Piccolo und Jeneine

Kapitel 3

Obwohl ich total erschöpft war, kam ich einfach nicht zur Ruhe. Ständig drehte ich mich oder meine Decke herum, drapierte meinen Schädel neu auf dem Kissen oder kratzte mich irgendwo.
Ich war zwischendurch auch noch mal auf die Toilette gegangen, hatte noch ein Glas Wasser getrunken, nichts half.
Meine Gedanken kreisten die ganze Zeit zu meiner kleinen Schwester. Seit ich von zu Hause abgehauen war, hatte ich nichts mehr von ihr gehört, sie ignorierte alle meine Briefe, E-Mails und Anrufe. Wahrscheinlich tat sie das, um keinen Ärger zu bekommen. Sie machte immer das, was meinen Eltern in den Kram passte. Ich nicht. Deshalb mochten sie sie - und mich nicht. Ich war niemals neidisch auf Kay gewesen, nie, denn es musste verdammt anstrengend sein, ständig nach irgendjemandes Pfeife zu tanzen. Ich konnte sie nur oft nicht verstehen. "Und gerade eben verstehe ich sie auch wieder nicht." Ich hatte immer gedacht, wir wären Freunde, beste Freunde. Und jetzt schien es so, als wäre ich ihr scheißegal. "Sie hat gesagt, dass sie mich versteht. Dass sie verstehen kann, dass ich gehe! Also warum, WARUM will sie jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben? Warum hält sie zu unseren Erzeugern und nicht zu mir?!"
Kay wohnte in der Stadt, die diese Blechbüchsen zu ihrem ersten Angriffsziel auserkoren hatten.
Und ich konnte sie nicht einmal warnen. Zornig bohrte ich meine Finger in das Federbett.

"Jeneine?", flüsterte Piccolo so leise, dass niemand davon aufgewacht wäre.
"Hm?"
"Du kannst nicht schlafen, was?"
"Ja. Ich hab solche Angst... vor den Cyborgs."
Piccolos Beschützerinstikt schlug Alarm.
"Ich passe schon auf dich auf." Das zu sagen war mehr ein Reflex gewesen, er hatte nicht richtig darüber nachgedacht. Dabei fühlte er sich im Moment alles andere als groß und stark.
Jeneine schmunzelte: "Warum hast du mich beim großen Turnier gewinnen lassen?"
Verdammt, was sollte er denn darauf jetzt antworten? Keiner darf so was Kostbares wie dich verletzen? Oder vielleicht Möglichkeit Nummer Zwei: Wenn ich dich ansehe, werde ich bewegungsunfähig?! Wohl keine so gute Idee!
"Du hast wegen dem Preisgeld teilgenommen, ich um zu trainieren. Jetzt hast du deine halbe Million und ich hatte einen interessanten Kampf." Ja, das hörte sich doch ganz plausibel an.
"Heh, du hast da aber überhaupt noch nicht gewusst, dass die Knete meine Motivation war!", neckte ihn die Frau, die für all diese Aussetzer verantwortlich war.
Na das ging wohl mal ziemlich in die Hose. Zum Glück war es stockdunkel, so dass sie nicht sehen konnte, welche verräterische Farbe sein Gesicht schon wieder annahm. Ihm fiel wirklich nicht mal ein ansatzweise guter Satz darauf ein. Vielleicht war es das Beste gar nichts mehr zu sagen und sich tot zu stellen.
"Ich finde dich auch interessant", meinte sie jetzt. Ihre Stimme hatte immer noch diesen frechen Unterton.
"Wirklich?"
"Klar, wieso sollte ich nicht?"
Naja, also interessant war ja nicht unbedingt gleich attraktiv. Es gab also keinen Grund, die Aufrichtigkeit ihrer Worte zu anzuzweifeln.
"Was ist mit deinen Eltern?" Ein Themawechsel war langsam echt angebracht. Hatte heute morgen auch gut funktioniert.
"Bist du sicher, dass du das wissen willst?"
"Ja." Insgeheim fügte er noch "Ich will alles über dich wissen!" hinzu.
"Naja, mein Vater mag mich nur wenn ich irgendwas leiste, schaffe oder hinkriege mit dem er angeben kann und meine Mutter ist der Meinung, es wäre besser gewesen mich vor meiner Geburt aus sich herauszuschneiden."
Jeneine bemühte sich so fröhlich und unbeschwert wie immer zu klingen, doch ihr Verehrer hörte das Zittern in ihrer Stimme heraus, als sie ihre Mum zitierte. Große Wut stieg in ihm auf und machte ihn viel mutiger, als er eigentlich war.
"Ich bin froh, dass es dich gibt", wischte er zärtlich eine Träne von ihrer Wange.
Er spürte, dass sie lächelte.
"Du bist wundervoll. Niemand, niemand hat das Recht, dir weh zu tun!"
Hatte er das ernsthaft gerade von sich gegeben? Ach du Sch..
Jeneine zögerte keine Sekunde und kuschelte sich in seine muskulösen Arme. Piccolo war zunächst überrascht, aber dann drückte er sie fest an seine Brust. Er hätte die Zeit angehalten, wenn er es gekonnt hätte, um sie nie wieder loslassen zu müssen. Glück durchflutete jeden Millimeter seines Körpers und er strich ihr liebevoll über den Kopf und durch ihr Haar, dieses mal so, dass sie es auch merkte.
"Danke, dass du mich tröstest," murmelte sie in seine Halsbeuge. Ihr Atem auf seiner Haut jagte ihm heißkalte Schauer über den Rücken.
"Schlaf gut, Jeneine."
"Das werd ich," verhakte sie ihre Beine mit seinen.
Noch nie in seinem Leben war Piccolo jemandem so nahe gewesen, und nie zuvor hatte er so etwas Schönes erlebt. Und selbst wenn dies das Einzige war, was Jeneine von ihm wollte, war es viel mehr, als er verdiente, viel mehr, als er je für möglich gehalten hatte. Ihr zierlicher Körper, ihre zarte, verführerisch duftende Haut... es galt jede Sekunde auszukosten, in der er alles, was er so sehr begehrte, in den Händen halten durfte.
"Sie findet mich nicht abstoßend und sie fürchtet sich auch nicht vor mir!"
Besoffene Schmetterlinge fuhren Achterbahn in Piccolos Bauch. Hätte er sich nur schon früher in sie verliebt... hätte sie ihn doch schon früher so verschmitzt angelächelt wie kurz vor ihrem Wettkampf! Dann wäre sein Leben schon viel früher zu diesem fantastischen Abenteuer geworden...

Irgendetwas weckte mich auf. Es kam mir vor wie mitten in der Nacht.
Als ich die Augen öffnete merkte ich, dass ich in schönen, starken Armen lag und von Piccolos Körper gewärmt wurde. Ich lächelte. Er war wohl schon langer wach, aber keinen Zentimeter von meiner Seite gewichen. Jemand hämmerte gegen die Tür. Das musste der sein, der mich aus meinen süßen Träumen gerissen hatte.
"Ja?!!", krächzte ich ärgerlich und Son Gohan kam herein. Er machte aber gleich wieder einen Satz zurück, als er Piccolo und mich so eng umschlungen vorfand. "Äähm, Papa sagt, ihr sollt runterkommen!"
"Sag ihm wir trainieren heute nur unsere Gesichtsmuskeln und unser Immunsystem!", knurrte ich.
"O-ok." Der Kleine war heilfroh, wieder abhauen zu dürfen.
"Wie hast du das denn gemeint?!," fragte Piccolo verunsichert.
"Lachen ist gesund. Und gleich haben wir was zu lachen!"
Und meine Rechnung ging auf. Son Goku polterte wie von der Tarantel gestochen die Treppe rauf: "WAS DIE KNUTSCHEN?? WIE HAT ER DAS DENN HINBEKOMMEN!!??"
Ich kriegte mich kaum noch ein.
"Clever!", wickelte Piccolo eine meiner Haarsträhnen um seinen Zeigefinger.
Goku hielt es nicht für nötig zu klopfen und traute seinen Augen nicht bei unserem Anblick.
Seine Mimik war wirklich zu köstlich. "Ich will euch ja wirklich nicht stören, aber, ähm, Chichi meint, du schreibst heute Englisch-Abi?!"
"Ach du Scheiße!", sprang ich auf. Das hatte ich völlig vergessen!
"Wie spät ist es?", suchte ich panisch ein paar Klamotten zusammen.
"Halb Acht."
Immer noch total perplex starrte Goku Piccolo an, der selbstgefällig grinste.
Ich hatte keine Lust, zum Umziehen ins Bad zu verschwinden, also kombinierte ich das Anziehen meiner Alltagskleidung so mit dem Ausziehen meines Schlafanzuges, dass man(n) keinen Blick auf meine Intimzonen erhaschen konnte. Ich packte noch schnell ein paar Schulutensilien ein und quetschte mich dann an Goku vorbei.
"Bis nachher," verabschiedete ich mich von Piccolo und Bedauern lag in meinen Worten.
Unten zwang mich Chichi noch, ein Pausenbrot mitzunehmen, aber dann stürmte ich aus dem Haus und flog in Richtung Horizont. Vieleicht sollte ich mich wirklich mehr um die Schule kümmern... beinahe hätte ich den Tag verpennt, für den ich mich mein halbes Leben lang ins Gymnasium geschleppt hatte.
Eine Stimme in meinem Kopf schrie genau das Gegenteil. Nämlich das das alles total egal war. Und ich bemerkte noch etwas: Mein Puls raste als würde ich Achterbahn fahren. Ich beschleunigte mein Tempo, kreischte und jubelte. Ich fühlte mich, als hätte ich eine gehörige Überdosis Antidepressiva gefressen.
Aber es war großartig. Ich wusste, was es war. Das Beste auf der Welt. Und ich tat es meinem Herzen gleich, schlug Saltos und drehte mich um die eigene Achse.

"Was hast du gemacht, dass sie dich geküsst hat?!", klopfte Son Goku Piccolo auf die Schulter, "Wir sollten es uns patentieren lassen und ein Vermögen damit machen!"
"Wir haben uns nicht geküsst! Sie hat dich verarscht, du Möchtegern-Armor!"
"Was? Aber ihr habt doch so süß gekuschelt!"
"ARGH! DU HORNOCHSE! EBEN DESWEGEN JA!!"
"Jaah, genau!"
Piccolo verdrehte die Augen.
"Heute solltest du aber wirklich etwas frühstücken", zerrte Goku seinen Freund in die Küche, "Energie für die Nacht! Vergiss nicht, sie trägt schwarze Unterwäsche!" Goku schüttelte seine Hand, als hätte er sie sich verbrannt.
Piccolo packte Goku am Kragen und presste ihn unsanft gegen den Kühlschrank: "Das geht dich einen Scheißdreck an!!" Auch Chichi zog eine böse Grimasse.
"Hehe, schon gut, war doch nur Spaß!"
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