Fanfic: Remember
Untertitel: Erinnere dich
Kapitel: ~One
Kapitel I
Der Wind rauschte durch die Blätter der alten Eiche, die vor einem alten, schon fast zerfallenem Haus stand. Lange schon hatte hier keiner mehr gewohnt. Daher verblasste auch die alte Schönheit des Hauses und es sah betrübt und einsam aus.
Einst hatten hier viele Kinder dem Haus seinen Glanz und die Schönheit verliehen; das Lachen der Kleinen erfüllte die Umgebung mit einem Hauch von Freiheit und Frieden. Doch nun, 120 Jahre nach dieser Zeit, sollte das Haus wieder seinen alten Glanz und seine Schönheit zurückbekommen.
~
Der Umzugswagen stand vor der prächtigen, alten Tür, welche mit alten Malereinen und Schnitzereien versehen war. Noch nie hatte sie so etwas gesehen. Noch nie hatte sie so ein Zauber erfasst. Ihr lief es eiskalt den Rücken hinunter. Diese Schönheit - diese Freiheit - diese Ruhe. Auf ihrem Gesicht machte sich ein zaghaftes, aber freundliches, Lächeln breit.
Noch vor wenigen Tagen war sie es leid, leid dauernd in eine neue Stadt, eine neue Umgebung zu ziehen. Ständig kam ihrem Vater etwas Neues in den Sinn. Durch seine Arbeit war er gezwungen öfters umzuziehen. Neue Aufträge bedeutete neuer Ortswechsel.
Sie hatte es satt, doch nun - endlich - sollte dies der Ort sein, an dem sie bleiben wollten - Ein idyllisches altes Haus am Waldrand und nur wenige hundert Meter von der Dorfmitte entfernt. Sie liebte es.
Nach kurzem Zögern legte sie ihre Hand auf die Klinke der alten Tür und drückte sie sachte nach unten, nachdem sie den Schlüssel im Schloss umgedreht hatte. Mit wenig Kraft drückte sie die Tür auf und war fasziniert. Das Haus sah schon von draußen wunderschön für sie aus, aber das?
Sie trat ein. Setzte sachte einen Fuß vor den anderen und lies ihren Blick wandern. Die Fenster sahen von innen noch viel schöner aus, als sie es schon von außen waren. Aus dem Barock musste diese Kunst stammen. Ihr Blick begann weiter zu beobachten. Oben an der Decke im großen Korridor waren Wandmalereien angebracht. Durch näheres hinsehen erkannte sie einen Engel, welcher die Hand einem Menschen zustreckte, doch dieser schien nicht zu reagieren.
"Faszinierend!"
Sie legte beide Hände in ihren Nacken.
Langsam ging sie weiter in das Haus hinein und trat einige Schritte auf der Treppe nach oben. Jeder Schritt auf einer der Stufen knackte, da die Treppe schon ziemlich morsch und alt war. Doch das schreckte sie nicht ab. Sie war schon jetzt vom Zauber dieses Hauses gefangen.
"Halle?"
Eine Stimme durchdrang ihre Abwesenheit und sie drehte sich blitzartig um.
"Ja Vater?"
Sie blickte zu einem ältern Mann Mitte 40. Es war ihr Vater - ein "Spinner" so wie ihn alle nannten. Er war bis heute überzeugt davon, dass es eine Parallelwelt zu der unsrigen geben würde. Doch niemand wollte ihm auch nur einen Glauben schenken, dass er Recht haben könnte. Nein, für alle war es nur eine Spinnerei eines Verrückten, der seine Frau auf tragische Weise verloren hatte.
Halle ging auf ihren Vater zu und schaute ihn erfreut an. Lange war es her, dass ihr Vater dieses Lächeln gesehen hatte. Seit dem Verschwinden ihrer Mutter war Halle in sich zurückgezogen, vermied jeden Kontakt zur Außenwelt und schwieg fast nur noch. Jedes Gespräch, welches ihr Vater auch mit ihr anfangen wollte, ließ sie mit wenigen Worten wieder fallen. Es gab nur noch ein Kommunikationsmittel welchem sie treu blieb - "Cans", ihr Tagebuch.
Sie hatte es kurz vor dem Verschwinden ihrer Mutter bekommen. Halle hatte es nie richtig verkraftet, dass sie plötzlich nicht mehr da war; dass ein Teil ihres Lebens verschollen war.
"Lass uns die Sachen auf die Zimmer bringen, danach können wir ja zusammen die Umgebung erkunden."
Ihr Vater warf ihr einen freundlichen Blick entgegen, den Halle nicht aufnahm. Ihr Kopf war gesenkt, die Arme umschlossen ihren Körper, als wenn sie sich selbst vor jemandem oder etwas schützen wollte.
Ein kurzes Nicken war die Antwort auf den Vorschlag ihres Vaters.
Mit einem Ruck nahm sie ihren Rucksack auf den Rücken, nahm ihren Koffer in die eine Hand und den Schlafsack in die andere.
Vollbeladen und mit schweren Schritten ging sie die Treppen hinauf, jeder Schritt ein neues Knautschen. Oben angekommen schlenderte sie den langen Gang entlang, der vor ihr lag.
Sie hatte keine Ahnung, was in all den Zimmern verborgen lag, sie wusste nur, dass sie in das Zimmer am Ende des Ganges wollte; an jenes, dass eine schmale Tür hatte, die vor Freiheit nur so glänzte. An der Tür angekommen ließ sie ihren Koffer und ihren Schlafsack fallen und schaute sich die Schnitzereien in der Tür an. So etwas hatte sie noch nie in ihrem ganzen Leben vor sich gehabt. Dieses Bild ähnelte einem Märchen, welches sie als kleines Kind von ihrer Mutter erzählt bekommen hatte.
Sie war begeistert von der Pracht, die dieses Bild von sich gab - eine Elfe, spielend mit einer Traube, hoch oben sitzend auf einem dünnen Ast eines alten Baumes. Sie ließ das Bild einige Minuten auf sich einwirken, bis sie sich entschloss die Tür zum Raum zu öffnen.
Der Raum, in welchem sie sich nun befand, war nicht sonderlich groß, eher klein, verstaubt und ziemlich verdreckt. Aber das störte sie nicht. Sie schmiss ihre Sachen neben das darin stehende Bett und nahm dann ihren Schlafsack zur Hand. Sie öffnete ihn und legte ihn auf das Bett, bevor sie sich darauf schmiss und in Tagträumen versank.
"Und hast du ein schönes Zimmer gefunden?"
Ihr Vater schaute mit dem Kopf durch den Türspalt und trat dann ein. Halle nickte ihm zufrieden zu.
"Hier gefällt es mir Vater. Alles ist so friedlich hier und wenn man aus dem Fenster sieht, kann man die alte Eiche vor dem Haus sehen."
Sie seufzte kurz auf.
"Wenn doch nur Mum hier wäre. Ihr würde es hier sicher auch gefallen. Sie liebte doch die Natur und die Freiheit so sehr. Sie liebte es, wenn die Vögel sie am Morgen aus ihrem Schlaf sangen und der Wind ihr um die Haare strich.."
Gavin, so hieß ihr Vater, setzte sich zu seiner Tochter ans Bett und legte die Arme um sie. Er wusste genau, dass er jetzt niemals die passenden Worte finden würde um sie zu trösten, aber das hielt ihn von nichts ab.
"Deine Mum wäre jetzt auch sehr stolz auf dich." sagte er mit einem sanften Ton, als er ihr dabei behutsam über die Haare strich.
"Ruh' dich nun ein wenig aus, wir reden später weiter. Wenn du möchtest kannst du auch etwas an die frische Luft gehen; ich habe leider noch etwas zu erledigen!"
Er gab Halle einen sanften Kuss auf die Stirn bevor er das Zimmer wieder verließ. Halle ließ sich auf ihr Bett mit einem großen Seufzer zurückfallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und dachte nach. Ihr gingen so viele Gedanken durch den Kopf; so viele, dass sie nach einigen Minuten des Nachdenkens im Schlaf versank.
Am nächsten Morgen wurde sie vom Zwitschern der Vögel geweckt, die auf dem Sims ihres Fensters saßen. Sie rieb sich die Augen, krabbelte noch etwas wackelig aus dem Bett und begann sich dann auf den Weg nach unten in die Küche des Hauses. Durch einen von ihrem Vater gegebenen Lageplan des Hauses, wusste sie genau wo alle Zimmer des Hauses waren. Die Küche musste demnach unten sein.
Im großen Korridor angekommen, nahm sie den Plan zur Hand.
"Rechts entlang und die dritte Tür links." murmelte sie leise vor sich her, als sie auch schon begann dorthin zu gehen.
"Guten Morgen"
Ihr Vater kam ihr mit guter Laune am Morgen entgegen. Legte einen Arm um ihre Schulter und lächelte vergnügt drein.
"Was hast du heute schönes vor mein Schatz?" fragte er seine Tochter und diese schaute ihn etwas bedrückt an.
"Ich werd' mir die Umgebung etwas genauer ansehen."
Sie schnappte sich das Brötchen, welches Ihr Vater in der Hand hatte und biss herzhaft hinein.
"Danke Vater und bis später!"
Noch bevor ihr Vater etwas sagen konnte, rannte sie den Weg zurück, öffnete die Tür des Hauses und verschwand. Gavin schüttelte nur leicht den Kopf und nahm dann seinen Weg in sein neu eingerichtetes Arbeitszimmer.