Piccolo und Jeneine

Kapitel 1

"Hm? Also letzte Woche sah das hier noch anders aus..." Piccolos schwarze Augen suchten den Wald nach Son Gokus Haus ab, aber es war weit und breit nichts zu sehen. Plötzlich rastete etwas bei ihm ein.
"Diese Frau macht mich noch völlig irre! Jetzt hab ich mich sogar schon verflogen wegen ihr!" Schnell änderte der Namekianer die Richtung. Seit Tagen schon spukte ihm Jeneine im Kopf herum und verdrängte jeden anderen Gedanken. Besonders gegen solche vernüftiger Art schien sie etwas zu haben. So was war ihm noch nie passiert! Und das machte es nicht gerade leichter. Aber die Sache hatte auch etwas Gutes. Sein Leben war nämlich neuerdings so aufregend und interessant. Es war spannend, sich jeden noch so unbedeutenden Satz, den sie von sich gab, einzuprägen, so viel wie möglich über sie herauszufinden, sie verstohlen zu beobachten, wenn sie lachte oder sich durch ihre langen, karamellfarbenen Haare fuhr und dann rechtzeitig wieder wegzusehen, sodass sie es nicht mitbekam. Piccolo sah Rauch aus einem Kamin aufsteigen. Endlich war er angekommen. Jeneine war sicher schon da, hatte er doch einen Umweg machen müssen. Der Oberteufel atmete noch mal tief durch, dann landete er und klopfte an die Tür. Son Gohan begrüßte ihn mit strahlendem Gesicht und Piccolo streichelte ihm über den Kopf. Chichi stand am Herd, Son Goku lümmelte auf der Coach herum.
"Hey Piccolo! Wo hast du so lange gesteckt?", stopfte er sich eine Hand voll Chips in den Mund.
- "Nicht so wichtig." Sollte er fragen, wo sie war? Oder könnte dann jemand etwas bemerken?
Goku klopfte rechts neben sich auf das Sofa:"Setz dich doch! Chichi ist gleich mit dem Essen fertig, aber bis dahin können wir noch 'Alarm für Anaconda 44' schauen!"
"Ich bin zum trainieren hier!", knurrte der Oberteufel, aber Goku quatschte seelenruhig weiter:
"Jeneine kommt *mampf* erst später, sie kauft noch irgendwas ein glaube ich -"
"Ich musste die Arme noch mal los schicken weil MEIN LIEBER EHEMANN letzte Nacht unseren Kühlschrank leergefressen hat!", fauchte Chichi.
"Aber Liebling, du kennst mich doch..."
"Jaah mein Lieber, ich kenne dich, aber diesmal hast du dich selbst übertroffen!!"
"Tschuldigung..."
"Streitet euch doch nicht," jammerte Gohan.
"Jeneine ist so ein liebes Mädchen," schwärmte Chichi jetzt, "Hat mir sogar Geld angeboten dafür, dass sie bei uns wohnen darf!"
"Naja Mama, sie hat ja genug, schließlich hat Piccolo sie beim großen Turnier gewinnen lassen!"
Musste der schon wieder damit anfangen...
"So ein Quatsch, Son Gohan! Sie hat ihn volle Kanne aus dem Ring geworfen!," meinte Chichi völlig überzeugt, "Und außerdem war das nur der erste Kampf von dreien, die sie siegreich davon getragen hat! Aber ganz so gut wie Son Goku ist sie halt doch noch nicht, naja, aber egal, Vize ist ja auch eine großartige Platzierung!"
Diese Tussi konnte labern, das war der reinste Wahnsinn. Aber ihr Mann musste natürlich unverzüglich beweisen, dass seine Klappe mindestens genauso groß war:
"Aber Piccolo, du hast Glück, denn wir haben nur ein Gästezimmer und das bedeutet, du darfst mit IHR in einem Bett schlafen!" Piccolos Wangen und Ohren wurden knallrot: "HALT'S MAUL!!!"
Jetzt gab auch noch Gohan seinen Senf dazu:"Aber ich dachte, Namekianer müssen nicht schlafen?"
- "Das brauchst du Jeneine ja nicht erzählen!", brüllten Piccolo und Goku wie aus einem Mund. Verdutzt glotzten sie sich an, dann begann Son Gohans Vater sich vor Lachen auf der Coach zu kugeln und Piccolo fügte schnell noch "Ich meditiere eben im Liegen!" hinzu. Gohan warf ihm einen ungläubigen Blick zu und Chichi begann - mit gerunzelter Stirn - den Tisch zu decken.

Gut gelaunt wie immer riss ich die Tür auf, woraufhin seltsamerweise alle im Raum erstarrten. "Hi!", nahm ich die Kopfhörer meines MP3-Players aus meinen Ohren, aus denen immer noch "Don't turn your back on me I won't be ignored" dröhnte. Die Gesichter meiner neuen Freunde entspannten sich wieder. Was hatten die denn gedacht, wer ich bin? Ein Einbrecher? Ein Massenmörder? So jemand hätten die doch in Null komma nix dem Erdboden gleichmachen können! "Jeneine, Süße!", stürmte Chichi auf mich zu, während ich das Kabel, welches ich unter meinem T-Shirt durchgefädelt hatte, aufwickelte. Blöderweise verhakte es sich oben an meinem V-Ausschnitt, sodass ich es mehr oder weniger packen und hineinwerfen musste. "Bulma muss dir mal welche mit Funk zusammenbauen!", führte Chichi mich an den Tisch, dann hielt sie aprupt an. "Nein, zeig erst, was du gekauft hast!"
"Hier sind deine Vorräte!", reichte ich ihr 3 Hoi-Poi Kapseln. "Ansonsten hab ich mir noch die zugelegt", streckte ich mein Bein zur Seite, um ihr meine neuen, hellgrünen Sneakers zu präsentieren. Goku legte seine Essstäbchen beiseite und grinste breit: "Grün ist deine Lieblingsfarbe, was?"
"Äh ja, wieso?" "Nur so!", machte sich Chichis Mann wieder über seine Spaghetti her.
Piccolo warf ihm seinen fießesten Blick zu und ich begriff. Wahrscheinlich hatten sie ihn damit aufgezogen, dass er es nicht übers Herz brachte, ein Mädchen zu verhauen. Chichi reichte mir jetzt auch einen Teller. "Willst du nichts essen?", lächelte ich Piccolo an, der mit verschränkten Armen vor dem Fernseher saß. "Nein," erwiderte er knapp. Naja, er sprach nie besonders viel.
"Der *mampf* hat ein flaues Gefühl im Magen!", erklärte Son Goku. Wenn namekianische Blicke hätten töten können, dann wäre er gerade zum zweiten mal gestorben.
"Hm, ich hab gehört, da soll ne schlimme Magen-Darm-Grippe rumgehen," grübelte ich, während ich Parmesan über mein Essen rießeln ließ. Chichi setzte sich neben mich und ihrem Sohn gegenüber: "Oh, das hab ich dir noch gar nicht erzählt, du musst dir das Gästezimmer mit Piccolo teilen."
"Gut," zuckte ich mit den Schultern.
"Mach dir keine Sorgen," wagte es Goku noch einmal, über meinen Zimmergenossen zu reden, "Piccolo wär viel zu schüchtern, um über dich herzufallen!"
Ich schmunzelte. Jah, schüchtern, das war er wirklich. Der Arme musterte jetzt krampfhaft den Farbverlauf der Tapete. "Und notfalls knockst du ihn einfach aus!", riet mir Chichi noch.
"Pass auf, wer dich gleich ausknockt!!", hatte sich der Namekianer jetzt blitzschnell bedrohlich neben ihr aufgebaut. Selbst ich, wo ich doch hinter Chichi saß, wich erschrocken zurück und Gohan sagte gleichzeitig: "Hey, Piccolo, war doch nur Spaß!" Dabei fiel ihm eine Nudel aus dem Mund. Piccolo sah mir höchstens zwei Sekunden in die Augen, dann wandte er sich wieder Chichi zu. Er war jetzt sogar etwas errötet. Doch nicht etwa vor Wut?! "Wenn dann fall ich über dich her, stimmts?", lächelte ich ihn verschmitzt an, um die Situation zu entschärfen. Und es schien zu funktionieren. Völlig entgeistert starrte er mich an, dann ließ er sich in den Sessel fallen, welcher mit der Rückenlehne zu uns stand.

Dieses Lächeln. Es gehörte verboten. Genau wie diese kleinen, dunkelgrünen Augen und diese nette, offene Art. Piccolo saß draußen auf einem Felsen und versuchte vergeblich, sich auf seine Meditation zu konzentrieren. Irgendwann gab er es auf. Eigentlich hatte er sowieso viel mehr Lust, sich auf dem blanken Stein auszustrecken und hinauf in die Sterne zu blicken. Ein Dämon, der verträumt in den Himmel guckte?! Unglaublich - aber wahr.
Sie wusste es, oder? Sie hatte bestimmt längst gemerkt, dass er in sie verknallt war... zumindest musste sie es ahnen, sie war ja nicht blöd! Und doch hatte sie sicher keine Vorstellung davon, was es bei ihm auslöste, wenn sie ihn so eindringlich ansah, oder gar vor seinen Augen an ihrem Dekolleté herumnestelte. Und überhaupt, wie hatte sie das gemeint mit "Wenn dann fall ich über dich her"?? Das war ein Scherz gewesen, oder? Naja, es gab nur noch eine andere Möglichkeit, und die konnte man wohl ausschließen, denn er war schließlich Namekianer und nebenbei auch noch der Oberteufel höchstpersönlich. Seufzend rappelte er sich wieder auf und flog zurück zum Haus. Dort drinnen war alles mucksmäuschenstill. Schliefen wohl schon alle. Die Treppe knarzte unter seinen Füßen, als Piccolo hinauf in den ersten Stock ging. Behutsam öffnete er die zweite Tür rechts. Der schmale Lichtstrahl, der durch den Türspalt in das Zimmer fiel, beleuchtete Jeneine, die sich in ihre Decke gekuschelt hatte. Piccolo lächelte, dann legte er Schuhe, Turban und Umhang ab. Was, wenn ihr nicht gefiel, was normalerweise davon bedeckt wurde? Antennen hatte sie wahrscheinlich bisher nur auf Autodächern oder Fernsehtürmen gesehen... Naja, jemand der mit einem Felsklotz auf dem Kopf schlafen ging war wahrscheinlich genauso kurios wie einer mit Fühlern auf der Stirn. Leise schloss er die Tür, sodass es im Raum wieder komplett dunkel wurde, anschließend legte er sich auf die freie Seite des Doppelbettes.
Ein zarter. leckerer, fruchtiger Duft stieg ihm in die Nase und benebelte seine Sinne. Völlig überwältigt lauschte er Jeneines gleichmäßigem Atem und ein mächtiges Gefühl der Zufriedenheit ergriff von ihm Besitz. "Was machst du nur mit mir?", dachte er und tastete äußerst behutsam nach ihren Haaren. Menschen spürten es nicht, wenn man sie dort berührte. Es fühlte sich unglaublich zart, weich und seidig an, weshalb er seine Finger einfach nicht davon lassen konnte und nach einer Zeit schlief er zum ersten Mal in seinem Leben ein.
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