Er konnte es selbst kaum glauben, er war nervös…
Die anderen Marauder hätten ihn vermutlich ausgelacht, wenn sie es wüssten! James Potter hatte Angst vor etwas, hatte schwitzende Hände und zitternde Knie – einfach lächerlich.
Und doch, wer wäre nicht nervös, wenn er eine Verabredung mit diesem elfenhaften Geschöpf hätte? Lily Evans… Er hatte von diesem Moment so lange geträumt, seit er sie das erste Mal gesehen hatte.
Es schien so lange her zu sein, als sie auf dem Bahnsteig in Hogsmeade stand, ihr rotes Haar wehte im Wind und ihre unergründlichen grünen Augen funkelten.
Ihm war durchaus klar, dass er schnulzig klang – ein absolute Todsünde für jeden Marauder – aber so war das eben, wenn man verliebt war! Er wollte es hinaus schreiben, er wollte die Welt umarmen und jeden Passanten küssen.
Vielleicht keine gute Idee, angesichts der Tatsache, dass Hogsmeade an diesem Tag voller alter Hexen, Slytherins und Lehrer war…
„Keine Panik, du schaffst das schon!“ Sirius klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, Remus nickte zustimmend und Nojiko strahlte über das ganze Gesicht.
Ja, er würde das hinkriegen, er war schließlich James Potter, der charmanteste Junge von ganz Hogwarts!

Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als sie in den Drei Besen auf ihn wartete. Würde er kommen oder sie versetzen? Was sollte sie erwarten? Er war doch James Potter, der Schulbekannte Casanova, er war sogar schlimmer als Black!
Was machte sie überhaupt hier? Lily Evans widerstand dem Drang aufzuspringen und das Lokal fluchtartig zu verlassen. Sie hatte diesem Date zugestimmt und sie stand immer zu ihrem Wort!
Bei dem Gedanken an ihr Date trat ein verträumter Ausdruck in die grünen Augen, die sonst stets aufgeweckt funkelten. Er war einfach… Wie sollte man James beschrieben? Man musste ihn erlebt haben! Sicher hatte er auch seine negativen Eigenschaften, er war arrogant und kindisch, doch in letzter Zeit hatte sie gelernt, dass er noch viel mehr war.
Er stand zu dem was er tat, für seine Freunde würde er alles riskieren. Kurz gesagt, hinter der oberflächlichen, arroganten Fassade steckte ein sehr interessanter Mensch!

Da saß sie, schön wie immer! Sie hatte ihr Haar mit einem weißen Band zurück gebunden, das perfekt zu ihrem schneeweißen Pulli passte. Er konnte sein Glück immer noch kaum fassen, sie hatte wirklich eingewilligt mit ihm auszugehen.
Er atmete ein letztes Mal tief durch und ging zu ihrem Tisch hinüber.
„Ähm… Hallo, Lily!“
Sehr originell, wirklich! Schalt er sich und zwang sich zu einem Lächeln, das locker und fröhlich aussehen sollte.
Er war nervös? Das war ungewöhnlich, doch es beruhigte sie merkwürdigerweise.
Lily war also nicht die einzige, die sich komisch vorkam! Sein Lächeln… Na ja, es war mehr eine gequälte Grimasse brachte sie zum Schmunzeln.
„Hi, setz dich doch. Ich habe schon bestellt, ich hoffe das ist in Ordnung.“
Sie strich sich nervös durch ihr Haar und fragte sich zum hundertsten Mal an diesem Tag, warum sie eigentlich hier war.
Peinliches Schwiegen trat ein, keine wusste, was er sagen sollte. Lily starrte auf den Tisch, während James bemüht entspannt mit einem Untersetzer spielte.

Er musste diese Stille durchbrechen, die war ja wirklich nicht mehr zum Aushalten. Aber was sollte er ihr erzählen?
Merkwürdig, er war mit vielen Mädchen ausgegangen und er hatte nie ein Problem gehabt. Was hatte ihm Nojiko geraten? Mach ihr Komplimente! Sie war Lilys beste Freundin, die musste es ja wissen.
Nur was sollte er sagen? Es durfte nicht zu bedeutungsvoll sein, aber auch nicht zu banal! Wären sie jetzt in einem Liebesfilm, würde die Welt um sie herum stehen bleiben und ihrer Lippen würden sich einander unaufhaltsam nähern…
„Du… du siehst heute wirklich toll aus. Nicht, dass du sonst nicht gut aussehen würdest, aber heuet bist du besonders schön.“ James lächelte unbeholfen und verdrehte innerlich die Augen über seine plötzliche Schüchternheit.

Lily musste lachen, dass war wirklich einmal eine neue Seite an James! Doch sie gefiel ihr, sie gefiel ihr sogar sehr gut!
„Danke, du auch Krone. So nennen dich deine Freunde doch, oder?“
Natürlich wusste sie, was die Spitznamen bedeuteten, die Marauder hatten sie vor nicht allzu langer Zeit eingeweiht. Aber über irgendetwas musste sie ja mit ihm sprechen!
„Ja, richtig… Das war Sirius Idee!“
War er verlegen? Nun, sicher nicht mehr als sie bei seinem Kompliment. Sie konnte nur hoffen, dass er die Röte auf ihren Wangen nicht bemerkt hatte – wie peinlich!

Ihre Augen sahen ihn nun aufmerksam an, sie glitzerten in dem dämmrigen Licht geheimnisvoll und nahmen James mehr denn ja für sich ein.
Er könnte in ihnen versinken, wenn sie ihn nur ließe!
Der Kellner brachte zwei Butterbier, er könnte jetzt eher Feuerwhiskey gebrauchen…
„Was denkst du, gewinnen wir das nächste Spiel gegen Ravenclaw?“
Quidditch, endlich ein Thema, mit dem er etwas anfangen konnte! James lächelte souverän und nickte enthusiastisch.

Quidditch interessierte Lily zwar nicht sonderlich, aber es hatte das Eis gebrochen. Sie unterhielten sich über alles und jeden, nie hätte sie geglaubt, dass man mit James Potter so gut reden könnte!
Sogar seine Witze, die sie früher für kindisch und albern gehalten hatte, waren lustig.
Der Tag ging für ihren Geschmack viel zu schnell vorbei und als es Zeit wurde, wieder nah Hogwarts zu gehen, gingen sie Arm in Arm.
Lily musste sich anstrengen nicht breit zu grinsen, sie war einfach zu glücklich. In ihrem Bauch flatterten ganze Schmetterling Schwärme!
Die anderen Mädchen warfen ihr eifersüchtige Blicke zu, als sie gemeinsam mit James zu dem Schloss zurückging, aber er schien sie gar nicht zu sehen – nein, er hatte nur Augen für sie.

Er konnte sein Glück kaum fassen, er hatte es geschafft, sie mochte ihn! Oder nicht? Vielleicht war sie nur höflich?
Nein, ihr Lachen war ehrlich, genau wie ihr sanfter Blick, mit dem sie ihn immer wieder bedachte.
Sie waren schon vor dem Gemeinschaftsraum angekommen, viel zu schnell seiner Meinung nach.
Lily war die Frau seines Lebens, jetzt war er endgültig davon überzeugt und nichts konnte ihn je wieder davon abbringen!
Aber sah sie es genauso? Mochte sie ihn wirklich? Er beschloss alles auf eine Karte zu setzen…
„Sag mal, hättest du nicht Lust noch einmal mit mir auszugehen?“
Jetzt lag es an ihr, sie heilt alle Fäden in der Hand! Wenn sie jetzt nein sagte…

Er hatte sie tatsächlich gefragt! Ein strahlendes Lächeln erschien auf ihren Lippen.
„Ja, aber sicher!“
Oh nein, das klang viel zu begeistert. Sollte man Jungs nicht immer die Unnahbare vorspielen? Jetzt war es ohnehin zu spät!
„Ehrlich? Dann hole ich dich morgen um acht ab.“
Aber morgen war doch Schule? Egal, sie verwarf den Gedanken gleich wieder und nickte.
Was sollte sie jetzt tun? Die beiden standen immer noch unschlüssig vor dem Portrait und überlegten fieberhaft, wie sie noch ein bisschen mehr Zeit miteinander verbringen konnten.
Plötzlich beugte er sich leicht vor, sollte sie darauf eingehen?

James konnte es kaum glauben, sie schloss die Augen… Ein unergründliches Lächeln lag auf den weichen, wunderschönen Lippen.
Endlich, nach so vielen Jahren würde er sie küssen! Ebenfalls lächelnd machte er einen kleinen Schritt, so dass er direkt vor ihr stand.
Gleich war es soweit…
„Ich will ja nicht stören, aber…“
James fuhr herum und sah seinen besten Freund böse an! Sirius grinste unschuldig, aber das Funkeln in seinen grauen Augen verriet ihn. Das war also Absicht gewesen, er hatte den Moment ganz genau abgepasst. Wenn er den in seine Finger kriegen würde…
„Entschuldige mich Lily, ich muss mal kurz Padfoot umbringen. Bin bald wieder da!“
Wie aufs Stichwort war Sirius weggerannt und James setzt ihm so schnell er konnte nach. Dieses Mal kam er nicht so leicht davon…

Lily blieb für einen Moment unschlüssig stehen, als James einfach wegrannte. Manchmal könnte sie seine idiotischen Freunde…
Aber dann sah sie Nell, was sie etwas milder stimmte. Sie würde einen ausführlichen Bericht erwarten und den würde sie jetzt auch bekommen!
Lily betrat den Gemeinschaftsraum und setzte sich neben ihre Freundin, ein verträumtes Lächeln auf den Lippen.
„Ich nehme an, dass Date war ein Erfolg?“
Wenn die wüsste… Morgen würde sie ihn wieder sehen und wenn es nach Lily ging, dann würden sie das für den Rest ihres Lebens jeden Tag wiederholen…

THE END