Fanfic: Verbrannte Erde

Untertitel: Geschichten von der Endzeit

Kapitel: Mutters Klagelied

Ich sterbe. Gemordet von meinen eigenen Kindern. Es ist ein langsamer, qualvoller Tod. Aber meine Schreie verhallen ungehört in der Dunkelheit.

Meine Kinder haben mit der Zeit vergessen mir zuzuhören, meiner Stimme zu lauschen. Dabei könnte ich ihnen noch soviel erzählen. Auch wenn mir nicht mehr viel Zeit bleibt.
Sie schweigen es tot. Wollen es nicht sehen, nicht hören und nicht darüber sprechen. Keiner will es wahrhaben. Die Mächtigen unter euch wollen es nicht zugeben. All die Fehler, die sie begangen haben und immer noch begehen. Sie werden einfach unter den Teppich gekehrt.

Niemand kann sich mehr daran erinnern. Niemand, außer mir.
Ich habe gesehen, wie ihr eure ersten Schritte in dieser neuen, völlig unbekannten Welt gemacht habt.
Mit großen Augen, voller Wissbegier seid ihr euren eigenen Weg gegangen, habt euch weiterentwickelt.

Es ist wahr, ihr habt viel Schreckliches erlebt. Unzählige Kriege und Katastrophen habt ihr überstanden. Aber immer wieder habt ihr euch aufgerappelt, nach vorn geschaut, ungeachtet dessen, was hinter euch lag.
Aber nun... Anstatt einander zu helfen, bringt ihr euch gegenseitig um! Was soll das? Ihr seid doch Schwestern und Brüder! Eine Familie! So etwas darf nicht geschehen! Wacht doch endlich auf!
Aber mein Flehen verhallt in der Nacht.

Gemessen an meinem Leben, ist das eure nur ein Wimpernschlag. Vielleicht wollt ihr es deswegen nicht wahrhaben. Denkt ihr, wenn ihr erst einmal gegangen seid, gehe ich euch nichts mehr an? Ich bin eure Mutter! Ich brachte euch hervor. Euch und noch so viele andere. Die Fähigkeit, logisch zu denken und sich anzupassen brachte euch viele Vorteile gegenüber euren Schwestern und Brüdern ein. Fangt doch endlich an, eure Gaben richtig einzusetzen.
Aber niemand erhört mein Gebet.

Vielleicht schafft ihr es ja, ein Heilmittel für eure kranke Mutter zu finden.
Gegen das Gift, das sich in meinen Körper frisst. Langsam und schleichend.
Gegen die schmutzige Luft, die uns alle zu ersticken droht. Qualvoll und schmerzhaft.
Gegen die eigene Dummheit, die eure Gedanken vernebelt. Wie süßer Wein.
Ich hatte doch vorgesorgt. Gegen jegliche Krankheit, jegliches Leid hatte ich Medizin für euch. Aber ihr wart blind, wolltet meine Geschenke nicht erkennen.

Immer wieder schicke ich euch Warnungen. Doch nur noch wenige verstehen sie.
Könnt ihr mich denn nicht mehr hören? Ich spreche doch mit euch. Tagtäglich. Ihr müsst nur hinhören.
Meine Stimme ist der Wind.
Meine Tränen sind der Regen.
Mein Lachen, die plätschernden Bäche.
Mein Zorn, das Grollen des Donners, die zuckenden Blitze, das tosende Meer.
Oder... habt ihr es etwa verlernt? Verlernt, der Stimme eurer Mutter zu lauschen?

Begreift ihr es nun? Ihr, meine jüngsten Kinder, werdet mein Verderben sein. Aber ich liebe euch; bis zu letzt. So sehr, wie nur eine Mutter lieben kann.

Meine Lebensspanne neigt sich ihrem Ende zu. Ich habe unsägliche Schmerzen.

Jedoch meine Schreie bleiben ungehört.
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