Fanfic: Abschied

Untertitel: Gedanken und Gefühle

Kapitel: gesamte Kurzgeschichte

Abschied??? - Gedanken und Gefühle

Leila Beckett ging im Krankenhaus auf und ab. Seit gut fünf Stunden war ihr bester Freund Cain bereits im Operationssaal und es war bereits mitten in der Nacht. Sie war unsicher, hatte Angst um ihn. Er war wegen eines schweren Herzfehlers von Geburt an sehr gefährdet gewesen und nun war es um ihn so schlimm gekommen, dass man ihn vor 2 Wochen ins Krankenhaus hatte einliefern müssen, um an diesem Tag, den 24.12.2004 eine Operation an seinem Herzen durchzuführen. Doch nun hielt sie es nicht mehr aus, vor dem OP zu stehen. Sie beschloss in Cains Krankenzimmer zu gehen, um sich irgendwie abzulenken. Dort schoss sie die Tür, setzte sie sich aufs Bett und dachte darüber nach, was vor fünf Stunden passiert war. Sie erinnerte sich daran, wie Cain sich von ihr verabschiedet hatte, kurz bevor die Narkose zu wirken begonnen hatte. Er hatte zu ihr gesagt, er wolle sich nicht auf ewig verabschieden, weil es nicht sicher war, ob er dabei sterben würde, oder nicht. Sie ließ ihren Blick durch den Raum schweifen und bemerkte dabei ein Buch in rotem Einband, das auf dem Tisch neben dem Bett lag. Sie schlug es auf und gelangte durch Zufall sofort auf die letzte beschriebene Seite. Es war ein Tagebuch, Cains Tagebuch. Sie wusste ja, dass es sich nicht gehörte darin zu lesen, doch sie erinnerte sich in dem Moment daran, dass Cain ihr gesagt hatte, sie solle es lesen, aber erst wenn es soweit war, wenn er operiert wurde. Und die Zeit war gekommen. Also begann sie zu lesen...

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„17.12.2004
Heute spürte ich ihn wieder, diesen Schmerz. Immer wieder durchbohrte er meine Brust, ich dachte, es wäre vorbei. Diese Schmerzen ertrage ich, seit ich denken kann, doch sie fühlen sich mit jedem Mal stärker an. Wie sie durch meinen ganzen Körper strömen, ausgehend von meinem Herzen. Jetzt bin ich sogar schon im Krankenhaus und ich frage mich ständig, ob ich leben werde, oder ob mich der Tod noch früher einholen wird, als ich je befürchtet hatte. Werde ich wirklich jetzt sterben, mit 17? Mir war ja von Geburt an klar, dass ich einen schweren Herzfehler habe, doch habe ich nie daran gedacht, was das für mich eigentlich bedeutet. Und heute liege ich hier, den Tod vor Augen. Ob mir meine Angst ins Gesicht geschrieben steht? Ich weiß es nicht. Ich will nicht sterben, darüber bin ich mir klar, aber ich bin mir auch bewusst, dass ich höchstwahrscheinlich in ein paar Tagen oder Wochen nicht mehr Leben werde. Ich werde eine Operation benötigen, das weiß ich, aber ich weiß auch, dass diese so riskant ist, dass mir die Ärzte täglich einbläuen, dass es mich bald nicht mehr gibt, dass ich mich vor der OP auch ja von allen verabschieden soll. Werde ich einfach verschwunden sein, wenn ich tot bin? Werde ich nirgends Lücken hinterlassen oder Trauer? Ich frage mich so viel, auch, ob ich mit meinen ganzen Fragen meine restliche Zeit hier auf Erden verschwende. Du wirst bald tot sein, Cain, sage ich mir täglich. Doch ich will nicht! Ich klammere mich so sehr an mein Leben, ich will nicht loslassen. Weder von meiner Familie, noch von ihr, von Leila. Es tut weh, darüber nachzudenken, dass ich vielleicht bald nicht mehr ihr Lächeln sehe, ihren Geruch rieche, nicht mehr ihre Stimme höre und nicht mehr ihre Anwesenheit spüren kann. Es gibt so viele Fragen, die ich mir stelle, so vieles, was mir im Kopf herumgeht. Ich tue mir schon selbst leid, wobei dies eines der Dinge ist, die ich nicht leiden kann. Ich hätte einfach gerne weitergelebt. Und ich möchte nicht Abschied nehmen. Der Tag rückt immer näher, aber ich bezweifle es, die Kraft zum ewigen Abschied zu haben. Ich kann doch nicht einfach den Menschen, die ich liebe „Lebewohl“ sagen. Wenn ich nicht lieben würde, wäre es einfach... Was erwartet mich, wenn ich nicht mehr hier bin? Warum bin es überhaupt ich, der gehen muss? Es ist egoistisch, ich weiß, aber wieso denn ich? Wieso habe ich nicht das Recht weiterzuleben? Ich hätte wirklich gerne gelebt. Es gibt noch so viel, was ich den Menschen in meiner Umwelt mitteilen möchte, aber ich weiß nicht, ob ich dazu noch komme. Deswegen schreibe ich jetzt das hier. Und ich werde auch Abschiedsbriefe schreiben, einfach aus dem Grund, dass ich nichts vergessen will. Ich will nicht von dieser Welt gehen und vergessen haben, zu sagen, was ich fühle und was ich mir wünsche.“

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Eine kleine, einsame Träne rollte Leilas Wange hinunter. Cain hatte ihr nie davon erzählt, wie es ihm ging. Wahrscheinlich hatte er nicht gewollt, dass sie sich sorgen machte. Aber jetzt hatte sie wenigsten eine leise Ahnung davon, wie es ihm kurz zuvor noch ergangen war. Cain hatte nicht verdient zu sterben. Nicht mit 17, nein. Sie war auch erst siebzehn, hatte ein erfülltes Leben vor sich. Mittlerweile liefen ihr immer mehr Tränen die Wange hinunter und ihr ganzer Körper schmerzte vor lauter Herzschmerz. Wenn sie ein Recht darauf hatte lange und glücklich zu leben, dann hatte Cain das auch. „Er darf nicht sterben! Das wäre ungerecht... Er wird mich nicht alleine lassen... er hat mir versprochen immer bei mir zu sein...“, sprach sie zu sich selbst, als sie bemerkte, dass einer der Ärzte in der Tür stand. Sie erschrak und stand vor Schreck auf, wodurch das Tagebuch auf den Boden fiel. „Wie geht es ihm?“ –„Im Moment wird noch operiert, und wir wissen nicht, wie er es überstehen wird. Aber wir werden auf sie zukommen, wenn wir etwas wissen. Ist alles in Ordnung?“, fragte er, während sich Leila fragte, wie jemand nur so eine dumme Frage stellen konnte. „Ja. Es ist alles in Ordnung. Ich wäre nur gern ein bisschen allein.“ Der Arzt nickte schweigend, drehte sich um und machte die Tür hinter sich zu. Leila hob das Tagebuch auf und bemerkte dabei einen Umschlag, der zuvor nicht dagelegen hatte. Sie setzte sich mit dem Umschlag in den Händen wieder aufs Bett und öffnete ihn. In ihm befand sich ein Brief von Cain, an sie gerichtet. Sie wusste nicht, was sie erwartete, begann aber zu lesen, obwohl sie sich dabei schon gedacht hatte, dass es ihr danach noch schlimmer gehen würde, als jetzt.

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„Liebe Leila,
wenn du das hier liest, bin ich wahrscheinlich schon tot. Aber bitte, bitte weine nicht um mich. Vielleicht fragst du dich, wieso ich dir diesen Brief hinterlasse, ich sage dir den Grund. Es ist, weil ich dir bis jetzt immer eines verschwiegen habe. Ich gehe davon aus, dass ich auch zum Schluss hin nicht den Mut hatte, dir das ins Gesicht zu sagen. Es tut mir aufrichtig leid. Ich wollte es dir sagen, aber ich konnte nicht. Ja, ich bin ein Feigling. Wenn ich diese Sache jetzt so betrachte, bin ich einfach nur blöd. Aber so wie ich dich kenne, wirst du jetzt sagen, ich soll endlich zur Sache kommen. Na gut, die Sache ist die: Ich liebe dich. Und ich habe dich immer geliebt. Meine Gefühle waren immer schon stärker, als die beste Freundschaft, die wir hatten. Doch wie gesagt, ich hatte nie den Mut. Das bereue ich jetzt, während ich das hier schreibe. Denn ich habe mir immer gewünscht, in meinem Leben Liebe zu erleben. Doch dazu ist es zu spät. Selbst wenn ich in meinen letzten Lebenstagen zu dir gekommen wäre und dir meine Liebe gestanden hätte, hätte es doch keinen Sinn gehabt, auch wenn du dasselbe für mich empfinden solltest, was ich nicht glaube. Meinst du der Abschied wäre uns schwerer gefallen? Leila, ich hätte so gerne eine Antwort gewusst. So gerne hätte ich weitergelebt, mit dir, egal ob freundschaftlich oder mehr. Aber es ist, wie es heißt: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Ja, so ist es. Das weiß ich jetzt. Es gibt da noch was, was du wissen solltest. Falls ich jetzt noch irgendwo bin, ich werde immer an dich denken. Ich möchte, dass du weißt, dass ich mir wünsche, dass du ein wunderschönes erfülltes Leben mit allem hast, was du dir wünschst. Bitte Leila, tu mir den Gefallen und lebe das Leben, das ich gewollt hätte. Werde glücklich und sterbe alt, mit erfülltem Leben, nicht wie ich. Ich wünsche dir einen Mann, der dich wirklich liebt und dich so behandelt, wie ich dich behandelt hätte, mit aller Liebe, die du verdienst. Du bist ein wundervoller Mensch und ich möchte nicht, dass du leidest. Und bitte hasse mich nicht, weil ich mein Versprechen gebrochen habe. Ich wollte immer bei dir bleiben, aber ich konnte nicht. Mein Körper hat das nicht ausgehalten. Es tut mir so unendlich leid. Aber wenn ich kann, das schwöre ich, dann werde ich von wo ich jetzt vielleicht bin über dich wachen und auf dich aufpassen. Wenn du mir etwas sagen willst, werde ich immer zuhören, wenn ich kann. Ich wollte immer alles für dich tun, was ich konnte. Ich hätte dir die Welt zu Füßen gelegt. Nun sitze ich hier weinend, während ich das schreibe und mir tut alles weh. Ich hoffe, dass es dir niemals so gehen wird. Ich werde jetzt aufhören zu schreiben. Ich sage dir hiermit noch mal Lebewohl. Aber ich möchte noch eine Bitte an dich richten. Bitte vergiss mich nicht! Den, der dein bester Freund war, seit du geboren wurdest.
Lebewohl, mein Engel! (das warst du immer, das bist du und du wirst es auch immer sein, zumindest für mich)
Ich liebe dich...“

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Leila weinte aus tiefster Seele. Der Schock saß tief und der Wunsch Cain wieder bei sich zu haben, stieg an...
Ihr schluchzen hallte im Raum wider. Vom geöffneten Fenster her war ein sanfter Wind zu spüren, den sie vorher nicht bemerkt hatte. Es war ein heilender Wind, der ihr irgendwie für diesen Moment den Schmerz nahm. Leila war wie in Trance , wie
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