Fanfic: Secretly
hineinbohrt. Ignorieren. Einfach ignorieren.
„Jetzt sag’ nicht, es sei keine Einbildung. Ich glaube das nicht. Denkt ihr nicht, ich hätte diese Blicke nicht bemerkt? Außerdem, was soll das? Ich glaub’ kaum, dass ich Kratos’ Liebling sein soll.“ Lloyd macht eine kurze Pause. Dann klingt seine Stimme etwas amüsiert.
„Oder wollt ihr damit etwa sagen dass sich unser Kratos in mich verliebt hat? Dass er seltsam ist, stimmt, aber so was-„
Nun reicht es. Ich will gerade resigniert aufstehen und Reißaus nehmen, als ich ein schallendes Geräusch wahrnehme. Ich zucke kurz zusammen und verharre ich meiner jetzigen Position still. Die Hände abgestützt, den Oberkörper aufgerichtet, das Gesicht ein seltsamer Ausdruck, und die Augen weit aufgerissen.
Raines laute Stimme dringt zu mir hinüber.
„Lloyd, ES REICHT. Mir ist schon klar, dass ihr beide wohl kaum die besten Freunde werdet, aber es REICHT mir!! Hör auf, dich über Kratos lustig zu machen! Dann glaub’ es mir halt nicht, mir ist es egal, aber du hast noch nie darauf geachtet oder?“ Da scheint sie Recht zu haben.
So nebenbei bemerke ich, dass mein Herz gerade einen Marathon zu laufen scheint. Meine Eingeweide haben nun den Höhepunkt ihres schmerzlichen Zusammenziehens erreicht, und weiter kann ich meine Augen vor Schreck nun wirklich nicht mehr weiten.
„Wir wissen fast gar nichts über Kratos, deswegen haben wir auch kein Recht, so über ihn zu urteilen! Du musst nicht gleich über ihn herziehen, nur weil er zu dir ein bisschen anders ist. Schalt’ mal dein Hirn an, Lloyd, und denk’ nach, was es außer Freundschaft und Liebe noch gibt. Aber wahrscheinlich wirst du darauf sowieso nicht kommen. Also fang erst gar nicht damit an. Und jetzt wirst du deinen Hintern zu ihm bewegen und ihn nett fragen, ob er nicht hierher kommen möchte. Ja, du hast schon richtig gehört! Und wenn er nicht herüberkommen will, was ich glaube, da er wahrscheinlich sowieso alles mitbekommen hat, weil du so laut herumgealbert hast, Witze über ihn gerissen hast, - wirst du dich entschuldigen.“
Das scheint gesessen zu haben. Lloyd scheint außer Fassung zu sein. Colette und Genis finden es wohl besser, sich aus der Angelegenheit hinauszuhalten. Raine ist immer noch wütend.
„Wird’s bald? Oder hat die die eine Ohrfeige von eben nicht gereicht?“
Dann höre ich nur noch den heftigen Zuschmiss der Tür, wahrscheinlich von Lloyd, und schon ist Stille. Doch anstatt dass Lloyd auf direktem Wege zu mir kommt, wie von Raine aufgetragen, höre ich ihn die Treppen hinunterpoltern und die Eingangstür des Gasthauses ebenfalls zuschlagen.
Nun komme ich zur Ruhe. Ich lasse meinen leicht bebenden Körper zurück in das Bett fallen.
Ruhe, das ist das was ich brauche. Das ganze Theater eben reicht mir vollkommen.
Langsam erholt sich auch mein Herzschlag wieder, und meine Atmung wird ruhiger. Gott sei Dank entknoten sich meine Eingeweide dann doch.
Meine Augen jedoch sind immer noch aufgerissen. Ich habe den Blick immer noch auf diesen einen Punkt der Decke gerichtet. Ich zwinge mich, dieses Erlebnis von eben einfach wieder zu ignorieren.
Doch irgendwie geht es nicht. Meine Gedanken gehen wild. Und obwohl ich ruhig liege, beginnt mein Körper wieder zu beben. Mit einem Mal wird mir übel. Kalte Schweißperlchen treten auf mein Gesicht.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, seit Lloyd nun weg ist. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Kurz gleitet mein Blick zu der Uhr, die neben der Tür hängt.
Es ist spät. Sehr spät. Vielleicht.. auch zu spät. Ich schließe meine Augen und atme ruhig ein und aus. Mein Körper jedoch beruhigt sich nicht.
Im Gegenteil, es wird noch schlimmer, als ich die Einganstür aufgehen höre. Sie hat so ein widerliches Quietschen.
..Ob es Lloyd ist?
Mein Verdacht bestätigt sich, als ich Lloyds Stimme vernehme. Er scheint mit der Dame des Hauses zu sprechen.
“..Tut mir leid. Kommt nicht mehr vor, versprochen.“ Er klingt ruhiger als vorhin.
„Das will ich auch hoffen, Junge. Also dann.. Jetzt mach dich nach oben, auf, los! Wir wollen unsere Ruhe.“ Die Alte Dame scheint ziemlich müde zu sein.
„In Ordnung.“
Schon kann ich das dumpfe Geräusch hören, wie er die Treppe hinaufgeht.
„Nein, du kommst nicht hier rein. Du wirst jetzt in dein Zimmer gehen und dich zu den anderen setzen, du wirst nicht-„, murmele ich leise vor mich hin, doch.. es ist zu spät.
Lloyd steht bereits vor meiner Tür, hat seine Hand an den Türknopf gelegt, und scheint zu zögern. Ich kann seine Gegenwart direkt spüren.
Wie ein kaltes Schwert aus Eis scheint es in mich einzudringen. Tausende von Stichen.
Ich schnaufe ein letztes Mal, als die Türklinke nach unten geht. Dann tritt Lloyd ein.
„..Kratos?“
Beherrsch’ dich. Du schaffst das.
„Hmm.“, ist das einzige was ich von mir gebe.
„Bist du noch wach?“
“Wäre ich das nicht, würde ich nicht mit dir reden.“ Kalt ist meine Stimme.
Ich denke.. so ist es besser. Ja.
Dieser Satz scheint an Lloyds Beherrschung zu nagen.
„Ahm.. ja.“ Dann ist Stille. Er steht da in der Tür, sieht unsicher zu Boden.
Ich liege auf meinem Bett, den Blick geradeaus an die Decke.
„Also.. ich komme, weil..“, er kriegt keinen gescheiten Satz raus. Kurz atmet er tief ein und spricht dann weiter. „Ich wollte dich fragen, ob du gerne-„
Wow. Er ist bemüht nett, das sehe ich an seiner Mimik. Das kriegt er gut hin. Er ist ein guter Schauspieler.
“Nein, danke, kein Bedarf. Scheine ja von diversen Leuten nicht erwünscht zu sein, oder?“, unterbreche ich ihn.
Ich weiß genau, was er jetzt denkt. Mist, hat er doch zugehört.
„Du hast-„
“Ja, ich habe zugehört. So laut wie ihr wart?“
“Ah.. achso.“
Dann wendet er sich schon zur Seite, steht unschlüssig da. Sollte er sich jetzt entschuldigen oder einfach gehen? Seine Hand ruht auf der Türklinke. Er scheint wirklich ein schlechtes Gewissen zu haben.
„Kratos, Ich-„
“Ich würde gerne schlafen, wenn du es gestattest.“ Ich versuche, den rauen Ton aus meiner Stimme zu verbannen, was mir dann auch irgendwie gelingt.
Mein Blick verschleiert sich seltsam. Ich sehe alles verschwommen. Meinen Körper durchströmt eine heiße Welle. Es bitzelt widerlich.
Das Beben wird schlimmer.
„..Gute Nacht.“ Sagt er dann noch und schließt die Tür.
Wieder liege ich alleine in dem Raum. Bloß zum Gegenteil, dass es mir jetzt noch schlechter als vorher geht. Schwer atmend setze ich mich auf, und fasse an mein Herz. So schnell hat es schon lange nicht mehr geschlagen. Es schlägt ohnehin schon.. viel zu lange.
Meine Sicht wird schlechter. Ich kneife die Augen zusammen, fasse mir an den Kopf und raufe meine Haare etwas. Mein Atem wird stockender.
Ich muss .. raus hier.
Schnell.
***
Und ehe ich mich versehe, laufe ich schon etwas abseits des Weges, an dem kleinen Fluss, entlang. Ich blicke über die Schulter zurück, und sehe, wie Licht in meinem Zimmer brennt.
Anscheinend ist Lloyd doch noch mal zurückgekommen um sich – zu entschuldigen? Doch es ist mir egal im Moment. Ich habe mich durch das Fenster hinaus geschlichen.
Die kalte Nachtluft bläst mir angenehm um die Ohren. Ich schließe meine Augen und verlangsame den Schritt. Es ist schön. Ja, es gibt kein anderes Wort für diese Gegend, diesen Augenblick. Einfach schön.
Es ist still hier. Man hört nur die Grillen durch das hohe Gras hindurch zirpen. Die Leute in dem Gasthaus schlafen schon. Das einzige Licht – ist mit Ausnahme des meines Fensters – der Mond. Heute ist Vollmond. Er wird auf dem Fluss reflektiert. Am Himmel sind keine Wolken. Es ist schlicht und einfach perfekt.
Ich kann die Grillen, neben meinen Schritten, lauter als zuvor hören, als ich mich in das Gras hineinsetze. Ich bin nun schon ein ganzes Stück Feld gelaufen. Das Gasthaus kann man nur noch als kleinen Punkt erkennen.
Mit den Händen stütze ich mich im nassen Gras ab. Seit vorhin hat es ein wenig geregnet, nicht viel. Eigentlich kaum etwas.
Jetzt geht es mir ein wenig besser. Dieses Schwindelgefühl hat endlich abgenommen und meine Sicht ist wieder klar. Mein Herz schlägt wieder normal und mein Magen ruht endlich.
Doch kann ich keinen einzigen klaren Gedanken fassen, so durcheinander bin ich.
Unbemerkt entweicht mir ein Seufzen.
Mein Blick gleitet hinauf zu dem Mond. Erst blendet es mich erst etwas, da ich mich an die Dunkelheit gewöhnt habe. Meine seltsamen Gefühle werden mir erst jetzt bewusst.
Was ich wirklich denke. All das kommt mir in diesem Moment hoch.
„Mist..“ fluche ich leise und greife mir mit einer Hand an die Stirn, kneife die Augen zusammen. Dann beuge ich mich etwas mit dem Oberkörper nach vorne, ziehe die Beine ein klein wenig an. Ich sitze gekrümmt da, als hätte ich Magenschmerzen.
Magenschmerzen sind nicht annähernd so „schlimm“, wie die Schmerzen die ich all die Jahre unterdrückt habe. Sollte etwa heute Nacht alles einbrechen? Mein perfekter Plan?
Alles?
..Nein, das würde ich verhindern. Etwas in Trance öffne ich die Augen und sehe zurück zum Gasthaus. Ich muss sie verlassen. Es hat keinen Sinn, weiter bei ihnen zu bleiben. Ich habe zwar einen Auftrag zu erfüllen, doch wenn ich das tue, dann schon richtig. Und in seiner Nähe kann ich den Auftrag wohl kaum richtig durchführen.
Das erste Mal seit langem bin ich wirklich in Bredouille. Würde ich bei ihnen bleiben, würde ich meinen Auftrag gefährden. Würde ich sie verlassen,