Alte Rechnungen
Vorwürfe
„Das kann nicht dein Ernst sein!“, in Kaibas Stimme liegt reine Verachtung. Geringschätzig wendet er sich an Noah: „Bildest du dir wirklich ein, dass ich dir einen künstlichen Körper konstruiere, nach dem was du bisher alles mit mir angestellt hast? Bitte sag mir, dass du nicht so dämlich bist!“ Schuldbewusst lässt Noah den Kopf hängen. „Du hast ja recht! Ich habe mich wirklich fies verhalten und es tut mir ehrlich leid!“
„Glaubst du damit ist es getan?“, schnaubt Kaiba verächtlich, „Ich habe Besseres zu tun, als dir nach all dem was gewesen ist auch noch einen größeren Bewegungsfreiraum zu verschaffen. Von mir aus kannst du in dieser virtuellen Welt verschimmeln!“ Geknickt steht Noah da. „Ich kann verstehen, dass du sauer auf mich bist. Ich würde es gerne wieder gutmachen, sag mir nur wie!“
„Du könntest damit anfangen mich auf der Stelle hier rauszulassen!“, sagt Kaiba kühl. „Kaiba...“, versucht Yami es erneut, doch Kaiba schneidet ihm das Wort ab: „Halt dich da raus, Yugi! Ich will nichts mehr hören!“
In diesem Moment ist ein heller, spitzer Schrei zu hören. Er scheint von hinter dem nächsten Hügel zu kommen; von dort hinten wo der Baum steht. Kaiba fährt augenblicklich herum. Böse funkelt er Noah an: „Das trägt sicher nicht dazu bei, meine Meinung zu ändern!“ Im nächsten Moment läuft er auch schon los in Richtung Baum.
„Das war keine gute Idee!“, stellt Yami tadelnd fest. „Das bin ich nicht gewesen!“, verteidigt Noah sich. Yami sieht ihn scharf an. „Nein wirklich nicht!“, beteuert Noah. „Was auch immer es ist“, sagt Yami, „Offenbar hat Kaiba schon einiges davon zu sehen gekriegt und das hat seine Laune sicher nicht gehoben.“ Mit diesen Worten setzen sich auch Noah und er in Bewegung und folgen Kaiba, der hastig über die Wiese zu dem Baum hinläuft.
Wieder ist ein Schrei zu hören. Eine helle Stimme ruft in höchster Not um Hilfe. Endlich haben Yami und Noah zu Kaiba aufgeholt. Hinter dem Hügel ist ein kleines Tal, durch dass sich ein rasch dahinfließender Fluss schlängelt. In einiger Entfernung ist eine steinerne Brücke zu sehen. Yami tritt an Kaiba heran, der regungslos dasteht und auf das Geschehen am Fluss hinabschaut. Als er seinen Blicken folgt, reißt Yami-Yugi die Augen auf.
Die Schreie kommen aus dem Fluss. Ein kleiner, dunkler Haarschopf treibt in den Fluten. Hin und wieder geht er unter und immer wenn er wieder hochkommt, ruft er keuchend und nach Luft schnappend um Hilfe.
In diesem Augenblick taucht eine bekannte Person auf der Brücke auf. Es ist der kleine Seto Kaiba. Mit weitaufgerissenen, panikerfüllten Augen starrt er auf das Wasser hinab. Mit aller Kraft die seine Lungen hergeben schreit er: „Mokuba!!!“ Einen Augenblick lang scheint er zu zögern, doch dann steigt er auf die Brüstung der Brücke und springt hinunter in die Fluten. Hinter ihm taucht nun eine zweite Person auf. Es ist das junge Mädchen. Mit großen Augen starrt sie Seto hinterher, doch sie rührt sich nicht vom Fleck.
Wie parallelisiert steht sie da und verfolgt wie der Junge mit aller Kraft versucht gegen die Strömung anzukämpfen um seinen kleinen Bruder zu erreichen. Mehrmals scheinen ihm die Kräfte zu versagen doch verbissen kämpft er sich weiter. „Ich komme Mokuba! Halt durch!“ Die kleine, schwarzhaarige Gestalt geht immer wieder unter, zum Schreien fehlt ihr bereits die Kraft.
Da endlich, nach einem scheinbar endlos währenden Kampf, bekommt Seto seinen Bruder zu fassen. Mühevoll kämpft er sich ab um ihn ans Ufer zurückzubringen. Mit letzter Kraft erreichen beide das seichte Wasser und in einem letzten verzweifelten Kraftakt wuchtet Seto den schlaffen Körper seines Bruders ans Ufer.
Fieberhaft versucht er die leblose Gestalt wieder zur Besinnung zu bringen. „Moki, bitte wacht doch auf! Mach doch die Augen auf, bitte!“, fleht er noch völlig atemlos während er ihn leicht rüttelt. Tränen stehen ihm in den Augen. „Tu mir das nicht an Moki!“, schnieft er, „Bitte wach auf!“
Da plötzlich beginnt sich der kleine Kerl zu bewegen und zu keuchen und husten. Ein erleichtertes Lächeln huscht über Setos Gesicht. Doch die erste Freude weicht sogleich einem finsteren Gesicht, als er den Kopf hebt und sich langsam zu dem Mädchen umdreht. Noch immer steht sie regungslos an der Brücke. „Das ist alles deine Schuld! Hau bloß ab!“, schreit er wütend. Wie vom Donner gerührt steht sie da. Dann auf einmal dreht sie sich um und läuft davon.
Schweigend steht Kaiba da. Es ist ihm unmöglich anzusehen was er denkt. Yami tritt nun an ihn heran. „Ich nehme an, dass ist wirklich einmal passiert“, stellt er die Vermutung an. „Das spielt keine Rolle“, sagt Kaiba, „Das gehört der Vergangenheit an. Und ich sage es noch einmal: Es geht dich nicht das Geringste an!“ „Wer war das Mädchen eben, kennst du sie?“, fragt Yami weiter. „Bist du taub?“, funkelt Kaiba, „Das hat dich nicht zu interessieren!“
Nun reicht es aber auch Yami: „Verdammt Kaiba, warum bist du bloß immer so ein Sturkopf? Egal was damals passiert ist, wann siehst du endlich ein, dass du damit nicht allein klarkommen musst?“ Belustigt schaut Kaiba nun auf ihn hinab: „Ach Yugi, willst du mir etwa schon wieder mit diesem Freundschaftsblödsinn kommen? Du verschwendest nur deine Zeit! Ich brauche eure lächerliche Freundschaft nicht, ist das nun verständlich? Ich komme sehr gut alleine klar. Du kannst ja gerne jemandem anders damit auf den Wecker fallen, aber lass mich ein für allemal damit in Ruhe!“
Yami schüttelt seufzend den Kopf: „Wann bist du bloß so hart geworden Kaiba, dass du niemanden mehr an dich heranlässt!“ „Spar dir das!“, wehrt Kaiba entschieden ab, „Ich brauche keinen Psychiater und auch keinen Philosophen der mir irgendwelchen Stuss einzureden versucht. Bei mir ist alles in bester Ordnung, so wie es ist! Freundschaft ist was für Schwächlinge und für leichtgläubige Typen wie dich! Wenn dich so ein kindisches Ideal glücklich macht, schön für dich, aber ich habe nicht das geringste Interesse daran!
„Und das da“, damit zeigt er die beiden Jungen am Flussufer, „hat absolut keinen Einfluss auf meine Meinung. Wenn du mir allerdings immer noch nicht glaubst, dann lass dir gesagt sein: Ich habe es auch nicht nötig, dass mein kleiner Bruder dauernd um mich herumscharwenzelt. Wenn ich sage ich brauche niemanden, dann meine ich wirklich niemanden, verstanden?“
„Du solltest dich wirklich schämen, solche Töne von dir zu geben, Seto Kaiba!“, ertönt plötzlich eine Stimme hinter ihnen. Die drei jungen Männer fahren herum. Vor sich sieht Kaiba eine bekannte Gestalt. Hoch aufgerichtet steht vor ihnen die Feuerprinzessin. Der eine Arm ruht leicht auf ihrem Stab, die andere Hand ist in ihre Hüfte gestemmt. Mit flammendem Blick funkelt sie zu Kaiba hinüber.
„Du schon wieder!“, bemerkt Kaiba unwillig, „Ein wirklich hartnäckiges Programm! Aber offenbar mit einigen Macken. Wie sonst ist es zu erklären, dass es mich immer noch wie einen Fünfjährigen behandelt?“, mit diesen Worten wirft er Noah einen scharfen Blick zu. „Wahrscheinlich, weil du dich wie ein unreifer Fünfjähriger aufführst!“, meint die Feuerprinzessin spitz. „Es reicht!“, sagt Kaiba entschieden, „Solch einen Ton muss ich mir nicht länger gefallen lassen! Beende das auf der Stelle Noah, oder du lernst mich kennen!“ Dieser steht jedoch nur mit verschränkten Armen und schmalen Augen da und mustert das Geschehen abschätzend ohne ein Wort zu sagen.
„Krieg dich endlich wieder ein, Seto!“, erwidert die Feuerprinzessin nun ernst, „Dein Bruder hat damit nichts zu tun. Wenigstens dieses eine Mal kannst du ihm ruhig glauben.“ Langsam dreht Kaiba sich um. Kritisch mustert er seine Gegenüber. „Du bist kein Programm!“, stellt er schließlich fest, „Wer bist du?“
„Also wirklich! Du enttäuschst mich Seto!“, sagt die Feuerprinzessin, „Erkennst du mich wirklich nicht?“ Misstrauisch nimmt Kaiba die Gestalt in Augenschein. Dann schnaubt er auf. „Du könntest wer weiß wer sein. Ich nehme an diese Gestalt verdankst du der Technik dieses Systems. Warum gibst du dich nicht einfach zu erkennen? Was soll das Versteckspiel? Dafür hab ich im Moment gar keinen Nerv!“
Die Feuerprinzessin schüttelt seufzend den Kopf. Schließlich sagt sie: „Du hast recht. Ich habe mir eine andere Erscheinung zugelegt. Immerhin wollte ich mein Programm endlich einmal selbst ausprobieren.“ Kaiba hebt die Brauen: „Das Programm ist von dir? Dann musst du die Leiterin der Forschungsabteilung sein, von der dieser Trottel Matsuo vorhin gesprochen hat.“
Yamis Augen weiten sich. „Das ist Atsumi!“, stellt Yugi überrascht fest, „Aber warum kommt sie hier herein? Was hat das zu bedeuten?“
„Allerdings!“, funkelt die Feuerprinzessin, „Und ich bin ziemlich ungehalten darüber zu sehen, wie meine Technik von dir missbraucht wird, Seto Kaiba!“ Kaiba strafft sich: „Ich weiß nicht wovon du sprichst.“ Die Feuerprinzessin packt ihren Stab fester. „Dann werde ich es dir eben zeigen! Vielleicht hilft das deinem Gedächtnis auf die Sprünge.“
Mit diesen Worten hebt sie ihren Stab. Augenblicklich verschwindet die Wiese unter den Füßen der vier und bildet einen großen, elegant ausgestatteten Raum. Dort am Tisch sitzt der junge Seto Kaiba zusammen mit Mokuba und betrachtet einen großen Haufen dicker Geldbündel. Inzwischen ist aus ihm ein junger Mann geworden. Neben ihnen steht ein großer, in Anzug gekleideter Herr. Nun wendet sich Seto an den Mann neben ihm: „Lekter, ich will, dass sie mit diesem Geld 51% einer Firma kaufen!“ „Was für eine Firma soll es denn sein?“, kommt die Frage zurück. „Ganz egal!“, antwortet Seto, „Hauptsache sie