Fanfic: Neko
Kapitel: Blutiges Geld
"Geht´s noch? Keine Sorge, wir sind bald da," sagte Villiano und wartete bis Ghiauna ihn eingeholt hatte. Vor Anstrengung keuchend blieb sie neben ihm stehen und verschnaufte kurz.
Ihre Tapferkeit die Schmerzen auszuhalten beeindruckte ihn. Am Abend zuvor hatte er ihr eine
Schiene gebaut, die die Schmerzen zwar linderte, aber nicht völlig aufhob. Trotzdem hatte sie sein Angebot sie zu tragen starrköpfig abgelehnt. Mittlerweile waren sie schon den ganzen Morgen
unterwegs und sie ließ sich nichts davon anmerken, dass sie mit einem verstauchten, stark an- geschwollenen Fuß, auf Krücken durch den Wald wanderte.
"Und du bist sicher das mir dieser... wie hieß er nochmal?," fragte Ghiauna während sie weiterhumpelte.
"Guiseppe,"ergänzte Villiano.
"Genau... Du bist sicher das mir dieser Guiseppe die Canai abnehmen kann? Es sind immerhin magische Gegenstände. Ich glaube zwar nicht das sie mit einem Bann versiegelt wurden, der bewirkt das sie nur von demjenigen abgenommen werden können, der sie angelegt hat - denn eine Bindung kriegen nur wenige Menschen zustande und dieser hätte es mit Sicherheit nie geschafft - aber, es könnte trotzdem Schwierigkeiten geben."
"Vertrau mir, er schafft das! - Oh, da sind wir ja auch schon."
Sie blieben stehen und blickten auf die Stadt die sich vor ihnen erstreckte. Jissele war nicht sehr groß, am Rand standen überwiegend zweistöckige schäbige Ziegeldachhäuser zwischen denen sich vereinzelt Wäscheleinen spannten, etwas abseits war eine alte Scheune auszumachen. Im Zentrum der Stadt war ein Marktplatz rings um einen Springbrunnen aufgebaut, wo die Händler lauthals ihre Waren anboten.
"Gut komm!," murmelte Villiano und schlich im Schatten der Häuser auf die Stadt zu," aber bleib hinter mir. Könnte sein das sie mich immernoch suchen."
Sie stutzte:" Du wirst gesucht?"
"Ja. Als ich gestern mit dir zusammengestoßen bin waren ein paar Soldaten hinter mir her. Haben mich quer durch den Wald gejagt, diese Bastarde, nachdem sie mich erwischt haben, als ich nen Sack Äpfel mitgehen lassen wollte - ich bin Dieb, weißt du, normalerweise passiert mir das nicht."
Ein Dieb, dachte sie bei sich. Shirai hat stehlen immer verabscheut, selbst wenn es oft die einzige Möglichkeit gewesen war an Lebensmittel heranzukommen.
Ghiauna folgte ihm schweigend als er losging. Mit Bedacht suchte er sich abgelegene und stille Gassen aus - wenn die Menschen sie sahen, würden sie sich mit Sicherheit auf die Beiden vom verhassten Katzenvolk stürzen und sie versklaven oder in einen Kerker werfen. Desöfteren mussten sie sich hinter Karren und dergleichen verstecken, als patroullierende Soldaten vorbeimarschierten.
Er dauerte eine Weile bis sie ihr Ziel erreichten. Aus der Nähe sah die Scheune noch schäbiger aus als von weitem. Sie war windschief, Moosflechten wuchsen an den Wänden empor und die Schlösser die das Haupttor verriegelten waren verrostet. Sie wirkte als müsse sie jeden Moment in
sich zusammenfallen. Trotzdem lief Ghiauna ihm nach, als er um die Scheune herumlief und der rechten Seite eine Tür öffnete, die aufgrund der starken Bemoosung fast nicht auszumachen war.
Villiano war kaum eingetreten, als man auch schon einen Freudenschrei hörte.
"Villiano! Seht euch das an, er ist wieder da!"
"Hast du denn etwas anderes anderes erwartet, Aristide?," grinste er großspurig und zauste dem kleinen Neko der auf ihn zugerannt gekommen war sein kurzes braunes Haar.
Aus den Schatten traten drei weitere Neko.
"Wir dachten die Soldaten hätten dich erwischt," sagte eine von ihnen; sie schien das einzige
Mädchen in der Gruppe zu sein. Mit wässrigen blauen Augen und leicht zitternder Stimme, sprach sie weiter und strich sich eine strohblonde Strähne aus dem Gesicht:"Ich... - wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht, weil du dich nicht blicken gelassen hast..."
Von hinten klopfte ihr ein anderer aufmunternd auf die Schulter. "Fang nicht gleich an zu heulen, Maya, er ist ja wieder da."
"Ja... geht schon wieder,"meinte sie und lächelte zaghaft,"danke, Guiseppe."
Als sein Name fiel wurde Ghiauna hellhörig. Sie musterte ihn eingehend - die dunkle Hautfärbung, die schwarzen, glänzenden Haare, seine grünbraunen Augen - doch ihr fiel nichts an ihm auf was ihr Aufschluss darüber gegeben hätte, wie oder womit er ihr die Canai abnehmen konnte.
"Genau, du musst nicht immer weinen wenn ich mich mal nicht blicken lasse!," gab Villiano hinzu.
"Sag mal, wen hast du uns da eigentlich mitgebracht, Vill?," meldete sich der Dritte erstmals zu Wort. Seine Stimme klang ziemlich tief, auch war er etwas größer als die Anderen; er musste der Älteste der Gruppe sein. Mit graublauen Augen schielte er unter seinem grünschimmernden Haarschopf zu Ghiauna herüber, die in dem Begrüßungstrubel völlig vergessen worden war.
"Oh, hab ich ganz vergessen, Khai. Das ist Ghiauna,"erklärte Villiano hastig und deutete dabei mit dem Daumen auf sie. "Hab sie gestern im Wald...,"er suchte nach den richtigen Worten,"... getroffen, als sie auf der Flucht vor ihren Sklaventreibern war. Hat sich dabei den Fuß verstaucht."
"Du warst Sklavin? Dann hast du sicher eine Menge durchgemacht,"meinte Maya mitfühlend.
"... kann sein,"antwortete Ghiauna abweisend.
"Und was hast du jetzt vor?"
Sie sah auf und für einen kurzen Moment leuchteten ihre gelben Augen sehnsüchtig im Dunkel.
"Ich will nach Hause. Nach Sanderith."
Alle starrten sie ungläubig an. "Du... du kommst aus Sanderith?!,"stammelte Guiseppe.
"Da hast du dir aber was vorgenommen," sagte Khai nüchtern und verschränkte die Arme vor dem Körper,"Das Wüstenland liegt unten im Süden, wir sind hier im Nord-Westen."
"Mag sein, aber ich schaffe das! In Sanderith wartet jemand auf mich, ich habe demjenigen mein Wort gegeben zurückzukehren und nichts wird mich davon abhalten das zu tun!,"fauchte sie ihn an.
Villiano ergriff das Wort und sagte beschwichtigend: "Jaja, aber bevor du dich auf den Weg machen kannst, würde ich vorschlagen das dir Guiseppe erst einmal die Canai abnimmt. Was meinst du, Guiseppe, schaffst du das?"
Stolz warf sich der Neko in die Brust. "Wenn´s weiter nichts ist, gib mir etwas Zeit, dann bist du die Teile los!"
Schweigend saßen sie in der Runde.
Maya hatte sich daran gemacht, Ghiauna´s Fuß mit heilenden Kräutern zu versorgen. Ein lautes Magenknurren ertönte. "Ich habe Hunger,"meldete sich der kleine Aristide. Mit großen Augen sah er zu Villiano herüber. "Hast du uns nichts zu Essen mitgebracht?"
"Die Soldaten haben mich gestern fast erwischt, da konnte ich nichts mitbringen."
"Aber... was sollen wir denn jetzt essen?"
"Wie wär´s mit Stroh?,"erwiderte Khai mürrisch und warf ihm eine handvoll zu.
"Bäh, das schmeckt doch nicht!"
Angestrengt unterdrückte Maya ein kichern, als Ghiauna sich an sie wandte.
"Wie will er das schaffen,"sie deutete mit dem Kopf hinüber zu Guiseppe,"wie will er mir die Ringe abnehmen?"
"Mach dir darüber mal keinen Kopf. Guiseppe ist ein ausgezeichneter Schmied, mit solchen Dingen kennt er sich bestens aus!"
"Er ist ein Schmied?"
"Ja,"Maya nickte bestätigend," man sieht es ihm zwar nicht an, aber er hat ein Händchen dafür."
"Und wofür bitte braucht ihr einen Schmied? Die Menschen werden ihm seine Waffen sicher nicht abkaufen!"
"Weißt du,"mischte sich Guiseppe ein, der mitbekommen hatte das man gerade über ihn redete,"bei uns hat jeder seine bestimmten Aufgaben. Khai und Villiano sind unsere beiden "Meisterdiebe". Sie beschaffen uns Essen und was wir sonst noch brauchen, dafür widerum benötigen sie desöfteren meine Waffen - sei´s jetzt um ein Schloss aufzubrechen, oder allein um sich die Soldaten vom Leib zu halten. Maya ist für´s Kochen zuständig. Und Aristide...," er stutzte.
"Nun, Aristide ist dafür zuständig alles wieder aufzuessen," ergänzte Villiano und lachte.
Wie zur Zustimmung begann der Magen des Kleinen wieder zu knurren.
"Ich geh mir jetzt was zu essen holen," sagte er mit grimmiger Miene, sprang von einem Strohballen herunter und marschierte Richtung Tür.
"Pass auf das dich niemand erwischt," rief Maya ihm noch nach," und sei vor Sonnenuntergang wieder zurück, ja?"
Villiano und Guiseppe tauschten entnervte Blicke.
"Mach dir doch nicht immer unnötig so viele Sorgen, es wird schon nichts passieren!"
Sie schaute bestürzt zu Boden. "... gut... ihr habt ja Recht..."
"Genau und jetzt rück mal bitte ein wenig zur Seite damit ich dieser misstrauischen Dame mein Können beweisen kann!"
Guiseppe setzte sich hinter Ghiauna und warnte sie:" Es könnte ein bisschen weh tun, aber das ist normal - also keine Angst."
"Das macht mir nichts aus - fang an."
Er erhitzte den Halsring etwas, dann machte er sich mit einigen Werkzeugen daran zu schaffen die aüßerste Schicht zu durchbrechen. Gleich darauf begannen kleine Blitze aus dem Ring zu zucken.
"Aha, jetz haben wir´s gleich...,"murmelte er zu sich selbst und setzte das nächste Werkzeug an.
Als wolle er sich dagegen aufbäumen, glühte der Stahl blau auf - Ghiauna spürte wie ihr ein höllischer Schmerz durch den Kopf schoss, als würde man sie mit einem heißen Eisen blenden wollen - und fiel scheppernd mit den Beiden anderen Ringen zu Boden.
Jetzt war sie endgültig frei.
"Er ist immer noch nicht zurück,"sagte Maya unruhig, als sie die Scheune wieder betrat. Sie hatte sich gerade draußen