Briefe
Ran und Shinichi
Ein allerletzter Brief
Lange Zeit traute sich Ran nicht ihren Brief in den Briefkasten der Kudos zu werfen. Innerlich verzweifelte sie schon daran und sie wünschte sich manchmal den kleinen Conan wieder zurück. Er war so unbeschwert und hatte ihr in solchen Momenten Hilfe gegeben. Immer wusste er, was sie gerade tun wollte und auch was Shinichi anschließend drüber denken würde, kein Wunder, die Beiden war schließlich ein und die Selbe Person gewesen. Nachdenklich und teilweise auch unglücklich steckte Ran schließlich den Brief ein. Nachdem dieser allerdings im kleinen eckigen Kasten landete wurde das Mädchen verzweifelt. Nun fand sie, dass es doch keine so gute Idee gewesen war, schnell versuchte sie noch diesen herauszufischen, was ihr definitiv nicht gelang. Egal was sie machen würde, sie würde es nicht schaffen den kleinen Brief aus dem Kasten heraus zu kriegen. Es war wohl Schicksal gewesen, das Werk Gottes. Bei diesen Gedanken musste Ran erschaudern. Reichte es nicht schon, dass sie erfahren hatte, dass ihr Idol, Sharon Vineyard, für diese mysteriöse Organisation gearbeitet hatte? Nun erinnerte sie sich auch wieder an dessen Worte Ist das nur so ein Spruch oder glaubst du, dass es einen Gott gibt. Wenn es wirklich so etwas gäbe wie einen Gott, dann müssten doch wohl alle Menschen, die sich bemühen, in ihrem Leben Gutes zu tun, glücklich sein oder nicht? Das ist aber nicht so, ich bin in meinem ganzen Leben von keinem Engel angelächelt worden...Es gibt keinen Gott, sonst hätte er nicht zu gelassen, dass sich der Retter verletzt denken. Die ganze Zeit über hatte sie diese Sätze in ihrem Gehörgang vernommen, immer noch in der Gleichen Lautstärke, wie Sharon sie damals sprach.
„Warum nur...“, murmelte Ran leise. Sie wirkte etwas niedergeschlagen und machte sich, in dem Moment wo Shinichi aus dem Haus kam, auf den Heimweg.
„Ran“, Shinichi streckte seine Hand nach vorne aus. Er wusste, dass er sie nicht fassen könnte, aber er hatte es dennoch versucht, es war ein Reflex gewesen, ein Versuch. Sein Blick wurde an den Briefkasten gelenkt, wo seine Freundin zuvor gestanden hatte, weswegen er ohne zu Zögern auf diesen zuging, ihn öffnete und den Brief von ihr fand.
„Ach Ran, es tut mir so Leid“, sagte Shinichi schon zu sich selber. Er wünschte sich, dass das Mädchen neben ihm wäre, er wünschte sich, dass er es ihr persönlich sagen könnte. Mit jedem Mal, wo er Ran traurig sah, brach er innerlich zusammen, mit jedem Mal ging es ihm nur noch schlechter....
Liebe Ran,
dies wird der letzte Brief an dich sein. Einen weiteren werde ich nicht mehr zustande kriegen.
Es tut mir Leid, was ich dir angetan hab. Ich kann nur beteuern, dass ich es gerne rückgängig machen würde, wenn es nur ginge. Oft habe ich mich gefragt, was damals passiert wäre, wenn ich im Tropical Land nicht diesem Mann hinter her gegangen wäre. Ich glaube, alles wäre beim Alten geblieben und wir würden weiterhin ganz normale Dinge miteinander machen, wir würden Spaß haben und ich würde dir mal wieder von meinen Fällen, aber auch von Sherlock Holmes, erzählen, alles wäre wie immer normal.
Ran, ich weiß wie schlimm es für dich war. Für mich war es auch schlimm, ich würde sogar an dieser Stelle behaupten, dass es noch schlimmer war als für dich. Ich hab jedes Mal gelitten, als ich dich weinen sah, als ich dich leiden sah und als ich dich so verletzlich und zerbrechlich sah. Ich wollte dich immer nur in den Arm nehmen, dich trösten und dir sagen, dass ich doch bei dir bin. Die ganze Zeit über wollte ich es dir sagen, doch die Konsequenzen für dich wären enorm gewesen. Ich konnte es einfach nicht übers Herz bringen, aber genau so, konnte mein Herz dich nicht mehr leiden sehen. Glaub mir, hätte es damals eine Möglichkeit gegeben, dich in alles einzuweihen, ich hätte es getan.
Es ist wahr, Sharon gehörte zu ihnen, ich kann dir nicht sagen, dass ich mich irre. Es ist die Wahrheit und du weißt doch 'Es gibt immer nur eine Wahrheit' auch wenn sie für viele Menschen schwer zu begreifen ist, diese eine Wahrheit existiert nur. Ich hab versucht dir zu verschweigen, dass Sharon mit denen zusammen arbeitet und auch dass sie noch lebt. Ich dachte, es wäre einfach leichter für dich, wenn du dies glauben würdest. Egal was du nun über dein Idol denkst, sie hätte nicht zu gelassen, dass du in Gefahr kommst. Erst später habe ich vom FBI erfahren, warum dies der Fall war, du warst ihr 'Angel' und ich wurde von ihr als 'Cool Guy' bezeichnet. Damals, seid sie uns Beide in New York getroffen hatte, war sie dankbar gewesen. Sharon merkte, dass es doch Engel gab und das du ebenfalls einer bist, wo ich ihr überhaupt nicht widersprechen kann. Du solltest Sharon weiterhin als dein Idol sehen, als einen Menschen der für die Schauspielerei lebte, jemanden dem du vertrautest. Auch, wenn ich gegen sie arbeiten musste und versuchen musste über sie und ihren Boss an die Organisation zu kommen, will ich nicht, dass du sie meinetwegen hasst. Du hast sie ganz anders kennen gelernt als ich damals und diese Gedanken solltest du weiterhin beibehalten.
Ich weiß, wie es für dich ist. Ich selber hatte auch schon gar nicht mehr damit gerechnet, dass ich je wieder ich selbst sein kann, aber ich hatte Glück und mir konnte geholfen werden. Ich bin so froh, dass alles gut ging, so froh, dass ich wieder als normaler Teenager leben kann. Aber was ist schon normal? Mein Leben ist es sicher nicht mehr, nicht nachdem was alles passiert war, nicht nachdem ich dir so sehr weh getan habe.
Ran, sag mir, wenn ich dir damals gesagt hätte, ich sei Shinichi, was hättest du in dem Augenblick gedacht? Was hättest du getan?
Ich glaube, du hättest es nicht verstanden, hättest dich vielleicht sogar in deinem Zimmer versteckt, mir nicht geglaubt und mit der Zeit hättest du das alles dann doch verstanden. Ich kann mir gut vorstellen, dass du mit dem ganzen nicht klar gekommen wärst, du würdest anfangen die Organisation, für das was sie getan hat, zu hassen und vielleicht sogar deswegen in ihre Schussbahn gelangen. Das musste ich verhindern. Ich wollte nicht, dass du zu einem Menschen wirst, der anfängt Andere zu hassen, für die Dinge die sie getan haben und ich wollte nicht, dass du jeden Tag daran erinnert wirst, was mir passiert ist.
Es reichte mir schon, wenn ich gesehen hatte, wie es dir ging, als ich nicht da war, aber es wäre schlimmer für dich gewesen, wenn du mich jeden Tag, mit dem Wissen, dass ich Shinichi bin, angesehen hättest. So hätte ich dich alleine durch meine bloße Anwesenheit schon zum Weinen gebracht und dir so viel Leid beschert.
Auch wenn du es nicht verstehen wirst, ich bin froh, dass ich dir doch nichts gesagt hatte, da ich so, das viele Leid von dir fernhalten konnte. Es war einfach besser für mich gewesen, dass ich deinen Blick nicht ertragen musste, jenen Blick der die ganze Trauer ausdrückte, die du in dem Moment empfandest. Glaub mir, es war einfach besser für dich gewesen und als du nicht wusstest, wo ich die ganze Zeit über war, war es auch leichter für dich. Du hattest Hoffnung gehabt, dass ich bald wieder zu dir zurück kommen würde, diese Hoffnung konnte ich dir einfach nicht nehmen. Hätte ich dir gesagt, dass Conan und Shinichi die Selbe Person sind, dann wäre deine Hoffnung auf meine Rückkehr mit einem augenzwinkern verloren gegangen.
Aus diesem Grund hab ich auch alle, die wussten, wer ich wirklich bin, gebeten dir nichts zu sagen. Uns allen fiel es schwer, die Wahrheit vor dir verborgen zu halten, aber wenn du darüber nachdenkst, dann findest du es doch auch besser so. Du wolltest doch sicher nicht jeden morgen die Augen aufschlagen und daran denken, dass ich im Zimmer nebenan als Grundschüler schlafen. Nein, das würdest du definitiv nicht durchstehen. Auch wenn du immer vor allen deine Stärke und deinen Mut zeigtest, du bist in deinem Inneren anders. Du bist verletzlich und wärst daran zu Grunde gegangen.
Bitte glaub mir, ich wollte dir das alles lieber persönlich sagen, aber ich konnte mich einfach damals nicht dazu durch dringen. Ich hatte Angst und es war nicht das erste Mal. Immer wenn du in einem Fall verwickelt warst, immer dann hatte ich Angst um dich gehabt. Du bist und bleibst einfach das Wichtigste in meinem Leben, wenn du auch nur in Gefahr wärst, ich würde mein Leben für dich geben, damit du aus der Gefahr heraus kommst, das weißt du auch Ran.
Ich gebe zu, es war ein Fehler von mir gewesen, zu denken, ich könnte alles alleine schaffen und alleine die Konsequenzen für meine Handlungen übernehmen, nun merke ich aber, dass es nicht so ist.
Du hast Recht, ich bin ein Detektiv und ich habe das getan, was ich so sehr verabscheute. Ich habe gelogen und mich immer weiter in diesen verstrickt. Ich dachte, nur so könnte ich das alles schaffen, nur so dich schützen. Ich weiß, ich wiederhole mich, aber für alles was ich je getan habe, warst du mein Grund. Ich kann mir schon denken was du dir gerade sagst. Du bist nahe dabei auszurasten, weil ich dich als Grund vorgeschoben habe, aber es ist nun einmal so, ich hab für dich gehandelt, damit du wenigstens glücklich sein kannst.
Ran, ich hab Angst, ich hab Angst dir unter die Augen zu treten und abermals deinen Schmerz in diesen zu lesen. Ich möchte dich nicht so leiden sehen, wenn du mich siehst und ich habe Angst vor dem, was du mir zu sagen hast. Und dennoch, dennoch traue ich mich. Ich traue mich und werde dir unter die Augen treten um dir nur eine Sache zu sagen.
Wie du sicher schon bemerkt hast, nähert sich der Brief dem Ende und deswegen werde ich hier und jetzt damit Schluss machen...
Abrupt hörte der Brief genau an dieser Stelle auf, außer den paar Punkten am Ende war nichts mehr da gewesen. Weder eine weitere Seite, noch ein letzter Gruß oder eine Unterschrift von ihm. Schluss machen, immer wieder hämmerte das Wort gegen Rans Ohren. Immer wieder meinte sie, dass Wort zu