Bittersweet
Kapitel 1 - 1]
Da saß er nun. Ville, schwarze Haare, ziemlich groß und eigentlich ein gut aussehender Mann. Er saß in seiner kleinen 10 m² Wohnung, Fenster verdeckt, alle Lichter gelöscht, nur ein kleiner Strahl zwängte sich spärlich durch die alten grauen Vorhänge. Staubig, finster, trostlos, so in etwa konnte man Villes Wohnung beschreiben. Sprachlos saß er hinter dem Esstisch. Ein leerer Teller vor ihm. Er hatte keinen Hunger. Mit offenen Augen und einem nachdenklichen Blick trauerte er vor sich hin. Das Leid in seinen Augen war offensichtlich, jedoch verließ keine Träne seine Augen. Der Wecker tickte. Tick. Tick. Tick. Keine Sekunde zu früh stoppte er den Alarm. Es war 6 Uhr morgens. Ville hatte die ganze Nacht nur am Tisch gesessen und nachgedacht. Nachgedacht über das was war. Nie dachte er nach über das was sein würde. Nie dachte er an ein Lächeln. Nur an ihr Lächeln. Er packte seine Tasche in der alle seine Sachen warteten, warf sie sich um, ging aus dem Apartment und ließ die Tür offen stehen. Es gab sowieso nichts zu holen. Sein Vertrag lief diese Woche aus. Genauer gesagt war es am nächsten Tag, soweit er sich erinnern konnte. Er brauchte sie auch nicht mehr. Ville würde die Stadt noch am selben Tag verlassen. Sein Ziel? Einfach nach Nirgendwo. Der Zug würde ihn schon irgendwohin bringen. Es war noch früh morgens, die Sonne war vor nicht allzu vielen Stunden aufgegangen und Regen prasselte vom Himmel. An der Bushaltestelle stand er. Nur noch eins zu erledigen bevor sein Weg ihn weg von hier führte. Ville hatte keinen Schirm, nur seinen Mantel. Der Regen prasselte ihm auf sein Gesicht, als er zum Himmel blickte. „Selbst der Himmel weint.“, sagte er, als sein er seinen Blick auf die Wolken festigte. Von weitem hörte man den Bus kommen. Ville wandte seinen Blick keine Sekunde lang ab. Er hörte ihn kommen, das war ihm genug. Der Bus hielt, die Türen öffneten sich und Ville sprang ein. „Einmal zum Marktplatz.“ Das Geld klingelte und Ville setzte sich auf einen Fensterplatz. Und wieder fing er an, die Wolken anzustarren. Er empfand den Regen als beruhigend. Es war wohl das einzige für das er Sympathie empfand. Marktplatz. Der Bus öffnete sich. Es stieg nur Ville aus. Der Marktplatz war leer. Es hatten kaum Geschäfte offen. Bei diesem Regen kamen auch keine Leute. Ville wollte ohnehin nur in ein Geschäft. Zum Bäcker. Er hatte dort einen kleinen Tagelöhner-Job angenommen, um für ein paar Wochen in der Stadt zu leben. 2 Monate waren es ungefähr. Er bekam nicht viel, aber genug, um für die Zeit zu überleben. Er wollte sich nur noch den Lohn für seine letze Woche abholen und dann weiterziehen. Kling. „Öhm, Ähm, Hallo Ville“, stotterte die kleine Anna. Anna war ein junges hübsches Mädchen. Sehr schüchtern. Sie traute sich nie, Ville wirklich anzusprechen, geschweige denn eine Unterhaltung mit ihm zu führen. Das lag wohl daran, dass sie sich ein bisschen in Ville verguckt hatte. „Hallo“, meinte er eiskalt. „Ville, Ville du bist ja ganz durchnässt!“, kommentierte der Bäcker, „Komm, setz dich doch und wärm dich e-“ „Ich habe keine Zeit dazu, Nerö.“ Nerö war ein Bäcker. Ein fester Bäcker. Jemand der wohl als Kind zu viel genascht hatte und sich sein Hobby zum Beruf machte. Ein großzügiger Bäcker und der einzige, der Ville in dieser Stadt eine Arbeit anbot. „Ach ja, stimmt, du wolltest ja weiter. Hast du es wirklich so einl-“ „Ja.“ „Schon gut schon gut, hier hast du dein Geld.“ Ville nahm es, bedankte sich kurz und stürmte zu Tür hinaus, ohne sich zu verabschieden. Der Bahnhof war nicht sehr weit vom Marktplatz entfernt. „Ich lauf den restlichen Weg einfach.“, dachte er sich. Kein Mensch war auf den Straßen. Keine Obdachlosen. Keine Kinder. Niemand. Ihn störte das nicht sonderlich. Er war gern allein. Am Bahnhof angekommen sah sich Ville um. Keiner da. Ein Schalter war offen. Transaktion. Ein Ticket nach nirgendwo. Der Regen stoppte allmählich, als Ville auf den Zug wartete. Die Sonne kam raus. Der Zug fuhr ein. Die Türen gingen auf. Ville stieg ein. Die Türen gingen zu und der Zug fuhr los. Fuhr los ins Nirgendwo. Fuhr los irgendwohin, wo es möglich war zu vergessen. Alles zu vergessen.