Fanfic: Euer Desaster
Kapitel: Euer Desaster
Euer Desaster
Normalerweise ist so eine Botschaft des leidenden Abschieds nicht meine Sache, aber was mich wirklich dazu geritten hat, verstehe ich bis heute nicht einmal.
Wie jeden Tag in der Schule saß ich da und langweilte mich. Meinen Ellbogen an die Tischkante gelehnt, lauschte ich dem Rauschen des Raumes. Im Klassenraum war ich sicher nicht, irgendwo ganz tief in meinen Gedanken verkrochen.
Der Lehrer quasselte irgendetwas über die englische Kultur und steckte dabei tiefgründiges Gebrabbel ein. „Nun seit doch mal still und hört mir zu.“, meinte er kleinlig.
Niemand fand seinen Unterricht besonders spannend und deshalb stürmten alle mit strahlenden Gesichtern nach draußen, als die Glocke zur Pause läutete.
Auf dem Schulhof traf man jegliche Typen von Person:
Tussis mit ihren aufgetakelten Freundinnen, die über die Hecke zu einigen Jungs schielten; Verliebte, die knutschend auf einer Bank saßen und liebend gern neidische Blicke einfingen; lästernde Girls, die, zusammengeschlossen, eine größere Gruppe bildeten und auffällig zu zwei Lehrern hinübersahen.
Ich hasse diese Menschen. Diese Art der unnatürlichen Provokation.
Als ich in Gedanken versunken allein auf einem kalten Fenstersims zusammengekauert meine letzte Arbeit vor den Ferien betrachtete, verfolgte ich mit den Augen jede Zeile bis zur roten Ecke unten rechts. Eine 3, na immerhin.
Eigentlich für mich zufriedendstellend. Aber meine Laune fiel etwas, als ich mich mein Gedächnis daran erinnerte, gleich Astronomie zu haben.
Etwas geknickt und träge stand ich auf. Da läutete abermals die Glocke.
„Perfektes Timing...“, murmelte ich währrend ich den Flur verließ und in den langgestreckten Durchgang zu den einzelnen Räumen ging.
„Sasuke, hi!“, begrüßte mich ein Mädchen. Das war Sakura, ein etwas abgeknallter Freak, aber ansonsten ganz ok.
Sie ist so ziehmlich die Einzige, die ich halbwegs leiden kann.
Bevor sie ein Gespräch mit mir anfangen konnte, kam unser Lehrer. Das erste Mal, dass mir ein Stein vom Herzen viel und ich zum Unterricht konnte.
Denn Sakura erzählt viel und gern, das kann nach einer Weile erschlaffende Ohren und müde Augen machen.
Ich setzte mich auf meinen Platz. Der Stuhl war kalt vom eisigen Wind, der durch das offene Fenster wehte.
Es war Anfang Sommer, jedoch ziehmlich windig und trüb.
Wenn man aus dem Fenster blickte, konnte man schon die fröhlichen, zwitschernden Spatzen auf den dünnen Zweigen des Baumes sehen, die unter der Last der Vögel so erschienen, als brächen sie gleich.
Wieder lehnte ich mich zurück, diesmal entspannt über die Weisheit, nach dieser Stunde nach Hause zu dürfen. Um dies mir aber redlich zu verdienen, meldete ich mich eifrig nach und nach bei Fragen.
Unser Lehrer war entstaunt darüber, dass ich mich am Unterricht beteiligte:
„Sasuke, das ist ja mal eine reife Leistung von dir, dass du dir solche Mühe gibst.“, erklärte er mir, als wollte er mir schmeicheln. Seine Worte waren aber weniger aufmunternt und deshalb verließ ich stinkig das Klassenzimmer.
Ich wünschte Sakura noch ein schönes Wochenende und erholsame Ferien.
Wie ein Blitz sauste ich die Stufen zum Ausgang hinunter und freute mich, endlich mal etwas Zeit für mich zu haben.
Meinen Rucksack in der Hand, stolzierte ich über den heruntergekommenen Garten der Schule, der schon längst mal von den 7. Klassen hätte gesäubert werden müssen. Überall krochen Regenwürmer und kleine Mäuse wälzten sich in der aufgewühlten Erde wie die Maden im Speck.
Angewidert lief ich weiter, bis ich auf die belebte Straße kam.
„Hallo mein Herr.“, erschrak mich lächelt der nette Verkäufer des Bistros, als ich die Tür hinter mir zuschnappen ließ.
„Hey Lee, na alles am richtigen Platz?“, sagte ich freudestrahlend. „Aber natürlich, und bei dir?“, fragte er mich. Noch bevor ich antworten konnte, ergänzte er: „Ach, und einen erfrischenden Café.“
„Hach, na mir geht es gut, die langersehnten Ferien beginnen doch.“, ich war sichtlich erleichtert.
Ich wartete geduldig an der Theke auf meinen Café. Eine ältere altmodisch gekleidetet Frau betrat das Lokal.
„Bitte, dein Café.“, sagte Lee zu mir gewandt; „Hier kommen auch die komischsten Leute her...“. Er drehte sich um und verschwandt in einen Nebenraum.
Vielleicht holte er eben für die eingetretene Frau ein Getränk, die Stammkundin sein könnte. Ich machte mir darüber keine weiteren Gedanken und machte mich mit meiner heißen Tasse auf die Suche nach einem Sitzplatz.
Dort, zwischen einer einsam sitzenden Lady, die ihren Pudel auf den Schoß genommen hatte und mit Tortenstückchen fütterte und drei vermeintlichen Ganoven, die allesamt in ihrer Mitte eine Zigarre hatten und minütlich riesige Rauchschwaben aufwirbelten, wollte ich nicht sitzen.
Heute wollte ich lieber meine Ruhe und suchte ein sonnendurchflutetes Plätzchen auf, von dem aus ich gut die herumwuselnden Menschen mit ihren Aktenkoffern, zerrenden Hunden und nörgelden Kinder auf der Straße beobachten konnte.
Ab und zu nahm ich einen Schluck von dem starken Café und sah mich im Lokal um.
Nun saßen ein Haufen Ausländer an dem entferntesten Tisch von mir und unterhielten sich. Es sah so aus, als würden sie streiten, da einer der Männer plötzlich aufstand und mit der Faust auf den Ecktisch schlug.
Tassen und Gläser fielen klackernd um und die Teller rasselten zu Boden, zersprangen.
- Alles war auf sie gerichtet -, jeder Einzelne sah zu ihnen hinüber.
Sogar Lee, der Streitigkeiten im Bistro gewöhnt war und sonst ruhig weiter Geschirr abwusch oder Flaschen für die Vitrine polierte, spähte um die Thekenecke.
Ich sah etwas genervt drein und die angegafften Ausländern hielten inne. Eine Frau, die einzige am Tisch stand auf, nahm ihre Jacke, rief ein kurzes „Sayonara!“ und verschwand durch die Eingangstür.
Eine beklemmde Stille trat ein und wie als Störer dieser heilen Ruhe erhob sich auch ein Mann. Er jedoch hastete vorher zur Theke um zu bezahlen und spurtete dann der Frau „Ino-chan!“ schreiend hinterher. Seine schulterlangen Haare, die er zu einem Zopf gebunden hatte, flatterten nur so im Wind, als er hinaus stürmte.
Lee fing nun wieder an, den Gästen an der Theke Whisky einzuschenken und kümmerte sich nicht weiter um die übrigen. Sicher wusste er, dass sie nun nicht mehr solches Gelärm machen und sich wie die Gockel im Stall aufführen würden.
Und er hatte Recht; ich beobachtete, wie die Letztigen immer mehr auf ihren Stühlen zusammensackten.
Auch die Blicke der anderen Gäste lösten sich allmählig von ihnen und von Zeit zu Zeit füllte sich das Lokal wieder mit einem gesellschaftlichen Murmeln.
Ich sah auf die Uhr. Vier Uhr. Wenn ich mich um sechs Uhr nach Hause aufmache, wird mein Kätzchen schon nicht verhungert sein, dachte ich und schlürfte meinen Café.
Allmäßig regte sich das Leben der toten Straße weiter. Arbeitsschluss und schon wollen alle nach Hause.
Ich kann es mir schwer vorstellen, freiwillig zu meinen Eltern zurückzukehren. Sie werden Augen machen, falls sie später auf einer überfüllten Titelseite eines Magazins lesen würden: „Vom Unglücksraben zum Goldesel - traumhafte Veränderung des Daseins vollbringt ein hochbegabter Ninja!...“
Schon immer wollte ich für mein Leben ausgesorgt haben, wer will das denn nicht?! Jeder hatte schonmal diesen fiesen Hintergedanken, wen man alles mit einer hohen Stellung seinerselbst zur Weißglut bringen könnte.
Gedankenverloren war ich im Trieb, immer weiter auf der Straße nach einem unbekanntem Etwas zu suchen und kreuzte den Blick eines Erwachsenen auf der Straßenseite gegenüber. Dieser Mann erinnerte mich zusehens an meinen eigenen Vater.
Ich erwiderte seinen Blick hartnäckig. Ängstlich zog er seine versteinerten Augen von mir hinweg und schlenderte den Bürgersteig entlang weiter.
Ich schlug ihn mir schnell aus dem Kopf, als ich meine Cafétasse ausgetrunken hatte, sie zu Lee an die Theke stellte, ihm noch, wie immer gern, einen wunderschönen Tag wünschte, einen Schein zurückließ und das Bistro verließ.
Sofort peitschte mir ein wohlig warmer Sommerwind um die Ohren. Im Bistro war es etwas kühl gewesen und so war ich doch ganz froh, an der frischen Luft zu sein.
Währrend ich die Straße hinauflief, kramte ich vertieft in meinem Rucksack.
Beinahe wäre ich mit einer jungen Frau und ihrem Babywagen zusammengestoßen, als ich die Straße überquerte, jene Mutter, die sich aber schimpfend und kopfschütteltn ihrem Kind zuwandt. „Entschuldigung, tut mir leid.“, rief ich ihr zaghaft hinterher und machte mich eiligst auf die andere Seite bevor die Ampel auf „Fußgänger-Rot“ umschaltete. So hätte meine Mutter niemals reagiert...
Ich blieb kurz stehen, um einen weiteren Frontalangriff zu vermeiden und stellte mich neben ein Schaufenster für Modelklamotten. Nun fand ich auch mein silbernes Schlüsselbund in dem Wirrwar aus Schulzeug, Unterlagen und karierten Zettelchen.
Schnellen Schrittes überlief beinahe die nächste Ampel und passierte eine schmale Gasse. Zu meiner Linken ragte ein hohes Gebäude in die Wolken, rechts kam irgendwann ein breiter Weg, führend in einen Park.
Hier gab es eine, für mich persönlich, nette Stimmung. Alte Großmütter saßen redend auf den Parkbänken und grüßten mich freundlich, als ich an ihnen vorbeiging.
Auch ein aktraktive junge Frau, deren herrlich riechendes Parfum einen sanften Schleier von Geruch aus süßlichen Erdbeeren und gleichzeitig frischen Pfirsichen hinterließ, kam mir mit ihrem Hund joggend entgegen.
Ich genoss für diesen nicht ewig lebenden Moment dieses Gefühl ohne Sorgen.
Am Ende des Parks kam eine Allee von Eichen. Es bauten sich auch wieder einige Hotels und Gaststätten auf.
Partyläden hatten um diese Uhrzeit zwar noch nicht geöffnet, waren aber in Betrieb und verschlangen reihenweise Angestellte in sich.
Ich musterte den Eingang eines