Fanfic: Halbschatten
Kapitel: Seltsame Piraten
Seltsame Piraten
Da wir als Piraten geboren
Hat die Freiheit uns erkoren
Wir geben niemals auf
Wir gehen lieber beim Kampfe drauf
Wir verkünden unser Sieg mit Gesängen
Bis wir schließlich am Galgen hängen.
(Verfasser unbekannt)
Fort. Verschwunden. Verloren.
Ein Fetzen Licht schwebte auf mich zu. Ich hätte nie gedacht, so etwas wie Licht jemals wieder sehen zu können.
Fort.
Der leuchtende Fleck zerbrach in unzählige kleine Scherben, die von der Dunkelheit verschluckt wurden. Es wurde plötzlich heller. Die Dunkelheit verwandelte sich, verspieltes Grün umstreifte mich. Grün. Mein Herz schien zu zerreißen.
Lasst mich zu ihm! Lasst mich gehen!
Fort. Für immer.
Auf einmal wusste ich nicht mehr, wie diese wirbelnde Farbe hieß.
Das erste, das ich hörte, als ich aufwachte, war ein Schluchzen, dann ein Schniefen und schließlich einen Satz. Einen Satz, der aus sechs herzzerreißenden Wörtern bestand.
Die Stimme hätte von einem Kind stammen können, weil sie genauso hell, unschuldig und naiv klang.
Ich kam erst viel später darauf, dass sie weder sorglos noch unbekümmert geklungen hatte. Kinder durften keine Sorgen haben. Ihre Erfahrungen waren noch zu klein, um den vollen Ausmaß von echter Traurigkeit zu erfassen. Sie wussten instinktiv, dass das Leben immer weiterging und dass es nur noch besser werden konnte.
Das war noch nicht alles. Denn, obwohl ich mich nicht mehr an sie erinnern konnte und generell nie so viel mit Kindern zu tun gehabt hatte, kam mir die Stimme so … vertraut vor. Oder nicht unbedingt vertraut, eher bekannt. Als hätte ich sie vor langer Zeit schon einmal gehört. Vor sehr langer Zeit. Als ob… Als ob ich sie aus einem früherem Leben kam.
Oder einfach so, als hätte ich sie einmal in einer Bar -oder was weiß ich woher- gehört und erinnerte mich –warum auch immer- noch an sie. Ganz einfach.
Auf jeden Fall hörte ich diese Stimme als allererstes.
„Das ist alles nur meine Schuld!“ Das Kind (Ich nahm an, dass es ein Kind war) gab ein ersticktes Aufschluchzen von sich, dann ein Trompeten, als benutzte er ein Taschentuch. .
„Quatsch!“ Jetzt ergriff jemand anderes das Wort. Er klang energisch, als wäre er regelrecht überzeugt, dass das Kind (woran auch immer) keine Schuld beitrug.
Er. Richtig. Diesmal war es ein Mann.
Auch er wurde sofort abgelöst. Die kühle, weibliche Stimme klang so nüchtern, als würde sie über das Wetter reden.
„Mach´ dir mal kein Kopfzerbrechen. Man kann es sowieso nicht mehr ändern. Es ist geschehen und du kannst nichts dafür.“
„Genau, Chopper! Versteh das doch endlich! Außerdem hilft dein Rumgeheule niemandem!“, knurrte der Mann. Irrte ich mich oder hatte seine Stimme an Sänfte und Geduld verloren?
„Aber ihr seid es, die nicht verstehen!“, schluchzte das Kind. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich ihn retten können!“
Ihn retten können?
Ich öffnete meine Augen.
„Wen retten können?“
Als es meine Stimme hörte, zuckte es zusammen und fuhr zu mir herum.
Tatsächlich. Ein Kind. Jedenfalls war es von kindeskleiner Statur. Es hatte ein komisches Kostüm aus braunem Fell, eine Maske mit einer blauen Nase, einen roten Hut mit einem weißen Kreuz drauf an und zur Krönung trug es ein unechtes Geweih.
Ich erschrak, als ich sein Gesichtsausdruck sah. Seine großen, schokoladenbraunen Augen waren mit Tränen gefüllt, aber es lächelte mich tapfer an. Als wollte es mir Trost spenden…- das Kinder schon so selbstlos sein konnten.
„Wer…?“, rutschte es mir heraus. Aber bevor ich „…bist du?“ sagen konnte, griff ein Mann nach meiner Hand. Er hatte blondes Haar und gekringelte Augenbrauen.
„Namilein“, sagte er, und er klang richtig besorgt, „Wie geht es dir? Hast du Hunger oder Durst? Brauchst du etwas?“
Namilein?!? Hunger… Durst… Hä?!?
Ich versuchte mich daran zu erinnern, was passiert war. In Sekundenschnelle lief eine Abfolge von Bildern vor meinem inneren Auge ab.
Die Schatzkarte, die ich gestohlen hatte. Ein Junge mit Strohhut, der vom Himmel fiel. Wie ich den Jungen meinen Boss nannte und floh, wie er gegen diese starken Piraten mit Leichtigkeit gewann. Wie ich ihn in ein unbewohntes Haus brachte. Wie er mich in seine Piratenmannschaft einlud. Wie ich seine Einladung abschlug. Wie ich ihn diesem… Buggy auslieferte. Wie er eingesperrt wurde. Wie ich ihn ermorden sollte und mich weigerte. Wie ich ihn rettete.
...
Und…
Und dann? Hatte dieser Buggy mich nicht erschossen?? Und der Junge mit dem Strohhut? ...Wie hieß er noch mal… Ruffy? Hoffentlich war ihm nichts passiert!!!
„Ähm…“, flüsterte ich heiser. Was war bloss passiert?
Ich bemerkte, dass der Blonde meine Hand immer noch festhielt und zog sie zurück.
Woher wusste er, dass ich Nami hieß? Und warum nannte er mich Namilein? Und wer...
„Wer seid ihr?“, fragte ich langsam. Ich versuchte fest zu klingen, wusste aber nicht, ob mir das gelang.
Dem Mann, der gerade noch Anstalten gemacht hatte, meine Hand zurückzuerobern, und dessen Finger nun reglos über meiner schwebte, klappte es die Kinnlade runter. Das Kind verlor nun vollständig die Fassung, die Tränen liefen ihm nun unkontrolliert über sein sowieso schon durchnässtes –und zugegeben ziemlich echt aussehehendes- Kunstfell.
„Oh nein!“, flüsterte es. Es schwankte, gleich schien es wirklich mit dem Boden Bekanntschaft machen zu wollen.
„Hey!“, rief ich und wollte es festhalten, aber ich verpasste es knapp. Dann ging alles ganz schnell.
Hände schossen aus den Dielen hervor und verhinderten, dass es auf dem hartem Boden aufschlug. Eine Frau stand von einem Stuhl hinter dem Mann auf, ich hatte sie bisher irgendwie übersehen. Sie beugte sich über das Tier, hob es hoch und legte es vorschtig auf meine Bettdecke.
Ich öffnete den Mund, wusste aber nicht was ich sagen sollte. Deshalb schloss ich ihn wieder und sah sie mir nur stumm an.
Die weder besonders junge noch besonders alte Frau hatte sanfte und gleichzeitig stechend hellblaue Augen und eine schöne, grade Nase. Eine schwarze Sonnenbrille funkelte aus ihrem seidig, ebenfalls schwarzem Haar hervor.
Ihr Blick durchbohrte mich geradezu.
„Du erinnerst dich wohl nicht?“, fragte sie mich ruhig. Dann erklärte sie mir:
„Ich heiße Nico Robin. Der Mann dort“, sie zeigte auf den Blonden, „ist unser Koch Sanji und das“, sie zeigte auf das Kind, „ist unser Arzt namens Tony Chopper. Wir gehören zu der Strohhutbande, genau wie du.“ Sie legte eine kurze Pause ein und fügte dann hinzu: „Du bist übrigens unsere Navigatorin.“
Ich bin… Navigatorin?
Plötzlich dämmerte es mir. Dieser Junge mit dem Strohhut...
er war also tatsächlich Käpt´n einer Piratenbande gewesen und dachte jetzt, ich würde bei ihm mitmachen! Anscheinend dachten das auch seine...Freunde (oder Kameraden?)!
Schließlich behandelten sie mich… ziemlich freundschaftlich. Mehr oder weniger. Naja, eher mehr.
Ich knirschte mit den Zähnen. Wenn die glaubten, ich würde ehrlich in die Bande eintreten, hatten sie sich geschnitten! Das einzige, was ich auf einem Piratenschiff wollte, war schließlich Schmuck, Edelsteine und Geld! Ich brauchte nur noch so wenig, bis ich Kokos endlich freigekauft hatte...!!!
Dann wurde mir erst klar, dass das vor mir echte Piraten standen (bzw. saßen und lagen).
Echte (!), gewalttätige (!), starke (!), gnadenlose (!), unbezwingbare (!) Praten!!!
Ich atmete einmal tief durch.
Alles ruhig angehen und die Piraten wie immer in Sicherheit wiegen, Nami!
„Ich… Was ist passiert, nachdem… Buggy es auf uns abgesehen hatte? Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Und wo ist dieser Junge… Ruffy?“, stellte ich vorsichtg zwei weitere Fragen.
„Buggy?“ Robin sah mich befremdet an und schien kurz zu überlegen. „ich kenne keinen Buggy. Und Ruffy braucht eine kleine Auszeit, weil…“, sie zögerte und wechselte dann bewusst das Thema, „Du kann dich an Ruffy erinnern?“
„Klar, er ist doch dieser Junge, der in diesem Käfig eingesperrt war. Wo genau ist er?“, drängte ich.
Ich hatte schließlich noch ein ernstes Wörtchen mit ihm zu reden! Schließlich hatte er mich –eine Lady- in Gefahr gebracht! Okay… Vielleicht hatte ich mich auch selber in Gefahr gebracht… Aber trotzdem, er hatte mich, ohne, dass ich zugestimmt hatte, in seine Piratenbande aufgenommen!
Ich ballte die Faust. Man konnte schließlich nie wissen...
„Du scheinst… dich an einiges erinnern zu können... was am Anfang passiert ist…“ Robin zögerte erneut, dann stand sie von der Bettkante, auf die sie sich gesetzt hatte, auf. „Ich hole ihn. Hast du Durst oder Hunger? Sanji kann dir was machen, frag ihn ruhig, wenn du was benötigst.“
Und dann verließ sie lautlos den Raum. Mit „lautlos“ meine ich wirklich ohne das kleinste Geräusch. Wirklich lautlos.
Dann fielen mir die Hände ein, die aus dem Boden gekommen waren. Also, eins war klar! Das hier waren keine gewöhnlichen Piraten!
Kaum hatte sie die Tür hinter sich geschlossen, hörte ich die Stimme des Mannes.
„Kannst du dich wirklich nicht mehr an mich erinnern?“, fragte er. Erschrocken sah ich, dass er Tränen in den Augen hatte.
„N-Nein, tut mir Leid!“, stotterte ich und erwartete, ihn im nächsten Moment ebenfalls weinend zusammenzubrechen zu sehen. Aber nichts dergleichen geschah.
Im Gegenteil, dieser Sanji stand auf, wühlte in einer Tasche seines Anzuges und sah mich dabei eindringlich an.
„Ich sehe schon“, sagte er (ich sah nur, dass die Tränen gottseidank aus seinen Augen verschwunden waren), „das ist eine Prüfung meiner Liebe zu dir! Das Schicksal gibt mir eine Chance, dein Herz endgültig zu erringen.“
Ich starrte ihn verständnislos an. War er etwa in mich verknallt?
Sanji ging elegant in die Knie hielt mir eine rosarote Rose hin.
„Schon deine Schönheit sehen zu