Fanfic: Rejected
Kapitel: Rejected
"Wer ist es?"
Seine müde Stimme wurde sofort vom Wind erfasst und in den kalten Tag davon getragen. Gelbe, welke Blätter und abgebrochene Äste wirbelten durch die Gegend. Die Kälte sprang Heiji an und biss ihm ins Gesicht. Kein Wunder. Es war ja auch schon Herbst, und der Winter näherte sich mit schnellen Schritten. Schon bald würden die ersten Schneeflocken zu tanzen beginnen. Er lehnte sich nach hinten, bis er mit dem Rücken an die Lehne der Holzbank stieß. Den Halt brauchte er jetzt devinitiv.
Noch immer hatte er keine Antwort auf seine Frage erhalten. Also holte er tief Luft, um sie noch einmal zu stellen, obwohl es ihm erneut wie ein Messer ins Herz schnitt.
"Sag schon, wer? Sonst bist du doch auch immer schnell mit der Wahrheit bei der Hand."
Er hörte Shinichi neben sich zittrig seufzten und zog die Augenbrauen hoch. Der große Shinichi Kudo war verunsichert. Welches Wunder.
"Kaito. Kaito Kuroba."
Rrrratsch. Das imaginäre Messer in seinem Herz drehte sich, durchtrenne Adern und Venen. Heiji blickte noch immer starr geradeaus, nickte steif. Eine Windböe wehte ihm das Haar aus der Stirn. Er fühlte, wie Tränen in seine Augen stiegen. Kuroba also. Der tollpatschige, fröhliche Junge, mit dem sich Shinichi in letzter Zeit immer öfter getroffen hatte. Jetzt kannte er auch den Grund. Er hatte einen bitteren Geschmack im Mund.
"Und wie lange...geht das schon so?"
"Heiji..hör mit zu...Ich...Es tut mir so leid."
"Ich will keine Entschuldigung! Ich will eine ehrliche Antwort! Tu mir wenigstens jetzt den Gefallen und sei ehrlich!", bellte er Shinichi an.
Langsam senkte er den Kopf, blickte den Boden an und wartete.
"Ein...einen Monat."
Rrrratsch. Das Messer in seiner Brust routierte. Heiße Tränen rannen seine Wangen herab. Trockende Blätter huschten vor seinen Füßen, vollzogen einen bizarren Tanz im Wind. Die trostlose Herbstlandschaft verschwamm vor Heijis Augen.
"Aha."
Betrogen. Belogen. Verraten. Und das von der Person, die er am meisten liebste. Unbewusst wanderte seine Hand zu der Schnitzerei in der Lehne der Bank. Zärtlich fuhr er die Kerben nach. Ein Herz. Mit einem S und einem H darin. Vor etwas mehr als einem Jahr hatte er es eigenhändig hereingeritzt. Heiji legte den Kopf in den Nacken.
Sicherlich hatte er bemerkt, dass sich in den letzten Wochen etwas zwischen ihm und Shinichi verändert hatte. Aber er hatte es auf den vielen Stress geschoben.
Er hatte eine Veränderung an Shinichi bemerkt. Wie seine Augen ihn manchmal seltsam anfunkelten. Er bemerkte es an der Körpersprache des Jungen, an den winzig-kleinen Gesten die er machte. Ein nervöses durch die Haare streichen, ein Zucken des Mundwinkels.
Aber dennoch hatte er *sowas* nie erwartet. Heute hatte Shinichi ihn schließlich um ein wichtiges Gespräch gebeten, hatte dabei den Blick auf den Boden gerichtet. Also hatten sie sich an der Bank im Park getroffen. Aber es war nicht irgend eine Bank. Es war *ihre* Bank.
Hier hatten sie sich vergangenem Herbst ihre Liebe zueinander gestanden. Nur dass damals dier Sonne geschienen und ihre lauwarmen Strahlen ihre Haut umschmeichelt hatte. Gott, wie sie beide geheult hatten. Es war einer der schlimmsten und gleichzeitig einer der schönsten Tage seines Lebens gewesen. Wie schwer es ihnen beiden gefallen war, einzugestehen, dass sie schwul waren.
Doch danach hatten sich dieses Herz hereingeritzt. Es war eine alberne, kindische Geste, und dennoch war sie so wundervoll erfüllend gewesen. Zum Schluss waren sie dann Händchen haltend die Allee entlanggelaufen, der festen Überzeugung, dass sie sich niemals trennen würden.
Und jetzt war alles vorbei. Nur durch einen einfachen Satz, ein paar simple Wörter waren seine gesamten Träume, Hoffnungen und Ziele zerstört worden. Ich liebe dich nicht mehr. So einfach ging das.
Heiji betrachtete den grauen Himmel. Regenwolken ballten sich zu großen Massen, ragten fast bedrohlich wie schwarze Türme über ihnen.
Betrogen. Belogen. Verraten. Und abgwiesen.
Immernoch weinte er stumm, ballte die Hand zur Faust und schlug neben sich auf die Sitzfläche der Bank. Der dumpfe Schmerz zog sich wellenartig seinen ganzen Arm herauf. Er wollte nicht weinen. Und doch tat er es.
"Heiji. Es tut mir so leid. Das musst du mir glauben."
Shinichis Stimme klang leise und traurig. Heiji glaubte ihm.
"Mir tut es auch leid. Mir tut es leid, dass ich nicht Kaito bin. Dass ich nicht so bin wie er." Er begann innerlich heftig zu zittern.
"Du redest doch Schwachsinn. Das hat nichts mit Kaito zu tun. Meine Gefühle...meine Gefühle zu dir haben sich eben geändert..."
Konnte etwas auf der Welt schmerzhafter sein als Worte?
"Jaja. Ich verstehe das", presste Heiji heraus. In Wirklichekeit verstand er gar nichts. Hatte Kuroba einen schöneren Hintern? War er besser im Bett?
Egal was es war. Shinichi wollte ihn. Heiji dagegen war ein nichts. Mühsam unterdrückte er ein Schluchzen.
Ein einzelnder Regentropfen fiel aus den dunklen Wolkentürmen über ihnen und patschte auf seine Stirn, rann seine Wange herab.
Die Luft roch nach vermoderten Blättern, abgestorbenen Ästen, nach Herbst und Verzweiflung. Shinichis Worte hatten ihn tiefer verletzt als es eine Pistolenkugel je hätte tun können. Er hatte Angst sich zur Seite zu drehen, dem Jungen in die blauen Augen zu blicken, die ihn an einen warmen Sommerhimmel erinnerten. Er wollte nicht in ihnen versinken, nicht heute. Also klammerte er sich lieber an den grauen Himmel fest.
"Ich danke dir für deine Ehrlichkeit, Shinichi. Auch wenn sie vielleicht etwas spät kommt. Viel Glück für dich und Kuroba."
Langsam und steif stand er auf, trat einen Schritt nach vorne. Plötzlich spürte er, wie Shinichi ihn an der Hand zog.
"Halt, Heiji. Warte." Er konnte hören wie Shinichi weinte, wie seine Stimme zitterte. Wie angewurzelt blieb er stehen, biss sich auf die Lippe und fixierte einen Baum, deren Äste sich heftig im Wind bogen.
"Es tut mir alles so leid." Jetzt wurde er umarmt. Er spürte, wie Shinichi die Arme um ihn schlang. Sein Herz blutete. "Vielleicht...vielleicht können wir Freunde bleiben?", nuschelte Shinichi.
Heiji lachte bitter auf, drehte sich um und stieß den Jungen von sich. Noch immer weinte er.
"Oh nein, das bezweifel ich. Ihr habt es wochenlang hinter meinem Rücken getrieben, wahrscheinlich noch in unsrem Bett. Und heute sagst du mir, dass du dich in Kuroba verliebt hast. Also verlang um Gotteswillen nicht, dass wir Freunde bleiben.
Es wir mir leichter fallen, wenn ich dich hassen kann. Aus ganzem Herzen. Ich will dich nicht mehr sehen."
Noch immer war er stark, schaute ihn nicht direkt an. Ihm wurde übel. Das alles hatte er nicht sagen wollen. Heiji rammte die Hände in die Taschen, wandte sich von der Bank ab. Dann hielt er jedoch kurz inne, zog einen kleinen Gegenstand aus seiner Hosentasche. Er klappte das Taschenmesser auf, schleuderte es auf die Bank. Die Klinge bohrte sich in das Holz und blieb zitternd stecken.
"Wenn du so gnädig wärst, meine häßliche Ritzerei zu entfernen? Kuroba sähe das bestimmt auch nicht gerne."
Die Tränen machten ihn halb blind. Er lief auf den Weg, der kalte Wind biss ihm erneut ins Gesicht, ließ seine Augen brennen. Heiji stolperte die Allee entlang, steuerte auf die dunkeln Wolkentürme zu, hielt Händchen mit der Einsamkeit.