Fanfic: Sehnsucht öffnet alle Türen - Teil 1

die Lippen. „Es musste wohl eines Tages soweit kommen mit ihr. Ständig Banken ausrauben und Leute überfallen – das ist ja kein Leben.“


„Ähhh...“, er rückte sein rotes Halstuch zurecht. „eigentlich ... eigentlich ist das gar nicht so schlecht, so lange man sich nicht erwischen lässt.“


„Also ich finde das nicht in Ordnung“, sagte Lunch entschieden. „Aber es scheint, als verdanken wir beide dir, dass wir da wieder raus gekommen sind. Normalerweise schafft sie es allein aber in letzter Zeit hat sie nur noch getrunken, wenn sie an der Reihe war. Bin ich froh, dass ich ihren Brummschädel nicht haben muss.“ Da er immer noch in der Tür stand, entsann sie sich ihrer guten Manieren. „Entschuldige, ich habe mich ja noch gar nicht vorgestellt.“ Sie verbeugte sich. „Ich bin Lunch, zumindest eine von uns zweien. Jedesmal wenn eine von uns niest, nimmt die andere ihren Platz ein. Das ist auf die Dauer ziemlich anstrengend. Und wer bist du?“


„Ich? Oh, mein Name ist C17. Ich bin ein Cyborg.“


„Was ist ein Cyborg?“, fragte Lunch.


„Eine Minschung aus Mensch und Roboter“, erklärte C17. „Ich bin sehr stark und sehr gefährlich.“


„Aha“, Lunch zeigte sich kein bisschen beeindruckt. „Heißt das, dass man dich jeden Tag ölen muss? Kann man dich irgendwo aufmachen, falls du mal ein Rad ab hast oder eine Schraube locker ist? Lebst du von Strom oder von Benzin?“


„Nein und nein und weder noch“, sagte C17 ob ihres Mangels an Furcht verunsichert.


„Bis auf meine Kraft und Geschwindigkeit ist alles andere wie bei allen Menschen. Ich esse, schlafe, trinke und blute.“


„Das ist gut.“ Lunch klatschte erfreut in die Hände. „Mit Maschinen kenne ich mich nämlich nicht so toll aus.“ Sie warf einen Blick durch die offene Tür. „Sieht so aus, als könntest du ein bisschen Hilfe gebrauchen, C17. Hast du irgendwo eine Schürze?“


„Ich glaube nicht“, sagte er verwundert, als sie die Hütte betrat, vor der zweiten Schwelle aus ihren Stiefeln schlüpfte und nach dem Besen griff.


„Dann solltest du eine besorgen. Ich brauche auch noch Flüssige Seife, Holzpflegemittel, einen Kübel, mindestens dreißig Putzlappen, einen großen Zuber,


eine Wäscheleine, viele Wäscheklammern, Seifenpulver und ein Waschbrett, Nähzubehör, ein Set neuer Töpfe, Gemüse, Eier und...“


Es endete damit, dass C17 alles niederschrieb und sich dann ohne Widerworte aufmachte, die geforderten Dinge zu besorgen. Dazu flog er in die nächste, größere Stadt, versteckte sein schwarzes Haar unter einem Hut und nahm das Halstuch ab.


Bis er alle Dinge beisammen hatte, war es Abend. Ein Glück dass er noch nicht dazu gekommen war, die Beute seiner letzten fünf Überfälle zu verschleudern. So konnte er wenigstens alles bar bezahlen. Mit einem Berg an Einkäufen flog er zurück, wo Lunch auf ihn wartete. „Ich kann nicht anfangen, wenn ich das da nicht habe“, sagte sie und fischte aus dem Berg von Waren den Mundschutz, auf dem sie bestanden hatte. Ihre Stimme klang durch die Gaze etwas dumpf. „Bei all dem Staub muss ich sonst sicher niesen und die andere Lunch versteht kein bisschen was vom Kochen und Putzen.“


Sie begnügte sich nicht damit, die Arbeit alleine zu tun. Mit ihrem warmen Lächeln und einem bittenden „Wäre es schlimm, wenn du ...?“ oder „Könntest du vielleicht ganz kurz mal...“ hatte sie ihn am Haken. Die Sterne standen bereits am Himmel als sie mit fröhlichem Summen die letzte Priese Salz in den Suppentopf streute und „Essen ist fertig!“, nach draußen rief, wo er den letzten Eimer Putzwasser in den Bach kippte. Aus dem Rauchfang der Hütte stieg Rauch auf und es roch lecker. C17 beeilte sich mit dem Ausspülen des Eimers und schlüpfte hastig aus den Schuhen, um das Essen ja nicht kalt werden zu lassen.


„Ich hatte leider nicht mehr die Zeit, eigenes Brot zu backen“, sagte sie und deutete mit dem Kopf auf den dunklen Brotlaib, der auf einem Holzbrett lag. „Würdest du bitte...?“


Er ließ sich nicht lange bitten und schnitt dicke Scheiben ab. Der kräftige Linseneintopf schmeckte besser als alles, was er in letzter Zeit selbst fabriziert oder gestohlen hatte. Natürlich wurde er hinterher mit freundlichem Lächeln gebeten, doch beim Abwasch zu helfen. Doch irgendwie rundete das die heimelige Atmosphäre ab.


„Morgen kümmere ich mich um die Wäsche und backe einen Kuchen“, versprach Lunch und sah sich nach einer Schlafgelegenheit um.


„Du kannst das Bett haben“, bot C17 ihr an. „ich mache es mir auf dem Boden bequem.“


„Das ist doch nicht nötig“, Lunch betrachtete das breite Bett. „Das ist groß genug für zwei. Hast du zusätzliche Polster und Decken?“


„In der Truhe da hinten“, sagte C17 leicht ratlos. Meinte sie das ernst? „Du, ich bin ... ich meine... hast du ...?“ Wie sollte er es nur zur Sprache bringen, ohne gleich rot zu werden?


„Ja?“ Sie beugte sich weit vor, um die Decken aus der tiefen Truhe zu angeln. Dabei war ihr wohl gerundetes Hinterteil trotz des losen Overalls (C17 ärgerte sich, dass er nicht daran gedacht hatte, ihr Kleider mit zu bringen...) gut zu erkennen. Die Decken im Arm drehte sie sich zu ihm um. „Was wolltest du fragen, C17?“ Trotz ihres nicht zu leugnenden Alters, sie könnte fast seine Mutter sein, hatte sie die unschuldige Ausstrahlung eines jungen Mädchens. Er schluckte und schüttelte den Kopf. Unmöglich, er konnte unmöglich so etwas zur Sprache bringen. „Ach nichts ... nur, es könnte unbequem werden, ich äh ... habe einen unruhigen Schlaf.“


„Das macht doch nichts!“, lachte sie. Sie rollte zwei der Decken zu einer dicken Wurst und legte sie genau in die Mitte des Bettes. Ein Polster links, eines rechts und genauso verfuhr sie mit den beiden restlichen Decken. „Damit wäre das Problem gelöst, oder? Da ich bisher immer allein geschlafen habe“, ihr entging der erstaunte Ausdruck auf seinem Gesicht, „weiß ich auch nicht, ob ich vielleicht im Traum um mich schlage oder schnarche.“


Aus der Truhe holte sie sich noch zwei dicke Handtücher und eines seiner vielen Hemden. „Kann ich mir das ausborgen? Ich mag in dem dreckigen Overall nichts ins Bett liegen, wo ich es doch frisch bezogen habe.“


Er konnte nur nicken. Mit Seife, Handtuch und dem Hemd ging sie fröhlich summend hinaus, um die Hütte herum zum Bach. Ein paar Meter bachaufwärts hatte ein kleiner Wasserfall einen Tümpel geschaffen. Sie schien sich keine Gedanken wegen etwaiger Spanner zu machen. In aller Ruhe zog sie den Overall aus, und stieg, nur mit der Wäsche bekleidet in den kalten Tümpel. C17, der ihr in einiger Entfernung gefolgt war, bekam bei dem Anblick kaum Luft. Ein dünner Blutsfaden rann aus seiner Nase und er drehte sich mit knallrotem Gesicht hastig zur Hütte. Hinter seinem Rücken hörte er nur das Rauschen des kleinen Wasserfalls, wofür er dankbar war. Er ging außer Sichtweite, wischte sich mit ein paar Blättern das Blut ab und wartete bis er sicher war, dass sie ihr Bad beendet hatte. Er wollte gerade wieder näher heranschleichen, da hörte er einen Schrei.




Ende des 1. Teils


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