Alte Rechnungen
Warum ich dich hasse...
Noch immer steht Kaiba völlig ungläubig und fassungslos da. Einen Momentlang kann er sich noch aufrecht halten, dann knicken ihm die Knie ein. „Ich habe... verloren!“, keucht er, „Nicht schon wieder! Wie ist das möglich?“ Die Duelldisk an seinem Handgelenk verschwindet und gibt seinen Arm frei. Schwer stützt er sich auf dem Boden auf. Ihm ist auf einmal so schwindelig und zu allem Überfluss noch übel.
Wie konnte ihm das nur passieren? Hat man ihm heute denn nicht schon genug zugesetzt? Auf einmal geraten zwei Füße in sein Blickfeld. Langsam hebt er den Blick. Es ist Yuki. Sie streckt ihm mit einem schüchternen Lächeln hilfsbereit die Hand hin. Ihre grünen Augen blitzen aufmunternd.
Für einen kurzen Moment entgleisen ihm die Gesichtszüge. Unwillkürlich beginnt er zu schwitzen und sein Herz hämmert energisch in seiner Brust. Ein dicker Kloß bildet sich auf einmal in seinem Hals und es fällt ihm schwer zu schlucken. Sprachlos starrt er auf die dargereichte Hand, die ihm aufhelfen will. Warum tut sie das? Warum muss sie das gerade jetzt machen? Warum nur muss sie ihn nur so ansehen? Hat sie denn nicht schon genug angerichtet? Muss sie ihn jetzt noch mehr demütigen?
Nachdem er noch einmal geschluckt hat bekommt er wieder Kontrolle über sich. Mit einer wütenden Geste schlägt er ihre Hand beiseite. Verunsichert schaut sie ihn an, doch er kommt rasch wieder von selbst auf die Füße. „Ich brauche dein Mitleid nicht!“, sagt er kalt, „Es gibt überhaupt keinen Grund für so was!“ „Wie du willst! Es ist deine Entscheidung!“, entgegnet Yuki, „Hauptsache du hältst dich an unsere Abmachung und konstruierst für Noah einen neuen Körper.“
„Ich werde nichts dergleichen tun, mach dich doch nicht lächerlich!“, erwidert Kaiba verächtlich, „Ich habe vielleicht nicht gewonnen, aber du ebenso wenig! Dieses Duell besagt gar nichts! Absolut nichts ist entschieden und schon gar nicht, dass ich diesem Stück... Datenschrott ein neues Zuhause bauen werde!“ Nun wird Yukis Mine ernst. „Geschäft ist Geschäft und ein Deal ist ein Deal!“, erklärt sie fest, „Und unser Deal war, dass du meine Firma und meine VR-Technik bekommst, wenn du gewinnst, aber dass du Noah einen neuen Körper baust, falls du mich nicht besiegst! Und du hast mich ganz eindeutig nicht besiegt!“
Wie vom Donner gerührt steht Kaiba da. Für einen Moment hat er völlig die Sprache verloren. Hinter seiner Stirn scheint es heftig zu arbeiten. Schließlich kann er die Benommenheit abschütteln. „Du hast mich ausgetrickst!“, sagt er leise, „Du hast mich wiedereinmal hereingelegt! Das hast du von Anfang an geplant gehabt. Du hast es darauf angelegt meine Punkte zu erhöhen und deine zu verringern, und ich Narr hab dir sogar dabei geholfen!
„Es war genau so sehr dein Ziel meinen Schnappstahl zu erhalten, wie mir deinen Entkräftungsschild zukommen zu lassen. Und dann hast du mich noch in Sicherheit gewiegt und mich glauben lassen, ich hätte eine Chance dich mit meinem Ultradrachen zu besiegen. Dabei war es doch genauso dein Plan, deine Punkte durch meinen Drachen soweit zu reduzieren, dass du deine Falle spielen konntest, hab ich nicht recht!“
Leicht nickt Yuki: „Ja du hast recht! Das war mein Plan. Ich kenne dich so gut, dass es nicht schwer war deine Züge vorauszuahnen.“ Kaiba verkrampft sich. Energisch wendet er sich ab. Er scheint schwer um seine Fassung zu ringen. „Ich habe dich ganz eindeutig nicht besiegt!“, presst er hervor, „Du hast mich doch das ganze Duell lang am Gängelband entlang geführt, und ich habe dir vollkommen ahnungslos aber umso effektiver zugearbeitet. Ich habe... versagt und das auf ganzer Linie!“
Zögernd macht Yuki einen Schritt auf ihn zu. „Du hast ein hervorragendes Duell bestritten!“, versucht sie ihn zu ermutigen, „Seit langem hatte ich nicht mehr eine solche Herausforderung! Du bist ein ausgezeichneter Duellant, das nächste Mal wirst du wieder derjenige sein der gewinnt!“
Mit einem Ruck fährt Kaiba herum. Nun liegt unverhehlter Hass auf seinem Gesicht. „Hör auf mich zu verspotten!“, schreit er, „Du bist noch genau so schlimm wie damals! Es bereitet dir doch Vergnügen mich zu erniedrigen und zu demütigen. Willst du mich nicht lieber auslachen wie damals? Das ist immerhin noch leichter zu ertragen als dieses entwürdigende Gutzureden von dir! Reicht es dir denn nicht, dass du damals mein Leben, so wie es mal war, zerstört hast? Musst du mich nun wieder so demütigen?“
Jetzt wird auch Yuki wütend: „Ich will dich doch gar nicht demütigen, du dämlicher Sturkopf! Alles was ich will ist, dass du endlich aufhörst um den heißen Brei herumzureden. Wenn du ein Problem mit mir hast, dann sag es endlich!“ Mit einer wütenden Geste schlägt Kaiba in die Luft: „Warum sollte ich das tun? Warum willst du mich unbedingt zwingen, mich an Dinge zu erinnern die längst der Vergangenheit angehören?“ „Weil... du dir da krampfhaft Sachen einredest die einfach nicht wahr sind!“, ruft Yuki händeringend.
Einen Momentlang scheint Kaiba mit sich zu ringen. Dann sagt er mühsam beherrscht: „Alles woran ich mich erinnere ist, dass du damals in dem Arbeitszimmer deines Vaters versprochen hast, mir den Weißen Drachen mit eiskaltem Blick zu schenken sobald du ihn bekommen würdest. Doch du kannst jetzt gerne zugeben, dass du niemals vorhattest dein Versprechen zu halten. Ich war es in deinen Augen doch nicht wert diese Karte zu besitzen; du selbst hast das damals gesagt an dem Tag im Waisenhaus, als wir uns das letzte Mal gesehen haben. Streite es bloß nicht ab, deine eigene Technik hat mir die Wiederholung davon gezeigt!
„Doch wie du siehst hat sich das inzwischen geändert. Ich bin der Leiter eines weltweiten, erfolgreichen Großunternehmens und zudem der alleinige Besitzer der drei einzigen Weißen Drachen mit eiskaltem Blick die noch existieren. Das bedeutet, dass ich nun doch den Drachen deines Vaters besitze. Und all deine Mühen ihn mir vorzuenthalten waren also letztendlich vergebens.
„Inzwischen sollte es mehr als deutlich sein, dass ich zu einer Person geworden bin die es wert ist diese Karte zu besitzen. Wie sonst wäre ich auch in ihren Besitz gekommen. Dabei muss ich allerdings erwähnen, dass ich den einen Drachen nicht von deinem Vater erhalten habe. Es gab andere arme Irre die so dumm oder so verzweifelt waren, mir schließlich ihren Drachen zu überlassen.“
„Aber das wollte ich dir doch schon die ganze Zeit sagen!“, fällt Yuki ihm jetzt ins Wort, „Ich konnte dir den Weißen Drachen damals gar nicht geben, denn... ich habe ihn ja selbst nicht erhalten.“ Überrascht wendet Kaiba sich zu ihr um: „Was soll das heißen?“
Yuki ballt die Faust. „Erinnerst du dich? Wir haben erst eine Weile nach dem Tod deiner Eltern von dem Unglück erfahren, denn ich war damals gemeinsam mit meinem Vater im Ausland auf Geschäftsreise. Die Geschäfte liefen nicht gut für ihn damals. Er wollte Schadensbegrenzung betreiben. Und es blieb ihm einfach nichts übrig als seinen Weißen Drachen mit eiskaltem Blick an seinen Schuldiger, einen gewissenlosen Sammler, zu verkaufen.
„Ich flehte meinen Vater an es nicht zu tun. Ich wusste doch, dass ich versprochen hatte ihn dir zu schenken und wie sehr du ihn dir gewünscht hast. Aber es blieb ihm keine andere Wahl, er musste es tun. Ich war verzweifelt! Ich wusste einfach nicht wie ich dir das beibringen sollte, besonders als wir die Nachricht vom Tod deiner Eltern erhielten. Mir war klar, dass ich dir das nicht auch noch antun konnte.
„Also beschloss ich so zu tun, als müsstest du dir den Drachen erst noch ein bisschen verdienen. Ich hoffte, dass es meinem Vater bis dahin gelingen würde den Drachen wieder zurückzukaufen, doch dazu ist es niemals gekommen.“ „Und das soll ich dir glauben?“, ruft Kaiba aus, aber seine Stimme schwankt leicht. „Es ist die Wahrheit!“, gibt Yuki zurück.
Kaiba steht regungslos da. Alle Augen sind nun auf ihn gerichtet um zu sehen wie er reagiert. Sein Herz rast und seine Handflächen werden feucht. Kann er es riskieren ihren Worten zu trauen? Nein, das kann nicht stimmen! Auf keinen Fall hat sie sich damals solche Gedanken um ihn gemacht! Das würde gegen alles sprechen was er jemals von ihr gedacht hatte. Jemals? Nein nicht immer, es gab mal eine Zeit da... nein, sie beide sind niemals Freunde gewesen! Nein, nein, nein!
Es vergeht eine lange Zeit bis er wieder zu ihnen hinüber blickt. „Du hättest mir das sagen sollen!“, sagt er schließlich, „Aber anscheinend war es dir lieber, mich offen und mit aller Macht vor den Kopf zu stoßen. Endlich konntest du dein wahres Gesicht zeigen und mich wissen lassen was du wirklich von mir denkst.“
Fassungslos schüttelt Yuki den Kopf: „Du glaubst wirklich noch immer, dass ich dich damals nur ausgenutzt habe und du das arme Opfer warst? Dann werde ich dir etwas zeigen, was dich vielleicht endgültig vom Gegenteil überzeugen wird!“ Mit einer leichten Bewegung ihrer Hand befinden sie sich auch schon wieder in der Nähe des schicksalhaften Baumes.
Kaiba reißt die Augen auf und es kommt wieder Leben in ihn. „Nein, das wirst du bleiben lassen!“, ruft er drohend, „Komm nicht auf die Idee mir das noch einmal zu zeigen!“ „Ich habe auch gar nicht vor, dir deine Rettungsaktion noch einmal zu zeigen“, entgegnet sie ernsthaft, „Ich werde dir zeigen was davor geschah, denn offenbar hast du das ja vergessen.“
„Wag das ja[7i] nicht!“, meint Kaiba gefährlich. „Warum nicht?“, kommt es eben so ernst zurück. Kaibas Mine ist in Aufruhr: „Weil ich das nicht sehen will, klar? Ich will es nicht [i]sehen und nie wieder daran denken!“ „Warum denn nicht, Seto?“, ruft Yuki fast verzweifelt, „Das was damals geschah,