Fanfic: Animus viam monstrat 18

Kais Blick aus zuweichen.

„Nein, ich meinte eigentlich… Warum lagst du heute bei mir im Bett?“ fragt Kai. Kann er sich dass denn nicht denken? Jetzt muss ich ihm das auch noch erklären. Ich senke meinen Blick nach unten und sehe in das tosende Wasser.

„Ich habe dich in der Nacht aufschreien gehört und dann na ja...weißt du doch selbst" meine ich. Meinen Blick habe ich noch immer fest auf das Wasser gerichtet.

„Danke!“ meint Kai und verschwindet wieder im Zimmer.



Hat Kai sich etwa bei mir bedankt? Hat er sich wirklich bedankt? KAI? Kai, der stolze, unbeugsame Junge hat sich bei MIR bedankt? Jetzt bin ich völlig verwirrt. Wieso hat er sich bedankt? Diese Frage lässt mir einfach keine Ruhe.

Ich gehe Kai hinter her. Er sitzt auf seinem Bett und starrt ins Leere.

„Warum?“ frage ich ihn und setze mich neben ihn.

Er hebt den Kopf und sieht mich perplex an.

„Warum hast du dich bei mir bedankt?“ frage ich noch einmal leise.

Ich merke wie sich ein leichter Rotschimmer auf Kais Wangen bildete. Ich muss leicht schmunzeln.

„Nun.... weil... du mir, wie du sicher gemerkt hast, geholfen hast!“ sagt Kai schnell, steht auf und geht auf seinen Schrank zu.

Ich lächle, stehe auf, gehe an Kai vorbei und flüstere ihm mit einem Lächeln ins Ohr:“ Hab ich doch gerne getan!“ Gebe ihm einen Kuss auf die Wange und laufe schnell ins Bad. Dort schließe ich die Türe ab, streife meine Klamotten ab und stelle mich mit hochrotem Kopf unter die Dusche. Was habe ich jetzt bloß wieder angerichtet????!!!!!



(Kais Sicht)



Ich laufe durch die dunklen Gänge der Abtei. Flüchte vor etwas. Oder vor jemanden? Ich weiß es nicht, aber ich kann die Angst in mir spüren. Die Angst, die droht zu Panik zu werden. Plötzlich stehe ich in einem Raum. Es ist dämmrig, fast dunkel, und doch kann ich alles erkennen, was sich vor mir abspielt. „Du darfst keine Gefühle zeigen! Du darfst nicht weinen! Du musst hart bleiben! Du hast keine Gefühle!“, schreit die Person in der braunen Robe. Und vor ihr stehe ich! Ich als Kind. Tränen laufen meine Wangen hinab und die Person schlägt immer wieder auf mich ein. Jeden Schlag spüre ich, als wäre er real. Und doch ist der psychische Schmerz schlimmer, als der physische!

Meine Beine können sich nicht bewegen. Ich stehe einfach nur da, sehe zu und spüre jeden Schlag in mir. Wie gerne würde ich dazwischen gehen! Doch es ist zu spät!



Der Raum ist auf einmal wieder leer. Im Gang hinter mir kann ich Schreie hören. Instinktiv weiß ich, dass ich weglaufen muss. Also laufe ich. Renne immer weiter. Die Gänge entlang. Mit jedem Schritt werden die Stimmen lauter, wird mir kälter. Schweiß steht mir auf der Stirn, ich atme schwer. Wieder komme ich in einen Raum. Dort steht ein kleiner Junge auf dem Fensterbrett und breitet die Arme aus.

„Gleich werde ich fliegen können, Dranzer! Wegfliegen von all den Schmerzen!“, ruft er glücklich. Doch da wird er schon von einer Gestalt gepackt, heruntergezerrt und geschlagen. Tränen schießen mir in die Augen.



Ich renne weiter. Einfach nur weiter rennen. Weg von den Stimmen, die mir folgen, weg von den Bildern. Nun komme ich an ein Tableu. Davor stehe ich als 6-jähriger. „Los Dranzer! Mach dieses Bitbiest doch fertig! Du bist schwach! Ich will dich nicht! Black Dranzer ist viel stärker! Wenn ich ihn erst mal habe, dann wird er dir zeigen, wie schwach du bist! Du darfst mit diesem Bitbiest kein Mitleid haben! Töte es!“, schreit er. ‚Töte es!’ Diese Worte hallen in meinen Ohren weiter, als ich weiter renne. Und dann ist vor mir eine Wand. Ich komme nicht weiter. Die Stimmen kommen immer näher. Sie klingen wütend. Mein Körper fängt unkontrolliert an zu zittern. Ja, ich habe Angst, obwohl ich dieses Gefühl nicht kennen dürfte.



Boris kommt auf mich zu: „Du hast doch nicht etwas Angst, Kai! Du hast keine Gefühle! Und selbst wenn, dann darfst du sie niemandem zeigen! Du darfst dich nicht von ihnen kontrollieren lassen! Und wenn doch…“ Er zeigt auf eine Tür, durch die gerade ein Junge gezogen wird. Dann fährt er sich einmal mit der Handinnenseite über den Hals und fängt hämisch an zu lachen. Nein! Wenn ich Gefühle zeige, werde ich eliminiert! Und doch kann ich die Angst nicht unterdrücken. Genauso wenig, wie die Tränen, die meine Wangen hinunterlaufen.



Doch dann wird mir warm! Die Wärme geht von meinem Rücken aus, schlingt sich um meine Brust und verbreitet sich immer weiter in meinem Körper. Sie gibt mir Kraft. Mein Atem wird ruhiger, ich zittere nicht mehr. Und die Angst ist auch verschwunden. Nur noch etwas Trauer ist in mir. Und die Schmerzen, die ich immer hatte und immer haben werde! Aber auch sie werden gelindert! Ich gehe auf Boris zu und plötzlich verschwindet er. Alles um mich herum verschwindet und wird schwarz. Ich fühle mich so geborgen.



Etwas kitzelt mich an der Nase. Ich rümpfe sie, um es loszuwerden, aber es klappt nicht. Unwillig grummle ich. Doch nun hat meine Nase endgültig genug und ich niese herzhaft. Dabei richte ich mich automatisch ruckartig auf. Im nächsten Moment höre ich schon einen Schrei und schaue verwundert nach rechts. Dort sitzt bzw. liegt, Nini und schaut mich vorwurfsvoll an. Ich schaue nur verwundert und arg verschlafen zurück. Lag sie etwa in meinem Bett? Diese Wärme, die Geborgenheit? Nein, das kann nicht sein! Aber was macht sie sonst da auf dem Boden?

"Oh ist der Herr auch schon wach? Und darf ich jetzt endlich wieder frei atmen und nicht mehr als Kopfpolster fungieren?", fragt Nini mich sarkastisch.



Im Moment kann ich nichts darauf antworten. Ich bin noch zu verwirrt. Was macht sie in meinem Bett? Halt! Mein Bett? Ich schaue mich um und sehe erleichtert, dass diese wirklich mein Bett ist. Aber was hat Nini dann darin gemacht? Sie rappelt sich gerade auf und reibt sich den Rücken. Fragend sehe ich ihr in die Augen, doch sie wendet sich sofort ab. Momentan verstehe ich nur, dass sie bei mir im Bett lag, und das sie die Wärmequelle war (schlau, Kai!! ^^). Aber warum hat sie das gemacht?



„Ich geh jetzt duschen!“, sage ich und gehe ins Badezimmer. Mit dieser Situation weiß ich echt nicht umzugehen. Warum ist Nini sauer auf mich? SIE ist doch zu mir ins Bett gekommen. Warum?



Aber in diesem Satz war irgendwie auch Hilflosigkeit. Ich habe keine Ahnung, wie ich darauf komme, aber es scheint ihr total peinlich zu sein. Ach, ich sollte aufhören darüber nachzudenken! Das bringt eh nichts!



Ich drehe den Wasserhahn an und schon prasselt das warme Wasser auf mich nieder. Mein Körper entspannt sich und in meinem Kopf ordnen sich langsam die Gedanken. Als ich mit dem Duschen fertig bin, drehe ich den ‚Kalt’- Wasserhahn auf. Sofort wird das Wasser eiskalt und meine Poren ziehen sich zusammen. Jeder Tropfen schmerzt wie ein Nadelstich. Doch die Schmerzen machen mir nichts aus. Ich habe schon schlimmere gehabt! Und doch zeigen mir diese Schmerzen, dass ich noch lebe! Das in mir noch etwas ist, dass Schmerzen empfinden kann. Zumindest physische! Nach einiger Zeit stelle ich das Wasser ab, trockne mich ab und ziehe mich wieder an.



Das Zimmer ist leer. Wo ist Nini? Angst steigt in mir hoch. Wo ist sie? Ist ihr irgendetwas passiert und ich konnte es wegen des Wassers nicht hören? Ich laufe zum Balkon und atme erleichtert aus. Da steht sie und schaut sich irgendetwas an. Warum mache ich mir solche Sorgen? Ich hätte mir doch denken können, dass sie hier ist! Aber nein, ich reagiere total über.



Mit nassen Haaren gehe ich zu ihr.

„Sieh mal! Unter uns ist nur das Meer!“, meint sie. Sie hat mich also bemerkt. Und ruhiger scheint sie auch schon geworden zu sein. Ich beuge mich übers Geländer und schaue nach unten. Ja unter dem, was wie eine Burg erscheint, ist nur Wasser. Überall nur Wasser. Selbst am Horizont kann man kein bisschen Land erkennen.

„Oh man, was machst du mit deinen Haaren, dass sie, selbst wenn sie nass sind, so wirr hoch stehen?“, fragt sie mich lachend. Darauf kann ich nichts erwidern. Denn darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Es war für mich normal.

„Warum?“, frage ich sie. Damit ziele ich eher auf die Frage, warum sie heute in meinem Bett lag.

"Na ja, weil da wo ich her komme, braucht man für so eine Frisur mindestens 10 Dosen Haarspray und drei Tuben Haargel…", antwortet sie.

Doch ich schüttle den Kopf: „Nein, ich meinte eigentlich… Warum lagst du heute bei mir im Bett?“

Nini senkt den Kopf und meint dann total leise: „Ich habe dich in der Nacht aufschreien gehört und dann na ja...weißt du doch selbst"

Ich spüre, wie ich rot werde. Warum werde ich jetzt verdammt noch mal rot? Was ist daran peinlich?

„Danke!“, meine ich und gehe dann wieder ins Zimmer. Ob Nini weiß, dass sie mir damit geholfen hat? Ob sie weiß, dass ich mich dafür bedanke? Oder ist sie jetzt verwirrt? Ich weiß es nicht! Hoffentlich fragt sie mich nicht, wie ich es gemeint habe! Es wäre mir echt peinlich es ihr haarklein erklären zu müssen.



Nini kommt herein und fragt: „Warum?“ Ich schaue sie erstmal etwas perplex an. Sie meint damit doch hoffentlich nicht, warum ich mich bedankt habe!? Bitte nicht!

„Warum hast du dich bei mir bedankt?“, sagt sie leise. Also meinte sie es doch! Kann sie es sich nicht denken? Ich merke, wie mir das Blut ins Gesicht schießt. Nini grinst leicht. Macht es ihr Spaß mich in Verlegenheit zu bringen?

„Nun.... weil... du mir, wie du sicher gemerkt hast, geholfen hast!“, sage ich schnell. Weil ich merke, wie noch mehr Blut in mein Gesicht schießt, stehe ich auf
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