Fanfic: Angels Eye

Kapitel: Tagträume

2. Tagträume

Der Morgen fing mies an. Jade schlug die Augen auf und hatte schlechte Laune.
Sie hatte wieder mal ihren altbekannten Alptraum gehabt. Müde setzte sie sich auf und rieb sich die Augen. Dann trat sie an das Fenster und zog den Vorhang beiseite.
Das Licht der aufgehenden Sonne vergoldete den Schnee, der die Büsche im Hotelpark bedeckte. Ein Lächeln huschte über Jades´ Gesicht.
Sie holte ihren Koffer raus und packte die Sachen aus. Nebenbei suchte sie sich ihr Outfit für den Tag aus. Mit ein paar Handgriffen steckte sie ihr Haar hoch, aber anders als sonst steckte sie ihren Blade an den Gürtel und verbarg ihn mit ihrem Oberteil.
Ein kurzer Blick in den Spiegel und auf die Uhr und sie ging mit gemäßigter Laune nach unten zum Frühstück. Dort waren sie gerade erst am Auftragen und verwundert über die frühe Besucherin. Immerhin war es erst fünf Uhr.
Jade schlang etwas in sich hinein und überlegte sich, den Laptop erstmal weiter oben in der Suite zu lassen. Da stoppte sie und runzelte die Stirn. Sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern, den Laptop auf den Tisch gestellt zu haben.
Aber ich war gestern auch totmüde, beruhigte sie sich selbst und machte sich auf zum Park, um ein wenig die frische Morgenluft zu geniessen.
Die Stille im Park war wunderschön im Vergleich zu dem Lärm, den die Technikerin von ihrer Heimatgroßstadt gewohnt war.
Zwar lebte sie seit dem Vorfall, der das Leben der beiden Schwestern so verändertert hatte, in einem hübschen alten Haus in der Nähe eines kleines Städtchens in Deutschland, aber den Lärm vergass man nie.
Er blieb sozusagen im Blut und lehrte einen, die Stille zu geniessen. Und das tat Jade in vollen Zügen. Lange ließ sie sich einfach nur von ihren Füßen tragen und ihre Gedanken schweifen.

Tala traf den Rest seiner Teamkollegen im Wohnbereich der Suite.
„Oh, auch schon wach?“ meinte er und setzte sich zu ihnen. „Alle, außer unserer Neuen. Scheint wohl ´ne Langschläferin zu sein.“ Sagte Spencer verächtlich.
„Sie ist gestern ziemlich weit geflogen.“ Warf Ian ein. In diesem Moment ging die Tür auf und Jade trat mit einem verträumten Gesichtsausdruck und leise summend ein.
Als sie die Demolition Boys sah, die sie alle leicht verdutzt ansahen, stoppte sie sofort und auch ihr Gesichtsausdruck veränderte sich.
„Oh, guten Morgen. Ich wusste nicht, dass ihr schon wach seid.“ Sagte sie leicht verwundert. Tala musterte sie. Sie trug einen langen Mantel, an den Stiefeln war noch etwas Schnee und ihre Wangen waren gerötet.
„Du warst draußen.“ Stellte er eher fest als dass er fragte. Jade lächelte kurz.
„Ja, die Morgenluft ist einfach herrlich.“ „Wie lange bist du schon auf?“ fragte Ian neugierig. „Mmh, so seit halb oder zwanzig vor fünf.“ Schätzte sie. „Aber ich hole mir jetzt erstmal einen Tee um mich aufzuwärmen.“ Mit diesen Worten verliess sie den Raum.

Gewonnen! Sie hatten gewonnen! Sie waren Weltmeisterinnen im Beybladen!
Die vier Mädchen in den weißen Kleidern konnten ihr Glück garnicht fassen.
Sie fielen einander in die Arme und weinten vor Freude. Der Schiedsrichter kam mit dem Veranstalter, um ihnen die Trophäe zu überreichen. Zwei kleine Mädchen aus dem Publikum stürmten zu den Siegerinnen. Ihre blonden Haare wehte wild um ihre Gesichter.
Sie fielen zwei der Mädchen um den Hals. Diese hoben sie auf und nahmen sie auf den Arm, während sie sich fest an sich drückten. In diesem Moment…

Jade schüttelte den Kopf. Wieder kamen die Bilder ihres Alptraums in ihr hoch.
Sie versuchte, sich auf die Analyse zu konzentrieren, die ihr Laptop zu dem Training der Demolition Boys machte, aber wieder stiegen diese Bilder in ihr hoch…

Die beiden kleinen Mädchen strahlten die beiden schwarzhaarigen Bladerinnen an. Sie sahen bis auf die Augen total gleich aus, nur die eine hatte katzengrüne Augen und die andere kornblumenblaue…

Jade wehrte sich verzweifelt. Sie wollte es nicht schon wieder sehen.
Den Jungen fiel nichts auf, die konzentrierten sich auf ihre Blades und das Training.
Tränen füllten Jades Augen.
Ein letztes Mal versuchte sie die Bilder niederzukämpfen, aber es war zu spät.
Die Bilder erfüllten ihr ganzes Bewusstsein, brannten sich in ihre Seele.
Ihr letzter Widerstand fiel…

Ein Knall. Das braunhaarige Mädchen der vier fiel. Ihr Gesicht hatte einen verwunderten Ausdruck, als sie an ihre Brust fasste und das warme Blut fühlte. Schreie wurden laut.
Ein anderes, rotblondes Mädchen lief zu ihr.
Die anderen beiden starrten wie betäubt zu ihr.
Auch die rotblonde fiel, noch im Laufe.
Sie schrie noch einmal den Namen der ersten, Mina, dann krümmte sie sich unter Schmerzen zusammen.
Wie in Trance beobachtete eine der schwarzhaarigen beiden, wie Männer ins Publikum liefen, auf eine vermummte Gestalt zu. Sie sah, wie er die Waffe wieder hob und zielte.
Das andere schwarzhaarige Mädchen schrie Lilli und wollte zu der zweiten gefallenen laufen. Diese rührte sich nicht. Ihre Augen blickten ins Leere. Wieder zerfetzte ein Knall die Luft. Und noch einer. Die Männer hatten den Schützen erreicht.
Er warf die Waffe weg und lief los. Das Mädchen starrte auf die Kleine in ihren Armen.
Sie begriff nicht. Die andere brach schluchzend zusammen. Endlich begriff die erste.
Die Kugeln, die für die beiden Bladerinnen bestimmt gewesen waren, hatten die Kleinen für sie abgefangen. Sie sank in sich zusammen, das Mädchen fest an sich gedrückt.
Sie schrie auf.

Jade schrie. Der Laptop fiel herunter, aber sie achtete nicht darauf.
Sie spürte die Wärme des Blut. Sah in diese leeren Augen.
Und schrie. Tränen rannten ihre Wangen herunter.
Sie spürte, wie der Schmerz und die Trauer ihr Herz zerissen.
Und das Blut rann weiter.
Jemand versuchte sie festzuhalten. Sie schlug um sich.
Wie rote Tränen floss das Blut...
Und plötzlich war alles vorbei. Sie spürte einen stechenden Schmerz an ihrer Wange und öffnete die Augen. Und sah in Talas Gesicht. Und glaubte sogar, Besorgnis in seinen eisblauen Augen zu erkennen.
Verwirrt hob sie den Kopf und sah Spencer, der die Hände an den Bauch drückte.
Ian stand neben ihn und konnte sich ein spöttisches Grinsen nicht erwehren.
Bryan ließ ihre Arme los. „Was…was ist passiert?“ stotterte sie und bemerkte, dass ihr ganzes Gesicht tränennass war. Mit ihrem Ärmel wischte sie diese ärgerlich weg.
Die Demolition Boys sahen sie, soweit man es von ihnen behaupten kann, besorgt an.
„Das sollten wir wohl eher dich fragen.“ Antwortete Bryan und hockte sich neben sie. Verwirrt registrierte Jade, dass sie auf dem Boden lag. Anscheinend war sie von der Bank gefallen, als sie um sich geschlagen hatte. „Ich…ich weiß nicht so genau, was los war.“ Log sie und bemerkte, dass sie immer noch zitterte. „Ich hatte einen Tagtraum und irgendwie, naja, ist daraus ein Alptraum geworden. Es…es ist alles ok.“ Jade merkte selber, wie unglaubwürdig sie klang und versuchte schnell das Thema zu wechseln. „Was ist denn mit Spencer los?“ fragte sie. Spencer hielt sich immer noch den Bauch und stöhnte vor sich hin.
„Du hast ihm einen ordentlichen Tritt in die Magengrube verpasst. Du hast vorhin etwas um dich geschlagen, weißt du?“ grinste Ian. „Oh.“ Jade sah ihn betroffen an.
Sie konnte gerade noch an sich halten sich zu entschuldigen, denn sie erinnerte sich, dass entschuldigen ein Tabu bei den Demolition Boys war.
„Was war jetzt wirklich los.“ Fragte Tala. Sofort wurde es wieder still.
Leise verfluchte Jade ihn in Gedanken. „Ich weiß es selber nicht, normalerweise reagiere ich nicht so heftig auf Alpträume.“ Wich sie aus. Aber nun kam auch Bryan Tala zur Hilfe.
„Muss ja ziemlich schrecklich gewesen sein. Was war es denn?“ Jade merkte, wie dass sie sich nicht abspeisen lassen würden. Also griff sie zu ihrer letzten Ausflucht.
Leicht schwankend stand sie auf. „Tut mir leid, aber ich will nicht darüber reden.“ Sagte sie möglichst kühl und hob den Laptop auf. Dann verließ sie den Trainingsraum, der sich auch in der Suite befand und ging in ihr Zimmer. Sie stellte den Laptop auf der Kommode ab und sah zufällig in den Spiegel. Ihr Gesicht war leichenblass und in ihren Augen war etwas Gehetztes. Jetzt verstand Jade, weshalb sogar die Demolition Boys besorgt oder erschrocken gewesen waren. „Was mach ich nur.“ Murmelte sie und stützte den Kopf auf.
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