Letztes Opfer
Hermine verliert alles
Das letzte Opfer
Hermine blickte in die wunderschönen grünen Augen, die immer so voller Liebe und Wärme gewesen waren. Die Brille – zerbrochen…
Sie schüttelte fassungslos den Kopf, das durfte einfach nicht sein!
Und doch, es war die Wahrheit, die Realität…
Nur eine Frage hatte in ihren Gedanken Platz. Erst leise, dann immer lauter hallte sie in ihrem Kopf bis sie die junge Hexe schließlich in die dunkle Nacht schrie:
„Warum?“
Doch der dunkle Friedhof um sie herum gab keine Antwort. Es war niemand mehr da, der ihr antworte konnte. Wieder schüttelte sie den Kopf, der Verzweiflung nahe!
Warum hatte man ihn umgebracht?
Warum musste er sterben?
Warum hatte es niemand verhindern können?
Tausende Fragen und doch würde sie wohl niemals eine Antwort darauf bekommen. Sie war nun allein, ein Gedanke der sie wie ein Schlag in die Magengrube traf. Sie war die letzte Überlebende des Widerstands, des Ordens…
Es war niemand mehr übrig, der mit ihr trauern konnte… Sie waren alle tot oder in St. Mungos – wahnsinnig geworden vor lauter Kummer.
Zuerst war Ron gegangen…
Die Hochzeit von Bill und Fleur, plötzlich laute Schreie, panische Flucht und mittendrin… Eine Gruppe Todesser hatte die Zeremonie unterbrochen und wahllos Flüche auf alles geschossen, was sich bewegte.
Hermione war gerannt so schnell sie konnte, die Panik machte sie blind für alles, was um sie herum geschah! Doch dann knickte sie um, stürzte mit einem lauten Aufschrei zu Boden und blieb dort liegen.
Vielleicht sehen sie mich ja nicht, hatte sie sich selbst eingeredet. Doch ihre lächerlichen Hoffnungen waren enttäuscht worden, ein großer Mann mit kalten braunen Augen stand über ihr.
„Avada Kedavra!“ Schicksalhafte Worte, sie sah den grünen Lichtstrahl und erwartete den Schmerz, der ihr den Atem rauben würde.
Mit geschlossenen Augen erwartete ihr sie ihren Tod, doch nichts geschah.
Ron, er war zu ihr gerannt und hatte sich vor sie geworfen! Jemand schrie laut „Nein!“ Später erzählte man ihr, dass es ihre eigene Stimme war, die sie gehört hatte…
Diese Leere in ihrem Herzen, diese klaffende Lücke die vorher Ron gehört hatte! Er war tot, er würde nie wieder zurückkommen… Sie sackte zusammen, weinend, schluchzend. Es durfte nicht wahr sein und doch wusste sie, dass es real war.
Sie hatte nicht bemerkt, wie Lupin den Todesser zu Boden warf, wie er später von Auroren nach Askaban geschickt wurde. Sie befand sich in einer Art Trance, unfähig die Außenwelt wahrzunehmen.
Danach kam Ginny, als Harrys Freundin ein potentielles Opfer
Sie hatte es gewusst und die Gefahr ignoriert. „Mir kann genauso gut etwas passieren, wenn ich nicht mit dir zusammen bin, Harry. Lass uns die Zeit genießen, die wir gemeinsam haben.“
In ihrem sechsten Jahr in Hogwarts, dass unter der Leitung von Professor McGonagall wieder geöffnet wurde, geschah es dann doch. Weder Hermine noch Harry waren wieder zur Schule erschienen, der Schock über den Verlust von Ron saß einfach noch zu tief.
Hogsmeade, ein wunderschöner Herbstmorgen…
Die Blätter waren rot und golden gefärbt, ein warmer Wind wehte durch das Städtchen und die Sonne stand tief am bewölkten Himmel.
Hermione kannte jedes einzelne Detail dieses Tages, anders als Rons Tod hatte sie jede Kleinigkeit wahrgenommen.
Sie hatte sich dort mit Ginny getroffen, Fred und George waren ebenfalls dabei.
Lachend waren sie durch die Häuser spaziert, das erste unbeschwerte Gespräch seit Rons Ende. Oh, wie sehr die Schuld an Hermione nagte aber an diesem Tag erlaubte sie sich selbst glücklich zu sein! Um Ginny´s Willen…
Plötzlich Todesser, erschienen wie aus dem Nichts! Sie waren umzingelt von einer großen Gruppe, zu viele für die vier Jugendlichen.
Und doch kämpften sie verbissen bis zum bitteren Ende! Sie wusste bis heute nicht, woher sie die Kraft für dieses Duell genommen hatte…
Der Cruciatus hatte Ginny´s Leben gekostet und Fred nach St. Mungo gebracht. Dort lag er bis heute, er erkannte nicht einmal seine Familie wieder…
George war schwer verletzt und einige Tage später im Krankenhaus verstorben, die inneren Blutungen waren zu stark für ihn aber er hatte gekämpft bis zum Schluss.
Und Ginny, nun auf ihrem Grab lagen immer frische Orchideen, ihre Lieblingsblumen.
So viele hatten ihr Leben lassen müssen, Lupin und Tonks, Bill Weasley und Minerva McGonagall waren nur wenige Namen… Und doch, die Zeit reichte nicht mehr um sie alle zu nennen.
Hermiones Augen waren leer, doch das war nichts Neues. Sie hatte zuviel durchmachen müssen in den zwanzig Jahren ihres Lebens. Eine lächerlich kurze Zeit, doch so unendlich lang, geprägt von so viel Verlusten…
Und nun auch noch Harry, ihr bester Freund, der einzige, der ihr geblieben war! Hatte er ich nicht versprochen für sie da zu sein? Er hatte sich getäuscht, er hatte gelogen… Ein schrecklicher Gedanke und sie hasste sich selbst dafür, aber sie konnte nicht anders!
Er hatte sie verlassen – einfach so!
Es war das Duell auf das sie so lange gewartet hatten! Sie hatten bis zur Erschöpfung gearbeitet, geübt und sich vorbereitet.
Es gab keine zweite Chance, jetzt oder nie! Harry hatte Voldemort herausgefordert und sich mit ihm auf diesem verlassenen Friedhof getroffen!
Das Ministerium hatte keine Unterstützung geschickt, wie weigerten sich mit den beiden ehemaligen Hogwarts Schülern zusammen zu arbeiten.
Wie verzweifelt war sie gewesen? Sie hatte den Minister auf Knien angefleht ihr zu helfen, aber seine einzige Erwiderung – ein kaltes Kopfschütteln.
Also war sie Harry allein gefolgt, sie musste ihm einfach beistehen.
Sie duellierten sich erbittert, Auge um Auge… Ein Fluch jagte den nächsten und die umstehenden Todesser konnten nur ängstlich ausweichen!
Harry gelang es Voldemort mit einem Cruciatus zu treffen und für eine kurze hoffnungsvolle Sekunde glaubte sie den Kampf gewonnen.
Aber dann… es war nur ein Trick, ein Trick den Harry nicht durchschaut hatte! Was danach geschah sah sie wie in Zeitlupe vor sich.
Voldemort richtete sich blitzschnell auf und entwaffnete Harry, dessen Zauberstab flog über die kalte Friedhofserde. Weit außerhalb seiner Reichweite…
Das Entsetzen in den Augen, die sie nun ins Nichts starrten! Er wusste, dass er verloren hatte. Aber er würde hocherhobenen Hauptes untergehen, wie es all seine Freunde getan hatten.
Er stürzte sich auf Voldemort, nur noch darauf bedacht ihn zu verletzen. Es gelang ihm, ein gut platzierter rechter Haken und Blut schoss aus dem Mundwinkel des dunklen Lords.
Er packte Harry am Kragen und schleuderte ihn hart gegen einen Grabstein. Er hob den Zauberstab, ein kaltes Grinsen in den leuchtenden roten Augen.
Hermione wollte ihm helfen, sie gab ihre Deckung auf und rannte zu ihm. Blind vor Tränen, Tränen der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Er durfte sie nicht auch noch verlassen, er war doch der letzte, der ihr geblieben war!
Doch sie war nicht die einzige, Snape sprang hervor und hielt seinen Zauberstab drohend auf Voldemort gerichtet. „Nein, nicht auch noch er.“ Da begriff sie, ihr ehemaliger Lehrer, den sie immer verteufelt hatte. Er war gut, er hatte es nicht gewollt… Sympathie durchflutete sie und Schmerz, als er von einem Todesfluch zu Boden gerissen wurde.
Zwei kräftige Hände packten sie und hielten sie zurück. Sie kämpfte verzweifelt dagegen an, aber sie war nicht stark genug! Was sie auch tat, sie kam nicht frei. Harry!
Voldemort murmelte einen Fluch und beendete so das Leben des Jungen. Es war tot… Hermione hörte auf zu kämpfen, alle Kraft hatte sie verlassen.
Mit ihm war ein Teil von ihr gestorben… Sie war nun allein, allein in dieser kalten harten Welt! Alles woran sie geglaubt hatte war eingestürzt und sie sah die Trümmer nun vor ihren Füßen.
Der Todesser ließ sie frei und sie sackte zu Boden, sie spürte den kalten gefrorenen Boden unter ihren rauen Fingern.
„Für dich habe ich eine besondere Strafe. Du wirst leben, leben in dem Wissen, das du alles verloren hast, was du geliebt hast. Tag und Nacht werden sie dich verfolgen, die Stimmen der Toten. Ja, die Schuld wird dich niederdrücken und irgendwann...“
Der dunkle Lord beendete seine Rede nicht, er hob die Hände und verschwand mit seinen Todessern.
Manche behaupteten, dass man irgendwann einmal keine Träne mehr übrig hatte. Es war falsch… Sie weinte, sie weinte so sehr wie noch nie in ihrem Leben. Es tat so weh…
Hermione schluchzte noch ein letztes Mal und wischte sich dann mit ihren dreckigen Ärmel über das nasse Gesicht.
Sie schmierte sich dabei Erde und Schlamm auf die Wangen, aber es interessierte sie nicht, Genauso wenig wie ihre Schuhe und ihre Hosen, die nun durchnässt waren und sie zum Zittern brachten. Es war egal – alles war egal. Was zählte das Leben denn noch ohne ihre Freunde?
Sie war Schuld an Rons Tod, er hatte sich für sie geopfert… Hätte sie Harry doch davon abgehalten, gründlicher mit ihm geübt… Sie hätte Ginny beschützen müssen…
Ja, die Schuld drückte sie nieder! Und es war niemand mehr da, der sie trösten konnte.
Sie kam sich feige… Hatte sich das Goldene Trio nicht einmal versprochen, dass es alles tun würde um Voldemort zu besiegen? Und nun wollte sie sich drücken?
Sie schluchzte auf, das Trio war nun Vergangenheit wie so vieles.
„Es tut mir leid, aber ich kann nicht anders. Ohne euch… Nein, ich kann ohne euch nicht leben.“
Flüsterte sie bevor sich mit zitternden Händen nach einer Scherbe von Harrys zerbrochener Brille griff. Sie zuckte kurz zurück, das gebrochene Glas war scharf…
Sie setzte die Scherbe auf die blasse Haut ihres Unterarms und blinzelte eine letzte Träne zurück. Langsam mit immer größer werdendem Druck führte sie das Glasstück an ihren Adern entlang nach unten.
Zu erst durchflutete sie ein unglaublicher Schmerz, er wurde immer stärker. Ihr Verstand schrie ihr zu, sie wolle aufhören doch sie