Fanfic: Les Âmes
die Vorhänge von den Stangen gerissen und die Fenster geöffnet. Das silberne Licht des Mondes fiel auf die staubigen Dielen, der Wind pfiff um die Ecken und der Dachboden ... war mit einem Mal hell erleuchtet, fast wie ein Zirkuszelt. Mit einem unguten Gefühl senkte sie den Blick wieder. Etwas stimmte hier nicht. Es war gruselig ... unheimlich und ... irgendwie unreal. Außerdem diese Kälte ... wo kam die so plötzlich her?
In diesem Moment dachte Bulma, dass sie nicht so leicht zu erschrecken war, ganz im Gegenteil, Son-Goku hatte ihr mal gesagt, sie hätte Nerven aus Stahl. Doch auch Stahltrosse können reißen ...
Die blauhaarige Frau erstarrte mitten in der Bewegung. Sie hatte etwas gesehen. Einen Schatten, der über die Wände huschte. Sie lauschte. Kein Mucks. Stille. Eine beklemmende Ruhe schien über dem ganzen Haus zu liegen. Sie richtete sich auf. Da war es schon wieder, diese Bewegung, dieser Schemen. Bulma fuhr herum. Was zum Teufel war das? Der Mond schien stumm durch die Fenster herein, dieses kalte Licht, sie verwünschte es ... es könnte heller sein. Sie spürte wie ihr Herz schneller schlug. Suchend sah sie sich um. Und tatsächlich ... dieser Schemen war überall, schien überall gleichzeitig zu sein. Eine Bewegung hier, ein Huschen da, ganz so, als wären die mahagoniverkleideten Wände plötzlich zum Leben erwacht und wollten sie wieder aus ihrem Reich vertreiben.
>> ... und falls du deine Spiegel vermisste sage ich bloß: wunder dich noch viel weniger!<<
Bulma stoppte unvermittelt mit ihrer Jagd nach dem Phantom. Mit einem Mal wurde ihr klar, wer oder WAS hinter den Schemen steckte. Ein verächtliches Lächeln huschte wie ein Wiesel über ihr Gesicht. Sie holte tief Luft, stemmte die Hände in die Seite und bewegte sich nicht. Ganz wie sie erwartet hatte. Kein Schatten, kein nichts.
>Ich hatte Recht ... und trotzdem habe ich Angst. Na gut! Ein letzter Versuch noch und ich weiß, ob ich hier bleibe oder ganz schnell wieder verschwinde.<
Mit zusammen gebissenen Zähnen und fest entschlossenem Gesichtsausdruck stapfte sie los. Immer einen Schritt nach dem anderen. Die Geister, die derweil über die anderen Wände tanzten verbannte sie vorerst aus ihren Gedanken. Da endlich stieß ihre Hand gegen eine kalte glatte Fläche.
„Mmh ...“
Vorsichtig tastete sie sich mit beiden Händen an der Fläche entlang, ihre Beschaffenheit änderte sich nicht. Das gleiche Material. Plötzlich wurde es heller. War nun die Wolke, die den Mond verdeckt hatte verschwunden, oder hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt? Bulma wusste es nicht. Fest stand nur, dass sie endlich besser sehen konnte. Ihr gegenüber stand eine kleine Frau mit blauen Haaren und ozeangleichen Augen. Sie hatte die Hände in die Seite gestemmt und funkelte sie an. Plötzlich begann die Fremde zu lächeln. Bulma lächelte. Ein Spiegel. Einfach nur ein Spiegel, der an der Wand hing und ihre eigene Erscheinung zeigte. Ein leises Kichern drang aus Bulma’s Kehle. Da hatte sie sich doch tatsächlich von ihrem eigenen Ich ins Boxhorn jagen lassen. Vegeta würde sich jetzt wieder schief lachen und alle möglichen unerwünschten Kommentare abgeben. Ja ... Vegeta ... der alte Miesepeter ...
Aus den Augenwinkeln heraus erkannte Bulma, dass jemand sich die Mühe gemacht hatte fast die gesamte Süd-Fassade des Dachbodens mit Spiegeln auszukleiden. Im rechten Winkel zueinander, ineinander verkeilt wie zwei Autos, die Son-Goku für seine Übung benutzt hatte oder einfach nur in einer Reihe hintereinander. Wenn nun jemand den Raum betrat, spiegelten die einzelnen Spiegel einander und so entstand der Eindruck als ob es in dem Raum vor Menschen nur so wimmelte. Der Eindruck. In Wirklichkeit aber, blieb man allein und es waren nur die eigenen Kopien, die einem vorgaukelten sich in einer großen Gemeinde zu befinden.
Bulma besah sich der Reihe nach alle Spiegel. Große Standspiegel, Wandspiegel, Taschenspiegel, Klappspiegel und der ein oder andere Schrank mit verspiegelten Flügeln. Alles beisammen und hübsch aufgestellt. An einem Spiegel blieb ihr Blick hängen. Er war einer der größten, den die CC zu bieten hatte. Fast 2 m hoch und mindestens 1.50 breit. Eine Messingfassung rahmte ihn ein und am oberen Ende prangte ein großer blutroter Stein. Vielleicht ein Rubin? Vielleicht, auf jeden Fall gehörte dieser Spiegel zu Bulma’s Lieblingen. Sie mochte es hineinzuschauen und in aller Schärfe ihr Spiegelbild zu erkennen. Jede kleine Locke, jede Wimper und leider Dende’s auch jede unerwünschte Falte. Vegeta hatte es damals immer einen Heidenspaß gemacht sie darauf hinzuweisen. Und nun war dieser Spiegel blind. Die sonst so strahlende Oberfläche war mit einem milchigen Weiß überzogen, ähnlich wie Nebelschwaden. Warum? Warum wurde ein normaler Spiegel ohne jeden Grund blind? Zögernd ging sie ein paar Schritte näher an ihn heran. Der Spiegel zeigte einen dunklen Schatten auf seiner Oberfläche.
>Schön!<, dachte Bulma, >Er ist also doch nicht blind.<. Die Gestalt im Spiegel bewegte sich langsam auf sie zu. Ja, ihr Spiegelbild. Gut einen halben Meter vor der versilberten Glasfläche (Stimmt doch, oder?) blieb sie stehen. Etwas tief in ihrem Inneren sagte ihr, dass dieser Spiegel nicht sie zeigte. Sie hob den rechten Arm. Die Gestalt tat es ihr nach. Sie hob den linken Arm, gleiche Reaktion im Spiegel. Allerdings schien sich mit jeder Sekunde das Bild zu klären, die Konturen wurden deutlicher, die Umrisse klarer und auch die Bewegungen. Plötzlich verschränkte Bulma die Hände am Hinterkopf, erwartete, dass ihr Ebenbild das Gleiche tat und achtete nicht weiter auf den feinen Unterschied. Ihr Spiegelbild bewegte sich auf einmal keinen Zentimeter mehr. Ihr Spiegelbild? Irritiert ließ sie beide Arme sinken. Die Gestalt im Spiegel rührte sich nicht. Stattdessen konnte Bulma immer mehr Feinheiten erkennen. Und so viel stand fest. DAS war NICHT IHR Spiegelbild. Ein schwarzer Schopf, ein durchtrainierter Körper und ein Blick der so viel sagte wie „Na? Jetzt bist du baff, was?“.
Mehr hustend als atmend stieß Bulma die Luft zwischen den Zähnen aus und stolperte stotternd ein paar Schritte rückwärts. Die Spiegel-Gestalt grinste ... und ließ sich augenblicklich auf die Knie fallen.
„Ve ... Vegeta ...“, hauchte sie. „Wie ... und noch viel besser ... äh ... was ...?“
Vegeta ließ sie nicht ausreden.
„Tag, Bulma, wie geht’s denn so? Hast du überhaupt noch Wasser in dir? So viel wie du in den letzten Tagen geheult hast, wohl eher nicht, was?“
Bulma blieb stumm und starrte fassungslos in den Spiegel. Spiegel zeigten doch, was um sie herum geschah aber Vegeta, ihr Mann, war ganz offensichtlich IM Spiegel. Sie drehte sich um. Nichts, keine große Gestalt, die hinter ihr stand und sich einen Spaß daraus machte sie zum Narren zu halten. Aber ihr gegenüber stand er doch wahrlich und leibhaftig ... IM SPIEGEL!
>Bulma, du bist verrückt, du siehst Gespenster! ... Im wahrsten Sinne des Wortes<
„Falls du jetzt denkst, den Verstand verloren zu haben ... äh ... noch mehr Verstand verloren zu haben, als es eh schon der Fall ist, kann ich dir nur ganz stark raten dich von diesem Gedanken zu lösen. Du bist nicht noch verrückter geworden! Viel mehr haben mir ein paar spezielle Freunde erklärt, wie ich mit dir reden kann.“
Vegeta. Eindeutig. Diese Art von „Komplimenten“ konnte niemand nachahmen. Es musste wohl tatsächlich der Prinz sein, der da zu ihr sprach.
„Wieso kommst du da nicht raus?“
Wie als Antwort zogen sich seine Brauen zusammen, wie zwei schwarze Raupen.
„Wenn ich hier RAUS komme, siehst du mich doch nicht mehr. Das hab ich in den letzten drei Tagen festgestellt. Was denkst du, warum dir so oft so kalt war?“
„Das ... warst du?“
Überzeugtes Nicken im Spiegel. „Bingo. Ich bin jetzt so ähnlich wie euer mickriger Erden-Mond. Ich reflektiere das Leben bloß über die Spiegel, so wie der Mond die lebendigen Strahlen der Sonne reflektiert, die dadurch allerdings kalt werden und keine Wärme mehr spenden.“
Bulma’s Augen füllten sich mit Tränen. Wankend ging sie auf den Spiegel zu, presste die Handflächen gegen die kalte Fläche und versuchte irgendwo etwas zu spüren. Nichts. Gar nichts.
„Hörst du mir überhaupt zu? Ich sagte doch gerade, dass ich nicht warm bin!“
„Bleibst du hier?“
Vegeta’s Blick verfinsterte sich. Er senkte den Kopf.
Plötzlich wurde der Spiegel wieder blind, der Schemen verschwand. Bulma sah traurig zu. Jetzt war er wohl weg. (Ja, wir alle wissen mittlerweile, dass er Veg’ ist!) Ein eisiger Schauer kroch ihr über den Rücken. Das Bild klärte sich wieder. Sie lächelte. Nun zeigte ihr Lieblings-Spiegel nicht nur sie, sondern auch Vegeta. Er stand hinter ihr und hatte sanft die Arme um sie gelegt.
„Ich muss los. Ich war ja bloß hier, weil ich das Ganze in der Arena gar nicht so richtig mitgekriegt hab. Und eigentlich wollte ich dir bloß sagen, dass du niedlich bist, wenn du trauerst und wenn dieser Kerl in die Hölle kommt, werde ich ihm so eins überbraten, dass ihm Hören und Sehen vergeht. Versprochen.
Auf Wiedersehen, Bulma. Pass auf Vegeta auf, ja? Der Knirps kann mich anscheinend sehen, wenn er sich also mal wieder komisch benimmt, hol dir einen Spiegel! Jetzt muss ich aber wirklich los! Sag Trunks und Bra, dass ich sie lieb hab und richte Kakarott aus, dass er das Training am besten aufgibt. Viel zu langsame Reflexe!
Mach’s gut! Bis bald!“
Mit diesen Worten drehte er sich um und ging auf den Ausgang zu. Sekunden später schien sich sein Körper in Luft aufgelöst zu haben. Er war verschwunden. Bulma sank vor dem Spiegel zusammen. Vegeta