Fanfic: Besessen
Kapitel: Kapitel 1/ Der Anfang
Wie ein kleines Kind tapste Annika über den Flur. Angst vor Gewittern hatte sie schon immer gehabt, da machte es nichts aus, dass sie schon fünfzehn war. Ein heftiges Donnergrollen ließ den Fußboden erzittern und Annika zusammenzucken. Wie konnte Marc bei so einem Lärm nur schlafen? Regentropfen prasselten gegen die Fensterscheiben wie große, harte Steine und der Wind fuhr wütend durch den Kamin und pfiff und heulte. Vorsichtig öffnete Annika Marcs Zimmertür. Friedlich wie ein Lämmchen lag er in seinem Bett, während ein Blitz über den Himmel zuckte und Sturmböen über das Land fegten und sich die Bäume bogen und krümmten wie unterwürfige Sklaven. Annika schlüpfte unter die Decke und kuschelte sich an ihren Freund. Er drehte sich zu ihr um. Und Annika sprang schreiend aus dem Bett.
Die sonst warmen, rehbraunen Augen waren zu Schlitzen verengt und hellgrün leuchteten sie in der Nacht. Die Gewitterblitze spiegelten sich in ihnen wieder. Der Mund war zu einem irren Grinsen verzerrt, das immer breiter wurde und die Nase hatte eine platte, schlangenähnliche Form angenommen, die heftig ein- und ausatmete, als würde ihr das Luftholen Schwierigkeiten bereiten. „Hallo!“ sagte eine kalte Stimme, kurz und abgehackt. Annika rannte und schlug die Zimmertür hinter sich zu, doch während sie ihre eigene versperrte wusste sie, dass es sinnlos war. Langsame Schritte kündigten das Näherkommen des Wesens an, ein irres, gackerndes Lachen dröhnte in ihren Ohren und ihre Augen waren geblendet von den Gewitterblitzen, die nun fast ununterbrochen über den Himmel zuckten und ihr Zimmer gespenstisch hell erleuchten ließen. Die Schritte hielten inne. Das Lachen verstummte und der Wind ließ nach, das Zimmer wurde dunkel, weil die Blitze am Himmel verschwunden waren und auch der Donner hörte urplötzlich auf als hätte er das brüllen verlernt und tauchte das Haus in eisige Finsternis und gnadenloses Schweigen. Annika versuchte vergebens, das Licht anzumachen; vermutlich war der Strom ausgefallen, doch nun, da das Gewitter weitgehend verebbt war, fasste sie wieder Mut und schloss die Tür auf. Etwa zwei Meter von der Tür entfernt lag Marc zusammengekrümmt auf dem Boden, wimmernd und stöhnend und krallte sich mit den Händen in seine Schlafanzugjacke genau dort, wo sein Herz war. Annika stürzte auf ihn zu. „Marc!“ rief sie und schüttelte ihn, nicht lange, denn er stöhnte nur noch lauter und fing nun auch noch an zu schreien: „Nein! Lass das! Hör auf, bitte, hör auf!“ Annika ließ von ihm ab und er sah ihm direkt in die Augen, die nun nicht mher grün und kalt und voller Irrsinn waren sondern braun und warm und erfüllt mit Schmerz, wie ihn Annika kaum ertragen konnte. „Marc, was... was ist mit dir passiert... was...“ Sie brach ab. Marc schloss die Augen; er wimmerte, stöhnte und schrie nicht mehr, er lag nur ruhig da und atmete lange und tief ein und aus. „In mir war der Teufel.“, sagte er kaum vernehmlich, doch mit klarer Stimme.