Fanfic: "Der Rosenkavalier" oder "Shinichis größter Konkurrent" (Teil 8)

als wäre ihm etwas eingefallen, das seinen Triumph schmälerte. „Eigentlich komisch. Das war viel einfacher als gedacht. Wie hat Sorata gemeint?

‚Probier’s mal bei Ran. Ran Mori. Die ist momentan echt die härteste Nuss an Tantei. Dem Gerede der Leute nach wartet sie auf einen Jungen namens Shinichi Kudo. Soll’n echter Spinner sein, der Typ: Liest ständig nur in den Krimis, die sein Vater fabriziert. Aber egal. Jedenfalls diese Ran... En bisschen blass, aber irgendwie ganz reizend... seit Monaten solo... läuft die ganze Zeit rum wie ne Betschwester und kriegt en Kopf wie ne reife Tomate, wenn du ihr nur en Blick rüberwirfst. Bestimmt noch Jungfrau, die Kleine... Ob de bei der landen kannst? Dürfte schwer werden, alter Junge. Wenn du sie flachlegst, gehört das Auto dir, versprochen. Wenn du aber versagst, geht dein Katamaran demnächst mit mir in See. Was hältste davon? Wette gilt?’

Tja, Soratas Beschreibung nach hätte ich ein ziemlich scheues Wesen erwartet. Wie Dad sagen würde: ein Gänseblümchen, dem alles davonfliegt, bevor man überhaupt zum Pusten kommt. Aber Ran schmilzt mir wie Wachs in den Händen. Dieser Shinichi muss en ganz schöner Schlaffi gewesen sein, so ausgehungert wie die ist. Ein leichteres Wettopfer kann ich mir jedenfalls nicht denken!“ Zum Abschluss steckte Yukio sich eine Blüte in die Brusttasche seines Hemds und musterte sein Ebenbild noch einmal. Eine perfekte Erscheinung, glänzend, makellos, blütenrein.

Er lächelte, woraufhin die beiden kleinen Halbmonde wieder auf seinen Wangen einzogen, die Ran so sehr in Verzückung versetzten. Seine Augen nahmen erneut diese verschüchterte, bewundernde Zaghaftigkeit auf, die mit jedem Blick aufs neue Rans beschützende Instinkte aktivierte. Einen Moment lang wirkte er so unschuldig, wie Conan ihn bisher stets erlebt hatte. Verspielt neigte Yukio den Kopf zur Seite. „Hallo Ran. Ich freue mich, dass du gekommen bist! Ich bin sicher, der Abend wird dir gefallen.“ Das himmlische Lächeln entglitt ihm, an seine Stelle trat ein diabolisches Grinsen. „Denn heute abend gehörst du mir, Püppchen!“

Yukio griff nach einem Flakon und sprühte sich Gesicht, Hals und Dekolleté ein. Dann passierte etwas Unglaubliches: Conan war, als rieche er den Duft einer Rose. Ein wenig intensiv zwar, aber vollkommen natürlich. Er schloss die Augen und sah einen runden, roten Kelch vor sich. Tief hinein steckte er seine Nase, trank die Luft mit seinem Organ, spürte einen unbändigen Durst nach mehr in sich aufkeimen. Begierde...

Die Illusion zerstob, als er hörte, wie Yukio über Interkom mit der Dame vom Empfang sprach und ihr eine Nachricht für seinen Vater hinterließ. Conan öffnete die Augen und sah die vaporisierten Duftmoleküle durch den Raum schweben.

In dem Moment begriff Conan die ganze Tragweite dieses Falls: Yukio war eine Rose. Er hatte Ran mit seinem unschuldigen Charme betört und eingenebelt, so dass sie ihm voll und ganz verfallen war. Er hatte sie gelockt und sie war ihm willig gefolgt, war der süßen, lieblichen Verführung erlegen.

Heute aber würde er zustechen. Die Gefahr war die ganze Zeit über präsent gewesen, und doch bemerkte Conan sie erst jetzt. Er sah die Dornen vor sich, wie sie im klaren Wasser funkelten: spitz und gefährlich, jederzeit zum Angriff bereit. Und er hörte Yukios Ruf nach Blut, Rans Jungfrauenblut...

Etwas klimperte. Yukio griff nach einem Schlüsselbund auf der Kommode. Er überprüfte ein letztes Mal sein blendendes Äußeres und warf seinem Spiegelbild einen Handkuss zu; dann verließ er federleichten Schrittes das Zimmer, ein Liedchen pfeifend. Nur der Rosenduft blieb, erotisch wie gefährlich, als knisternder Nachhall im Zimmer hängen. Conan starrte ihm hinterher. Ihm stand der Mund offen wie ein Scheunentor. Dann, nach einem langen Moment der Stille, musste auch er grinsen.

KLACK. Er drückte die Stop-Taste seines Diktiergeräts in dem beruhigenden Wissen, dass er alles auf Band hatte. Er war gleich zu Beginn von Yukios Monolog auf die Idee gekommen, mitzuschneiden. Ihm war doch klar gewesen, dass etwas oberfaul sein musste an seinem Konkurrenten. Nun hatte Yukio ihm die Lösung des Falls ohne es zu wissen selbst geliefert: Ran war für ihn lediglich Objekt einer Wette gewesen, der Spielball zweier reicher Überflieger, die das Herzenbrechen als sportlichen Wettkampf betrieben. Dass der Gegenwert zu Rans Unschuld so etwas Schnödes wie ein Sportwagen sein sollte, machte die ganze Sache in Conans Augen nur noch abgeschmackter und verächtlicher.

Hatte Yukio seinen Gesprächspartner nicht mit ‚Sorata’ angeredet? Conan fiel nur ein Junge in seiner ehemaligen Jahrgangsstufe mit diesem Vornamen ein, und der war ein verwöhnter Taugenichts aus gutem Haus, der schon so oft die Schule gewechselt hatte, dass er vermutlich die Hälfte aller Oberschulen der Hauptstadt von innen kannte. Über ihn war Yukio also auf Tantei und seine Freundin Ran Mori gekommen.

Den Rest konnte Conan sich denken: Das winzige Apartment in Beika mit all den abgenutzten Möbeln hatte Yukio sich wohl nur zum Übernachten unter der Woche genommen. Vermutlich musste er seinen Wohnsitz im Distrikt Beika haben, um auf die Tantei-Oberschule gehen zu können. Außerdem konnte er dort unauffällig die Unmengen an Blumen unterbringen, mit denen er sich Ran mehr und mehr gefügig machte. Wahrlich, Yukio hatte weder Kosten noch Mühen gescheut, um sein schmutziges, kleines Spielchen spielen zu können. Das Märchen des naiven Gärtnersohns hatte ihm schließlich jeder abgekauft. Conan wollte nicht wissen, wie viele Mädchen er vor Ran bereits damit reingelegt hatte.

Conan blickte sich noch einmal in dem gediegen und geschmackvoll möblierten Zimmer um. Yukio Taniguchis wirkliche Welt war diese hier, dachte er. Mitten im Zentrum des ganzen Landes, in 400 Metern Höhe über den Straßen von Tokio, in Reichtum, Eleganz – und Leere: Kein Mensch war ihm hier oben außer Yukio begegnet.

Der Detektiv in ihm nickte zufrieden: Die Ermittlung war ein durchschlagender Erfolg; er hatte den Tathergang rekonstruiert. Das Motiv blieb allerdings im Dunkeln. Wahrscheinlich, spekulierte Conan, bedurfte es tiefer Einsamkeit und Vernachlässigung, um eine derart ausgeprägte Eigenliebe zu entwickeln. Die konnte, wenn man sie über Jahre hegte, solche argen Blüten treiben, dass man andere Menschen bloß noch als Mittel zum eigenen Ergötzen betrachtete. So war es wohl: Yukio war ein vollkommener Narziß und sponn seine Intrigen letztlich nur, um der übersättigten Langeweile seiner luxuriösen Existenz für eine Weile zu entfliehen.

In jedem Fall hatte Conan genug Beweismaterial gesammelt, um den Verdächtigen zu belasten. Aber sein Weg würde ihn nicht zurück zur Polizei, zu Inspektor Megure, führen, oder gar zum Staatsanwalt. Ihm schwebte eine Anklage anderer Art vor.

Allerdings musste er sich beeilen. Hatte Yukio nicht vorhin „einen ganz besonderen Abend“ erwähnt, der heute bevorstand? War nicht von einem Haus an der Bucht die Rede gewesen? Und hatte er nicht gemeint, Ran wäre nicht die erste, die ihm dort zu Füßen läge? Die Sache war noch nicht ausgestanden. Conan witterte bereits Gefahr im Verzug und entschloß sich, seinen Plan noch eher als gedacht in die Tat umzusetzen.

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Als Ran an diesem Freitag nach Hause kam, hatte sie schon längst vergessen, dass sie am Ende des Schultags wieder nicht mehr viel von all dem wusste, was sie eigentlich hatte lernen sollen. Das einzige, woran sie denken konnte, war der bevorstehende Abend mit Yukio. Ein wohliger Schauer lief ihr beim Gedanken an ihren Freund von den Schultern bis zum Po hinab. Womit hatte sie bloß diesen Jungen verdient? Hübsch und doch bescheiden, intelligent und doch höflich – er bot so viele von Shinichis Qualitäten, ohne jedoch dessen Schwächen aufzuweisen. Dass er im Gegensatz zu ihrem langjährigen Schulfreund aus eher einfachen Verhältnissen stammte, machte ihn ihr nur noch sympathischer. Wahrlich, er kam dem ‚Traumprinzen’, von dem Ran und Sonoko schon zu Beginn ihrer Oberschulzeit geschwärmt hatten, sehr nahe.

Offenbar hatten die höheren Gewalten endlich mit Ran ein Einsehen ob der langen Phase der Enthaltsamkeit, die sie wegen Shinichi durchgangen war, und sandten diesen göttlichen Jungen zu ihr hinab. Ainokami , dachte sie und kicherte vergnügt in sich hinein.

„Hast du Lust, dir heute mit mir einen ganz besonderen Abend zu machen?“ hatte Yukio sie nach der Schule mit klopfendem Herzen gefragt. „Ich lade dich ein, mit mir in einem Bootshaus an der Bucht von Tokio zu übernachten. Na ja, es ist eigentlich nicht so besonders, aber immerhin habe ich die Laube von meinem Großvater geerbt. Der war nämlich nicht nur Blumenhändler, sondern auch noch Fischer. Damals ist das Geschäft besonders schlecht gegangen, musst du wissen. Also es ist nur eine kleine Holzhütte, nicht sehr komfortabel oder irgendwas. Na ja, ich hoffe, sie gefällt-“

„Yukio, Schatz“ Ran hatte ihn sanft unterbrochen. Offenbar vor lauter Aufregung war Yukio immer weiter vom Thema abgekommen. Als ihm das auffiel, kratzte er sich verlegen am Kopf und sah zu Boden. Dann fasste er sich ein Herz. Eine leichte Röte stieg auf seine Wangen. „Bitte sag’ ja! Es ist ungeheuer romantisch, von dort den Sonnenuntergang zu beobachten – kein Vergleich zur Lagune im Tropical Land, versprochen!“

Einen Moment hatte Ran
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