Shadownight

- Liebe durch den Tod -

Dämon 1.0

Ian…

Ich wurde geboren um zu töten.
Um zu töten wurde ich geboren.

Das war in zwei Sätzen meine Lebensbestimmung.
Eigentlich nicht nur die meinige, sondern die aller Dämonen – außer ein paar Freaks, wie die Menschen ihre Sonderlinge bezeichneten – die versuchten die Lust zu töten zu unterdrücken, um ein ganz normales Leben unter diesen hilflosen, erbärmlichen und über alle Maßen verabscheuungswürdigen Kreaturen führen zu können.

Ich seufzte leise.
Der Wind strich durch mein schwarzes Haar und zerzauste es dabei. Einzelne Strähnen hingen mir in die Augen. Die Farben der Iris betrugen schwarz. Pechschwarz, sodass man nicht einmal die Pupillen erkennen konnte. Das machte den Menschen wohl am meisten Angst an uns.
Ich saß auf dem dicken Ast eines Baumes, genoss die Mondstrahlen, die auf meine blasse Haut auftrafen und sie milchig wirken ließ, hatte das rechte Bein leicht angewinkelt und das andere hing hinunter in die Tiefe. Meinen schwarzen Mantel hatte ich lässig auf einen kleinen Ast in meiner Reichweite geworfen.
Ich trug ein schwarzes Hemd, dessen lange Ärmel ich bis zum Ellbogen hochgekrempelt hatte. Ein fingerloser schwarzer Lederhandschuh zierte meine rechte Hand, in der ich einen roten Apfel hielt. Und ich trug eine schwarze Hose.
Um meinen linken Oberschenkel schmiegte sich ein Kettenring, an dem noch ein Stück von einer Kette befestigt war, die etwa bis zum Knie hing und dessen Ende wiederum an den Ring angeschweißt war.
Ich warf den Apfel von einer Hand zur anderen in einer geraden waagrechten Linie.
„3…2…1…“, murmelte ich leise, augenverdrehend.
Blitzschnell ließ ich mich zur Seite fallen.
Ein schwarzer Schatten, sprang über den Ast hinweg und landete mit einem dumpfen Knall in einem Dornengestrüpp.
„Au!“
Ich hing mit einer Hand am Ast, den Apfel in der anderen. Mit einem Schwung, den ich mir mit den Beinen verschaffte, saß ich wieder darauf und blickte in die Dunkelheit hinab.
Unter mir befreite sich ein Junge mit strohblondem Haar aus den Dornen. Seine Kleidung war nun zerrissen. Sie war mal schneeweiß gewesen, jetzt aber von Grasflecken und Schmutz überzogen.
„Ich war wohl ein bisschen laut, nicht wahr?“, meinte er verlegen zu mir.
„Nur wie ein Elefant, der versucht sich in einem Porzellanladen zu bewegen“, erwiderte ich kühl.
„Ich bin besser geworden“, protestierte nun Soul aufgebracht dagegen.
Ich verdrehte genervt die Augen. „Letztes Mal waren es auch noch 2 Elefanten in einem Porzellanladen.“
Mit einem knackenden Geräusch hatte ich ein Stück aus dem Apfel abgebissen.
Soul sprang zu mir hoch und schwieg.
„Ich habe dein Training noch nicht beendet“, meinte ich, sah den Jungen dabei nicht an.
„Mir doch egal“, erwiderte Soul frech.
Ich gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, wobei er nach vorne kippte und vom Ast geigte, aber unverletzt und geschickt auf seinen Füßen landete.
„Wofür war die jetzt, Ian?“, fragte er wütend.
Als ob er nicht wüsste, warum. Genervt seufzte ich und erklärte: „Dafür, dass du frech und faul bist! Deine Mutter wird sehr enttäuscht von dir sein, wenn ich ihr erzähle, was sie da für einen Loser in die Welt gesetzt hat!“
Lässig warf ich den Apfel – jedenfalls was davon noch übrig war – in einen Dornbusch. Ich erhob mich, nahm meinen ebenfalls schwarzen Mantel und schlüpfte hinein. Sprang hinunter und landete neben Soul in der Hocke. Langsam richtete ich mich auf.
„Du erzählst nicht wirklich Mutter davon, oder?“ Die Stimme des Jungen war einen Tick heller geworden.
Ich legte eine Hand auf den Kopf des Jungen und wuschelte durch seine blonden Haare.
„Geh nach Hause“, sagte ich nur, wobei sich ein Mundwinkel zu einem schiefen Lächeln verzogen hatte, das aber gleich darauf wieder verschwand. Ich schritt davon und verschwand in den Schatten der Nacht. Kopfschüttelnd blickte mir der Sohn meiner Schwester nach.

Die Stadt war um diese Zeit wie ausgestorben, keine Menschenseele auf der Straße, nicht einmal ein Auto war um diese Zeit noch unterwegs. Etwas ungeduldig, knirschte ich mit den Zähnen. Ich hasste es zutiefst, wenn ich meine Mordlust nicht befriedigen konnte.
Ich lauschte auf Geräusche.
Tapp, Tapp, Tapp.
Meine Schritte.
Ich blieb stehen, und sah an einem Haus hoch, genauer zu einem Fenster. Für einen Menschen war es unmöglich zu hören, was darin vorging, für mich aber…
Das war offensichtlich ein Schlafzimmer und bei diesen Lauten, die ich hörte, war nicht schwer zu erraten, was dort oben abging.
Ich ging weiter.
Etwas vibrierte an der Innenseite meines Mantels. Wir fanden diese Dinger äußerst praktisch zur Verständigung. Vor allem waren sie sehr unauffällig und sicher, wenn man sich einen gemeinsamen Treffpunkt wählte. Man wusste ja nie, ob gerade ein Vampir in der Nähe war, obwohl wir das schon Meilenweit vorher gerochen hätten.
Ich zog das edle Gerät, das die Menschen Handy nannten aus der Tasche und sah, wer mich anrief. Meine Schwester.
„Ian, oh Ian!“, sie weinte bitter.
„Ich weiß, wie ich heiße, Leilan. Komm zur Sache“, meinte ich ruhig.
Meine Schwester schluchzte und brauchte mehrere Anläufe um zwei Wörter über ihre Lippen zu bringen. „V-Vampire, Soul“
Ich blieb schlagartig stehen.
Ich hörte jemanden im Hintergrund.
„Komm nicht-“
Ein Schrei, ein lautes Knurren, ich konnte einen Kampf mit anhören.
Dann war die Leitung unterbrochen.
Piep. Piep. Piep.
Ich fluchte, machte auf dem Absatz kehrt und rannte los. Verwandelte mich in eine schnelle schwarze Raubkatze und jagte davon. Zurück in die Unterwelt. In die eigentliche Heimat der Dämonen.

Die Hölle war kein Ort für Wesen mit schwachen Nerven. Dunkelheit beherrscht das Land. Schwarze Gräser, Bäume und Flüsse, deren sonst klare Flüssigkeit hier blutrot war, durchzogen das Land. Blut von unseren Opfern…
Eine Sonne wie in der realen Welt existiert hier nicht. Wir besitzen nur einen schwarzen Mond, der aber nur dämmriges bis mäßiges Licht spendet. Wir waren Geschöpfe der Dunkelheit. Es gab nur wenige unter uns, die sich nach dem hellen Licht der Sonne sehnten.
Ich hatte gehört, dass Menschen sich die Hölle mit Feuer und unerträglicher Hitze vorstellten. Ich konnte darüber nur den Kopf schütteln. Das war alles nur Mythos. Genauso wie es Mythos war, dass wir Dämonen Hörner trugen und blutrote Augen hatten, sowie hässliche Gestalten waren.
Unsere Nahrungsgewohnheiten reichen von Obst bis zu Menschenfleisch und von Blut bis zu Wein. Wasser vertragen wir nicht. Es ist rein. Reinheit lässt unsere Körper verbrennen.
Die meisten unserer Art bevorzugen Blut, weshalb es doppelt nützt, wenn man gerade wieder Mordlust hat. Es gibt nur ein Problem. Vampire. Sie stehlen uns das Blut, weshalb wir doppelt morden müssen. Wodurch wir in der Menschenwelt auffallen.
Oder wie sie es nennen „Massenmörder gehen um“
Wie man in die Hölle kommt?
Durch ein Portal, das nur Dämonen heraufbeschwören können.

Ich lief über dichtes, stachliges schwarzes Gras. Schwarze Bäume säumten meinen Weg, die an mir vorbeirauschten, wie eine schwarze Wand, mit der ich langsam verschmolz.
„Ian!“
Ich blieb stehen, sah mich hastig in Richtung eines Waldrandes um.
„Ian, Vampire, sie haben mich angegriffen“
Soul.
Mein Herz raste. Ich jagte auf den schwerverletzten Jungen zu.
„Sie verfolgen mich…“, flüsterte er schwach.
„Ich kann sie riechen“, meinte ich schnell. „Kletter auf meinen Rücken, ich bringe dich in Sicherheit“
„Ian, ich wollte ihnen nicht verraten, wie sie hierher kommen…“
„Ich weiß, Soul. Ich weiß du bist kein Verräter…“
Der Junge kletterte mühselig auf meinen Rücken. Heißes Blut überströmte mein schwarzes Fell.
„Scheiße“, fluchte ich leise. Ich konnte die Blutsauger durch das Unterholz rasen hören. „Halt dich gut fest, Kleiner!“ Ich rannte, trieb meine Muskeln dazu an, geschmeidig zu spielen mit der Last auf meinem Rücken. Ich hörte wie Soul’s Herzschlag immer schwächer wurde. Er verlor zu viel und zu schnell Blut. Diese verdammten Bastarde!
Das Handy. Ich brauchte Hilfe. Alleine konnte ich nicht gegen die Vampire kämpfen.
„Soul, wie viele?“, fragte ich eindringlich, wich Bäumen aus.
„Ich weiß nicht genau, vielleicht 10; 20?“
„Gut“
Nichts war gut. Es waren viel zu viele für mich allein.
„Du wirst doch mit ihnen fertig oder?“ Die dünne Stimme des Jungen ließ mich aufhorchen.
„Erst einmal, bring ich dich in Sicherheit“
„Sie haben Mutter“, schluchzte der kleine Dämon nun. Ich spürte wie sich seine dünnen Finger noch fester in mein Fell gruben, ebenso sein Gesicht.
Er verlor zu schnell Blut. Wir wurden eine hervorragende Duft Spur für diese Blutsauger legen. Verdammt.
Ich legte nochmal, trotz der Last auf meinen Rücken an Geschwindigkeit zu.
„Deine Mutter wird schon mit ihnen fertig. Sie ist stark“
Ich hatte versucht einen tröstlichen Ton anzulegen, stattdessen war er unterkühlt geblieben. Wir erreichten den größten Fluss des Landes.
„Trink“, wies ich Soul an, als ich ihn vorsichtig von meinem Rücken gleiten ließ. Er konnte nicht mal mehr stehen. Geschwächt formte der junge Dämon seine Hände zu einer Schale und trank dann das Blut.
Währenddessen verwandelte ich mich zurück und griff nach dem Designerhandy und wählte die Nummer unseres Führers. Meines Bruders.
Eins musste man den Menschen lassen: Was Technik anging, waren sie sehr intelligent.
Selbst wir in der Hölle nutzten diese Dinge gerne, auch wenn die meisten sie nur als Accessoire mit sich führten.
Es läutete nur einmal an.
„Ian?“, erklang die Stimme meines Bruders.
„Vampire“, brachte ich keuchend hervor. Mein Körper schmerzte. Ich sah zu meinem Schützling, der sich langsam erholte. Kleinere Wunden schlossen sich schnell, wenn man nur wenig
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