Fanfic: Niemand da (10)
wenn du dich gegen eine seiner neuen psychosomatischen Drogen wehrst und warum du mit diesem enormen geistigen und körperlichen Druck, der auf dich ausgeübt wird, so gut fertig wirst. Er greift zu vollkommen radikalen Methoden, nur um möglichst schnell zu Ergebnissen zu kommen, weil ihn das Militär ziemlich unter Druck setzt, da seine bisherigen Forschungen nicht gerade erfolgreich waren, aber jetzt hofft er, durch dich endlich den Durchbruch zu schaffen. Aber er handelt vollkommen falsch! Ich kann doch nicht zulassen, dass er dich vielleicht in den Wahnsinn treibt! Das kann ich nicht verantworten.
Doch wenn ich es schaffe, ihn davon zu überzeugen, dass du deine psychischen Probleme überwunden hast, kann doch selbst er nicht mehr verantworten, dich weiter hier festzuhalten. Das wäre deine Rettung. Bitte, du musst mir glauben. Er wird bestimmt einsehen, dass du nicht die Richtige für seine Experimente bist, schon gar nicht mit diesen Methoden.
Ich, ich habe nicht mehr lange Zeit. Ich werde morgen, oder übermorgen noch einmal wiederkommen. Ich hoffe, du schaffst es, mir zu vertrauen.“ Er steht auf und eilt zur Tür. Bevor er sie öffnet, bleibt er wieder einige Sekunden lang stehen und scheint angestrengt zu lauschen, doch anscheinend hört er nichts Ungewöhnliches, denn schon öffnet er die Tür und schiebt sich vorsichtig in den Gang.
Die Tür schließt sich fast geräuschlos hinter ihm und ich bin wieder allein. Erschöpft sinke ich nach hinten, bis ich zusammengerollt auf der Decke liege, den Kopf in meine Armbeuge gebettet. Das ‚nichts denken’ ist ganz schön anstrengend, vor allem, wenn man angestrengt zuhört und das Gehörte auch wirklich verstehen will. Am Schluss habe ich mich nur noch darauf konzentriert, ja nicht hinzusehen, nicht in seine Augen zu blicken und weiter so zu tun, als ob ich vollkommen teilnahmslos wäre. Aber warum eigentlich? Habe ich wirklich so viel Angst davor, mich in seinem Blick zu verlieren und vielleicht sogar etwas darin zu finden, dass ich nie zu finden gehofft hätte? Muss ich davor überhaupt Angst haben? Aber was hoffe ich denn, darin zu finden? Mittleid, Mitgefühl, Verständnis oder etwa ....
Nein, nicht einmal daran denken darf ich. Gefühle sind Schwächen, die ich mir nicht leisten kann. Ich darf mich nicht von ihnen leiten lassen, das weiß ich genau, aber zugleich kommt es mir manchmal so vor, dass ich nur aus Gefühlen bestehe, dass ich zwar an ihnen fast zerbreche, aber ohne sie nicht leben könnte. Ich trage ein unglaubliches Verlangen nach Zuneigung, Geborgenheit und Liebe in mir, dass ich jede Art von Beachtung wie ein trockener Schwamm in mich aufsauge. Vielleicht glaube ich ja nur, dass er mich beschützen und befreien will, aber in Wirklichkeit bilde ich mir alles nur ein, weil ich unbedingt will, dass ich als beschützenswerter und liebenswerter Mensch wahrgenommen werde, dass ich mich selbst über alle vielleicht vorhandenen Anzeichen einer bewussten oder unbewussten Täuschung seinerseits hinweg täusche, mich also selbst anlüge, nur damit ich meine Empfindungen auf jemanden projizieren kann. Denn ich will meine Gefühle weitergeben. Ich bin nicht nur zu Hass und Gleichgültigkeit fähig, ich will jemandem Geborgenheit schenken, obwohl ich mir manchmal nicht mehr so sicher bin, ob ich wirklich dazu fähig bin, die Gefühle, die man mir entgegen bringen soll, auch anderen zu vermitteln. Ich weiß nicht genau, wie sich die Liebe anfühlt und wie es ist, wenn man sich geborgen fühlt, aber es muss wunderschön sein, denn es muss doch ein Gegengewicht für die Gefühle geben, denen ich ständig ausgeliefert bin. Wenn es Menschen wie mich gibt, die ständig mit ihrem Selbsthass, der Hoffnungslosigkeit und mit der Einsamkeit leben müssen, dann muss es doch auch Menschen geben, die glücklich sind und es muss einen Weg geben, wenigstens einen Hauch dieses Glücks zu erhaschen.
Vielleicht versuche ich wirklich nur, mir krampfhaft einzureden, dass Jamie echte Schuldgefühle mir gegenüber hat, aber es könnte doch sein, dass es stimmt und dann wäre es doch schrecklich, wenn ich nicht darauf eingehe und vielleicht nie erfahre, was in diesen Augen verborgen liegt. Ich muss es einfach riskieren, ich muss, denn welche Wahl habe ich sonst? Nichts tun ist mit Aufgeben gleichzusetzen und ich darf nicht aufgeben.
Die Entscheidung, Jamie zu vertrauen ist also gefallen, aber eine Entscheidung für etwas heißt noch lange nicht, dass man sie auch in die Tat umsetzt. Es ist erst der erste Schritt.
Obwohl ich erst vor kurzem operiert wurde, fühle ich mich überraschend gut. Die Schmerzen sind nicht so stark, wie sie meiner Meinung nach eigentlich sein müssten, aber vielleicht wirkt ja noch das eine oder andere Schmerzmittel, und ich bin natürlich froh darüber, dass der Schmerz nicht unerträglich wird. Ich hoffe nur, dass das auch so bleibt.
Ich bin wieder unendlich müde und meine Lider werden immer schwerer, doch ich kann jetzt nicht schlafen. Ich muss wach bleiben und über alles nachdenken.
Aber was bringt mir das ganze Grübeln? Meine Gedanken gehen nur noch im Kreis und bringen nichts Neues. Es ist doch eigentlich viel wichtiger, dass ich mich wieder einmal ausruhe und ohne Schlaf kann ich sowieso bald nicht mehr klar denken. Mein Körper muss sich regenerieren. Das alles weiß ich, aber ich will trotzdem nicht schlafen. Ich habe schreckliche Angst davor, einzuschlafen, denn dann bin ich wieder vollkommen schutzlos und ich habe Angst, dass ich, wenn ich wieder aufwache, in einem OP liege. Wer weiß schon so genau, ob sie nicht vielleicht etwas vergessen haben und es mir nachträglich einpflanzen wollen? Sie warten bestimmt nur darauf, dass ich die Augen schließe und dann kommen sie, um mich erneut zu quälen.
Unsinn! Das ist vollkommener Blödsinn, was ich da denke. Ich steigere mich völlig grundlos in eine Hysterie hinein. Es ist doch eigentlich vollkommen egal, ob ich nun wach bin oder nicht, wenn sie kommen, ich kann mich im Moment sowieso nicht wehren. Ich bin ihnen ausgeliefert! Aber wenn ich mehr Kraft hätte und nicht mehr so müde wäre, dann hätte ich vielleicht eine Chance. Vielleicht machen sie einen Fehler und ich kann diesen Fehler ausnutzen.
Stopp!! Schon wieder falsch. Ich darf mich nicht wehren. Ich wollte doch auf Jamie vertrauen. Er hat einen Plan und wenn ich wieder einen Fluchtversuch auf eigene Faust mache, dann zerstöre ich bestimmt seine ganzen Pläne.
WENN er überhaupt einen Plan hat, versucht mir eine leise Stimme einzureden.
Nein! Ich habe mich dafür entschieden, ihm zu vertrauen. Ich werde erst einmal darauf warten, dass Jamie etwas unternimmt und wenn er wirklich keinen Plan hat, werde ich das schon noch rechtzeitig bemerken.
Aber das Risiko ist viel zu groß. Ich darf niemandem vertrauen, schon gar nicht ihm!
Aber ich muss! Ich will, und werde ihm vertrauen. Ich muss meine Zweifel vergessen. Es gibt doch keinen Grund dafür. Er hat doch nie etwas gemacht, dass mich irgendwie verletzt hätte, und im OP wollte er mich sogar retten. Aber wollte er mich wirklich aus dem OP rausbringen? Hat er nicht viel zu schnell aufgegeben? Er hat doch gewusst, wie dieses Betäubungsmittel wirkt. Vielleicht sollte ich sogar hören, wie er mich angeblich vor Tyler beschützen wollte. Vielleicht war ja alles so geplant, damit er dann leichter an mich ran kann. Aber weswegen sollte er eigentlich an mich ran kommen wollen? Was wollen sie noch von mir, wenn sie doch jetzt Daten, die sie für irgendwelche Forschungen brauchen, über die Sender und Chips in meinem Kopf geliefert bekommen. Was für Forschungen sind das eigentlich genau? Wofür werde ich als Versuchskaninchen missbraucht? Und vor allem warum? Doch am liebsten wäre es mir, wenn ich nichts davon erfahren müsste und einfach gehen könnte. Mir ist egal, was diese Typen hier für eine kranke Horrorshow abziehen, solange sie mich nur wieder gehen lassen. Ich würde doch niemandem etwas von dem sagen, was ich hier erlebt habe. Mir würde sowieso niemand zuhören und selbst wenn doch, glauben würde mir bestimmt keiner.
Aber um das geht es wohl längst nicht mehr. Ich bin anscheinend ein „interessantes Objekt“ für ihre Forschungen und offenbar will man sich dieses „Objekt“ nicht abhanden kommen lassen. Warum sonst sollten sie mir auch noch einen Sender einpflanzen, um immer zu wissen, wo ich gerade bin. Tyler hat doch etwas von Extremsituationen gesagt. Was er wohl damit gemeint hat? Will er vielleicht irgendwelche kranken Versuche mit mir machen, um zu noch exakteren Ergebnissen für seine Forschungen zu kommen?
Ich habe Angst. Angst vor dem, was vielleicht noch auf mich zukommt.
So, wieder ein Teil weitgehend fertig (außer ich habe wieder einen Geistesblitz, hoffentlich nicht *lach*)
Ich würde mich wie immer über etwas Rückmeldung freuen! Kritik ist dringendst erwünscht!!!!!
cu amiel