Fanfic: Die Töchter der Erde
Kapitel: Der Immergrün-Wald
Kapitel 1
Der Immergrün-Wald
Schnaufend hechtete das schneeweiße Pferd durch den meterhohen Schnee, der seit Tagen auf der sonst sattgrünen Erde ruhte, und brachte das platinblonde ellenlange Haar ebenso wie das lange perlmuttfarbene Kleid seiner Reiterin zum flattern. Zum Nachteil ihrer Verfolger, die auf braunen Rossen, dicht hinter ihr, auf dem weißen Boden nicht immer genau erkennen konnten wo sie sich befand. Die klare schneedurchtränkte Luft brauste stark um die Ohren des jungen Mädchens, was dazu beitrug, dass diese anfingen zu schmerzen. Die Nüstern der Schimmelstute bebten vor Anstrengung, nach dem langen Sprint durch den zähen Schnee, der nur selten freie Flächen erkennen ließ, doch die ängstliche Reiterin trieb es unerbittlich voran, um noch schneller zu werden und mehr Abstand zu den schwarzen Reitern hinter sich zu bekommen.
Die weiße Stute galoppierte direkt auf den, von Schnee bedeckten, Wald zu und in ihrer Hektik, endlich von diesem schrecklichen Ort wegzukommen, bemerkte die weiße Reiterin, die unnatürliche Stille nicht, die sich des Waldes bemächtigt hatte und ritt geradewegs in das sonst so fröhliche Wäldchen hinein. „Andor Lenktet, ne lil lepta igna!“ Liebe Götter, so helft mir doch! flüsterte sie leise, als sie es merkte, in die immer erdrückendere Dunkelheit hinein und fragte sich, sich ihrer eigenen Gedanken nicht recht bewusst , was den schönen, von singenden Vögeln nur so belagerten Wald, in so kurzer Zeit, in ein so trostloses Anhängsel der sonst so vollkommen erscheinenden Welt, verwandelt haben könnte. Jeder einzelne Vogel schien ausgeflogen, jedes Blatt schien an seinem Platz festgewurzelt und jedes Geräusch der vielen Pferde auf dem halbvermoderten Boden schien schon ,bevor es das Ohr der schnell galoppierenden Waldbesucher erreichte, verstummt. Das weißgewandete Mädchen schaute nicht zurück um den Abstand zwischen sich und den raschen Verfolgern abzuschätzen und hielt auch nicht um dem erschöpftem Pferd eine Ruhepause zu gönnen, denn sie wusste instinktiv, dass sie, sobald sie es machen und in die Augen ihrer Verfolger blicken würde, verloren wäre. Durch die unheimliche Stille konnte sie noch nicht einmal sicher sagen, ob die Verfolger in schwarz überhaupt noch hinter ihr waren, doch trotzdem traute sie sich nicht, auch nur den Versuch zu machen, nachzuschauen.
Je weiter sie in den dichten Wald ritt, desto dunkler und stiller wurde er. Ihre heißgeliebte weiße Stute blähte nervös die Nüstern, riss gehetzt den Kopf hoch, höher als die verdutzte Reiteri
Jetzt komm schon sei ruhig! versuchte sie das nun vollends verängstigte Pferd zu beruhigen und schrie dabei fast. Sie versuchte noch das Pferd durch die Zügel in Schach zu halten, doch in Panik riss das scheue Pferd den Kopf nach vorn und jagte in schwindelerregender Schnelligkeit vorwärts, weiter in den von dichtem Nebel unsichtbar gewordenen Wald. Langsam kletterte die Angst an den beiden Flüchtenden, genau wie der immer dichter werdende Nebel an den, in kurzer Zeit verwitterten, Bäumen, hinauf und ließ die Zeit stillstehen. Das panikerfüllte Keuchen der, selbst in der Dunkelheit weiß leuchtenden, Stute veränderte sich abrupt zu skurrilen Angstschreien, des hart atmenden Tieres, die in der Luft widerhallten und verzerrt wie wehklagen des Waldes anmuteten. Verängstigt durch die eigenen Angstlaute scherte das Pferd zur Seite aus und stürzte längs zu Boden. Die anmutige Reiterin war zwar aus Reflex zur Seite heruntergesprungen, doch auch sie konnte einen harten Aufprall, mit dem Hintern, auf dem hartgefrorenen Boden, nicht verhindern. Nach Sekunden des Schreckens richtete sich die erschöpfte Stute auf, nur um mühsam wieder zusammenzusacken, sie war zu erschöpft um weiter zu gehen.
„Ekta, plas ek...!“ Nein, bitte nicht...! flüsterte sie und musste sich nun den schwarzen Männern stellen, die noch immer irgendwo hinter ihr waren. Obschon sie nicht zu sagen vermochte in welcher Entfernung, doch weit weg konnten sie nicht sein, denn ein lautes Knacken, nicht in ihrer unmittelbaren Nähe, doch noch klar und deutlich zu hören, ließ sie hochfahren. Sie schaute sich gehetzt in alle Richtungen um und konnte, zwar unscharf und nicht identifizierbar, Bewegungen in der unendlichen Tiefe des immer noch vom Nebel verschleierten Waldes ausmachen. Sie versuchte die völlig erschöpfte Stute vom Waldesboden hoch zu hieven und von diesem verfluchten Platz zu verschwinden, denn sie konnte schon detailliertere Schatten, sich in ihre Richtung bewegend, ausmachen. „Yle kum le, plas...!“ Nun komm schon, bitte...! herrschte sie das arme Tier an und schaffte es, die noch immer schnaufende Stute vom Boden zu bekommen und in Bewegung zu versetzen. Ohne zu überlegen zerrte sie das verschüchterte Pferd weiter und rannte, es am Zügel haltend, immer tiefer in diesen verflucht erscheinenden Wald hinein und die Stute folgte. Doch es dauerte zu lange, die leise schleichenden Verfolger schienen immer näher zu kommen, trotz der Versuche zu entkommen. Sie hielt an und drehte sich um, die Stute loslassend, die daraufhin wieder zu Boden sank. „Linanta ancon li ek ara d’en rana xetra futre yenatre ji kanta.“ Eigentlich hatte ich nicht vor das in nächster Zukunft noch einmal zu benutzen. murmelte sie leise vor sich hin und nahm einen langen Gegenstand vom Sattel der Stute und hielt ihn, von sich fortgestreckt, den näherkommenden Schatten entgegen. Die schleichenden Schritte wurden immer lauter, die Personen begannen sie in die Zange zu nehmen, wurden immer besser zu erkennen und gaben zuletzt ihr Äußeres preis. Ein rascher Blick auf das Abzeichen an der Uniform des Anführers gab ihr die Bestätigung, die sie brauchte.
Die Stille hatte sich wieder über den Wald gelegt, doch diesmal war das leise knacken der Hufe auf dem Boden, wenn diese, stark und schwer, einen Ast zermalmten, deutlich zu hören. Die weiße Reiterin mit ihrem weißen Pferd war zwar langsam und mühsam wieder aufgebrochen, doch wie lange sie seit der Begegnung in Bewegung war konnte sie nicht sagen, selbst den Wochentag konnte sie nicht sagen. Sie war schon zu lange in diesem Wald um noch irgendetwas über ihre Umgebung sagen zu können. Ihre Urteilskraft und ihre Sinne waren nach dem langen Marsch , in diesem nachtschwarzen Etwas, verkümmert.
Als sie sich ihre Hände und ihr Kleid ansah, musste sie sich an das Vergangene erinnern, im selben Moment lief ihr eine einsame Träne über die Wange. Sie wischte sie sofort weg und rügte sich in Gedanken, dass sie doch versprochen hatte, nicht mehr zu weinen. Sie begann zu frieren und schlang die Arme um den Körper, um die an ihr zehrende Kälte zu vertreiben und lehnte sich an die weich, warme Stute. Die Stute, die eine Ruhepause witterte, zog zugleich die Beine unter ihren Körper und legte sich schläfrig auf den Boden. Trotz des langen gemütlichen Laufs hatten sich Pferd und Reiterin noch lange nicht von der strapaziösen Flucht erholt und so sank das Mädchen dankbar an die Seite der Stute. Let lil d’en iknet arastek... Lass mich das alles gut überstehen...
Nach einiger Zeit drückte sie sich von dem Pferd ab und zog an dem beigefarbenen Halfter um sie zum aufstehen zu bewegen. Die Stute war schon ausgeruht genug um sich wieder auf sie setzen zu können und um mehr Abstand zu bekommen ritt sie schnell weiter ohne darauf zu achten ob sie die Stute zu sehr belastete, ritt ohne auf den Weg zu gucken, immer weiter hinein in den verwunschenen Wald. Das Geräusch eines gurgelnden Baches oder eines Sees erregte ihre Aufmerksamkeit, sie hielt an und schielte in die Dunkelheit um etwas erkennen zu können, doch nichts als das Geräusch war zu vernehmen, sie ritt weiter in Richtung Bach oder was immer es war. Nach und nach wurde das Plätschern lauter, nach einigen Minuten, so kam es ihr vor, war sie an einer heißen Quelle angekommen, Dampf hing dicht über der Wasseroberfläche und man konnte einige Tiere darin schwimmen sehen. Um die Tiere nicht zu verschrecken nahm sie den Sattel der Stute leise ab und zog sich langsam aus, sie tippte zuerst nur mit den Zehenspitzen in das Wasser um die Temperatur der Quelle zu ermitteln. Langsam stieg sie weiter hinein und zog die Stute an den Zügeln mit. Es war angenehm warm, all die Wunden die sie sich bei der Flucht geholt hatte, fingen am Anfang an ein wenig zu prickeln und sie merkte wie sich mit leichten Schmerzen, Fetzen des getrockneten Blutes von der heilen Haut entfernten.