Vaterliebe
Vaterliebe
Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht...
Er wollte mit ihr allein sein.
Noch nie wollte er das, noch nie hatte er sich für sie interessiert, doch heute kam er zu ihr und fragte sie, ob sie mit ihm rausgehen würde.
Ein Gespräch zwischen den beiden, ohne, dass jemand dazwischen ginge.
Sie hatte ihn zum ersten Mal allein, zum ersten Mal konnte sie mit ihm reden, ohne, dass er sich auf den Fernseher konzentrierte oder seine neue Frau.
Ihr Herz schlug schneller, beflügelte sie und ließ sie ungeduldig zur Uhr schauen.
Um 15 Uhr draußen, hatte er gesagt und mit jedem Ticken des Sekundenzeigers rückte das Treffen näher.
Was sollte sie nur sagen?
Was sollte sie mit ihm bereden?
Bisher hatten sie noch kein richtiges Gespräch, nur Annäherungsversuche. Missglückte Annäherungsversuche.
Sie dachte zurück, dachte an das vergangene Jahr, an die Sportkurse, die Nachhilfe, an alles, was sie gemacht hatte, um sich zu verbessern, um würdig zu sein. Und nun hatte sie es geschafft.
Er hatte sie endlich gesehen, sie endlich wahrgenommen.
Nun würde alles besser werden, alles schöner und sie würde endlich wieder glücklich sein.
Der kleine, dicke Zeiger stand auf der 3, die Uhr schlug.
Hastig stand sie auf.
Rannte raus aus der Wohnung, weg von ihren Verwandten, ihren Freunden, der Feier, die für sie gegeben wurde.
Sie hatte nur ein Ziel.
Ihn.
Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht, als sie vor ihm stand.
Ihre Wangen waren gerötet vor Aufregung, ihre Augen glänzten. Stolz sah sie aus, stolz und voller Freude.
Doch dann verschwand das Lächeln.
Er stand mit dem Rücken zu ihr, Hände in den Taschen, bereit zu gehen.
Was hatte sie nur falsch gemacht?
Etwas in ihr schmerzte.
Von oben konnte man Geräusche hören und sie zuckte zusammen, als ein kleiner Junge die Treppe runter gerannt kam. Er lachte, sah glücklich aus, und grinste den Mann an, bevor er nach draußen verschwand.
Ihre Augen wurden glasig, und zögernd blickte sie wieder zu ihm, zu demjenigen, der sie noch vor ein paar Sekunden Strahlen lassen hatte.
Aber er nahm keine Notiz von ihr.
Er ging, schritt langsam die Treppe hinab, um den Jungen zu folgen, um sie allein zu lassen.
„Dad?“, wisperte sie, ihre Stimme schwach und zitternd, unnatürlich hoch, wie zerbrechendes Glas.
Sie streckte die Hand nach ihm aus, nach dem Mann, für den sie alles getan hatte.
Doch die Tür fiel schon ins Schloss.
Er ging ohne sich noch einmal umzudrehen, ohne „Lebewohl“ zu sagen.
Von der Wohnung drangen Rufe auf ihr Wohl an ihr Ohr, auf ihre Gesundheit und ihr Glück, doch seine Stimme war nicht zu hören.
Er war weg
© caperpri