Fanfic: "Der Rosenkavalier" oder "Shinichis größter Konkurrent" (Teil 8)

Stolz ihn davon abgehalten, klar wie sonst zu denken und eins und eins zusammen zu zählen. Taniguchi . Wäre Ran nicht mit in den Fall involviert gewesen, hätte er vermutlich schon nach fünf Minuten gewusst, woher der Wind wehte, nicht erst nach ein paar Wochen. Verdammter Mist! Er hatte wertvolle Zeit vergeudet. Sherlock Holmes hätte sich einen solchen Lapsus sicher nicht erlaubt. Dessen kühler Verstand war nie durch die Liebe zu einer Frau erhitzt worden. Wirklich beneidenswert, dachte Conan voller Anerkennung und schleuderte das Papier zurück in den Mülleimer.

Was gab das auch alles für einen Sinn? Heute morgen hatte er noch gedacht, Yukio sei so normal, daß es schon fast auffällig war. Dann stellte sich zuerst heraus, dass er alleine in einem schäbigen Apartment wohnte, und danach, dass er einer der reichsten Söhne des ganzen Landes war! Was kam wohl als Nächstes?

Conan blickte sich um. Das Zimmer hatte ihm sein Geheimnis offenbart und es gab hier nichts mehr zu entdecken. Ein wilder Verdacht schoss ihm in seine Gedanken: Was, wenn die Taniguchis in großem Stil den Zoll hintergingen oder Steuern nicht bezahlten und sich nun über Ran und ihren Vater geschmeidige Kontakte zur japanischen Polizei erschließen wollten? Er hatte doch nicht etwa vor, sie zu bestechen? Conan verwarf den Verdacht als arg konstruiert. Yukio konnte ebenso gut seinen wohlhabenden Hintergrund verbergen, weil er nicht wollte, dass das Geld zwischen ihm und seinen Freunden stand. Aber mußte er deshalb gleich vom Prinzen zum Bettler mutieren und in einer solchen Herberge logieren? Das war alles höchst merkwürdig.

In Conans Magen rumorte es vernehmbar. „Eine kleine Auszeit kommt gerade recht“, dachte er. „Die hat auch Sherlock Holmes nicht geschadet. Vielleicht wird mir nach einem kleinen Imbiß klarer werden, welche Ziele Yukio verfolgt.“

Gerade öffnete der kleine Detektiv die Tür und wandte sich zum Gehen, als von der Straße her der Klang einer bekannten Stimme zu ihm aufstieg: Yukio – er musste am Fuß der Treppe sein. Wahrscheinlich telefonierte er gerade. Conan erstarrte und warf einen Blick auf die Uhr: schon nach zwei; der Unterricht an Tantei war lange aus. Rasch zog er sich ins Dunkle zurück.

„...Ja...Ja... Heute abend ist es soweit: Ich werde mein Werk vollenden...Tja, Sorata. Ich hab’ so gut wie gewonnen. Stell dich drauf ein, dass der Lexus ab morgen mir gehört!...“

Er stand jetzt in der Tür. Conan verbarg sich im winzigen Badezimmer und lugte durch den Türspalt nach draußen. Ein kalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter.

„Heute Nachmittag? Nee, da hab ich keine Zeit. Ich muss gleich noch zu Dad, die Schlüssel abholen... Da sagst du was! Bist wohl neidisch, wie?...ha ha... Meinen Spaß werd ich allerdings haben! Also bis später, Kumpel. Mata ne.“

Conan hatte mit keinem Wort verstanden, worüber Yukio mit seinem Gesprächspartner redete. Wohl aber hatte er seine Stimme gehört. Und deren prahlerische Anwandlungen passten nicht zu dem bescheidenen, sanftmütigen Mann, als den Ran ihm Yukio immer beschrieben hatte. Im Gegenteil...

Während Conan noch auf der Toilette hockte und grübelte, wie Ran in diese Geschichte hineinpasste, schlüpfte der Oberschüler nebenan behende aus seiner Uniform und holte sich bequeme Sportkleidung aus dem Schrank. Er warf ein Handtuch und eine Trinkflasche in seinen Rucksack, dann machte er sich auch schon wieder auf den Weg. Ins Bad ging er nicht mehr, was Conan mit einem erleichterten Seufzer quittierte.

Unterdessen fügten sich die Teile mehr und mehr zu einem Ganzen. Hatte er noch vor einer Stunde Zweifel gehabt, ob er Yukio nicht völlig grundlos verdächtigte? Inzwischen war klar, dass die betörenden moosgrünen Augen dieses Jungen mehr Geheimnisse in sich verbargen als das intimste Tagebuch der Sheherazade. Conan bekam eine Gänsehaut: Dieser Fall wurde tatsächlich spannend. Er musste hinter Yukio her.

Er folgte ihm in gebührendem Abstand zurück zur U-Bahn-Station, wo sie die Linie Richtung Innenstadt nahmen. Am Hauptbahnhof hätte er Yukio im Gewühl fast verloren; nur mit Mühe schaffte er es, ihm auf die Bahn nach Shinjuku zu folgen. Der Beschattete unternahm jedoch nichts Verdächtiges, außer ab und zu sein Handy zu bedienen. In Shinjuku stiegen sie aus der Bahn und Yukio machte sich auf zu einem der glitzernden Wolkenkratzer, die sich in dem Banken- und Finanzviertel der Sonne entgegen reckten. Conan musste kurz daran zurückdenken, wie er vor einer Weile allein und verloren hier umhergezogen war, vollkommen niedergeschmettert von Rans Abweisung. „Die Zeiten des Selbstmitleids sind jetzt vorbei, kapiert?“, herrschte sein Verstand ihn an. „Du befindest dich auf der Jagd!“

Sie gelangten zum Firmensitz der Taniguchi Flower Corp. Yukio durchschritt zielstrebig die große Eingangshalle und stieg in einen der Aufzüge. Einen Augenblick später sagte Conan der Empfangsdame, er sei der Sohn eines Freundes der Taniguchis und wolle gern den Junior sprechen. „Da fahren Sie am besten ins oberste Stockwerk, Herr Edogawa-sama“ meinte die Dame mit übertriebenem Respekt und machte eine Geste in Yukios Richtung. „Dort haben die Taniguchis ein Apartment für ihre privaten Bedürfnisse. Soll ich sie ankündigen?“ „Nein, nein! Das ist nicht nötig. Ich... ähm... ich möchte ihn gerne überraschen.“

Das oberste Stockwerk des Büroturms stellte sich als eine der luxuriösesten Suites heraus, die man sich in ganz Tokio vorstellen konnte: Der menschenleere Flur war mit Glas überdacht, durch das die herbstliche Mittagssonne mit aller Kraft ihre Strahlen schickte. Ein cremefarbener Teppich überspannte den teuren Marmor und dämpfte den Gang. Conan machte ein paar Schritte vom Aufzug weg und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Über eine halbe Stunde hatte er in der Eingangshalle gewartet, bevor er den Aufzug nach oben nahm. Nun stand er hier, fast 400 Meter über dem Erdboden, und es war ihm, als hätte ihn der Hochgeschwindigkeitsaufzug in eine andere Welt katapultiert: Sein Weg wurde flankiert von den üppigsten Blumenarrangements, die er je gesehen hatte. Jeder Strauß stand in einer gläsernen Vase einzeln auf einem Sockel und wurde von der Wand dezent angestrahlt. Wie Skulpturen reihten sich die Bouquets an den Seiten auf und schienen sich gegenseitig übertreffen zu wollen an Farbenfreude, Schönheit und Eleganz. Die Luft war angenehm frisch, ein wenig feucht strich sie ihm um die Nase – als sei der ganze Gang mit einer Blumendusche eingesprüht worden. Zwischen den Arrangements, mit ihnen versetzt, hingen Porträts der bisherigen Firmenleiter an den Wänden; es waren alle Taniguchis. Conan kam sich vor wie in einer fantastischen Galerie.

Auf eigenartige Weise fühlte er sich an den Morgen erinnert, als ein dichter Strauß roter Rosen auf dem Tisch in der Detektei prangte. Mit ihrem süßlich-feinen Nebel hatten die Rosen ihn damals geradezu eingelullt... Er schüttelte sich entschlossen. Nicht noch einmal.

Einige Meter weiter, hinter der nächsten Ecke, wurde geräuschvoll eine Tür geschlossen. Vorsichtig pirschte er sich an und öffnete die Tür einen winzigen Spalt weit, dann schlüpfte er lautlos hinein.

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Yukio kam aus dem Nachbarraum zurück. Er war unter der Dusche gewesen; sein flachsfarbenes Haar schien dunkler als sonst und klebte ihm am Kopf. Funkelnde Wassertropfen perlten von seiner Haut ab und rannen ihm Kinn, Hals und Brust hinunter. Die gemeißelten Konturen seines athletischen Körpers waren in einen Bademantel aus bordeauxfarbenem Satin gehüllt.

Conan hockte hinter einer Couch aus schwerem Leder und ließ seinen Konkurrenten nicht aus den Augen. Er war vom Flur ins Zimmer gehuscht, nachdem Yukio durch eine Tür zur rechten aus dem Raum verschwunden war. Die Sportsachen, in denen er sein Apartment verlassen hatte, lagen schweißnass neben einem Heimtrainer auf dem edlen Teppichboden verstreut.

Yukio ging zu der Wand, die Conans Versteck gegenüber lag. Er machte eine Handbewegung, und für einen Moment sah Conan nur seinen Rücken. Dann schaute er ihm auf einmal mitten ins Gesicht. Conan blickte ungläubig auf die nackte Brust unter dem seidenen Bademantel. Yukio hatte sich doch nicht etwa zu ihm umgedreht? Nach kurzer Panik verstand Conan – ein Spiegel! Yukio hatte einen Vorhang zur Seite geschoben und Conans Blick fiel nun auf das Spiegelbild im Glas, das vom Boden bis fast unter die Decke reichte. Er sah unvermitelt in Yukios grüne Augen und wich hastig zurück. Wenn er sich jetzt erwischen ließe...

Doch Yukio nahm keine Notiz von ihm. Er war so sehr mit sich selbst, beziehungsweise seinem Abbild beschäftigt, dass alles andere vergessen schien. Yukio streifte den Bademantel von den Schultern und ließ ihn zu Boden flattern. Schließlich stand er in vollkommener Nacktheit vor dem Spiegel. Obwohl niemand sonst im Raum war, fing er nach einer Weile an, zu sprechen. Als ob er mit seinem Spiegelbild kommunizierte...

„Heute ist also der große Abend gekommen. Nach einer endlos langen Durststrecke bin ich endlich am Ziel. Schon bald gehört der Wagen mir. Und Sorata kann sich den Katamaran abschminken...“ Wovon sprach er nur? Conan verstand immer noch kein einziges Wort. Aber aus einem unerfindlichen Grund hatte er das Gefühl, mit Yukio stimme etwas nicht. Oder besser gesagt, er habe sich sehr verändert, denn von dem einstigen Treuherz war nichts mehr zu
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