Seven Moons before dawn
Der frühe Morgen, Gesprächsthema: Bindung durch das Schicksal
Kapitel 1: Der frühe Morgen, Gesprächsthema: Bindung durch das Schicksal
"Gleißendes Licht, heller als jeder Tag! Blende den Gegner und lösche jeden Schatten! Blendung! Blind vor Licht! Erstarrt und bewegungsunfähig! Wehren ist unmöglich!"
"Abweh-"
Doch zu spät, ein gleißendes Licht traf sie und blendete ihre Augen, sodass sie unwillkürlich die Hand vor die Augen hob. Wie konnte Licht nur so hell sein? Verdammt, so hell und so schnell?! Mit einem Mal merkte sie wie sich Fesseln um ihre Arme legten, Ketten um ihren Hals. Sofort wurde ihr merklich übel. Ketten um den Hals konnte sie gar nicht vertragen. Das Licht zog sich um sie zusammen und fixierte sich immer mehr um sie herum, bis es immer mehr zu Fäden und Ketten wurde und sie im die zusammenzog, fesselten sie ... verdammt sie wurde so unendlich müde.
"Halt es auf!", schrie sie ihrer Waffe zu, die nur einer verschwommenen Gestalt glich in dem gleißenden Licht. Doch die Gestalt sagte nichts, tat nichts, stand nur da, als wäre sie selber bewegungsunfähig, wie erstarrt, eine Puppe ohne Fäden. Während sie immer müder wurde, konnte sie fast keinen klaren Gedanken mehr fassen, klammerte sich an einzelne Gedanken, bemüht ihre Gedanken weiter zu kontrollieren, klammerte sich aber immer mehr an ihre einzige Rettung die sie in diesem Spellbattle zu erhoffen hatte, der einzigen Person, die ihr Rettung schenken konnte: Ihr anderes Selbst, was dort vor ihr stand. Doch sie fühlte nichts von seinen Gedanken, seinen Gefühlen wie sonst.
Wo war ihre Bindung geblieben? Wie ein tausend Schläge ins Gesicht traf es sie. Verzweiflung, Einsamkeit, Trauer und Wut trafen sie mit alle auf einmal verbunden mit der Erkenntnis: Ihre Waffe war nicht da. Sie waren nicht verbunden. Und dieser Schmerz brach ihren letzten Widerstand gegen das gleißende Licht, was sich immer mehr um sie schlang und ihr immer mehr die Kraft und Denkvermögen raubte. Der Schmerz schnürte ihr die Kehle zu, doch es war nicht der Schmerz der Fesseln, der ihr eine einzelne Träne aus den Augen trieb, als sie komplett gefesselt scheppernd zu Boden fiel und sich der wohltuenden, vertrauten Schwärze der Bewusstlosigkeit hingab ... vielmehr der Blick ihrer Waffe, als sie sich plötzlich bewegte ...
Keine Person, die dort vor ihr stand, sondern nur ein Schemen, ein Schatten ihrer fantastischen Ausgeburten; Wie hatte sie nur so dumm sein können, fragte sie sich sarkastisch und gleichzeitig verbittert voller Selbstironie ... warum sollte man sie, das Sacrifice von lightless wirklich vor dem Licht retten können, gar wollen ...
Anscheinend gab es keine Rettung.
Entsetzt riss die kleine, schwarzhaarige, zierliche Misaki die Augen auf. Schweißgebadet starrte sie auf die dunkle, durch den faden Mondschein, der etwas durch die zugezogenen Vorhänge drang, beschienende Zimmerdecke an. Keuchend versuchte sie ihre Atmung zur normalisieren und ihre aufgewühlten Gedanken zu ordnen.
"Schlecht geträumt, ich hab nur schlecht geträumt", murmelte sie leise vor sich hin, versuchte sie sich einzureden. Ein einziger schlechter Traum, wie jeder andere, doch sie wusste genau dass dem nicht so wahr. Zu genau standen ihr die dramatischen Bilder ihres Traums noch vor Augen: das verlorene Spellbattle, der Schock, dass sie mit einer unbekannten Waffe kämpfte, von der sie dachte es sei die ihre, der Schmerz der totalen Fesslung ... ja, vor allem der Schmerz. Der Schmerz, und die Angst die sie in diesem Traum gespürt hatte, betäubten noch immer ihre Sinne.
Müde, geschlaucht und unausgeschlafen drehte sie sich leicht in ihrem Bett und sah auf die Uhr. 5 Uhr morgens. Langsam fiel ein fahles Licht durch die Vorhänge, bald würde die Sonne aufgehen; erste Vögel stimmte draußen leise aber unerbitterlich ihr morgendliches Lied an, und die ersten Küchenjungen der Kantine schlurften in kleinen Gruppen noch halb verschlafen auf dem Weg unterhalb ihres Fensters vorbei.
Mit einem skeptischen Blick bedachte Misaki die rothaarige Tari, die heute Nacht seelenruhig neben ihr schlief. 'Verflucht, vielleicht hätte ich ausnahmsweise doch einmal ihren neuen Tee probieren sollen.', überlegte das Sacrifice sarkastisch, währen sie verschlafen in den Spiegel blickte und monoton ihre Zähne putzte. Ein plötzliches Geräusch aus dem Nebenzimmer ließ Misaki aufblickten, und Tari bekam ihre Aufmerksamkeit. Mitleidig lächelte sie, auch ihre Zimmergenossin schien nun gegen Morgen schlecht zu schlafen. Nach einer weiteren halben Stunde, inzwischen war es ca. 5.45 Uhr, weckte Misaki Tari sachte und setzte Wasser in dem Wasserkocher auf, die die beiden sich angeschafft hatten. Weder Kaffee noch Tee waren morgens in der Kantine genießbar und konnte einem so richtig den Tag verderben, so wussten sie beide aus eigener Erfahrung.
Verschlafen und müde rieb sich Tari die Augen, als sie sachte von ihrer Zimmergefährten an der Schulter gerüttelt wurde. "Noch fünf Minuten ...", murmelte Tari verschlafen, was Misaki eigentlich ein kleines Lächeln entlockt hätte, erinnerte es sie doch an sich selber, doch heute morgen war dieser einfach nicht danach; ihr Tag hatte wohl zu schlecht begonnen.
Doch spätestens als Tari der Duft von frischem Tee, und wenige Minuten später auch der von Kaffee in die Nase stieg, gab es selbst für sie als eigentlichen Morgenmuffel kein Halten mehr. Mit einem Ruck war sie aus dem Bett und machte sich schnell fertig. Erst als sie ihre Tasse Tee in den Händen hielt, ließ ihre Eile nach und sie ließ sich genüsslich zurücksinken.
"Mhmm ... Blutorangentee mit einem Hauch Pfefferminze ... lecker ..", schwärmte die Orangehaarige in morgendliche Träume versunken. Im Gegensatz zu Misaki hatte sie recht gut geschlafen, hatte keine schlechten Träume gehabt. Als sie plötzlich merkte wie missmutig die Zierliche trotz einer halben Tasse Kaffee dreinschaute, musterte sie diese skeptisch.
„Hast du etwa einer schlechte Nacht gehabt?“, fragte sie einfach direkt, so wie es ihre Art war. Verwundert blickte Misaki von ihrer Tasse auf, doch als sie den Sinn der Frage begriff, umwölkte sich ihre Stirn sogleich wieder. Zögerlich beantwortete sie die Frage, anscheinend fühlte sie sich wirklich nicht sehr wohl, schoss es Tari durch den Kopf. Zögerlich zu sein passte nämlich gar nicht zu ihrer Zimmergenossin, im Gegenteil. In gewisser Weise waren sich die beiden sehr ähnlich, beide sehr direkt im Umgang miteinander, sofort wurde ein Sache angesprochen.
'So eine Waffe sollte man haben', schoss es Tari weiter durch den Kopf, was auch sie an diesem Morgen ein wenig traurig stimmte. Wie Misaki hatte sie ihre Waffe noch nicht gefunden, womit sie etwas über dem statistisch ermittelten Durchschnittswert von ca.15 Jahren lag. Auch wenn ihre Zimmergenossin es ihr nie offen sagte, so wusste sie jedoch sehr wohl wie sehr ihr das zu schaffen machte: Sie konnte es schließlich am eigenen Leib nachempfinden.
Während ihr diese Gedanken durch den Kopf schossen, schaute sie wieder zu Misaki, die ihr immer noch keine Antwort auf die Frage gegeben hatte. „Hast du etwa wieder von deiner Waffe geträumt?“, Tari machte eine kleine Pause, weil sie nicht wusste welchem Nerv sie getroffen hatte, „wie sie dich während eines Spellbattles wieder im Stich lässt?“, fügte Tari noch leise hinzu, doch es entpuppte sich als überflüssig, denn Misaki blickte Tari mit einem unendlich verzweifelten Blick an. Unwillkürlich rührte dieser Blick an Tari, und sie stand auf und ging zu ihrer Zimmergefährtin; es war nicht das erste Mal dass diese einen solchen Traum gehabt hatte.
Plötzlich fing Misaki an zu reden. „Ich weiß nicht, irgendwie ... ich habe solche Angst weißt du? Was ist, wenn ich mich mit meiner Waffe gar nicht verstehe? Wann lerne ich sie kennen? Was ist sie für eine Person? Normalerweise macht mir das ja gar nicht so zu schaffen, aber heute ...“, sie brach ab, hatte genug gesagt. 'Das war es also.', schoss es der Orangehaarigen durch den Kopf. Diese Angst, die jeder von ihnen verspürte, Waffe wie Sacrifice. Wer war ihr ausersehener Partner? Jeder träumte von ihm, jeder wünschte sich, dass diese unendliche Reise der Suche, die Warterei, endlich die vom Schicksal vorbestimmte Person zu treffen, vorbei war ... doch wann, das wusste man nie. Diese Warterei machte selbst den geduldigsten Mensch wahnsinnig, manche verbrachten ihre Zeit damit nur auf diese eine Person zu warten, es war ihr Lebensinhalt, andere trieb es in die Initiative und unternahmen Weltreisen nur um die eine Person zu finden ... doch nie änderte dies etwas. Der Zeitpunkt, alles war vorherbestimmt.
Und dieses Nichtwissen, wusste Tari von sich selbst, war alles andere als angenehm.
Eine Bindung an einen Partner war mehr als man im ersten Moment annahm. Wie genau, wusste keiner von den beiden, doch eines war klar: Es fesselte für den Rest des Lebens, und ging weit über die Basis einer reinen Partnerbeziehung im Kampf hinaus. Es waren tiefe Bande, die diese Personen aneinanderband, so tief, unabdingbar, dass es kein Außenstehender begreifen konnte.
Und gerade diese Nichtbegreifen, nicht noch einmal in der Lage dazu sein, konnte einen jeden in einem schlechten Moment an den Rand der Verzweiflung treiben.
Noch etwas müde, lächelte Tari. „Hör mal, es nützt dir doch gar nicht darüber nachzudenken. Es ist vorbestimmt, dass du irgendwann deine Waffe triffst, und glaube mir, ihr werdet euch schon verstehen!“ Aufmunternd lächelte die Orangehaarige und trank ihren letzten Schluck Tee, stellte die Tasse zurück. „Nun komm schon trink deinen Kaffee, er wird kalt! Außerdem krieg ich langsam Hunger ...“ Wie auf Kommando knurrte Misakis Magen. Während diese etwas verdutzt guckte, lachte Tari laut, und nach einem Moment hatte auch Misaki ihr Lachen