Fanfic: Der dritte König- 1. Kapitel
Kapitel: Der dritte König- 1. Kapitel
Benedikt Julian Behnke
Der dritte König- 1. Kapitel
---- Abendstern ----
Das glitzern des Tages versank, verbarg sich in den tiefen Falten des abendlichen Horizontes und Ausbrüche und Strahlen von flüssigem Gold, gefasst in einen kreisrunden pulsierenden Ball, wichen einer stetigen Kaskade aus drohenden Schatten und bedrückender Dunkelheit. Hügel, getaucht in gleißendes Licht, bildeten dunkle Umrisse vor der viel zu hellen Lichtquelle und das kühle Graurosa der Nacht sank über sie hinweg. Schatten standen an Hängen und auf Tälern, sich verzweigende Äste von Bäumen wiederspiegelnd, die bereits zwischen dem Feuer des Himmels verschwunden waren. Die Düfte der Sommernacht hielten Einhalt in den Ländern und breiteten sich auf luftigen Wogen in allen Ecken und Vierteln aus. Die wärme des Tages verblasste und gab eisiger Kälte und heulendem Wind die Oberhand, die nun wie von einer unsichtbaren Hand gesteuert über die Wälder und Felder brausten. Roggen, Hafer und Weizen wurde sanft in ihren Armen gewiegt und Bäume begannen zu Rauschen, die Schatten sich langsam zu verdichten und die vorherige Blässe des Mondes begann aufzuklären und nun erhellte mattes Silberlicht die vertraute Umgebung. Das helle blau hatte sich in ein tiefes Schwarz gewandet, als Walinor Meridian die Hand von den rauen Zinnen nahm, die noch die Hitze des Mittags innehielten. Gehüllt in purpurne Gewänder stand er auf den Brustwehren und besah das Land vor seinen Füßen, für das er hart hatte kämpfen müssen. In seinen Zügen spiegelte sich Trauer und leichte Verwirrung ab und das bärtige Kinn kräuselte sich. Er war von hagerer, großer Gestalt, Augen versteckten sich neben verwitterten Gesichtszügen hinter dichten, Buschigen Brauen von der Farbe des Steines, seine schulterlangen Haare waren weißgrau und seine Stirn zeugte von großer Weisheit, errungen aus Ruhmreichen Schlachten und aus Büchern, deren Herkunft kein Geist mächtig ist.
Er lächelte verschlagen, als unten im Burghof das Wiehern und Schnauben eines Pferdes laut wurde. Doch das Lächeln verzog sich, durch einen Bekümmerten Gesichtsausdruck, als er merkte, dass ihn fremde Augen beobachteten und deren Besitzer nur Schatten mit gleißenden Rüstungen in der Dunkelheit waren. Er fasste es nicht. Er hatte völlig die Wächter vergessen, die sich vor einiger Zeit zu seinem Schutz postiert hatten.
>>Die Leibwache ist wohl immer dort, wo auch ich mich befinde, nicht wahr, Rowena.<< Er spürte, wie das Gesicht eines Mädchens sich zu einem Grinsen verzog. >>Tretet ruhig vor, ich bitte nicht um Eure Abwesenheit.<<, sagte er mit einer einladenden Geste und die Herrin der Leibwache trat aus dem Dunklen des Turmverschlages.
>>Ich dachte, Ihr hättet mich schon früher bemerkt, mein König.<< Ihr schmaler Mund wurde zu einem Lächeln, das schimmernd auf ihrer schneeweißen Haut pulsierte. Sie hatte ein sommersprossiges Gesicht und das rostbraune Haar zu einem Zopf gebunden, strahlend blaue Augen blinzelten ihn vergnügt an. Sie trug eine weites Kettenhemd, das in einem waldgrünen Rock endete und um die Taille herum mit einem breiten Ledergürtel festgebunden war. Ihre Gestalt war leicht, schien schwerelos zu sein und ihr anmutiger Gang war stolz und dennoch von einer Einfachheit, die sie zu dem schönsten Wesen auf Erden zu machen schien.
Er antwortete nichts auf ihre Entgegnung und sah die steinernen Stufen in den Burghof hinab, die an einer aus Lehm und Holz gebauten Hauswand entlang führten und dann auf einer weiten Kopfsteinpflasterstraße endete.
>>Sie wartet schon.<<, sagte sie spitz, während Walinor sich abwandte und Anstalten machte die steile Treppe hinunterzugehen, wobei er sich mit der einer Hand an der Wand abstützte. >>Und Damen soll man bekanntlich nicht warten lassen, mein König.<< Doch dann verschwand das Grinsen aus ihrem Gesicht und Ernst kehrte ein. >>Wartet!<< Der König drehte den Kopf und verlangsamte seinen Schritt. >>Wenn ihr schon ohne unsere Unterstützung von uns geht, nehmt dies hier mit euch!<< Sie reichte ihm einen silbernen Gürtel mit goldenen Schnallen und einen Dolch, dessen schwarze Lederscheide mit kleinen Perlen besetzt war. Er nahm die Waffe dankend entgegen und Erleichterung zeigte sich in Rowena` s Gesicht. >>Vergesst nicht, dass die Leibgarde um euer wohl besorgt ist. Auch wenn wir eure Privatsphäre nicht stören wollen, bitten wir euch diesen Dolch bei euch zu tragen, während unserer Abwesenheit.<< Er nickte wissend und ging dann mit etwas schnelleren Schritten in den Hof hinab, wo eine weiße Stute mit einer schlanken Frau wartete, deren obsidianschwarzes Haar wie ein glasklarer Fluss um ihre Ebenen Züge wogte. Ihre Augen waren dunkel und ihnen spiegelte sich silbernes Mondlicht. Sie war mit einem langen Gewand aus roten Leinen gewandet und um ihre Hüfte wand sich ein mit Silber besticktes Tuch. Es war Seraphia.
Er grüßte sie galant mit einem Kuss auf ihre zarten Finger, die sich in seinen wie Espenlaub zitternden Fingern so weich und warm waren wie eine Umarmung. >>Seraphia, mein Abendstern.<<, begrüßte er sie.
Sie lächelte und fuhr dem Tier mit der anderen Hand über die seidige Mähne, die so blütenweiß hervorstach, das es schöner war als Frühlingsblumen zwischen frischgefallenem Schnee. >>Walinor, mein Geliebter.<<, flüsterte sie und ihr Haar kräuselte sich in dunklen Locken um ihren Hals. >>Lass uns aufbrechen, dich Nacht ist noch jung und die Sterne leuchten heute schöner und heller als sonst.<<
Er schwang sich weit ausholend über eines der Tiere, die einer ihrer Diener am Halfter gehalten hatte, ein hellbraunes mit einem großen, schwarzen Fleck auf der Stirn und kohlschwarzer Mähen und Schweif. Der Diener ließ nun das Halfter los und entfernte sich nach einer leichten Verbeugung von den Beiden.
>>Aber keiner ist so schön wie du.<< sagte er und fasste wieder nach ihrer Hand, während sie in stetem Trab durch den Hof ritten.
Als sie unter dem großen Tor hindurchkamen, sah Walinor noch einmal kurz zu Rowena hoch, die auf den Zinnen stand und mit nachdenklichem Blick in die Ferne schaute. Dann schüttelte er aber entschieden den Kopf. Nein, diesmal würde sie ihnen nicht folgen, er konnte es nicht erklären, warum er so dachte, doch, dass er es spürte, reichten.
>>Walinor, heute ist ein so schöner Abend.<< begann Seraphia und der Glanz ihrer Augen übertraf ihr lächeln. >>Und bestimmt ist der Mond auch voll.<< ein kurzer Blick hatte ihr genügt, um dies festzustellen. >>Was ich sagen will, ist, dass heute genau der Richtige Abend für mehr als nur ein kurzer Ritt ist. Der Sommerwind wird auch schon immer wärmer und die Luft ist erfüllt von den Stimmen der Vögel.<<
Meridian antwortete, nicht ohne das Misstrauen in seinen Augen zu verbergen. >>Und doch sind wir in solchen Nächten schutzlos. Es gibt genügend Diebe und Räuber, die uns überfallen könnten. Es wäre schlimm, wenn der Staat sein Oberhaupt verlieren würde, doch noch schlimmer für mich, wenn ich dich verlieren würde.<<
Sie atmete hörbar tief ein. >>Deine Worte sind Weise und sprechen dir aus der Seele, doch will ich nicht verhehlen, dass ich einen solchen Abend ersehnt habe... Vor allem, weil du ja mein Mann bist, Gemahl.<<
Dann schwiegen sie und ihre Pferde trennten sich nach einiger Zeit voneinander, da es darum ging einen felsigen Grad zu überwinden und an den nadelspitzen Steinen nur ein Weg vorbeiführte.
Schon nach kurzer Zeit hatten sie den Steilen Burgberg verlassen und waren über einen kleinen, rauschenden Bach geritten, dessen Flusslauf sie dann auch folgten. Hier wuchs das Gras in saftigen Stängeln kniehoch und es duftete nach Honig und den Gerüchen von Blüten und Blumen, das rascheln der Bäume im Wind und die perfekt aufeinander abgestimmten Rufe der Nachtvögel und das Zirpen der Grillen brachte die Erwünschte Ruhe und der alte König begann sich zu überlegen, ob er ihren Vorschlag nicht besser berügsichtigen sollte.
Jetzt tauchten die Wälder als dunkle Umrisse in der Ferne auf und Sternenlicht und Nachtschatten mischten auf den breiten Blättern der Ulmen und Eschen. Weiß bis Silber mit schwarzen Rissen ragten die Birken, oft dicht nebeneinander aus dem Gewirr kleinerer Büsche und Farne auf und der späte Nachmittag wandte sich immer schneller zur tiefsten Nacht, der Himmel wurde stetig schwärzer.
>>Da magst du rechthaben.<< antwortete er ihr etwas verspätet und hielt abrupt seinen Gaul an, sah auf den dichten Wald hin, der nur noch wenige Meter vor ihnen war und in den sie in wenigen Minuten einkehren würden. Eulen waren schwarze Schemen vor dem Himmel, die Farbe ihres Federkleides unkenntlich in der weilenden Düsternis. >>Dennoch<< Er stieg vom Pferd und tat ein paar große Schritte auf den kleinen Bach zu. >>stimme ich nicht mit dir überein. Es ist immer noch gefährlich. Das Böse schläft nie, berücksichtige das!<< Etwas müde wusch er sich das Gesicht und die Hände mit eiskaltem Wasser, trat dann wieder eilig zu seinem Ross zurück, nicht ohne noch einmal einen prüfenden Blick auf das Messer von Rowena zu werfen.
>>Und das Gute wohl auch nicht, sonst wären wir jetzt schon alle überwältigt!<< Er warf ihr einen scharfen Blick zu, während er wieder in den Sattel stieg und sein Pferd zum schnellerlaufen anspornte. >>Es ist doch so, mein Gemahl, das Leben kommt, wird gegeben, und das Leben geht, wird wieder genommen. Und so ist auch unser Ende vorbestimmt.<<
Die Stille des Ortes war bedrückend und Glenn hätte schwören können, dass es mehr war