Butterfly (MMFF)
Flüsterer
Die kleine Stadt am See
Patricia stellte Roberto lächelnd einen dampfenden Teller vor die Nase.
„Und wie gefällt dir dein neues Leben?“ Fragte er verschmitzt lächelnd. Patricia wurde automatisch rot, immer wenn der blondhaarige Roberto sie ansprach.
„Gut“ hauchte sie schüchtern und blickte auf das Tablett in ihren Händen. Sie vermied es ihn anzusehen. Seine Haut war braun gebrannt und verriet, dass er auf den Fischkuttern immer Wind und Wetter schutzlos ausgeliefert war und doch hatte es seine Jugendhaften Züge nicht verloren.
Roberto lachte und schüttelte den Kopf. Sie musste als Kellnerin noch einiges lernen. Der kleine Gasthof war das Heim der Fischer. Hier gingen raue Gestalten ein und aus, dass der Besitzer der kleinen und zierlichen Patricia hier erlaubte zu arbeiten, war ein Wunder. Doch man wusste, wie Patricia von ihrem Stiefvater behandelt wurde und so weit Roberto den Gerüchten entnahm, hatte Lares ordentlich mitgeholfen die Kleine hier unter zu bringen. Anscheinend hatte sie sich Lares anvertraut und der gräfliche Förster schien gleich eine Lösung parat zu haben. Roberto mochte ihr kleines Seestädtchen, wo jeder jeden kannte.
„Sag mal“ Meinte er unter zwei Bissen.
„Weißt du, wer den alten Sauter-Hof übernommen hat?“ Patricia schielte ihn verlegen an und nickte.
„Vier junge Frauen, aber sie haben sich noch nicht in der Stadt blicken lassen“
Roberto nickte.
„Ein Wahnsinn, der Hof ist doch nur noch eine Bruchbude und der See viel zu nah, da wächst einfach nichts… Man hat sie übers Ohr gehauen“ Meinte er lachend.
„Wenn du meinst“ Ertönte eine Stimme hinter ihm. Ein gut aussehender Mann setzte sich uneingeladen zu Roberto. „Engelchen, steh nicht einfach rum“ Meinte er mit süßer Stimme zu Patricia. „Bring mir was zu trinken“
„Jawohl, Blake“ Stotterte Patricia und hätte beinahe ihr Tablett fallen lassen.
„Sie wird unter die Räder kommen“ Meinte Blake kopfschüttelnd.
„Das wird Lares schon zu verhindern wissen“ Meinte Roberto augenzwinkernd und die beiden jungen Männer lachten schallend.
„Die vier Mädels sind Gesprächsthema Nummer eins in der Stadt“ Meinte Blake ungerührt. Normal waren seine wechselnden Damen immer gern willkommener Tratsch.
„Hast du sie schon gesehen?“ Fragte Roberto ehrlich interessiert. Der junge Fischer war so ziemlich der einzige, der Blake unvoreingenommen begegnete. Roberto stammte aus einem nahe gelegenen Dorf am See, aber in der Saison arbeitete er auf den größeren Fischkuttern der kleinen Stadt. Seine Familie war arm und auch wenn er nicht der leibliche Sohn war, sah er sich als Versorger seiner Ziehmutter und ihrer leiblichen Kinder.
„Nein, sie scheinen sehr schüchtern zu sein“ Meinte Blake anzüglich und nahm den Krug dankend aus Patricias fahrigen Händen.
„So wie es aussieht, werde ich als guter Nachbar mal bei ihnen vorstellig werden“
„Du bist kein Nachbar, du hast ja noch nicht einmal eine Hütte“ Stieß Roberto gut gelaunt aus und Blake zwinkerte.
„Was nicht ist, kann immer noch werden“ Und Roberto musste noch heftiger lachen.
„Du wirst dich nie bessern“
Meinte er gut gelaunt und klopfte seinem Freund auf die Schulter.
„Ich hoffe nicht“ Meinte Blake und prostete Roberto zu. Er nahm einen tiefen Schluck und lehnte sich entspannt im Stuhl zurück.
„Vier junge Damen, alleine auf einem Hof außerhalb der Stadt, wo kein vernünftiger Mensch leben möchte“
Er schüttelte den Kopf. „Ich bin wirklich gespannt, was ich da finden werde“
Roberto seufzte und blickte einen Moment auf seinen mittlerweile leeren Teller.
„ich begleite dich“
Blake blickte ihn verwundert an, doch der Gedanke schien ihm zu gefallen. Auch wenn es sein kleiner Freund nicht bemerkte, wirkte er mit seinem heiteren und ehrlichen Gemüt anziehend auf das andere Geschlecht. Er selbst hatte ja schon einen gewissen Ruf und nicht nur in dieser Stadt, den ehrbare Damen nicht sehr gut hießen.
Die vier jungen Damen wären eine ideale Herausforderung für den Frauenschwarm. Blake wusste um seine Reize, seine hoch gewachsene Statur, seine braunen Haare und seine großen Augen. Er wusste welche Blicke man ihm zuwarf und er war wie kein anderer in sich selbst verliebt.
Melina duckte sich durch den hochgeschlagen Zeltvorhang. „Sie wartet“ Meinte die alte Zigeunerin, die im Markt die Zukunft aus den Händen der Menschen las. Sie weißte Melina zu einem weiteren Vorhang und schob ihn der jungen Dame zurück. Im Inneren des kleinen Raumes saß eine Frau die im gleichen Alter wie sie selbst sein durfte. Sie hatte nicht erwartet, dass jemand so junges eine solche Arbeit erledigen könnte. Die Zigeunerin blickte kurz auf und begann zu lächeln.
Sie beugte sich vor und musterte Melina interessiert.
„Man sagte mir, Sie könnten mir helfen“ Die junge Frau lachte auf und schüttelte den Kopf.
„Entspann dich, setz dich“ Meinte die junge Zigeunerin und wies auf ein Polster neben ihrem.
Melina saß sich steif auf den angebotenen Platz.
„Du brauchst also Hilfe“ Meinte die Dame. Sie lehnte sich zurück, dabei klapperten die Reife um ihre zierlichen Handgelenke. Melina konnte nicht umhin darauf zu starren, was der Zigeunerin ein amüsiertes Lachen entrang.
„Ich heiße Ella“ Melina blickte in die dunklen Augen. „Melina“
Zaghaft reichte sie Ella die Hand. Die Zigeunerin hielt sie fest, drehte ihre Handfläche nach oben und blickte hinein. Melina wollte sie wegziehen. „Keine Angst, ich bin nicht die Alte, dass ich lesen will was passiert, aber die Hände sagen alles über einen aus“
Sie strich über die Schwielen in den kleinen Händen. „Harte Arbeit hinterlässt immer Spuren“
Ella ließ Melinas Hand wieder los. „Worum geht es genau“
Melina seufzte und zog aus ihrer Tasche das Medaillon. „Ich muss das hier zu Geld machen“
Ella nahm das Schmuckstück. „Kann ich machen. Und weiter?“
Melina seufzte und blickte auf den feinen Teppich, auf dem sie saßen.
„Meine Schwester und ich sind auf der Flucht“
Sie schielte zu Ella, die nur schweigend darauf wartete, dass sie weiter sprach. „Wir wollen mehr über den Mann erfahren, der uns auf den Fersen ist“
Fügte sie hastig an und atmetet durch. „Wer ist er?“
Die scharfsinnigen Augen blickten sie wissend an. „Wir wissen nicht, wer er ist. Wir wissen nicht warum er hinter uns her ist. Aber es hat etwas mit meiner Schwester zu tun. Er will sie töten“
„Und deine Schwester kennt sie ihn?“
Melina seufzte. „Meine Schwester lebt in ihrer eigenen Welt“ Meinte Melina ausweichend und Ella nickte. „Ich verstehe“ Meinte die Zigeunerin freundlich.
„Hast du irgendetwas für mich, einen Namen, Besonderheiten…“ Ella bemerkte sofort, wie Melina sich verkrampfte.
„Komm schon, gib mir was“ Meinte die Zigeunerin aufmunternd.
„Er ist…“ Melina zögerte. „…anders“ fügte sie leise hinzu.
„Ein Verrückter?“
Melina nickte und schüttelte gleich den Kopf. „Nicht menschlich“ Zögerlich blickte sie zu der Zigeunerin, die jedoch nicht preisgab, was sie von dem hielt.
„Er kam auf unseren Hof und jagte uns. Wir hatten Hilfe, anders wären wir jetzt tot. Nichts konnte ihn aufhalten“ Melina hielt inne, ihr wiederstrebte es darüber zu sprechen. „Man rammte ihn eine Mistgabel in seinen Körper und er zog sie einfach heraus, als sei nichts gewesen“
Sie blickte vorsichtig zu Ella, die ihr schweigend zugehört hatte.
„Wie seid ihr ihm entkommen?“ Fragte Ella, als Melina nicht mehr weiter sprach.
„Die Sonne“ Hauchte Melina unsicher. „Die Sonne?“
Melina nickte. „Als sie aufging, verwandelte er sich in Nebel und wir waren sicher“
Sie musterte die junge Zigeunerin. „Du glaubst mir nicht“
Ella lachte auf und wog das Medaillon in ihren Händen. „Ich glaube an nichts“ Meinte sie nüchtern. „Ich vertrau meinen Augen, meinen Ohren und was ich in Händen halte“ Sie ließ das Amulett vor ihrer Nase baumeln. „Ich bin nicht billig und du hast nichts außer das. Wobei die Hälfte von dem meiner Arbeit entspricht. Keiner der so wenig hat, wird so viel hergeben ohne Grund. Erzähl mir alles und ich werde mich kundig machen, wer auch immer hinter euch her ist oder besser gesagt was, ich werde es herausbekommen. Wo kann ich dich finden?“
Die Alte hielt Melina die Türe auf, sie drückte ihr ein Beutel voller Münzen in die Hand. Das was von dem Medaillon noch übrig blieb, gerade genug um die Pacht ihres Versteckes zu zahlen und ein wenig davon Leben zu können. Sie hoffte die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Ella wirkte vertrauenswürdig. Sie mussten mehr über den Krähenmann in Erfahrung bringen. Ella hatte schweigend der ganzen Geschichte gelauscht um am Ende nur eine freundliche Warnung ihr mit auf den Weg gegeben, still und unauffällig in ihrem Versteck zu warten, bis Ella sie kontaktieren würde.
Blake klopfte an die Türe und blickte grinsend zu Roberto um, der eine zu ernste Miene zog.
Ein junges Mädchen öffnete ihnen, sie war zierlich und ihr Haar wirkte fast weiß. Ihre großen Augen musterten die beiden Männer scheu.
„Geh von der Tür weg“ Hörte man eine Stimme von innerhalb des Hauses. Das zierliche Gesicht verschwand und machte einem durchaus hübschen, jedoch sehr abweisenden Gesicht platz.
„Was gibt es“ Fragte die junge Frau, mit den langen dunklen Haaren, die zu einem praktischen Knoten zusammengesteckt waren.
„Wir sind ihre Nachbarn“ Die junge Frau setzte zu einer Antwort an, doch sie wurde bevor sie überhaupt beginnen konnte unhöflich zu sein, von einer anderen Stimme unterbrochen. Blake und Roberto wandten sich um, denn die andere Dame bog um die Ecke des Hauses.
„Kann ich Ihnen behilflich sein“ Fragte die junge Frau mit sanfter Stimme. Blake und Roberto musterten sie einen Moment. Die Türe ging auf und das weißhaarige Mädchen huschte an den Gästen vorbei und schmiegte