Fanfic: Mr.Perfect und die Zweitbesetzung

Kapitel: Mr.Perfect und die Zweitbesetzung

Diese Idee kam mir eines Morgens im Bett... Also habe ich sie aufgeschrieben, ganz gegen meine Gewohnheit. Es ist nur ein One-shot, d.h. eine Geschichte ohne Fortsetzung. Ich hoffe, sie gefällt euch und ihr schreibt Kommis. Ach ja: Für diejenigen, die vielleicht immer noch Interesse an "Ich, du und wir zwei" haben: Existiert handschriftlich schon, muss nur noch abgetippt werden. Ich hoffe, das freut noch jemanden... Wie auch immer, viel Spaß!!




Ich stehe schweigend da. Son-Goten ist nicht zuhause. „Er ist im Wald... an seinem Lieblingsplatz,“ sagt seine Mutter. „Geh doch hin.“ Aber das tue ich nicht. Er will jetzt allein sein, das weiß ich. Und ich weiß auch, warum er über seinen Kummer nicht mit mir redet. Ich bin der Kummer. Ich habe noch das höhnische Gelächter der ganzen Mitschüler im Kopf, als unsere Literaturlehrerin bekannt gibt, dass ich in dem Theaterstück die Hauptrolle bekomme – und Goten die Zweitbesetzung wird. „Das ist ja krass! Genauso wie im wirklichen Leben, was?! Hohohohohoho!!!!“ Goten hatte aber abgelehnt. Er sagte, dass er keine Zeit habe, weil er seinen Vater besuchen wolle. Das klang plausibel und es haben auch alle geglaubt. Ich weiß es aber besser. Er wollte nicht die Zweitbesetzung sein. Es war auch nicht das erste Mal, dass er so etwas zu hören bekam. Wir sind ziemlich beliebt an der Schule und bekannt wie bunte Hunde, aber natürlich gibt es auch giftige Zungen. „Guckt mal, der millionenschwere Erbe und sein treues Schoßhündchen!“, so was in der Art kommt immer, wenn wir durch’s Gebäude laufen. Goten hat zwar immer eine schlagfertige Antwort parat, aber ich bin der Einzige, der sehen kann, dass solche Sprüche ihn treffen. Ich kann es in seinen Augen sehen. Er ist so lieb... er hat sich noch nie beklagt oder war zornig auf mich. Nie. Er will nur als eigenständige Person gesehen werden, nicht als mein Schatten. Ich habe neulich sogar mitbekommen, wie seine Mutter im Zorn zu ihm sagte: „Trunks macht das doch auch nicht, warum musst du immer Unfug anstellen?“ Ich sah, wie sein Blick sich verfinsterte und seine Fäuste in den Hosentaschen sich ballten. Doch das war schnell wieder vorbei, ohne dass Chichi etwas bemerkt hatte. Noch nie war er deshalb abweisend zu mir, oder machte mir Vorwürfe. Es tut mir weh, ihn so leiden zu sehen.


Ich weiß, dass er jetzt auf dem moosbewachsenen Felsen sitzt, bei ihm bestimmt ein paar Tiere. Er hat irgendwie einen besonderen Draht zu der Natur. Sie liebt ihn und vertraut ihm. Und umgekehrt ist es genauso. Kein Mensch könnte ihn je so trösten wie ein uralter Baum, das Rauschen des Windes in den Bäumen, der leichte Regen oder Sató, ein junger Gepard, dessen Seele irgendwie mit Gotens zusammenhängen muss. Er spricht mit ihm, kein anderer kann ihn verstehen. Er wird ihn wieder aufmuntern. Ich sollte Goten jetzt allein lassen. Ich wende mich zum Gehen. Doch dann bleibe ich stehen. Nein. Ich kann mich nicht so einfach davonstehlen, nicht jetzt. Er braucht mich. Also mache ich mich auf den Weg.




Ja. Da sitzt er auf dem Stein, eine vertraute Gestalt. Zusammengekauert, mir den Rücken zugekehrt, Sató an seiner Seite. Der faucht allerdings, als er mich sieht und verschwindet gedankenschnell im Unterholz. Ohne sich umzuwenden sagt Son-Goten: „Hallo, Trunks.“ Ich schweige. Was könnte ich denn sagen? Auch er macht keine Anstalten, ein Gespräch zu beginnen. So bleibt es lange Zeit still. „Ich weiß, was dich bedrückt,“ höre ich mich plötzlich sagen. „Von allen Seiten wird an dir herumerzogen, bis du selbst nicht mehr weißt, ob du überhaupt der sein darfst, der du bist. Es scheint, als ob alle dich nur als Kopie eines anderen wollen – oder als Ersatz. Ersatz für deinen Vater, für deinen Bruder... für mich...“ Ich spüre es mehr, als dass ich es sehe – er zuckt zusammen. „Du weißt es?“, flüstert er kaum hörbar, leise wie ein Windseufzer in trockenen Blättern. „Konnten wir jemals etwas voreinander verbergen? Es scheinen wirklich alle zu sein, die dich anders haben wollen, als du bist. Die Lehrer, überhaupt alle in der Schule, alle Bekannten... sogar deine Mutter.“ Irre ich mich, oder war das eben ein Schluchzen? „Aber“, sage ich und stocke. Plötzlich zittert meine Stimme und Tränen steigen mir in die Augen. Ich kämpfe dagegen an, kann aber nicht verhindern, dass die Tränen in meinen Worten mitschwingen. „Aber du hast einen vergessen.“ Jetzt weine ich wirklich. Oh Fuck. „Mich!“ Das Schluchzen lässt meine Stimme beinahe kippen. „Ich brauche dich, Son-Goten. Ich brauche dich nicht zur Hebung meines Selbstwertgefühls, ich brauche dich nicht, um immer jemanden auf dem Platz hinter mir zu wissen. Ich brauche dein Lachen, ich brauche deine Ehrlichkeit, ich brauche alles an dir. Ich brauche dich als mein Freund.“ Ich kann nicht mehr weiter. Die Tränen ersticken meine Stimme. Was heule ich hier eigentlich rum? Gibt es denn ein Grund dazu? Ist es Mitleid? Oder die Angst, meinen besten Freund zu verlieren? Ich weiß es nicht. An dem Beben seiner Schultern bemerke ich, dass er ebenfalls weint. „Du... du bist nicht mein Freund.“ Entsetzt schaue ich auf. Das meint er doch nicht etwa ernst?! Jetzt wendet er sich um. Er lächelt unter seinen Tränen. „Du bist mein Bruder.“ Bruder. Das... ist wahr, kein anderes Wort drückt es besser aus. „Seit meiner Geburt bist du da. Wenn ich nach dem frühesten Augenblick in meiner Erinnerung suche, dann sehe ich dein Gesicht. Nach dem Kampf gegen Boo haben wir Blutsbrüderschaft geschlossen.“ Er streift seinen Ärmel hoch. „Hier... die Narbe am Handgelenk ist immer noch da. Wir waren damals Kinder, aber wir haben es nie bereut. Wir wussten immer, dass es richtig war, egal, wie jung wir waren. Ich weiß, dass du da bist...“ – „Und ich weiß, dass du da bist.“ Wir lächeln uns an. Wie auf Kommando stehen wir auf, laufen aufeinander zu und fallen uns in die Arme. Wie schnulzig. Was würden die Lästermäuler in der Schule jetzt lachen. Scheiß drauf. Das ist mein Bruder. Mein Einziger. Und ich hab ihn wieder.




~Owari~


Suche
Profil
Gast
Style