ich hier weg muss, aber noch nicht wohin. Aber du wirst es nicht erfahren. Akunadin hasst mich wie eine Seuche die alles vernichten kann und mein einziger Schutz ist nicht mehr da.“
„Ich versteh das aber nicht… Was hat dich…“
Isahra hielt ihm den Mund zu, dann küsste sie ihre Finger, die auf seinen Lippen lagen: „Vergiss mich. Akunadin wird dir die Antwort nicht geben, weil er Angst vor deiner Reaktion hat, zu Recht, wenn ich ehrlich bin. Wir werden uns nie wiedersehen, wenn der Tag vorbei ist. Akunadin wird dafür sorgen, glaub mir. Atemu, du musst dich heute für eine Frau entscheiden, die Königin wird, neben dir. Tu mir nur einen Gefallen, nimm eine die Ägypten so liebt wie du selbst. Die Rosen… Shada meinte das jede eine Weiße bekommt und die Auserwählte die Rote.“
Atemu wollte sie festhalten, aber Isahra war schon aufgestanden: „Isa… Liebst du Kemet?“
„Sicher!“, dann war sie hinter einem Busch verschwunden.
Shada stand an einer Säule und sah ihn an: „Ihr hättet Euch nie in sie verlieben dürfen.“
„Das hab ich doch gar nicht!“, widersprach Atemu ihm und hob den Rosenkorb auf.
„Doch!“, der Hohepriester seufzte ergeben: „Isahras Mutter… Nun Wesir Akunadin liebte diese Frau und sie verschmähte ihn. Isahra ist für ihn der Beweis, dass diese Frau einen anderen Mann hatte. Dazu war ihre Mutter, das was ihr schon wisst. Ich bitte Euch, Hohepriester Akunadin wird es nicht dulden sie in seiner Nähe zu haben. Ihr habt auch kein Anrecht auf Isa.“
„Liebst du sie selbst?“, ging Atemu ein Licht auf.
„Ähm…“, Shada schluckte und kratzte sich verlegen am der Glatze.
„Ich hab nicht das Gefühl, als erwiderte sie deine Gefühle, Shada“, stellte Atemu nüchtern fest.
„Nein, das tut sie auch nicht, ich hab es ihr schon gesagt, aber sie lehnte entschieden ab. Wie sie mit Euch eben geredet hat, treibt mir die Eifersucht hoch“, gab Shada zu und senkte den Blick: „Verzeiht mir, dass ich das gesagt habe.“
„Ich kann es dir nicht verbieten, aber ich habe eine Bitte!“, Atemu trat zu ihm.
„Was?!“, Akunadin starrte seinen Neffen an: „Das ist nicht dein Ernst, was hast du dir dabei gedacht? Du kannst dich nicht alle dieser Weiber vor den Kopf stoßen“, er zischte nur halblaut, aber sein Gesicht war puterrot und eine Ader zuckte an seinem Hals.
Atemu hatte es gewagt ausschließlich weiße Rosen an die Gäste zu verteilen. Mit jeder Anwärterin hatte er noch ein kurzes Gespräch gehabt, aber am Ende nur eine weiße Rose für das jeweilige Mädchen erübrigen können.
Dieses Verhalten hatte natürlich für Erregung gesorgt, aber Mana fand das irgendwie sehr lustig. Immerhin hatten diese höheren Töchter damit gerechnet zumindest in den Harem aufgenommen zu werden und dass eine von ihnen Große Königliche Gemahlin werden würde, aber nun sah es so aus, als würden sie alle wieder nach Hause geschickt werden.
„Mein Prinz…“, Mahado sah Atemu fragend an: „Bitte erklärt es uns und Euren Gästen.“
Atemu hob die Hand und alles wurde still: „Es tut mir leid, aber ich leider muss ich zu sagen, dass keine von euch den wichtigsten Anspruch erfüllt um Königin zu werden. Ich habe mich mit Euch allen unterhalten, aber das Erste was ihr mir sagtet, war was ihr besitzt und an Reichtümern mitbringt. Euch allen sind Reichtümer und Spaß wichtiger, als das Wohl meines Volkes. Ich habe wissen wollen, was ihr mitbringt und ob ihr das Land achtet. Nicht eine konnte mich davon überzeugen, dass es so ist. Bescheidenheit ist euch allen ein Fremdwort und ich verzichte gerne auf eure Mitgift und damit auf das Gift das ihr untereinander verspritzt habt. Aber ich bin der Ansicht, dass eure Herzen verblendet sind, von dem Gold, das ihr besitzt.“
Akunadin riss die Augen auf und versuchte mit Gesten Atemu zum Schweigen zu bringen. Er fuchtelte verzweifelt mit den Händen und fuhr mit der Handkante an seinem Hals vorbei.
Seth, Mahado, Isis, Karim und Mana standen zusammen und verstanden ebenfalls nicht, was in Atemu gefahren war. Er provozierte einen Krieg mit vielen Ländern, aber Unrecht hatte er nicht.
Diese ganzen höheren Töchter waren so in sich selbst verliebt, dass sie die Diener, Priester und andere die niedriger als im Range eines Hohenpriesters standen abfällig ansahen. Nur ein kleiner Teil versuchte sich nicht derart zur profilieren dass es in einen offenen Wettkampf ausartete.
Atemu wusste jetzt, warum es nur selten zu einer Brautschau kam, sondern einfach entschieden wurde wer mit wem verheiratet werden sollte. Sicher war diese Anordnung dann auch nur mit der Zustimmung der Betroffenen in die Tat umzusetzen. Niemals würde ein Vater seine Tochter verheiraten wenn die den Mann, den der Vater ausgesucht hatte, nicht lieben würde. Und die Männer entschieden sowie selbst, wem sie einen Antrag machen wollten.
Gut, keine hier war hässlich oder würde eine schlechte Figur auf dem Thron der Ersten Königlichen Gemahlin abgeben, aber nicht mal die Politik konnte ihn dazu bewegen sich eine dieser verwöhnten und selbstgefälligen Weibern als Frau zu nehmen.
„Bist du verrückt?“, zischte Akunadin seinem Neffen zu, nachdem er sich durch die verwirrten und aufgebrachten Mädchen und Frauen gekämpft hatte.
Atemu neigte den Kopf zur Seite: „Nein, bin ich nicht. Aber ich hab andere Pläne, das ist alles. Diese Frauen hier sind nur hier, weil sie eine Krone auf dem Kopf wollen. Macht und Reichtum, aber nicht mal das schönste Gesicht ist es mir wert, dieses Risiko einzugehen.“
„Atemu…“, der Wesir sah sich hilfesuchend um, aber von den Hohepriestern war keine Hilfe zu erwarten. Sie alle versuchten die Gäste zu beruhigen oder Erklärungen abzugeben, denn Atemu hatte es ihnen schon angedeutet hatte, aber nicht gesagt was er genau zu tun gedenke. Sie waren ihm nicht böse oder verstanden es nicht, denn auch sie hatten den gleichen Eindruck wie ihr Prinz bekommen, als sie sich mit den Damen unterhalten wollten.
„Ich habe mich entschieden“, Atemu fixierte ihn: „Sag mir warum du Isahra von mir fernhältst.“
Akunadin wich zurück: „Ihre Eltern, das muss dir reichen.“
„Trotzdem soll sie über Ägypten, für mich arbeiten, oder? Ich glaub dir nicht, dass du sie wegen ihrer Eltern verurteilst. Ich hab erfahren, dass du ihre Mutter selbst wolltest, aber das kann nicht alles sein. Wer ist sie wirklich?“
„Mein Prinz!“, Shada nickte ihm zu, er war gerade gekommen: „Ihr könnt nur hoffen.“
„Danke!“, Atemu verstand was Shada ihm sagen wollte. Er hatte ihn einem Auftrag geben und das war wohl oder übel das Ergebnis. Jetzt bohrten sich seine Augen in die seines Onkel: „Und?“
Akunadin biss sich auf die Unterlippe. Dieser Ausdruck in den Augen seines Neffen gefiel ihm nicht. Es würde kaum noch einen Unterschied machen, nicht jetzt, da er diesem Mädchen begegnet war. Versuchen musste er es dennoch: „Sie ist niemand, der dich interessieren sollte.“
Atemu hob eine Augenbraue „Wie du meinst“, sagte er entschlossen.
Er stand am Fenster und sah der Sonne zu, die hatte eben den Horizont berührt und er Himmel begann sich Gold, Rot, Orange und Lila zu färben. Eine Ruhe hatte sich über Hierakonpolis gelegt die etwas