Fanfic: Animus viam monstrat

Zerbersten. Langsam werde ich hochgezogen. Mit meiner anderen Hand stemme ich mich hoch. Mein Oberkörper landet auf dem harten, kalten Stein. Meine Beine zappeln, finden halt und stemmen mich gänzlich auf den festen Boden. Langsam richte ich mich auf.



Zwei Klatschgeräusche durchzucken die Luft und meine Wangen brennen wie Feuer.

„Wie konntest du das machen?“, schreit eine hohe Stimme. Sie dröhnt in meinem Kopf und doch bin ich froh, sie zu hören. Sie zeigt mir, dass ich noch lebe! Tränen laufen meine Wangen hinunter. Ich wollte sie nicht verletzen, und was habe ich gemacht? Ich habe sie verletzt!



Sie schlingt ihre Arme um mich und merke, wie mein Shirt langsam nass wird. Ich drücke sie fest an mich und lege mein Kinn auf ihre Schulter. Auch mir laufen Tränen die Wangen herunter. Warum? Warum muss mir dieses Ereignis zeigen, dass ich sie liebe? Warum muss ich sie erst verletzen, damit ich weiß, dass ich sie liebe? Dass ich sie über alles liebe!!!





( ??? Sicht)



Haben sie sich also endlich gefunden. Bei ihrem Anblick beginnt mein Herz schneller zu schlagen. Ich verspüre Freude in mir. Es ist wirklich wundervoll wenn man sieht wie eine Liebe erblüht. Und das in dieser Zeit. In einer Zeit wo es um Hass, Krieg und Wut geht. Irgendwie erinnert mich diese Liebe an eine Blume. Eine Blume die einsam auf einer Wiese steht. Um sie herum nur verwelkte und kaputte Blumen. Und doch erblüht sie. Sie gibt nicht auf und strahlt in voller Pracht. Ja, Liebe ist genauso. Sie strahlt immer. Egal wann. Egal wo. Egal wie. Sie strahlt auch in der tiefsten Dunkelheit. Sogar wenn die Hoffnung schon erloschen ist.

„Wenn ich die beiden sehe, erfüllt das mein Herz mit Freude aber auch mit Trauer!“ klingt die Stimme meines Freundes an meinem Ohr.

„Ja, leider hast du recht. Aber wir werden sehen. Es ist schon ein Wunder dass ihre Liebe in so einer Situation zustande kam.“ Sage ich und wende meinen Blick wieder ab.

„Ja, da hast du diesmal recht. Ob das Band zwischen ihnen hält?“

„Dafür müssen wir sorgen. Ich könnte mir niemals verzeihen wenn die beiden unglücklich sind.“ Sage ich mit gedämpften Ton.

„Dafür brauchen wir nicht zu sorgen. Das schaffen die beiden schon alleine.“ Die Stimme meines Freunde klingt ehrlich und erfreut.

„Ja du hast recht. Liebe ist eine Himmelskraft. Also brauchen wir uns nicht die geringsten Sorgen machen.“ Meine ich.

„Haec me consolata est in humilitate mea, quia eloquinem tuum vivicafit me”(Das ist mein Trost in meinem Elend, dass dein Wort erquicket mich.) Gemeinsam mit meinem Freund verlasse ich den Raum und bereite die nächsten Schritte vor.



(Talas Sicht)



Meine Schritte hallen durch den Gang. An den steinernen Wänden sind Fackeln befestigt und der boden ist mit einem dunkelroten Teppich ausgelegt. Zwischen den Fackeln befinden sich Bilderrahmen. Aber es sind keine Bilder darin. Nur leere, große goldene Bilderrahmen. Aber ich habe keine Zeit um mir darüber Gedanken zu machen. Was habe ich so Falsches gesagt, dass Jenny mich so seltsam ansah? Habe ich sie verletzt? Habe ich ihr weh getan? Habe ich sie dazu gebracht auch zu zweifeln? Was habe ich nur falsch gemacht? Diese Fragen geistern mir durch den Kopf, während ich durch den langen Gang gehe. Aber warum mache ich mir solche Gedanken um Jenny? Ich kenne sie im Grunde doch überhaupt nicht. Ich habe nie viel mit ihr gesprochen. Nur, als wir uns im Schneesturm verirrt haben, da habe ich sie ein wenig kennen gelernt. Jenny ist so ganz anders als Nini. Sie ist das genaue Gegenteil von Nini. Man kann die beiden überhaupt nicht miteinander vergleichen. Nini ist eher das laute, ein wenig hysterische, etwas zickige Mädchen, und Jenny das stille, ruhige, in sich gekehrte Mädchen. Obwohl Jenny einen ausgeprägten Sturkopf hat. Jenny weiß was sie will, und sie hat auch wundervolle Ideale. Aber wenn ich Nini und Jenny vergleiche fühle ich irgendwie etwas anderes tief in meinem Inneren. Nini ist mir wichtig. Sie ist wie meine Schwester, Mutter oder beste Freundin. Aber bei Jenny ist es etwas anderes. Irgendwie spüre ich, wenn ich in ihre wirklich einzigartigen Augen sehe, wie der Eisberg um mein Herz herum ein kleines Stück weniger wird. Plötzlich durchzuckt es mich wie ein Blitz. Erst jetzt. Erst jetzt, nachdem ich so intensiv darüber nachdenke, wird mir klar, dass ich Jenny gerne habe. Und ich habe es ihr noch nie gesagt. Immer habe ich nur von Kai und vor allem von Nini gesprochen. Aber ich habe Jenny nie gesagt dass auch sie mir wahnsinnig wichtig ist. Aber kann es wirklich sein? Habe ich wirklich Gefühle für Jenny? Empfinde ich wirklich etwas für Jenny? Oder flüchte ich mir nur hinter den Vorwand Jenny zu mögen, damit der Schmerz weniger wird? Bilde ich mir das alles vielleicht nur ein? Ich will niemanden verletzen. Und Jenny schon gar nicht. Niemals! STOP! HALT! Habe ich mich so sehr verändert? Ich will Jenny nicht verletzen? Normalerweise wäre es mir egal, wenn ich jemanden verletze. Egal ob körperlich oder psychisch. Aber bei Jenny ist es mir nicht egal. Woher soll ich wissen, wie ich meine Gefühle deuten soll? Mir hat es niemand beigebracht. Ich kenne nur Hass, Wut und Zorn. Diese Gefühle kann ich deuten und steuern. Aber Gefühle wie Liebe, Zuneigung und Glück kenne ich nicht. Glück und Freude habe ich erst in dieser Welt kennen gelernt. Als ich Kai nach dem Schneesturm wieder gesehen habe. Ja da war ich zum ersten mal glücklich. Und zwar so richtig glücklich und froh. Aber Liebe? So etwas kenne ich nicht. Ich weiß nicht ob ich Liebe für Jenny empfinde. Ich weiß ja nicht einmal was Liebe wirklich ist. Irgendwie fühle ich mich dumm, naiv und jung. Ich habe schon so viel erlebt und weiß nicht einmal was Liebe wirklich ist.



Plötzlich bleibe ich stehen und laufe zu unserem Zimmer zurück. Ich muss wissen was ich für Jenny empfinde. Meine Beine laufen wie von selbst. Ich weiß den Weg eigentlich nicht, da ich nicht darauf geachtet habe, wo ich hin gehe, aber jetzt, werde ich irgendwie getrieben. Ich weiß nicht von was, von wem. Ich reiße die Zimmertüre auf und stürze in das Innere des Zimmers. Mein Atem bleibt stehen, mein Blut gefriert, meine Augen weiten sich und treten hervor, und ich erstarre in meiner Bewegung.



Jenny ist nicht im Zimmer!!!!! Erst nach einigen Sekunden kann ich mich aus meiner Starre befreien und gehe weiter ins Zimmer hinein. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und der kalte Schweiß hat sich auf meiner Stirn gebildet. Wo ist Jenny? Haben sie die Lichter wieder mitgenommen? Weil sie mit dem „weiblichen“ Licht gesprochen hat? Wenn sie ihr etwas getan haben, dann.....



„Jenny!!!!!“ schreie ich und stürme wieder aus dem Zimmer. Ich muss sie finden. Ich will nicht daran denken, wenn ihr etwas zu gestoßen ist! Und so laufe ich in die andere Richtung. Jenny wird kaum, durch den Gang gelaufen sein, in dem ich war. Sonst hätte ich sie gesehen. Und so laufe ich durch eine Tür und immer weiter. Meine Beine laufen von selbst, und ich spüre wie sie immer schwerer werden. Doch ich laufe weiter. Müdigkeit und Schwäche befällt mich, doch ich gebe nicht nach. Ich muss Jenny finden. Wo ist sie nur? Wo kann sie nur sein?



„JENNY!!!!!“ schreie ich noch einmal und laufe dann durch eine große, aus dunklem Holz bestehende Tür mit silberner Türklinke. Vögelgesang dringt an mein Ohr, der Duft von frischen Blumen steigt mir in die Nase und sanfter Sommerwind weht mir ins Gesicht. Ich suche mit meinen Augen die Gegend ab. Ich befinde mich inmitten einer Sommerwiese. Wie kann das möglich sein? Wie gibt es das? Und plötzlich bleiben meine Augen auf einem Punkt hängen. Ich sehe schwarze Haare und ein rotes Top. Sofort setzen sich meine Beine wieder in Bewegung.



„Jenny! Jenny!!!!!“ rufe ich. Sie dreht sich zu mir um und steht auf. Ich bleibe nicht stehen sonder umarme sie. Ein Felsbrocken fällt mir vom Herzen. Jenny geht es gut. Ihr fehlt nichts. Ich drücke sie fest an mich. Mein Herz schlägt noch immer so heftig das ich befürchte es springt mir aus der Brust. Doch im Moment ist mir das egal. Ich bin so glücklich dass es Jenny gut geht.



Plötzlich verspannen sich meine Muskeln. Ich spüre wie Jenny ihre Arme um mich schlingt und ihren Kopf gegen meinen Hals lehnt. Ich spüre ihren Atem am meinem Hals und augenblicklich überzieht eine Gänsehaut meinen Körper. Blut steigt mir in den Kopf. Schnell vergrabe ich meinen Kopf bei ihr und atme ihren Duft ein. Ich will sie nie mehr los lassen. Nie mehr wieder. Und so stehen wir da. Inmitten der Blumenwiese. Um uns herum die singen die Vögel und die der Wind rauscht in den Blättern. Der Eisblock um mein Herz herum ist endgültig geschmolzen.



(Jennys Sicht)

Noch immer starre ich an die Decke. Ach, es bringt nichts hier zu liegen und Trübsal zu blasen! Ich muss an irgendetwas anderes denken! Tala mit seinem ständigen: Kai und Nini hier, Kai und Nini da, kann mir doch gestohlen bleiben! Ich versuche die Trauer, die Schmerzen und die Eifersucht zu verdrängen, aber es klappt nicht. Ich muss raus hier! Muss irgendwas machen.



Vorsichtig öffne ich die Tür und spähe hinaus. Nein, Tala ist nicht da. Welchen Weg er wohl gegangen ist? Hoffentlich begegne ich ihm nicht! Wo sie wohl das weibliche Licht versteckt halten? Ich will noch mehr Antworten auf meine Fragen!! Ich muss es finden! Also stapfe ich los. Mal sehen, ob mein Weg mich zum Licht führt. Von mir aus auch zu etwas anderem, Hauptsache ich erhalte Antworten.



Und so laufe ich. Es kommt mir wie eine Ewigkeit. Einmal bin ich kurz davor umzukehren. Aber mein Ehrgeiz treibt mich vorwärts. Außerdem habe ich keine Lust mich mit Tala wieder anschweigen zu
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