Ignis Aeternus
Ewiges Feuer
Ignis Aeternus I
Er war ihm schon viel zu oft knapp entkommen, ihm mit der Flying Lamb und der Sunny davon gesegelt.
Dem Tod.
Sein ständiger Begleiter.
Am Marineford hatte er ihn schließlich eingeholt.
Es herrschte ein Moment der Stille, der durch einen markerschütternden Schrei zerrissen wurde.
Der dunkle Himmel war kein gutes Omen, er kündigte das Unheil an, noch bevor es geschehen war. Die Schlacht forderte in beiden Reihen ihre Opfer, sowohl bei der Marine, als auch bei den Piraten. Kleine Opfer, große Opfer – und Leben. Der Geruch von Blut mischte sich mit der salzigen Meeresluft der Grandline.
Schwerfällig und langsam löste Ace seinen Blick von der Magmarfaust, die Ruffy durchbohrt hatte und sich zurückzog.
Ein zweiter Schrei blieb ihm im Hals stecken und es fühlte sich an, als würde er daran ersticken.
"Ich hab dich gerettet...", flüsterte er leise.
Stolz.
Ruffy lächelte ihn an.
Seinen Bruder.
Der ihn immer beschützt hatte.
Der immer für ihn da war.
Der ihm bewiesen hatte, das Blut nicht immer dicker war als Wasser.
Es war dieser eine Moment, als Ace' Vivre-Card aus seiner Tasche fiel und plötzlich anfing zu glühen, der ihm klar machte, dass es nun an ihm war zu beweisen, wie dick Wasser sein konnte.
Und das hatte er – mit seinem Blut.
Kämpfen konnte er nicht mehr, doch Ruffy sprang zwischen Ace und den roten Hund, um dessen Angriff mit seinem Körper abzuwehren.
Ruffy würde ihn beschützen – dieses eine mal.
Für ihn da sein.
Damit sein Feuer weiterbrennen konnte.
"VERDAMMT – WARUM HAST DU DAS GEMACHT?"
Ace schrie ihn an. Etwas, das er nur selten tat. Ob er sauer war?
"Bist du böse?" Ruffy hustete Blut, verzog das Gesicht zu einer Grimasse, atmete schwer und flach.
Hilflos sah Ace ihn an.
"Ich - " Er wollte ja schreien – nein. Doch. Nicht. Aber. Er wusste es nicht. Ace konnte nicht klar denken. Er fühlte sich, als würde er neben sich stehen und die Szene durch eine Glaswand beobachten, wie in einem Traum. Seine Glieder waren taub und schwer – genau wie Ruffys.
Ruffy, der sich mit letzter Kraft über ihm hielt, ihm direkt in die Augen sah.
In dessen Brust ein Loch klaffte, das so groß war wie eine Faust.
Wie Akainus Faust.
"Du warst der beste große Bruder, den ich je hatte", flüsterte Ruffy leise.
"Ich – ich..." er wollte sagen, dass er noch immer sein großer Bruder sei. Einen Scherz machen: er sei ja auch sein einziger Bruder.
Irgendetwas.
Doch über seine Lippen kam keine Silbe.
Nicht ein Ton.
Und warum?
Weil er wusste, dass er gerade einen Bruder verlor. Noch einen.
Ace spürte stattdessen die Tränen, die über sein Gesicht strömten. Die, die er nicht mehr zurückhalten konnte. Er fühlte den Knoten in seiner Brust. Den Kloß in seinem Hals, als würde ihm jemand die Luft abdrücken.
Als würde er sterben.
Er roch den Gestank, der ihm mit ungeahnter Wucht entgegen schlug. Wie eine undurchdringbare Wand breitete er sich aus. Ein Geruch, der ihn all die Jahre wie selbstverständlich begleitete, sodass er ihn irgendwann nicht einmal mehr wahrnahm. Der Gestank nach verkohltem Menschenfleisch. Etwas, das für Ace mit der Feuerfaust nicht neu war – doch diesmal mischte sich zu dem Geruch noch etwas anderes, etwas, das viel übler war. Das er überdeutlich warnehmen konnte.
Verzweiflung.
"Ruffy." Seine zittrige Stimme hörte sich für ihn fremd an und war kaum wiederzuerkennen.
"Mir geht es gut, Ace", antwortete er hustend. Er lächelte noch immer.
Lügner.
Sie wussten es besser. Beide. Ihm ging es nicht gut und niemand konnte ihn noch retten. Dabei hatte Ace geschworen, er würde ihn beschützen.
Immer –
es war sein Ziel, seine Aufgabe. Der Grund, warum er lebte.
Ace spürte, wie sich etwas warmes auf seinem Körper ausbreitete wie kleine Flammen, die versuchten ihn zu kitzeln. Es sickerte immer tiefer. Das Gefühl war so vertraut, so warm.
Doch es war nicht sein Feuer, auch wenn es genauso rot war.
Es war Blut.
Sein Blut.
Ruffys Blut.
Ace erwachte aus seiner Schockstarre, fing ihn auf, als er am Ende war und sich nicht mehr allein halten konnte.
Ruffy wurde schwach, schwächer.
"Nein!"
Sein Blick war noch immer starr, geschockt.
Genau wie der von Monkey D. Garp. Und jedem anderen, der sehen konnte, wie er sich für Ace geopfert hatte.
Ohne nachzudenken.
Ruffy eben.
Deswegen musste er jetzt sterben, weil er nicht nachdachte.
Nein –
Er würde sterben, weil er ihn beschützt hatte.
Weil er ihm etwas zurückgeben wollte. Etwas, das Ace nie wieder würde wett machen können.
An seinen Händen klebte Blut.
Nicht nur sprichwörtlich.
"Du bist noch nicht bereit zu sterben", flüsterte Ace. Seine Finger krallten sich in Ruffys Arm, wollten ihn verzweifelt festhalten, damit der Tod ihn nicht holen würde.
"Nein", sagte Ruffy leise, "das bin ich nicht."
Er schloss seine Augen und das Lächeln verschwand.
Das musste er auch nicht.
Der Tod holte auch die, die nicht bereit waren.