Fanfic: "Der Rosenkavalier" oder "Shinichis größter Konkurrent" (Teil 8)

spüren.

Äußerlich jedenfalls war er derselbe: immer noch hübsch, immer noch jung, immer noch makellos. Yukio musterte seine männliche Figur von oben bis unten, dann nickte er anerkennend. Sich die Hände reibend, griff er nach seinen Shorts, die zuoberst auf einem Stapel frischer Kleidung lagen.

„Wie naiv diese Ran doch ist! Glaubt sie wirklich, ich wäre an jenem Abend ganz gezielt auf sie zu gekommen? Bildet sie sich etwa ein, es hätte keine Schöneren auf diesem Ball gegeben als sie?“ Er blickte sich selbst in die Augen, dann lachte er kurz auf und schüttelte den Kopf. Wie eh fiel ihm sein blonder Schopf dabei in die Stirn, wie eh natürlich und entzückend. „Das arme Ding! Sie ahnt ja nicht, warum Yukio Taniguchi wirklich auf sie abfährt... Am Ende tut sie mir fast leid für das, was ich ihr antun werde“ sprach er mit vollkommener Gleichgültigkeit und zog ein paar Socken über seine Füße.

Conan war entsetzt. Was für ein falscher Mensch war das, der ihm die Freundin weggeschnappt hatte? Was führte er überhaupt mit seiner Ran im Schilde? Am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte Yukio mit seinen Power-Kickboots einen Tritt in dessen wundervollen Hintern verpasst für das, was er eben gesagt hatte. Doch Conan zwang sich zur Ruhe: Als schmächtiger Knirps wäre er dem starken Yukio nicht gewachsen; außerdem hatte er doch auf seinen Verstand hören wollen, oder nicht? Er lauschte weiter wie gebannt.

„Sie hat sich wohl nie gefragt, woher ich eigentlich kam. Da hat sie dann im Tropical Land meine Geschichte glatt geschluckt, dass ich von Shibuya nach Tantei gewechselt habe, weil meine Leistungen nicht gestimmt haben. ‚Weißt du, was die Schule anbelangt, so bin ich leider kein Überflieger. Eher ein Tiefstapler...’ Ich war einfach zu schlecht...“ Er hielt einen Moment inne, schien sich selbst eingehend zu bewundern, leckte sich die Lippen. Dann griff er nach der Hose. „Dabei habe ich eh nur die Schule gewechselt, um sie zu verführen.“ Mit einem kaum wahrnehmbaren Hauch flog der dunkle Stoff seine kräftigen Schenkel hinauf und legte sich locker um seine schlanke Taille. „Von wegen Tiefstapler... Wer ist schon so blöd, von einer der teuersten Privatschulen auf ein völlig mittelmäßiges Vorortgymnasium zu wechseln? In ein paar Tagen werde ich von dort ohnehin wieder verschwinden. Aber vorher werden wir uns noch ein wenig amüsieren!“ Yukio gab aus einem Fläschchen ein paar Tropfen in die hohle Hand und rieb seine muskulöse Brust mit der Flüssigkeit ein. Nach kurzer Zeit nahm seine Haut, glatt und rein wie sie ohnehin war, einen glänzenden Schimmer an, ganz so, als habe er sie mit Klarlack behandelt. Der Anblick war atemberaubend.

„Und diese herzerwärmende Mär, die ich mir über meine Familie für sie zurechtgelegt hatte: Ein armer, naiver Trottel, dessen Schicksal für ihn vorsieht, dass er ein Leben lang den Eckladen seines Vaters führt und Blumen an alte Schachteln verkauft. Wie war das doch gleich?“ Während er in seinem Gedächtnis suchte, floss ihm ein Hemd aus purer Seide über Arme und Schultern bis zum Bauch hinab. Es leuchtete ebenso kräftig wie seine großen Augen, die von der gleichen Farbe waren. „Vermutlich werde ich nur ein einfacher Blumenhändler werden. Mit Gießkanne und grünem Kittel, stell dir vor!“ Er lachte herzhaft. „Damit hast du dich selbst übertroffen, Yukio. Obwohl ich anfangs befürchtete, Ran würde spitzkriegen, wie es um meine Familie tatsächlich bestellt ist. Aber das Dummchen hat offensichtlich noch nie was von den Taniguchis gehört – den Inhabern des größten Floristikkonzerns in ganz Japan!“ Während der letzten Sätze war er zusehends in Wallung geraten: Seine straffe Bauchdecke bebte merklich unter dem dünnen Stoff. Er fuhr in seine Schuhe und resümierte mit nach Zufriedenheit klingendem Sarkasmus: „Welch ein Glück, dass sie so hinter dem Mond lebt.“

Conan konnte das alles nicht begreifen, weder als Mensch noch als Detektiv. Warum machte Yukio so etwas? Um Ran als eine weitere Trophäe in seine Sammlung einzureihen? Um sich zu beweisen, dass ein Beau wie er jedes Mädchen dieser Stadt becircen konnte? Er hatte doch selbst gemeint, Ran Mori sei längst nicht das schönste Mädchen auf dem Ball gewesen. Warum also war er dann auf sie verfallen? Geschah es am Ende nur aus purer Lust an der Verführung? Das entscheidende Teil des Puzzles fehlte noch. Er lauschte weiter.

„Am Ende des Tages, als wir an dem See gelegen haben, hat sie endlich Feuer gefangen. Alles geht auf einmal so schnell: Ich kaufe ihr den Drink. Wir legen uns hin. Kaum hab’ ich ihr die Nachtschattenrose geschenkt, da fällt sie schon über mich her!“ In gespieltem Entsetzen riß Yukio den Mund auf. Mit Gel richtete er seine Haare, die zu leuchten begannen wie satter Weizen auf einem Sommerfeld. Dann schüttelte er amüsiert den Kopf. „Nun ja, eigentlich konnte mir das nur recht sein. Das Gewächs war schließlich nicht ganz billig – umso besser, dass sich diese Investition so bald auszahlte. Zu meiner falschen Liebeserklärung bin ich ja kaum gekommen, so prompt hat sie mir ihre Zunge in den Hals gesteckt... das kleine Luder!“ Bei dem Gedanken breitete sich auf Yukios Gesicht ein schlüpfriges Grinsen aus und ein feuchter Schimmer glitzerte in seinen Augen.

Conan war angewidert. Für einen Moment verließ ihn seine detektivische Gefühlskälte. Siedende Wut und brennende Eifersucht kochten statt dessen in ihm hoch.

Wut, weil Yukio seine Ran geküsst hatte, ohne, dass sie ihm auch nur einen Pfifferling wert war. Und damit nicht genug: Er ging sogar noch so weit, sie für ihre Leidenschaft zu verachten und ein Luder zu schimpfen! Dafür hätte Conan ihn umbringen können.

Eifersucht schließlich, weil Ran Yukio offenbar so sehr liebte, dass sie bereitwillig jegliche Scheu über Bord warf, um ihm ihre Gefühle zu zeigen. Warum aber war sie bei Shinichi immer so zurückhaltend gewesen? Liebte sie ihn denn weniger als Yukio? Am Ende gar überhaupt nicht? Obwohl Conan wusste, dass jetzt der denkbar schlechteste Zeitpunkt war, über diese Fragen nachzudenken, so ließ er sich doch eine Weile von seinem Fall ablenken. Er dachte an sein Treffen mit Ran im Tropical Land zurück und daran, wie zaghaft, ja geradezu unbeholfen sie damals versucht hatte, gefühlvolle Signale in seine Richtung zu senden. Was hatte ihr Zögern zu bedeuten?

Conan wollte seine Aufmerksamkeit wieder voll und ganz auf Yukio konzentrieren, doch tief in seiner Seele plagten ihn Ratlosigkeit und Sorgen: Wie stand Ran am Ende zu Shinichi...?

Yukio wurde unterdessen immer anzüglicher. „Sorata wollte mir kaum glauben, aber die Kleine hat’s echt faustdick hinter den Ohren: Ihr stürmischer Kuss hat mich richtig heiß gemacht! Nach ein paar Minuten dachte ich: ‚Noch diese Woche bin ich am Ziel. Junge Junge, so `ne willige Braut ist mir ja schon seit langem nicht mehr über den Weg gelaufen!’

Aber dann war das Feuer plötzlich weg. Von einem Tag zum andern! Nach unserem Date kam nur noch spießiges Händchen halten und mal ein vorsichtiges Küßchen hier und da. Wo blieb da nur die geile Action? Ich wollte doch keine Beziehung, Mann.“ In gespielter Trauer schob Yukio seine Unterlippe vor; er schmollte wie ein kleiner Junge, der von seiner Mutter nicht das Spielzeug bekommen hatte, was er sich wünschte. Trotzig setzte er nach: „Mit blödem, lieblichem Geturtel und solchem Zeugs: ‚Piep, piep, piep, ach wie haben wir uns lieb!’ Bäh-“

Genervt kräuselte er die Stirn und kontrollierte seine Zähne, die weißer nicht hätten leuchten können. Danach wandte er den Kopf prüfend von einer Seite zur anderen. „Und dann noch diese Sonoko! Was die gestochen hat, dass sie so hinter mir her war, wüsst’ ich gern mal. Vielleicht hat sie ja mit ihren Freundinnen genau das gleiche Spielchen getrieben wie ich mit Sorata... Nicht, dass du schlecht ausgesehen hättest, Herzchen! Wäre auch beinahe zum kleinen Flirt bereit gewesen. Aber auf dich hab’ ich’s ja gar nicht abgesehen!“

Nun tat es Conan doch leid, dass er Sonoko beauftragt hatte, sich Yukio vorzunehmen. Auch sie wurde, wenngleich in Abwesenheit, mit seinem herablassenden Spott übergossen.

„Also musste ich am Ende doch noch mal die Initiative ergreifen und Ran einen ganz besonderen Abend versprechen. Nun ja, wenn’s mir hilft, an das Auto von Sorata zu kommen, soll mir alles recht sein. Ran wär’ nicht die erste, die mir an der Bucht zu Füßen liegt. Mit dem Haus dort hat Dad echt n’en Glücksgriff gemacht. Auf die Atmosphäre fahren sie einfach alle ab...“

Yukios Aufregung steigerte sich im Akkord mit Conans Anspannung. Die Lösung des Falls lag zum Greifen nahe: Ein Mädchen, ein Lexus und zwei verzogene Kerle, da fehlte nicht mehr viel. Fast konnte Conan sich denken, worauf die Sache hinauslief. Aber Yukio sollte es ihm selbst sagen. „Komm schon.“, flüsterte Conan kaum hörbar. „Spuck endlich die Wahrheit aus!“

Als Yukio eine teuer aussehende Uhr umlegte, zitterte er erregt und bemerkte mit Blick auf das Zifferblatt: „In etwas mehr als drei Stunden habe ich gewonnen.“ Siegesgewißheit schwang in seiner Stimme mit. „Dann habe ich Ran endgültig rumgekriegt.“

Plötzlich hielt er inne. Seine Aufregung war mit einem Mal gedämpft,
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