Fanfic: Powerschoolexplosion
Halsabschneidern, die
sich die Plünderer nennen. Er hält sich in diesem Gebiet auf.«
»Was tut er da?«, fragte Borric. »Sein Name kommt mir zwar vertraut
vor, aber ich kann mich nicht erinnern, mal einen Bericht von ihm
erhalten zu haben.«
»Dennis hält nicht viel von Schreibkram«, sagte Brucal. »Was er dort
tut? Er bekämpft die Tsuranis mit außerordentlicher Brutalität. Es
ist etwas Persönliches.«
»Gibt es eine Möglichkeit, ihm mitzuteilen, dass die Dunklen Brüder
auf dem Marsch sind?«
»Er ist sehr unabhängig. Er wird in den nächsten ein, zwei Wochen zum
Lager von Baron Moyet zurückkehren. Ich werde den Baron benachrichtigen,
dass er Dennis eine Nachricht zukommen lässt, wenn das irgendwie möglich
ist.«
Brucal lachte. »Aber es würde durchaus zu ihm und dem Rabenclan passen,
wenn sie sich miteinander anlegen.«
»Wieso glaubst du das?«
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte Brucal. »Jedenfalls ist zwischen
seiner Familie und Murads Blutsaugern sogar noch mehr vorgefallen
als zwischen ihm und den Tsuranis.«
»Also was geschieht, wenn dieser Hartraft und die Dunklen Brüder aufeinander
stoßen?«
Brucal seufzte und wischte sich die Nase. »Dann werden eine ganze Menge
Leute sterben.«
Borric trat von dem Tisch mit der Karte zurück und blickte durch die
Öffnung des Pavillons nach draußen. Ein leichter Schneeregen hatte
eingesetzt. Nach einer Weile sagte er: »Vielleicht verfehlen sie sich
ja auch, und Hartraft gelangt sicher zu Moyets Lager zurück.«
»Vielleicht«, erwiderte Brucal. »Aber wenn dieser Haufen aus dem Norden
zwischen Dennis` und Moyets Lager gelangt oder einige vom Rabenclan
vorhaben, auf sie zu stoßen ...«
Brucal ließ den Gedanken unbeendet. Borric wusste auch so, was er dachte.
Wenn sich so viele Dunkle Brüder zwischen Hartraft und seiner Basis
befanden, waren die Chancen für die Soldaten des Königreichs, wohlbehalten
nach Hause zurückzukehren, gleich Null. Borric ließ seine Gedanken
schweifen, dachte an die kalten Berge im Norden und den eisigen Winter,
der kurz bevorstand, dann schob er die Grübeleien beiseite. Es gab
andere Fronten, andere Konflikte, um die sie sich kümmern mussten,
und er konnte Hartraft und seinen Männern ohnehin nicht helfen, selbst
wenn er gewusst hätte, wo sie sich aufhielten. Zu viele Männer waren
in diesem Krieg bereits gestorben, um sich wegen einer weiteren bedrohten
Einheit den Schlaf rauben zu lassen. Und abgesehen davon hatten sie
ja möglicherweise auch Glück.
1 Trauer
Der Boden war gefroren.
Hauptmann Dennis Hartraft, Kommandeur der Plünderer, starrte schweigend
auf das nicht sehr tiefe Grab, das in der gefrorenen Erde ausgehoben
worden war. Der Winter war schließlich schnell und mit aller Härte
hereingebrochen, früher als gewöhnlich, und nach sechs Tagen leichten
Schneefalls und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt ließ sich der
Boden nur mit Mühe bearbeiten.
Es ist so verflucht kalt, dachte er. Es war schlimm genug, dass man
den Männern keine ordentliche Feuerbestattung bieten konnte, weil
der Rauch ihre Position verraten hätte. Da sie sich jedoch hinter
den feindlichen Linien befanden, war es ihnen auch unmöglich, die
Toten zurück zur Garnison zu schaffen, um sie dort zu verbrennen.
Sie erhielten daher lediglich ein Loch im Boden, damit sie nicht von
den Wölfen gefressen werden würden. Ist das alles, was am Ende übrig
bleibt, nur die Dunkelheit und die eisige Umarmung des Grabes? Mit
der linken Hand, der Schwerthand, rieb er sich geistesabwesend über
die rechte Schulter; die alte Wunde schien immer dann am meisten zu
schmerzen, wenn Schnee fiel.
Ein Priester von Sung schritt an dem Grab entlang; er murmelte Gebete
vor sich hin und vollführte mit den Händen segnende Gebärden. Dennis
stand steif da und sah zu, wie einige Männer Gebärden zu anderen Göttern
machten - die meisten zu Tith-Onaka, dem Gott des Krieges -, während
andere reglos dastanden. Ein paar blickten ihn an, sahen seine Augen
und wandten sich rasch ab.
Die Männer konnten seine unterdrückte Wut sehen ... und das Gefühl
der Leere, das ihn beherrschte.
Der Priester schwieg jetzt. Er hielt den Kopf gesenkt und webte einen
Bann über das Grab. Die Göttin der Reinheit würde die Toten vor jeder
Besudelung schützen. Dennis verlagerte sein Gewicht unbehaglich von
einem Bein aufs andere und blickte auf die Wolken, die im Westen eine
undurchdringliche graue Wand bildeten. Im Osten verdüsterte sich der
Himmel.
Die Nacht brach herein und mit ihr die Gewissheit, dass noch mehr Schnee
fallen würde, dass der erste große Sturm des Jahres über sie kommen
würde. Dennis lebte schon seit vielen Jahren in diesem Gebiet; er
wusste, dass ihnen ein langer und harter Winter bevorstand. Jetzt
war es seine Aufgabe, seine Männer sicher und wohlbehalten zurück
ins Lager von Baron Moyet zu bringen. Wenn allerdings in den nächsten
Tagen deutlich mehr Schnee fiel, würde sich das als problematisch
erweisen.
Der Priester trat vom Grab zurück, hob die Hände zum dunklen Himmel
und begann wieder zu singen.
»Die Messe ist zu Ende«, sagte Dennis. Er hatte leise gesprochen, doch
seine Wut durchschnitt die Luft wie ein scharfes Messer.
Der Priester blickte verblüfft auf. Dennis ignorierte ihn und drehte
sich zu den Männern um, die sich hinter ihm versammelt hatten. »Ihr
habt eine Minute Zeit, um Lebewohl zu sagen.«
Jemand trat neben Dennis und räusperte sich. Ohne aufzublicken wusste
Dennis, dass es Gregory aus Natal war. Und er begriff, dass sein Mangel
an Höflichkeit dem Priester von Sung gegenüber unklug gewesen war.
»Wir befinden uns noch immer hinter den feindlichen Linien, Vater.
Wir müssen aufbrechen, sobald die Kundschafter zurückgekehrt sind«,
hörte Dennis Gregory sagen. »Der Winter bricht rasch herein, und wir
sollten sehen, dass wir uns im Schutz von Fort Brendan befinden, wenn
ein richtiger Schneesturm einsetzt.«
Dennis warf einen Blick über die Schulter zu Gregory, dem großen, dunkelhäutigen
Natalen, der seinem Kommando zugeteilt worden war.
Gregory erwiderte den Blick, und ein Lächeln stand in seinen Augen.
Wie immer ärgerte es Dennis, dass der Natale genau zu wissen schien,
was er dachte und fühlte. Er wandte sich ab und zeigte mit dem Finger
auf die etwa ein Dutzend Männer, die das Grab ausgehoben hatten. »Hört
endlich auf zu gaffen und füllt das Grab wieder auf!«
Die Männer machten sich an die Arbeit, während Dennis zum Rand der
Lichtung stapfte. Früher einmal hatte sich die Lichtung mit dem kleinen
Gehöft darauf diesseits der Grenze des Königreichs befunden, doch
jetzt, im neunten Jahr des Spaltkriegs, war das Gehöft schon seit
langem verlassen.
Sein Blick schweifte kurz über die eingestürzte Hütte, die faulenden
Stämme, die geschwärzten Dachbalken. Mannshohe Schösslinge erhoben
sich aus der Ruine. Der Anblick rief die Erinnerung an eine andere
Ruine wach, die sich nur etwa fünfzig Meilen von hier befand, doch
verbannte er sie sofort aus seinen Gedanken. Schon vor langer Zeit
hatte er gelernt, sie zu verdrängen.
Er musterte den Wald vor sich, tat so, als wartete er auf die Rückkehr
der Kundschafter. Gewöhnlich pflegte Gregory die Patrouillen anzuführen,
doch Dennis hatte ihn in seiner Nähe haben wollen, für den Fall, dass
sie gezwungen waren, sich rasch zurückzuziehen. Im Laufe der vielen
Jahre, die er erfolgreich hinter den tsuranischen Linien operierte,
hatte er gelernt zu erkennen, wann er seinem Gefühl vertrauen musste.
Davon abgesehen hielt sich da draußen ein äußerst fähiger Kundschafter
auf - der Einzige der gesamten Kompanie, der es mit Gregorys Fähigkeiten
im Wald aufnehmen konnte.
Dennis lehnte sich gegen den Stamm einer Fichte; er unterdrückte das
Bedürfnis, ausgiebig zu seufzen, und atmete stattdessen tief aus.
Die Luft war klar und frisch, roch nach Winter, Kiefern und Schnee,
doch davon drang nichts zu ihm durch. Ihm kam es so vor, als wäre
die Welt um ihn herum wirklich tot, als wäre auch er einer der Toten,
und seine gesamte Aufmerksamkeit galt den leisen Geräuschen, mit denen
hinter ihm die gefrorene Erde wieder auf das Grab geschaufelt wurde.