Mein Spiegelbild

Gedanken

Spiegelbild

Mein Spiegelbild
Etwas stimmt nicht. Ich sehe anders aus. Es wirkt falsch, das bin nicht mehr ich!
Meine Mutter würde sagen, dass ist Unsinn, das es nur die Haare sind. Andere schneiden sich ja auch die Haare kurz.
Wie kann sie das sagen?
Meine Situation ist eine ganz andere. Ich habe mit das nicht ausgesucht, es müsste gemacht werden. Es war nicht meine Entscheidung, das war nie meine Entscheidung. Immer die meiner Eltern!
Warum? Es ist doch mein Körper! Wieso verstehen sie das nicht? 
"Sei doch nicht so kindisch. Kind, es sind doch nur Haare!", hat sie gesagt. Es sind doch nur Haare!
Für sie vielleicht, aber für mich nicht. Ich möchte sie, das war das einzige was ich an mir schön fand, und jetzt sind sie fort. 
"Haare wachsen nach, aber was nutzt es dir, wenn du stirbst? Du erwachst nicht wieder zum leben! Sei doch vernünftig, sei erwachsen!"
Ich bin aber nicht erwachsen! Ich will nicht erwachsen sein! Ich will meine Haare!
Warum versteht sie das nicht? Meine Haare waren das, was mich ausgemacht hat! Nicht ich bin es, die nichts versteht! Sie ist es!
Ich werfe einen angewiderten Blick in den Schlafzimmerspiegel. Ich habe meine Eltern gezwungen ihn herzubringen. Dann habe ich sie weggeschickt. Ich will allein sein, sie verstehen mich nicht. Niemand versteht mich!
Es ist mir egal wenn sie sauer sind! Es sind ja nicht nur die Haare! Es ist ein Zeichen, ein Zeichen dafür, dass ich ncihteinmal die Entscheidung über meinen Körper haben darf. Ich darf garnichts.
Außerdem wie sollen meine Haare nachwachsen? Damit sie nicht ausfallen, haben sie sie noch vor der ersten chemo alle abrasiert. Und bei den nächsten chemos haben sie ja gar keine Chance nachzuwachsen.
Alle wollen das ich mich erwachsen verhalte, dass ich vernünftig bin und an meine Zukunft denke, aber ich bin ein Kind! Und wenn ih an meine Zukunft denke, will ich keine Glatze haben! Ich will nicht immer im Krankenhaus sein, will nicht andauernd Chemotherapien haben, die vielleicht nicht helfen.
Ich will nicht an die Zukunft denken. Sie macht mit Angst, ist das so schwer zu verstehen?
Ich bin nicht mehr ich. Ich habe schöne lange Haare für die mich alle bewundern. Ich lache immer und habe viel Spaß im Schwimmbad mit meinen Freunden. Ich liege nicht gerne stundenlang in einem Zimmer. Ich habe keinen Krebs. Ich bin frei!
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Hallo,
Produktiv wie ich bin gibt es noch einen shortoneshot.
Er ist nicht minder deprimierend wie der erste heute, und nicht minder grauenvoll wie ich finde.
Hoffe euch gefällt er besser als mir.
Die Wiederholungen da drin regen mich auf...
Glg
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